Hallo CCPW,
im Prinzip konnte man zu jedem Zeitpunkt an der Ostfront in Gefangenschaft geraten, sei es durch einen Spähtrupp / Partisanen / Offensiven oder örtliche Gefechte.
Die Soldaten der Heeresgruppe Mitte wurden oftmals in den Ural bzw. nach Sibirien als Gefangene verlegt, bei W. Haupt, Heeresgruppe Mitte ist dies auf Seite 294 dokumentiert.
Der Gefangenort Stalingrad weisst für mich jedoch eher auf einen Soldaten der Heeresgruppe Süd bzw. Nordukraine hin, wobei das reine Spekulation meiner Seite ist...
Zum speziellen Thema Bobruisk kann ich Dir jedoch gerne ein paar gezieltere Informationen am Beispiel eines Soldaten des Grenadier Regimentes 439 geben, dessen
Gefangennahme am 28.Juni nordöstlich Bobruisk erfolgte.
Die Einheit (14.Kompanie) GReg 439 bewegte sich zum Zeitpunkt der Gefangennahme im Raum Dobosna und Ola. Am 28.6. wurde hier eine letzte Meldung des Regimentes vorgenommen.
Das Regiment hat wohl versucht die nördlichen Brücken der Beresina zu erreichen. Der Soldat wurde in einer Riegelstellung nördlich des Ortes Dobosna verwundet und durch russische Soldaten
gefangen genommen. Um das Ausmaß besser verstehen zu können hierzu einmal ein Ausschnitt der Antwort von Matthias Köhler zu den Kampfhandlungen der 20.
Panzer Div. bei / um Bobruisk in diesem Zeitraum....
Auszug M. Köhler...
Situation der 20. Pz.D. vom 24.06. - 03.07.1944
24.Juni 1944
Diese Division war die einzige gepanzerte Reserve welche die Hgr. Mitte bei Beginn der sowjetischen Offensive zur Verfügung hatte. Daraus ergab sich für die obere Führung zwangsläufig das Problem, die Division nicht zu früh einzusetzen, gegebenenfalls aber, wo ist sie am richtigsten Platz. Schwierig, darauf die zutreffende Antwort zu finden, wenn schon am ersten Tag des Großkampfes an mehreren Stellen kritische Lagen entstehen, zusätzlich erschwert durch Hitlers unsinnige Eingriffe in die Führung.
Die 20.Pz.D. befand sich im Juni 1944 südostwärts Lublin zur Auffrischung. Sie war personell bereits wieder aufgefüllt, verfügte aber nur über eine Panzerabteilung, die anderen Divisionseinheiten waren vollzählig vorhanden. Die Division wurde in der zweiten Junihälfte in Alarmbereitschaft versetzt und auf Antrag der 9. Armee ab 18.Juni in Eiltransporten per Bahn in den Raum Bobruisk verlegt. Die Züge fuhren dabei teilweise auf Sichtweite, die ersten Transporte trafen in der Nacht vom 19. auf 20.Juni ein. Am 23.Juni war die Pz.Abt.21 mit 4 Pz.-Kompanien sowie Teile des Pz.A.R.92 und das Pz.G.R.59 hart ostwärts und nordostwärts Bobruisk, weitere Teile der Division mit dem Pz.G.R.112 hart westlich und südwestlich von Bobruisk versammelt. Als am 24.Juni vormittags die bedrohliche Lage am Nordflüge] der Armee entstand, erhielt die Division gegen Mittag den Befehl zum Gegenangriff. Sie ging daraufhin mit einer gepanzerten Gruppe gegen Tscherebomirka, mit einer anderen Kampfgruppe weiter nördlich, von der Rollbahn Bobruisk-Mogilew abzweigend, gegen Osten vor, wobei es hier gelang, den Gegner zurückzuwerfen. Während diese Kämpfe noch im Gange sind, ist den Sowjets 12 km südlicher, bei Oserane, ein Einbruch bei der 134.I.D. geg1ückt, der sich zum Durchbruch auszuweiten droht. Es wird deshalb eine dritte gepanzerte Gruppe in den Raum Kruschinowka vorgeworfen, um ein weiteres Vordringen des Gegners nach Westen zu verhindern. Unterdessen hat sich die Lage beim XLI.Pz.K. südlich Bobruisk derart verschärft, das der 20.Pz.D. gegen Abend von Armee und Heeresgruppe befohlen wird, den Kampf nordostwärts Bobruisk abzubrechen und unverzüglich südlich und südwestlich Bobruisk einzugreifen. Lediglich eine Pz.-Kp. ist bei der 134.I.D. zu belassen, im übrigen soll der Kampfauftrag in diesem Raum von der eintreffenden 707.I.D. übernommen werden. Die nun in kürzester Zeit von der 20.Pz.D. zu bewältigende Marschstrecke hatte nach dem vorangegangenen Kampfeinsatz einen zusätzlichen nicht vorgesehenen Treibstoffverbrauch zur Folge. Wellenweiser Beschuss durch Schlachtflieger verzögerte die Marschbewegung. Die starke Belegung der Beresina Straßenbrücke ostwärts Bobruisk und Bombenangriffe rissen die Kolonnen
auseinander. Die Division traf daher am nächsten Tag "kleckerweise" in dem neuen Einsatzraum ein.
