Posts by Rote-Kapelle

    Hallo Tim,

    die dir vorliegende englische Übersetzung von Helmut Heibers Quellenedition beinhaltet Protokollfragmente der Lagebesprechungen Hitlers mit der militärischen Führung. Dabei handelte es sich um täglich stattfindende Konferenzen.

    Kurt Mehner hat hingegen Tagesberichte militärischer Führungsstäbe herausgegeben. Dabei handelt es sich um Schriftstücke, die der gegenseitigen militärischen Orientierung dieser Führungsstäbe dienten. Diese Unterlagen erreichten die beabsichtigten Empfänger auf dem Dienstweg. Ob diese Dokumente in Zossen entstanden sind und wer die Sachbearbeiter waren, weiß ich nicht. Wenn dich das Thema näher interessiert, empfehle ich dir den ersten Band zu leihen.

    MfG

    Hallo Tim!

    Quote

    Kann jemand erklären, was in den Büchern behandelt wird? Ich bin etwas verwirrt über den Titel und den Inhalt.

    Mehners Quellenedition überliefert die gegenseitigen Lageunterrichtungen der Wehrmacht-, Heeres- und Luftwaffenführung über die Geschehnisse an der Front. Die täglichen Berichte werden dabei durch einen umfangreichen Anhang ergänzt, der u.a. Kriegsgliederungen, Stellenbesetzungslisten und Lagekarten beinhaltet.

    All das hat mit Heibers Buch nichts zu tun.

    Dieser Autor zitiert z.B. aus einer Landlage:

    https://www.google.be/books/edition/…tsec=frontcover


    MfG

    Hallo zusammen!


    Zur hier kurz aufgeflammten rüstungswirtschaftlichen Produktivitätsdebatte und Speers Rolle darin empfehle ich als Einstieg den Aufsatz von Jonas Scherner und Jochen Streb: Das Ende eines Mythos? Albert Speer und das so genannte Rüstungswunder. VSWG: Vierteljahrschrift Für Sozial- Und Wirtschaftsgeschichte, 93(2), 2006, S. 172–196

    Arnd

    Quote

    Leider funktioniert der Link nicht

    Pardon! Dieser Link sollte zum Artikel führen: https://www.academia.edu/91729439/Sturm…%C3%A4ger_2022_

    Vielleicht möchte ein Moderator den Link ja in meinem Ausgangsbeitrag entsprechend anpassen.

    Karl

    Quote

    Vorsthender Bericht erscheint mir nun doch sachlicher, als der zuvor erwähnte der StuG Ersatz- und Ausbildungs - Abteilung.

    Es geht in den von dir genannten Berichten ja um unterschiedliche Einsatzgebiete. Zweifellos war der Panzerkampfwagen für gepanzerte Verbände das geeignetere Kampfmittel. Die zeitgenössische Debatte drehte sich jedoch um die Frage, welches der titelgebenden Waffensysteme in der zweiten Kriegshälfte am zweckmäßigsten war.


    Im Sommer 1943 bereisten mehrere Offiziere im Auftrag des OKH die Front im Osten. Die daraufhin entstandenen Berichte (auf die sich Roman Töppel u.a. in seinem Aufsatz bezieht) stammen nicht von Vertretern der Sturmartillerie, denen man Parteilichkeit vorwerfen könnte, und fußen auch nicht auf Erfahrungen einzelner Truppenkörper - wie etwa im Falle der leichten Panzerabteilung – sondern geben die Meinungsbilder ganzer Heeresgruppen wieder.

    Die Frontreise zur Heeresgruppe Mitte erbrachte z.B. folgende Erkenntnisse: Das Sturmgeschütz war dort die "uneingeschränkt beliebteste Waffe" und zur Unterstützung der Infanterie “unentbehrlich”. Wo Sturmgeschütze eingesetzt wurden, habe die Infanterie gehalten. Die Steigerung der Sturmgeschützproduktion sei auch dann erstrebenswert, wenn sie auf Kosten der Panzerfertigung erfolgen müsste (vgl. BArch. RH 10/54, Bl. 87f.).

    Bei der Heeresgruppe Süd sah man im Sturmgeschütz "das wirkungsvollste und allein als Ideal anzusprechende Kampfmittel der Panzerabwehr" und vertrat auch dort die Ansicht, die Panzerfertigung zugunsten der Sturmgeschützfertigung einzuschränken. Das Sturmgeschütz bilde zusammen mit der Artillerie das “Rückgrat der Infanterie” (vgl. ebd., Bl. 105ff.). Wenige Monate später erklärte der Id der Heeresgruppe Süd sogar: "Ein Sturmgeschütz ist uns lieber wie (sic!) 3 Panther" (ebd., Bl. 183).

    Das einhellige Urteil der Front über die Bedeutung des Sturmgeschützes blieb auch dem deutschen Diktator nicht verborgen. Bereits im Sommer 1943 diskutierte man im Generalstab des Heeres, ob die Fertigung von Panzerkampfwagen IV nicht zugunsten von Sturmgeschützen eingestellt werden sollte. Dass es letztendlich nicht dazu kam, lag nicht an Hitler, sondern am Generalinspekteur der Panzertruppen. Immer wieder hob er die Vorteile der Panzerwaffe hervor, gänzlich unberüht davon, dass sich diese immer weniger auf dem Schlachtfeld auswirken konnte - wie Erfahrungsberichte nahelegen (vgl. ebd. Bl. 53). Doch Guderian war ein überzeugender Fürsprecher seiner Waffengattung und so kam es, dass noch Ende Juni 1944 über die Einstellung der Panzerkampfwagen IV-Fertigung diskutiert wurde. Letztlich folgte Hitler Guderians Vorschlag und ließ sie unangetastet (vgl. RH 10/90, Bl. 151).

    Die aktenkundige Diskrepanz zwischen den Forderungen der Front und der rüstungswirtschaftlichen Realität halte ich durchaus nicht für belanglos. Sie sind auch kein Produkt eines nachträglichen Erkenntnisgewinns. Allen Beteiligten, auch Guderian, war klar, dass die Krisen der Ostfront ein Ergebnis der abgekämpften Infanteriedivisionen waren. Sie mussten sich oftmals ohne geeignete Panzerabwehrwaffen gegen weit überlegene sowjetische Panzerverbände verteidigen. Doch obwohl das Sturmgeschütz nach allgemeinem Urteil die geeignetste Panzerabwehrwaffe war, schlug sich dies nicht in den Produktionszahlen nieder.

