Hallo Martin!
Hier ein Versuch, zu Deinen Fragen einige Antworten zu formulieren.
Zunächst scheint mir eine Umordnung der von Dir gefundenen Begriffen notwendig zu sein. Das Vernichtungsfeuer gehört strenggenommen nicht in eine Reihe mit den Begriffen Zielfeuer, Planfeuer und Moritzfeuer, da es eine Feuerform darstellt, während die anderen Begriffe Benennungen von Schießverfahren sind. Die Feuerform kennzeichnet dabei die Weise, wie die Batterien ihre Geschosse an den Gegner zu bringen hatten (stellt sozusagen die Exekutive des Flakfeuers dar), während die Schießverfahren sich damit auseinandersetzen, wie die dafür notwendigen Schussdaten zu ermitteln sind (die Legislative). In der M.Dv 279 (identisch mit der D.(Luft) 1408): „Richtlinien für den Einsatz von Funkmeßgeräten (Flak) und die Zusammenarbeit mit schweren Flakbatterien und Flakscheinwerfern“ vom November 1941 heißt es dazu in Ziffer 64:
Quote
Vernichtungsfeuer ist die wirksamste Feuerform und daher immer anzustreben. Der schnelle Übergang von einer Feuerform zu einer anderen muß exerziermäßig geübt werden.
Leider ist es mir noch nicht gelungen, Bezeichnungen für andere Feuerformen (z.B. das in Deinem Ausriss erwähnte Störfeuer) in den mir zur Verfügung stehenden Quellen zu finden, um meine Ansicht damit besser untermauern zu können.
In der M.Dv. 700: „Seekriegsanleitung“, Teil III: „Waffentaktik“, Heft c: „Luftverteidigung Küste“ aus dem Jahr 1944 sind die Schießverfahren der (Marine-) Flak näher beschrieben. Dort heißt es, dass das Zielfeuer der Flakartillerie das beobachtete Schießen der Flak gegen Flugzeugverbände und Einzelflugzeuge darstellt. Dabei wird mit abnehmender Genauigkeit das optisch-elektrische, das optische und das elektrische Zielfeuer unterschieden (Vgl. Ziffer 228!). Plan- und Sperrfeuer sind als Reserveverfahren beim Ausfall der optischen (Entfernungsmesser) oder bei gestörten oder ausgefallenen elektrischen Richtmitteln (taktische Radargeräte, wie z.B. das Würzburg-Gerät) beschrieben. Weiter wird das Planfeuer als Schießen unter behelfsmäßiger Beobachtung (z.B. unter Verwendung von Horchgeräten) und das Sperrfeuer als das Schießen ohne Beobachtung anhand von zu erstellenden Sperrfeuertafeln erwähnt (Vgl. Ziffern 174, 207 und 228!).
Eine noch feinere Unterscheidungsmöglichkeit der einzelnen Schießverfahren bietet der verwendete Gerätsatz im Rahmen der Feuerleitung der Flakartillerie. Hier wird, nach abnehmenden Erfolgsaussichten geordnet, Folgendes genannt (Vgl. Ziffer 249!):
QuoteDisplay Morea) optisch-elektrisches, optisches und elektrisches Zielfeuer mit Flakkommandogerät 41, Kommandogerät Lg 5 oder Lg 4, Kleinkog C V, optisches und optisch-elektrisches Zielfeuer mit Dreiwag,
b) optisches und optisch-elektrisches Zielfeuer mit Flakrechner 41,
c) elektrisches Zielfeuer mit Dreiwag,
d) elektrisches Zielfeuer mit Kommandogerät über Umwertegerät,
e) elektrisches Zielfeuer mit Hilfsumwertekommandogerät,
f) Plan- und Sperrfeuer
Weiter heißt es, dass den Verfahren am oberen Ende der List der Vorzug gegenüber den weiter unten genannten zu geben ist und gegebenenfalls von einem Verfahren geringerer Erfolgsaussicht zu einem mit besserer Erfolgsaussicht zu wechseln ist, sobald die Möglichkeit dazu besteht (z.B., dass das Radar der eigenen Batterie durch den Gegner nicht mehr gestört wird).
Den Begriff des Vernichtungsfeuers habe ich in der zitierten M.Dv. 700 nicht finden können. Allerdings ist hier unter Ziffer 251 ein im Original fett gesetzter Passus zu finden, der mit dem Vernichtungsfeuer in Verbindung stehen könnte:
QuoteEs besteht folgender grundsätzlicher Befehl für die Bekämpfung von Zielen (Luftziele, Seeziele, Erdziele): „Ziele in wirkungsvoller Reichweite der Batterien sind unter höchstem Munitionseinsatz zu bekämpfen.“
Imho ist das so zu interpretieren, dass ein „Einschießen“ mit vorsichtigem Munitionseinsatz zur Überprüfung der erstellten Schussunterlagen, das später vom Wirkungs- bzw. Vernichtungsschießen abgelöst wird, nicht sinnvoll ist. Wenn geschossen wird, dann nach gleich dem Motto: „Alles, was drin ist!“, weil sonst die Verweildauer der Ziele im Wirkungsbereich der eigenen Geschütze nicht vollständig zur Bekämpfung der Ziele genutzt würde. (Vgl. dazu auch von Renz: „Deutsche Flugabwehr im 20. Jahrhundert“, Mittler, Frankfurt a.M. 1960, S. 102f! Dort aber auf den Einsatz der 2 cm-Vierlinge bezogen.)
Mit freundlichen Grüßen
Schorsch