25.Juni 1944
Um 06.00 Uhr morgens meldet sich der Div.Kdr. Genlt. von Kessel mit der vordersten Gruppe seiner Division, dem PZ.G.R.112, beim Kommandierenden General des XLI.Pz.K. General Weidling auf dessen Gefechtsstand in Malimony. Er bekommt Befehl, mit dieser Gruppe schnellstens über Tumarowka-Kowtschizy II - Protassv anzugreifen. Die später eintreffende gepanzerte Gruppe sollte über Paritschi-Xnyschewitschi-Sslobodka-Romanischtsche-Ugly vorgehen.
Dem Angriffsplan lag die Absicht zu Grunde, die vorgeprellten Spitzen des Gegners abzuschneiden und zu vernichten. Laufende Fliegerangriffe des Feindes und fehlender eigener Jagdschutz verzögern das Antreten beider Gruppen. Als am späten Vormittag die mot.Gruppe Pz.G.R.112 antritt, trifft sie im Raum Kowtschizy
auf überlegenen Panzergegner. Um 14.30 Uhr trifft die gepanzerte Gruppe in Paritschi ein und stößt kurz vor Knyschewitschi auf Gegner, der zwar zerschlagen wird, aber der südwestliche Brückenkopf an der Rudianka war von der 36.I.D. bereits aufgegeben worden. Der beabsichtigte Zangenangriff der 20.Pz.D. war somit nicht mehr weiter durchführbar. An diesem Tag wurden von der Division 60 Feindpanzer abgeschossen. Der Gegner hat jedoch in der Durchbruchslücke zwischen 35.I.D. und 36.I.D. Bewegungsfreiheit und wird voraussichtlich Bobruisk in Kürze von Süden und Westen bedrohen.
26.Juni 1944
Am Morgen erhält die Division von der Armee den Befehl, den Kampf südlich Bobruisk sofort abzubrechen und beschleunigt den Raum westlich und südwestlich der Stadt zu erreichen. Die Vorausabteilung der Division, welche den kürzesten Weg entlang dem Beresina-Wetufer nehmen will, stellt fest, das die Brücke über einem Bach bei Glebowa Rudnja, 18 km südlich Bobruisk, vorzeitig gesprengt wurde. Da dieser Übergang nicht zu umgehen ist, muss die Division über die Beresina-Brücke bei Ugly-Stassjewka auf das Ostufer gehen. Trotz ständigem Nachdrängen des Gegners konnte die Absetzbewegung planmäßig durchgeführt werden. Der Flussübergang wurde jedoch durch die Rote Luftwaffe stark behindert.
Denoch erreichte die Vorausabteilung unter Oberst Koch, Kommandeur Pz.G.R.112 den Einsatzraum. Als die Sowjets nachmittags aus Lamy /8km südlich Bobruisk) mit sechs T34 vorfühlen, werden diese sämtlich abgeschossen. Gegen 19:00 Uhr werden aber die Kolonnen der Division an der Beresina-Straßenbrücke bei Titowka durch Panzerfeuer auseinander gerissen. 10 bis 15 schwere russ.Panzer stehen auf der Rollbahn, die von Mogilew heranführt und sperren den Übergang nach Bobruisk. In einem ersten schwungvollem Angriff noch am Abend gelingt es nicht, Rollbahn und Brücke frei zu kämpfen.
Große Teile der Division befinden sich noch auf dem Ostufer der Beresina. Während der Nacht sicheert die Division gegen Titowka und Rogatschew. Über die Eisenbahnbrücke, die beschränkt passierbar ist, versuchen vor allem die rückwärtigen Dienste der 6.I.D., 45.I.D. und 296.I.D. auf das Beresina-Westufer zu gelangen.
27.Juni 1944
Der Gegner hat sich in der Nacht bei Titowka wesentlich verstärkt. 25-30 Panzer stehen hier verteilt in günstiger Schussposition, geschützt durch Infanterie. Am frühen Morgen wird der noch gestern beschlossene Angriff zur Öffnung des Straßenüberganges nach Bobruisk wiederholt. Das nachts zugeführte Panzer-Zerstör-Bataillon der 383.I.D. geht, unterstützt durch die Pz.Abt.21 der 20.Pz.D., gegen die Titowka-Sperre der Sowjets vor.