    Und Guderian ging sogar noch einen Schritt weiter. Die modernsten Waffenträger - ursprünglich als Sturmgeschütze neuer Art bezeichnet - wurden auf sein Betreiben hin nicht den in der Panzerbekämpfung und Infanterieunterstützung erfahrenen Verbänden der Sturmartillerie zugewiesen, sondern unerfahrenen Panzerjäger-Einheiten die seinem Befehlsbereich unterstanden. Damit schwächte er die Front aus reinem Ressortegoismus (vgl. Töppel, 2022, S. 15).

    Die Aktenlage ist eindeutig. Der Ostfront hat es im Abwehrkampf in erster Linie nicht an Panzerkampfwagen, sondern an Sturmgeschützen gefehlt.

    Quellen:

    BArch, RH 10/54, Generalinspekteur der Panzertruppen, Panzeroffizier beim Chef des Generalstabs des Heeres, Reiseberichte, Februar 1943 bis Juni 1944

    BArch, RH 10/90, Notizen für Vorträge des Generalinspekteurs der Panzertruppen/Chef des Stabes beim Führer insbesondere zur Panzerlage, Panzerplanung sowie zum Einsatz der Panzertruppe

    MfG

    Hallo zusammen!

    Quote

    vielen herzlichen Dank für Deine höchst interessanten Informationen und Ausführungen. Ich lese hier sehr gerne mit!

    Dem möchte ich mich gerne anschließen, Karl! Immer wieder gelingt es dir, dem Forum interessante militärhistorische Themen vorzustellen. Danke für dein Engagement!

    Mit dem Thema Panzertaktik hat sich vor vielen Jahren Rudolf Steiger fundiert auseinandergesetzt: Panzertaktik im Spiegel deutscher Kriegstagebücher 1939 bis 1941. Freiburg 1973

    Diese kaum beachtete Studie hat bereits Anfang der 1970er Jahre erste Schlaglichter auf diejenigen Ursachen geworfen, die für das Scheitern in Russland verantwortlich waren.

    Quote

    Anmerken möchte ich noch, dass die Panzerwaffe unzweifelhaft vor Guderian aufgebaut wurde, dennoch hat dieser sich meiner Meinung nach trotzdem für die Panzerwaffe nicht unerhebliche Verdienste erworben.

    Guderians Bedeutung für die deutsche Panzerwaffe wurde in den letzten Jahren grundlegend neubewertet. Das beginnt bei der von dir bereits erwähnten Rolle des Panzergenerals beim Aufbau seiner Waffengattung. Entgegen seiner Selbststilisierung war Guderian nicht der Schöpfer der deutschen Panzerwaffe, ja er war nicht einmal die entscheidende Persönlichkeit. Eine konzise Einführung in das Thema bietet Roman Töppel: Die Entwicklung der deutschen Panzerwaffe und Panzerdoktrin bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs, auf Spanisch erschienen, in: Desperta Ferro, Número Especial XII (2017): Panzer, Volu-men 1 (1939-1940): El triunfo de la Blitzkrieg, S. 10-16, mittlerweile aber auch in deutscher Übersetzung auf der Wissenschaftsplattform academia veröffentlicht: https://www.academia.edu/

    Und auch seine Leistung im Felde wurde mittlerweile einer kritischen Prüfung unterzogen. Siehe hierzu etwa die operationsgeschichtliche Aufarbeitung des Unternehmens "Barbarossa" durch David Stahel, beispielsweise seine Überblicksdarstellung: Operation Barbarossa and Germany's Defeat in the East, Cambridge 2009

    Zuletzt befasste sich die Forschung mit seinem Wirken als Generalinspekteur der Panzertruppe. Das vorläufige Urteil ist vernichtend: Seine fachliche Eindimensionalität führte zu einer konsequenten Überschätzung des Waffensystems Panzer mit schwerwiegenden Auswirkungen auf die Widerstandsfähigkeit des deutschen Heeres in der zweiten Kriegshälfte.

    Kriegslehren, wonach sich Erfolge auf dem Schlachtfeld nicht ausschließlich durch einen möglichst umfangreichen Ansatz von Panzerkräften erzielen lassen, wurden von Guderian aufgrund seines persönlichen Ehrgeizes und seiner Fokussierung auf das Waffensystem Panzer nicht zur Kenntnis genommen.

    Siehe zum Komplex den vorzüglichen Artikel von Roman Töppel: Manstein versus Guderian, oder: Ist ein General der Infanterie ein besserer Panzergeneral? In: Bernhard Kast/Christoph Bergs (eds.), Achtung Panzer? Zur Panzerwaffe der Wehrmacht, London 2022, S. 4-25.

    Mein Beitrag dient übrigens nicht dazu, Guderians militärische Leistungen zu diskreditieren, sein Wirken muss jedoch deutlich differenzierter beurteilt werden, als dies bislang geschah.


    MfG

    Hallo zusammen!

    Zur Sturmartillerie gibt es eine nützliche Einführung von Adrian Wettstein, die im Netz kostenfrei abrufbar ist: https://www.portal-militaergeschichte.de/wettstein_sturmartillerie


    Die Sturmartillerie wurde konsequent zugunsten der Panzerwaffe benachteiligt. Dabei argumentiert die moderne Forschung, dass es dem deutschen Heer nicht Panzerkampfwagen, sondern an Sturmgeschützen gefehlt hat

    (vgl. hierzu etwa die quellengesättigten Ausführungen von Roman Töppel: Manstein versus Guderian, oder: Ist ein General der Infanterie ein besserer Panzergeneral? In: Bernhard Kast/Christoph Bergs (eds.), Achtung Panzer? Zur Panzerwaffe der Wehrmacht, London 2022, S. 4-25)

    Karl

    Quote

    der „Panzerschreck“, verursachte in der deutschen Infanterie in Russland Ende 1941/42 durch die sowjetischen Panzer vom Typ T 34 und KW 1, gegen die die 3,7cm und 5 cm Pak mit der damaligen Munition wirkungslos oder nahezu wirkungslos war (Je nach Trefferlage), ein Umdenken bei den deutschen Panzerabwehrwaffen. Die gepanzerten Selbstfahrlafetten wurden geschaffen.

