Hallo Silas!
Die Torpedotechnik des Zweiten Weltkrieges war auf den Einsatz gegen Ziele an der Wasseroberfläche ausgerichtet. Die Steuereinrichtungen der Torpedos waren zur Erzielung eines möglichst geraden Laufes in einer vorbestimmten Tiefe optimiert. Ab etwa der Mitte des Krieges begannen die Deutschen, in ihren Torpedos Programmsteuerungen (Stichworte: FAT = „flächenabsuchender Torpedo“ oder LUT = „lageunabhängiger Torpedo“) einzusetzen, um nach Fehlschüssen durch das Abfahren von vorgegebenen Suchmustern innerhalb der Schiffansammlung eines Konvoys vielleicht doch noch einen Treffer zu erzielen. Für den Angriff auf Eskorten konnten von deutscher Seite Torpedos eingesetzt werden, die sich an den Schraubengeräuschen der Geleiter orientierten und sich so selbständig ins Ziel steuern konnten (Stichworte: T IV „Falke“ und T V „Zaunkönig“). Damit standen die Deutschen technologisch an der Spitze dessen, was im Zweiten Weltkrieg an Torpedos eingesetzt werden konnte. Die anderen Nationen mussten für ihre U-Boote noch auf die „alten“ Torpedotypen zurückgreifen und hatten fortgeschrittenere Techniken bestenfalls in der Erprobung.
Der Treffer von HMS VENTURER gegen U 864 wurde also mit Torpedos erzielt, die ursprünglich für Ziele an der Wasseroberfläche gedacht waren, und konnte nur gelingen, weil U 864 während des Schnorchelns an eine oberflächennahe Tiefe gebunden war. Eigentlich war es ein „Glückstreffer“ mit einer eher geringen Aussicht auf Erfolg, als die vier Torpedos der HMS VENTURER losgemacht wurden. Dennoch ist Lt. Launders als Kommandant der HMS VENTURER der erste, der für sich in Anspruch nehmen kann, aus getauchter Position ein ebenfalls getauchtes U-Boot versenkt zu haben.
Nach dem zweiten Weltkrieg nahm die Entwicklung der Torpedos wieder Fahrt auf, u.a. auch deshalb, dass den Siegern des Zweiten Weltkrieges die deutsche Torpedotechnik bekannt wurde und so den eigenen Entwicklungslinien neuen Schwung gab. Nun waren die Bestrebungen, Torpedos nicht nur oberflächennah in zwei, sondern auch in drei Dimensionen einsetzen zu können, um z.B. auch getauchte U-Boote in beliebigen Tiefen bekämpfen zu können. Als Folge dieser Forderung entstanden z.B. drahtgelenkte Torpedos, die ein Operator an Bord des feuernden U-Bootes nach den Angaben der Sensoren des Bootes oder des Torpedos zum Ziel steuern kann. Dazu kommen noch Torpedos, die ohne menschlichen Einfluss ihre Ziele durch die Kombination von vorprogrammierten Suchkursen mit aktiven Eigensteuerungen finden können.
Der Grund, weswegen Lt. Launders bisher der einzige geblieben ist, der als Kommandant eines getauchten U-Bootes ein anderes getauchtes U-Boot versenkt hat, liegt darin, dass es seit dem Zweiten Weltkrieg zu wenige bewaffnete Konflikte gegeben hat, in denen U-Boote direkt aufeinandergetroffen sind. Es mangelte – um es sehr zynisch auszudrücken – bisher einfach an Gelegenheiten, die neue Technik erneut bis zum bitteren Ende zum Einsatz zu bringen. Es gibt inzwischen weltweit aber genügend U-Boot-Kommandanten, die genau dafür ausgebildet und auch dazu in der Lage sind, aber ihre Fähigkeiten noch nicht umsetzen konnten.
Mit freundlichen Grüßen
Schorsch