Es gelingt 18-20 feindliche Panzer zu vernichten, allerdings mit nicht unerheblichen eigenen Verlusten, die Straßenbrücke kann jedoch nicht frei gekämpft werden. Um 11:30 Uhr wird nochmals versucht, die für das XXXV.A.K. und für die 9.Armee so wichtige Straßenbrücke nach Bobruisk wieder zu gewinnen. Neuerlich greift die Kampfgruppe der 20.Pz.D. und 383.I.D.,verstärkt durch das G.R.118 der 36.I.D., gegen Titowka an. Mit letztem Einsatz werfen die Grenadiere die feindliche Infanterie an der Straßengabel Mogilew-Bobruisk-Rogatschew zurück. Dann ist alle Kraft verausgabt, der Angriff bleibt 1,5 km vor der Brücke liegen. Das Gros der gepanzerten Teile der 20.Pz.D. unterliegt hier dem übermächtigen Gegner. Ursache für das Scheitern dieses Unternehmens war die Schwäche der eigenen Kräfte und vor allem das Fehlen jeglicher Luftunterstützung. Die Kommandeure der 20.Pz.D. und der 36.I.D. befahlen, nach Einbruch der Dunkelheit mit allen noch vorhandenen Mot.-Fahrzeugen über die Eisenbahnbrücke Bobruisk zu erreichen.
28.Juni 1944
Nach relativ ruhiger Nacht erfolgen ab 04:00 Uhr starke Feindangriffe auf die nördliche und westliche Einschließungsfront von Bobruisk mit Infanterie und Panzern. In harten Kämpfen werden an der Nordfront alle Angriffe abgeschlagen. Die wichtige Höhe 171,4 bleibt fest in der Hand der Division. An der Westfront erzielen die Sowjets mit 12 Panzern links des Eisenbahndamms einen Einbruch. Der sofort unternommene Gegenangriff, unterstützt durch eigene Panzer und Sturmgeschütze, führt zum Abschuss von 10 feindlichen Panzern und zur Abriegelung der Einbruchsteile. Der Div.Kdr. Genlt. von Kessel bringt von der nachmittägigen Kommandeurs-Besprechung beim Korps folgende Information mit:
"Ausbruch in der kommenden Nacht mit 20. Panzer-Division als Speerspitze."
29.Juni 1944
Die Versammlung und Bereitstellung der Division zum Ausbruch aus dem West - Kessel war am 28. Juni um etwa 23:00 Uhr beendet. Bald darauf setzte sich die gemischte Kampfgruppe unter Führung des Div.Kdr. in Bewegung. Die Stärke betrug etwa 10 Panzer der Pz.Abt.21, Teile des Pz.A.R.92 und der Pz.G.R. 59 und 112 sowie 8-10 Sturmgeschütze, 12-15 Schützenpanzerwagen, einige 2 cm und
8.8cm-Flak sowie eine größeren Anzahl Lkw. Die ersten sowjet. Sicherungen wurden rasch durchbrochen, der Angriff geriet aber vor Luki, ungefähr 8 km nördlich Bobruisk, ins Stocken. Luki verteidigten die Sowjets, wobei sie sich über die Beresina-Brücke bei Schatkowo, ca. 10 km nördlich Bobruisk, von Osten her verstärken konnten. Diese wichtige Brücke fiel dem Feind leider unzerstört in die Hand. Erst nachdem es einer 8.8-Flak gelungen war, die Brücke unpassierbar zu schießen und die zu Fuß marschierende Infanterie der 45.I.D. aufge- schlossen hatte, wurde Luki gestürmt. Die 20.Pz.D. setzte sich hierauf nach Nordwesten wieder in Bewegung und erreichte am frühen Nachmittag den Woltschanka-Abschnitt. Der Woltschanka-Bach , wurde überschritten und Genlt. Hoffmeister ließ bei Werbki (17 km nordwestlich Bohruisk) halten und sichern, um den Abstand zu den zu Fuß folgenden Kolonnen nicht zu groß werden zulassen. Nach einigen Stunden Rast setzte die gepanzerte und motorisierte Kampfgruppe, verstärkt durch Infanterie der 36.I.D.,um 22:00 Uhr ihren Marsch nach Nordwesten fort.
30.Juni 1944
Nach einem Nachtmarsch zwar ohne Feindberührung, trotzdem anstrengend wegen schlechter Wege, die ohne Licht bewältigt werden müssen, erreicht die Kampfgruppe der 20.Pz.D. am frühen Morgen das Höhenwaldgelände von Oktjabr. Man hat zu den 20 km von Werbki nach hier 5 Stunden benötigt - im mot. Marsch! Oktjahr ist feindbesetzt, die Kampfgruppe greift sofort an, wird jedoch abgewiesen. Nach dem Eintreffen einer Kampfgruppe der 36.I.D. wird der Angriff einige Stunden später wiederholt, wobei es gelingt in den Ort einzudringen. Der Gegner ist jedoch zu stark, man muss sich wieder zurückziehen. Wie zu erwarten war, hatten die Sowjets im Raum Oktjabr-Ssloboda-Sswisslotsch eine starke Sperre mit Panzern und schweren Waffen aufgebaut. Hinzu kam noch der quer zur Ausbruchsrichtung verlaufende Fluss Sswisslotsch. Der Gegner wusste ebenso gut, wie Genlt. Hoffmeister, sollte der Ausbruch des XLI.Pz.K. endgültig gelingen, mussten diese Hindernisse überwunden werden.
Ich denke das veranschaulicht die Dynamik und Tragik dieser Tage rund um Bobruisk...
VG Taiko