    Die erste gepanzerte Selbstfahrlafette ging noch vor dem Frankreichfeldzug in Produktion. Es handelte sich hierbei um den Panzerjäger I. Bei den zur Jahreswende 1941/42 vom Heereswaffenamt geforderten Selbstfahrlafetten mit Langrohrkanonen handelte es sich um die sogenannten Panzer-Selbstfahrlafetten 1 und 2. Erst im Anschluss gingen die Sturmgeschütze mit Langrohkanone in Serie (vgl. Roman Töppel: Sturmgeschütze versus Panzerjäger, ursprünglich in Spanisch erschienen, in: Desperta Ferro, Número Especial XXXII (2022): Panzer, Volumen 6 (1945): Los últimos Panzer, S. 30-37, mittlerweile aber auch in deutscher Übersetzung auf der Wissenschaftsplattform academia veröffentlicht: https://www.academia.edu/)


    MfG

    Hallo zusammen!


    ZAG

    Quote

    Warum wurde deren Erfahrungsschatz bezüglich der Vehältnisse im Osten nicht genutzt, berücksichtigt?

    Die Frage müsste eigentlich lauten, wie denn der Erfahrungsschatz der an der Planung des Unternehmens "Barbarbossa" beteiligten Offiziere aussah? Dazu liegen gleich eine Reihe interessanter Ausarbeitungen vor, darunter Beiträge von Manfred Zeidler, Das Bild der Wehrmacht von Rußland und der Roten Armee 1933 und 1939, in: Hans-Erich Volkmann (Hrsg.), Das Rußlandbild im Dritten Reich, 2. Aufl., Köln 1994, S.105-124, Andreas Hillgruber, Das Rußland-Bild der führenden deutschen Militärs vor Beginn des Angriffs auf die Sowjetunion, in: Hans-Erich Volkmann (Hrsg.), Das Rußlandbild im Dritten Reich, 2. Aufl., Köln 1994, S.125-140 und Jürgen Förster, Zum Rußlandbild der Militärs 1941-45, in: Hans-Erich Volkmann (Hrsg.), Das Rußlandbild im Dritten Reich, 2. Aufl., Köln 1994, S.141-163.

    Das Urteil ist freilich so eindeutig wie vorhersehbar: Man fühlte sich der Roten Armee in jeder Hinsicht weit überlegen - mit entsprechenden Konsequenzen für die militärischen Planungen. Ein schneller Sieg der deutschen Waffen stand überhaupt nicht zur Diskussion.

    Die von dir genannten Witterungseinflüsse mussten folglich auch nicht berücksichtigt werden, jedenfalls soweit es die entscheidenden Kampfhandlungen betraf. Dabei wurden insbesondere die Gefahren, die sich aus der Weite des sowjetischen Raums für die eigene Operationsführung ergaben, durchaus erkannt. Es war den Stäben völlig klar, dass die deutschen Kräfte in dem sich trichterförmig ausweitenden Operationsraum irgendwann nicht mehr reichen würden, um den Gegner zu schlagen. Die Entscheidung musste folglich westlich der Düna-Dnepr-Linie erfolgen. Doch auch das schien kein Problem zu sein, schließlich kalkulierte man mit der Vernichtung wesentlicher Teile der Roten Armee in den Grenz- und Durchbruchschlachten.

    Die Planungen zum "Unternehmen Barbarossa" sind von einer erstaunlichen Ambivalenz gekennzeichnet. Während man logistische und wehrgeografische Erwägungen durchaus in den militärischen Planungen berücksichtigte, konzipierte man einen Feldzug, der auf völlig falschen Annahmen beruhte. Es gab keinen Plan B, ja es gab zunächst nicht einmal Klarheit darüber, wie der Feldzug östlich der Düna-Dnepr-Linie fortgesetzt werden sollte.


    Karl

    Ich weiß leider nicht, ob und wo das Buch zu kaufen ist. Vielleicht macht ja eine Fernleihe Sinn?


    MfG

    Hallo zusammen!


    Ich bin erstaunt, wie viele längst widerlegte Behauptungen in diesem Thread tradiert werden. Offenbar ist auch heute noch, selbst in einem Forum wie dem unseren, eine sachliche Darstellung zuverlässig dokumentierter Fakten über das Unternehmen "Barbarossa" nicht möglich.

    Dafür bietet das Thema aber gleich ein ganzes Potpourri an Mythen, die direkt der Memoirenliteratur entstammen könnten: fehlende Berücksichtung von Winterbekleidung, rettende sibirische Divisionen, Präventivkrieg, fataler Zeitverlust durch den Griechenlandfeldzug usw.

    An dieser Stelle geht mein Dank an Jockel und Karl, die ihre Angaben mitunter auf wissenschaftlicher Literatur abstützen, damit die ein oder andere Eingabe korrigieren konnten und den Thread für mich insgesamt lesenwert machen!

    Zur Logistik des Unternehmens "Barbarossa" liegt übrigens eine vorzügliche Darstellung von Klaus Schüler vor, die auch heute noch in weiten Teilen den Stand der Forschung abbildet und alle hier aufgeworfenen Fragen beantworten kann: Logistik im Russlandfeldzug. Die Rolle der Eisenbahn bei Planung, Vorbereitung und Durchführung des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion bis zur Krise vor Moskau im Winter 1941/42. Frankfurt 1987

    Eine Beurteilung der logistischen Planungen ergibt sich aus einem Abgleich ihrer Ergebnisse mit den in diesem Kontext entstandenen Gegebenheiten und nicht aus den vollendeten Tatsachen, vor die sie durch die militärischen Planungen gestellt wurden.

    Die militärische Dimension des Unternehmens "Barbarossa" wurde dagegen eingehend von David Stahel analysiert: Operation Barbarossa and Germany's Defeat in the East, Cambridge 2009; Kiev 1941. Hitler's Battle for Supremacy in the East, Cambridge 2012; Operation Typhoon. Hitler's March on Moscow, Cambridge 2013; The Battle for Moscow, Cambridge 2015 und Retreat from Moscow, New York 2019.

    Stahel hat eine grundlegende Neubewertung der deutschen Kriegsanstrengungen des Jahres 1941 an der Ostfront vorgenommen.


    MfG

    Hallo zusammen!

    Heute möchte ich gerne meine Gedanken zu "Hitler's Fatal Miscalculation. Why Germany Declared War on the United States" mit euch teilen.

    Über die Hintergründe der deutschen Kriegserklärung an die USA im Zweiten Weltkrieg wird seit Jahrzehnten in Historikerkreisen kontrovers diskutiert. Doch so unterschiedlich die Erklärungsansätze auch ausfallen, in einem war man sich bislang weitgehend einig: Die Entscheidung zur Ausweitung des Krieges ist ein weiterer Beleg für die irrationale Herrschaftsausübung des deutschen Diktators.

    Ein Urteil, das zunächst auch durchaus naheliegt. Der deutsche Machtbereich war zur Jahreswende 1941/42 nicht nur militärisch in Bedrängnis geraten, sondern auch wirtschaftlich. Der eklatante Rohstoff- und Personalmangel ließ ernste Zweifel aufkommen, ob das notwendige Material zur erfolgreichen Fortführung des Krieges künftig noch bereitzustellen war. Vor diesem Hintergrund also gerade jenem Land den Krieg zu erklären, das schon einmal mitentscheidend eine Niederlage Deutschlands besiegelte, erscheint mindestens fragwürdig.

    Was bewog Hitler also zu diesem Schritt?

    Klaus Schmider hat sich mit dem Thema am bislang ausführlichsten befasst und dabei einen interessanten Zugang gewählt. Im Gegensatz zur bisherigen Forschung will sich Schmider auf diejenigen Informationen konzentrieren, die den Diktator im Laufe des Jahres 1941 nachweislich erreicht haben. So soll der Bezugsrahmen sichtbar werden, in dem Hitler seine folgenschwere Entscheidung traf.

    Doch so vielversprechend der Ansatz auch ist, schon in der Einleitung zeigt sich, wie schwer dem Autor die Einhaltung der eigenen Vorgaben fällt. Sichtbar wird das etwa am Umgang Schmiders mit einem für die Fragestellung durchaus zentralen Ereignis:

    Am 29. November 1941 kam es in Berlin zu einer Besprechung zwischen dem Reichskanzler, dem Reichsminister für Bewaffnung und Munition Fritz Todt und dem mächtigen Wirtschaftsfunktionär Walter Rohland. Im Zuge dieses Gesprächs soll Todt nicht weniger als die Beendigung des Krieges gefordert haben, zu einem Zeitpunkt wohlgemerkt, als sich das Deutsche Reich noch gar nicht in einer militärischen Auseinandersetzung mit den Vereinigten Staaten befand. Rohland selbst will hingegen zumindest vor einer Ausweitung des Krieges gewarnt haben, da ein Kriegseintritt der USA die Niederlage Deutschlands zur Folge haben würde.

    Doch hat es sich so zugetragen? Wir wissen es nicht!

    Die einzige Überlieferung des Gesprächsinhalts findet sich in Rohlands Memoiren. Unabhängig davon, dass auch seine Angaben mit Vorsicht zu genießen sind (vgl. Feyer, 2018, 645), eignen sich verschriftlichte Nachkriegserinnerungen denkbar schlecht um einen Sachverhalt nachweislich zu belegen - insbesondere dann, wenn sie seine einzige Grundlage bilden. Vor allem aber steht die Berücksichtigung dieser Quelle in einem sichtbaren Gegensatz zur engen Abgrenzung des Quellenkorpus durch den Autor selbst. Rohlands Memoiren sind keine amtlichen Akten, keine Protokolle, finden sich in keinem behördlichen Archiv, ja sie sind nicht einmal zeitgenössische Tagebuchaufzeichnungen. Dieses Ereignis ist also - dem Konzept des Autors zufolge - zur Rekonstruktion des Bezugsrahmens denkbar ungeeignet – und findet dennoch Eingang.

    Ein Vorgehen, das im Laufe der Arbeit immer wieder dort beobachtbar ist, wo Schmider der Enge des Quellenkorsetts zu entfliehen versucht. Besonders sichtbar wird das im Kapitel über die kriegswirtschaftliche Bedeutung der Gummi- und Kautschukversorgung. Dort wirft er seine Maßstäbe endgültig über Bord, wenn er unumwunden zugibt, über keinerlei Dokumente zu verfügen, die seinen Quellenkriterien entsprechen würden und belegen könnten, dass Hitler mit der Materie vertraut war. Da jedoch der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Walter Hewel, über Expertise auf diesem Gebiet verfügt hätte und zum engsten Führungszirkel Hitlers gehörte, sei es unvorstellbar, dass Hitler darüber nicht unterrichtet wurde. Hier versucht sich Schmider an der Quadratur des Kreises und das ist schon deshalb schade, weil es ohne Not geschieht. Das Kapitel an sich ist durchaus lesenswert, da es sich jedoch an den Vorgaben der Selbstbeschränkung messen lassen muss, öffnet es der Kritik Tür und Tor.

    Dass die Studie, aller Unzulänglichkeiten zum Trotz, lesenswert bleibt, hat im Wesentlichen zwei Gründe:

    Einerseits widmet sich der Autor dem Thema auf beachtlicher Breite. Mit Akribie und unter großem Quelleneinsatz befasst sich Schmider mit den militärischen, wirtschaftlichen, politischen, diplomatischen und strategischen Aspekten der Fragestellung. Damit eröffnet sich dem Leser ein weiter Einblick in die Materie.

    Und andererseits kann Schmider die Entscheidung Hitlers rationalisieren. Nicht, wie beabsichtigt, durch die Skizzierung seines Bezugsrahmens, sondern durch die ausführliche Rekonstruktion der zeitgenössischen Perzeption. Nicht immer gelingt dem Autor hierbei eine nachvollziehbare Verknüpfung der behandelten Themenaspekte mit dem damaligen Beurteilungsmaßstab, in Summe aber lässt sich ein Bild zeichnen, das aufschlußreiche Rückschlüsse auf die zeitgenössische Wahrnehmung und darauf fußende Entscheidungsprozesse erlaubt.

    Ratlos lässt mich hingegen der Entschluss Schmiders zurück, auf eine ausgewogene Deutung der Ergebnisse zu verzichten. Obwohl zu erwarten war, dass der Autor die Frage nach Hitlers Beweggründen nicht abschließend würde beantworten können, ist die fehlende Diskussion der erarbeiteten Erkenntnisse eine herbe Enttäuschung. Klar scheint - und hier liegt der eigentliche Wert der Arbeit - dass die Entscheidung aus zeitgenössischem Blicke keineswegs so irrational zu bewerten ist, wie dies häufig kolportiert wurde. Hier kann Schmider deutlich nachvollziehbarer, als es etwa Ian Kershaw in "Fateful choices" gelingt, die rationale Irrationalität in Hitlers Handeln erklären.

    Ganz anders verhält es sich hingegen mit der titelgebenden Beurteilung dieses Entschlusses.

    Wenngleich nicht infrage steht, dass die deutsche Kriegserklärung im Dunstkreis zahlreicher Fehleinschätzungen entstand, bleibt unklar, ob sie selbst auch eine war. Schon Zeitgenossen haben vermutet, es habe sich hierbei womöglich um reine Symbolpolitik gehandelt. Hitler wollte dem erwarteten amerikanischen Kriegseintritt schlicht zuvorkommen. Im Zentrum derartiger Überlegungen stehen somit die amerikanischen Absichten, deren Analyse sich geradezu aufgedrängt hätte. Leider vergibt Schmider an dieser Stelle die Gelegenheit, der bisherigen Forschung substanzielles hinzuzufügen. Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang jedoch seine Empfehlung, die Arbeit von Evan Mawdsley (December 1941) begleitend zu lesen. Letzterer argumentiert, dass ein Kriegseintritt der USA nicht mehr abzuwenden war und konterkariert damit potenziell die vage formulierte Einschätzung Schmiders, Hitler habe sich schlicht verrechnet. Hier bedürfte es freilich weiterer Untersuchungen, um die Chancen und den Zeitrahmen einer proaktiven amerikanischen Kriegsbeteiligung klarer einschätzen zu können, wenngleich eine letztgültige Antwort auf diese Frage natürlich nicht zu finden ist.


    Summa summarum legt der Autor eine Studie vor, deren Ambivalenz eine Beurteilung schwierig macht.

    Den eigenen Ansprüchen nicht gerecht werdend, ergänzt die Arbeit den Forschungsstand in Teilbereichen durch die Akzentuierung bislang wenig beleuchteter Aspekte. Von der im Vorwort reichlich optimistisch formulierten Ambition, mit diesem Werk einen “definitive account” - also eine endgültige Fassung der Ereignisse - vorzulegen, ist man jedoch in jedem Falle weit entfernt.  


    Literatur:

    Feyer, Sven: Die MAN im Dritten Reich: Ein Maschinenbauunternehmen zwischen Weltwirtschaftskrise und Währungsreform, Baden-Baden 2018

    Kershaw, Ian: Ten Decisions that Changed the World 1940–1941. London 2007

    Mawdsley, Evan: December 1941: Twelve Days That Began a World War, 2011

    MfG

    Hallo zusammen!


    Aders

    Quote

    Geht aus der angeführten Literatur hervor, dass Zweifel bestanden, ob die schmalen und langen mit niedrigem Freibord, für Transport auf Kanälen und Flüssen gebauten Schleppkähne geeignet waren, von Le Havre und der Scheldemündung über die offene See zu fahren?

    Den Schleppern und Prähmen wurde eine Überquerung der Kanalenge grundsätzlich zugetraut, sonst wäre das Landungsunternehmen auch nicht zu planen gewesen. Allerdings war man sich der geringen Seetüchtigkeit der kleinen Schiffe durchaus bewusst, weshalb insbesondere die Prähme ein Umbauprogramm durchliefen. Sie sollten mindestens in Seegangsverhältnissen der Stufe 2 operieren können. Der hier bereits erwähnte Schenk, der sich ausführlich mit den technischen und organisatorischen Details der deutschen Landungsflotte befasst hat, führt (leider quellenfrei) an, dass Erprobungen sogar eine noch größere Tauglichkeit ergeben hätten. Demnach wären Prähme sogar noch bei Seegang 4 oder 5 einsetzbar gewesen. Es bleibt allerdings unklar, auf welcher Grundlage diese Tests durchgeführt wurden.

    Grundsätzlich sahen die Planungen jedoch von Anfang an ein Übersetzen unter möglichst windschwachen Bedingungen vor.


    MfG

    Hallo zusammen!


    Aders

    Quote

    Glaubte die Wehrmachtsführung allen Enstes, mit vollbeladenen Pötten, die für Binnengewässer gebaut waren, zwischen Scheldemündung und LeHavre das Meer durchfahren zu können?


    Nach seemännischem Urteil wäre eine Überquerung der Kanalenge durch die Landungsboote grundsätzlich möglich gewesen, aufgrund der komplexen navigatorischen Herausforderungen und des geringen Ausbildungsstandes der Besatzungen jedoch nicht geordnet, in dem dafür vorgesehenen Zeitraum oder geplanten (Landungs-)Abschnitt (vgl. Campbell, 1994, S. 682).


    Dieter

    Quote

    Ja ! , es war sogar "noch schlimmer" den es gab Schleppkähne ohne Motor die von "Schleppern" über den Kanal gezogen werden sollten

    Schleppzüge waren notwendig, da die Motorleistung der Kleinstboote für die Strömung im Kanal häufig nicht ausreichte. Aufgrund fehlender Transportkapazitäten musste man jedoch praktisch alles requirieren, was schwimmfähig war.

    Quote

    Was das betrifft hat die Marineführung aus der "Weserübung" nichts gelernt. So wie es aussieht hätte die Marineführung die

    Operation Seelöwe 1:1 exekutiert. Ich kenne keine Berichte die das in Frage gestellt hätten, einzig das "Versagen" der Luftwaffe

    hat die Operation Seelöwe gestoppt.

    Die Bedenken der Seekriegsleitung sind in ihrem KTB ausführlich dokumentiert. So hielt sie etwa am 18. Juli 1940 fest, dass die Kräfte der Marine in keinem Verhältnis zu ihren Aufgaben stehen würden. Ende des Monats wird die Durchführbarkeit einer Landung in England, in der vom Heer geforderten Breite, gar als undurchführbar abgelehnt. In diesen Überlegungen spielte die Transportfrage stets eine entscheidende Rolle. Unter Berücksichtigung vielfältiger Aspekte, darunter der Wetterlage, den verfügbaren Transportkapazitäten, seemännischen Gesichtspunkten und Gezeitenverhältnissen kam man letztendlich zum Schluss, die Verschiebung der gesamten Unternehmung zu empfehlen. Nicht vor Mai 1941 sollte eine Landung stattfinden und auch nur dann, falls wesentliche Voraussetzungen bis dahin erfüllt werden konnten - die Erringung der absoluten Luftherrschaft war da nur eine von vielen. Die Marineführung stand dem Unterfangen also von Anfang an skeptisch, nach eingehender Betrachtung der Möglichkeiten sogar ablehnend gegenüber und hat das Hitler auch vorgetragen (vgl. KTB der Seekriegsleitung, Teil A, Bände 11 und 12, Juli und August 1940).

    Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass es Anfang der 1970er Jahre in der Abteilung für Kriegsforschung in Sandhurst ein Planspiel zu “Seelöwe” gab, an dem ehemalige Kriegsteilnehmer aus Deutschland teilnahmen. Obwohl der deutschen Seite günstigere Bedingungen zugestanden wurden, als sie im September 1940 vorfand, scheiterte “Seelöwe” - nach einstimmigem Urteil der deutschen und britischen Schiedsrichter - schon nach kurzer Zeit. Damals zeigte sich, dass dafür in erster Linie nicht die RAF verantwortlich war, sondern das Wetter und die Royal Navy (vgl. ebd., S.680). Ein Umstand, der mittlerweile auch in der Forschung zu “Seelöwe” in den Blickpunkt geraten ist (vgl.

    etwa Cumming, Anthony: Why historians must now focus on the Battle for Britain! British Journal for Military History, Vol. 3, No. 1 (Nov., 2016), pp. 49-67).

    Literatur:

    Campbell, John: A British Plan to Invade England, 1941, The Journal of Military History, Vol. 58, No. 4 (Oct., 1994), pp. 663-684

    Cumming, Anthony: Why historians must now focus on the Battle for Britain! British Journal for Military History, Vol. 3, No. 1 (Nov., 2016), pp. 49-67

    Rahn, Werner; Schreiber Gerhard (Hg.): Kriegstagebuch der Seekriegsleitung 1939–1945, Teil A, Bd. 11, Juli 1940, Bonn/Herford 1988

    Dies.: Kriegstagebuch der Seekriegsleitung 1939–1945, Teil A, Bd. 12, August 1940, Bonn/Herford 1989

    MfG

    Hallo zusammen!

    Ich las gerade “The First Day on the Eastern Front: Germany Invades the Soviet Union, June 22, 1941” von Craig Luther.

    Der deutsch-sowjetische Krieg zählt zu den zentralsten Ereignissen der Weltgeschichte. Nicht nur in seinen Dimensionen und Folgen war er beispiellos, auch seinem Charakter nach. Die Ostfront wurde zum Schauplatz eines Existenzkampfes, der so ungeheuerlich, so erbarmungslos und so hemmungslos geführt wurde, dass das Schlusswort in der Debatte auch heute noch nicht gefallen ist.

    Wenig überraschend also, dass über kaum einen Abschnitt des Zweiten Weltkrieges mehr geschrieben wurde, als über die Eröffnung des deutschen Feldzugs gegen die Sowjetunion, das Unternehmen “Barbarossa”. In bislang unerreichter Tiefe schildert der Autor nun die ersten 21 Stunden dieses Ringens.

    Die Arbeit selbst beschränkt sich dabei jedoch nicht ausschließlich auf den ersten Tag des deutschen Überfalls, sondern beleuchtet auch seine Vorgeschichte. Obwohl dies lediglich kursorisch geschieht und der Autor der mittlerweile umfassend erforschten Planungsphase des Feldzugs nichts substanzielles hinzufügen kann, sind seine Ausführungen über den deutschen Aufmarsch, die sowjetischen Erkenntnisse darüber, sowie die Darstellung der politischen Vorgänge in den Hauptstädten beider Kontrahenten kurz vor Angriffsbeginn eine willkommene Ergänzung bestehender Forschungsergebnisse.

    Der Hauptteil befasst sich schließlich mit der minutiösen Beschreibung der Kampfhandlungen und führt dem Leser dabei die Monumentalität der Ereignisse vor Augen: Am 22. Juni 1941 trat die größte Invasionsstreitmacht der Geschichte zu einem Feldzug an, der keinen Vergleich in der Militärgeschichte kennt.

    Nach deutschen Heeresgruppen und den ihnen unterstellten Armeen gegliedert, verbindet der Autor die strategischen Zielsetzungen mit den operativen und taktischen Aspekten ihrer Umsetzung. Immer wieder führt Luther den Leser dabei in die vorderste Linie, lässt ihn etwa den Angriff der Sturmpioniere im Abschnitt der 299. Infanteriedivision auf die Bunkerlinie bei Molnikow begleiten oder am Handstreich einer Kampfgruppe der 8. Panzerdivision gegen die Autobahnbrücke bei Ariogala teilnehmen. Die gelungene Einbeziehung von Zeitzeugenberichten lockert die Ausführungen spürbar auf und verleiht dem Geschehen Lebendigkeit.

    Zu bemängeln ist hingegen das Kartenwerk, das weder in seinem Umfang noch in seiner Qualität dem Niveau der Arbeit gerecht wird. Und auch mit der Eingrenzung des Themas durch den Autor bin ich nicht einverstanden. Warum Luther die Aktivitäten des Heeres und der Luftwaffe beleuchtet, die der Kriegsmarine jedoch nicht, bleibt für mich genauso unverständlich, wie seine Entscheidung, die Vorgänge in Lappland nicht zu berücksichtigen obwohl er auf den ebenfalls ruhigen Südabschnitt der Ostfront durchaus eingeht. Hier vergibt Luther die einmalige Gelegenheit, eine umfassende Darstellung der Ereignisse vorzulegen.

    In seinen Einschätzungen schließt sich Luther der jüngsten englischsprachigen Forschung zum Thema an. Autoren wie David Stahel, Alexander Hill und Jeff Rutherford haben unser Verständnis über die militärischen Vorgänge an der Ostfront des Jahres 1941 wesentlich vorangetrieben und mit großer Akribie und Nähe zu den Quellen gerade auch tradierte Vorstellungen im deutschen Sprachraum zurechtgerückt. Tatsächlich führte die Wehrmacht im Osten einen Kampf, den sie nicht gewinnen konnte.

    In den ersten neun Tagen des Feldzugs werden die deutschen Truppen 100.000 Mann an militärischen Verlusten erleiden, mehr als in den ersten acht Monaten des Zweiten Weltkrieges zusammengenommen. Die schon in den ersten Stunden äußerst erbittert geführten Kämpfe um Tauroggen, gegen die sowjetischen Feldbefestigungen von Akmenynai oder um die Festung Brest-Litowsk blieben somit keine Ausnahmen, sondern waren Vorboten eines Gemetzels, dessen Blutzoll das Deutsche Reich nicht begleichen konnte.

    MfG

    Hallo zusammen!

    @ Marco

    Deine Eigeninitiative zur Beantwortung der Fragestellung ist prima!

    Das von Frieser gezeichnete Bild ist so natürlich nicht haltbar. Obgleich völlig außer Frage steht, dass der Munitionsverbrauch in den ersten Kriegswochen die Fertigung deutlich überstieg, stand ein Zusammenbruch der Munitionsversorgung nicht bevor (siehe Anhang 1). Die in der Literatur immer wieder diskutierte "Munitionskrise" war ein Produkt zeitgenössischer Kalkulationen. Mangels aktueller Vergleichsmöglichkeiten musste man bei der Berechnung des zu erwartenden Munitionsverbauchs die Erfahrungswerte des Ersten Weltkriegs berücksichtigen. Darüber hinaus war der Westfeldzug weder als "Blitzkrieg" geplant, noch wurde mit einem raschen Zusammenbruch der französischen Armee gerechnet. Vor diesem Hintergrund stand also durchaus ein Mangel zu befürchten. Der unabsehbar günstige Kriegsverlauf im Westen führte dann jedoch dazu, dass kaum Munition verschossen wurde (siehe Anhang 2, 3, 4). Tasächlich verschoss man so wenig Munition, dass die Bestände im November 1939 leicht ausgereicht hätten, um die Munitionierung der Truppen zum ursprünglich anvisierten Angriffstermin, Mitte des Monats, sicherzustellen (siehe Anhang 5). Bei manchen Fundstellen in der Literatur darf außerdem nicht vergessen werden, dass Teile der Generalität einen Waffengang im Westen - unmittelbar nach Beendigung des Polenfeldzugs - vehement ablehnten und daher nach Argumenten für eine Verschiebung suchten.

    MfG

    Hallo zusammen!

    Amelie

    Quote

    Für mich bleibt noch die konkrete Frage, in welchem Rahmen ein SS-Fechtlehrer in Berlin hauptberuflich hätte arbeiten können.

    Die SS Fechtschule in Bernau bot hierfür Gelegenheit. Näheres zum Fechtsport in der SS findest du u.a. bei Berno Bahro, der dem Thema ein eigenes Kapitel gewidmet hat. Siehe hierzu: Der SS-Sport: Organisation-Funktion-Bedeutung, Paderborn 2013. Das Inhaltsverzeichnis: https://d-nb.info/1035202263/04


    MfG

    Hallo Daniel!


    Leider komme ich erst heute dazu, auf deine umfangreichen Eingaben zu antworten. In vielem sind wir anderer Meinung. Dessen ungeachtet respektiere ich deine Bemühungen, uns deinen Standpunkt nachvollziehbarer darzulegen.

    Wenn ich mich in meiner Antwort auf ein paar wesentliche Aspekte beschränke, dann deshalb, weil ich A) mit Blick auf den Threadtitel wenig inhaltlich beizutragen vermag und dir B) deine Meinung selbstverständlich zugestehe. Es war zunächst auch gar nicht meine Absicht, an der Diskussion teilzunehmen. Ich tat es, weil Horsts wichtiger Hinweis durch eine Reihe von Beiträgen überlagert zu werden drohte, die diesem Thema das inhaltliche Gleichgewicht zu nehmen schienen. In diesem Sinne hoffe ich, mit diesen Zeilen meinen Standpunkt hinreichend dargelegt zu haben und den Themenstrang wieder seiner eigentlichen Bestimmung überlassen zu können. Nun denn:

    Deine Einordnung wissenschaftlicher Rezensionen teile ich nicht. Entgegen deiner Implikationen erfüllen sie wichtige Aufgaben in der fachwissenschaftlichen Diskussion, dazu gehört auch die Verortung von Forschungsbeiträgen in einem wissenschaftlichen Umfeld. Da sie inhaltlichen und formalen Regeln folgen, sind sie mit einfachen Meinungsäußerungen nicht vergleichbar. Ich empfinde es daher auch als befremdlich, wenn du Mitglieder implizit dafür kritisierst, solche Rezensionen einzubringen oder sich darauf zu stützen, obwohl sie dadurch zur inhaltlichen Ausgewogenheit dieses Themenstrangs wesentlich beitragen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund deiner Literaturempfehlung, die wissenschaftlichen Ansprüchen nicht genügt.

    Freilich entbindet das alles den Rezipienten nicht davon, sich kritisch mit einem Thema bzw. einer Rezension auseinanderzusetzen. Niemand ist frei von Fehlern.

    Deine Zweifel an der Reputation von Frau Kramer als NS-Täter Forscherin sind für mich ebenfalls nicht nachvollziehbar. Würdest du dein Missfallen substanziieren, könnte man darüber sachlich diskutieren, so aber liest es sich wie ein argumentum ad hominem. Aus dem von dir eingebrachten Link geht nicht nur eindeutig hervor, dass die NS-Täterforschung ein Arbeitsschwerpunkt Kramers war, sondern auch ihre Beschäftigung mit SS-Ärzten in Auschwitz im Allgemeinen und Wirths im Besonderen. Oder anders ausgedrückt: Kramer forschte genau zu jenem Thema, das Völklein durch seine Arbeit bereichern wollte. Hier hat also eine Expertin inhaltlich Stellung genommen. Deinem Urteil folgend bemisst sich die Expertise einer Person aber offenbar streng an der Zahl ihrer Veröffentlichungen und nicht an deren fachlicher Rezeption. Nur so wird deine Empfehlung von Völkleins Wirths-Biografie verständlich, die du ungeachtet deiner eigenen Feststellung - Völklein wäre nicht nur zu Wirths in der Kritik gestanden - aussprichst.

    Das eigentliche Problem ist jedoch ein ganz anderes: Unabhängig von Frau Kramers wie auch immer gearteter Reputation steht ihr belegtes Urteil. In keinem deiner Beiträge gehst du konkret auf eine der zahlreichen - durch Fußnoten belegten - Vorwürfe ein. Doch nur so wird ein Schuh daraus!

    Quote

    Obwohl ich ja selbst bekennender Ernst Klee-Fan bin, wenn man das so sagen kann, muss ich bei Klees Quellenkritik trotzdem leicht schmunzeln. Denn gerade Klee hat in einigen seiner Arbeiten, besonders den frühen, auch nicht gerade immer mit streng wissenschaftlicher Quellenarbeit geglänzt...

    Was hat das alles mit Klees Hinweis zu tun? Klee führt in seiner von mir zitierten Arbeit als Beleg eine Auskunft des damaligen Archivleiters des FBI an. Wieder richten sich deine Zeilen gegen eine Person, anstatt inhaltliche Aspekte in den Blick zu nehmen. Dass du dann noch “bekennender Ernst-Klee-Fan" bist, lässt deine Argumentation in keinem guten Licht erscheinen.

    Quote

    Deine Aussagen suggerieren, dass der Nachlass von Wirths im Archiv nicht existent war bzw. noch ist. Mittlerweile befindet sich der Nachlass der Familie aber im Besitz des Fritz-Bauer-Instituts. Oder irre ich mich da?

    Offenbar liegt heute der Nachlass Wirths’ im FBI, wie aus deinem Link hervorgeht. Vor einigen Jahren war das scheinbar noch nicht der Fall. Das ist ja das Schöne an Belegstellen. Sie lassen sich nachprüfen.

    Quote

    In den geforderten bzw. gewünschten Desideraten von Kramer und Keller...


    Keiner “forderte oder wünschte” ein Desiderat, das ergäbe auch wenig Sinn. Frau Kramer benannte ein Desiderat und folgte damit einer Zielsetzung der wissenschaftlichen Rezension. Indem sie noch zu erbringende Leistungen in einem Forschungsfeld akzentuiert, schafft sie ein Bewusstsein für Forschungslücken.

    Quote

    Des weiteren beleuchtete bis heute niemand kritisch Handlungsweisen der Historiker im Allgemeinen.

    Das ist falsch. Zwei Beispiele in unserem Kontext: Groß, Dominik; Nebe, Julia (Hrsg.): Forschung zwischen Freiheit und Verantwortung. Die wissenschaftshistorische Perspektive, Kassel 2018 bzw. Schulin, Ernst: Deutsche Geschichtswissenschaft nach dem Zweiten Weltkrieg (1945-1965), Berlin 2009

    Quote

    Mir ist selbstverständlich klar, dass das nicht erwünscht ist. Aber es ist trotzdem ein Punkt der grundsetzlich hinterfragt werden sollte.

    Es ist gerade diese, deine Argumentation der es an Unvoreingenommenheit, Neutralität und Ausgewogenheit mangelt. Die Geschichtswissenschaft verfügt über einen Methodenapparat, der uns die Überprüfbarkeit wissenschaftlicher Theorien und Interpretationen gestattet. Das macht den Prozess transparent und erlaubt eine stete Korrektur oder Ergänzung bestehender Forschungsergebnisse.

    MfG

    Hallo zusammen!


    Anhalter

    Quote

    Meine Frage ist, was Bürkner damit bezweckt hat, dass er immer wieder auf die Unvereinbarkeit mit der Genfer Konvention hingewiesen hat.

    Die Ausarbeitung des Kommissarbefehls lag nicht im Zuständigkeitsbereich des Amts Ausland/Abwehr und seiner Exponenten Bürkner, Canaris und Lahousen. Als das Ansinnen den Geschäftsbereich des OKW erreichte, wurde die Abteilung Landesverteidigung des Wehrmacht-Führungsamts unter General Warlimont damit befasst (vgl. Streit, 1997, S. 45). Ein Rechtsgutachten des Amts Ausland/Abwehr zum Kommissarbefehl ist meines Wissens nach nicht aktenkundig, gleichwohl jedoch die ablehnende Haltung seines Leiters gegenüber diesem verbrecherischen Befehl.


    Quote

    Da in dem Befehl die Genfer Konvention indirekt erwähnt wird, halte ich es durchaus für möglich, dass die hohen Offiziere des OKW - innerhalb ihrer begrenzten Möglichkeiten - versucht haben, Unrecht abzumildern. Wie seht Ihr das?

    Die Schutzbehauptungen der Wehrmachtsgeneralität in den Nachkriegsprozessen sind aus naheliegenden Gründen keine geeignete Quelle, um sich einen Überblick über die Vorgänge zu verschaffen. Zum Glück ist die Entstehungsgeschichte des Kommissarbefehls detailliert erforscht. Die von Warlimont erreichte “Abschwächung” zielte in erster Linie auf die Verschonung ziviler Kommissare ab. Er folgte damit den Zweck­mä­ßig­keits­er­wä­gungen des Reichsministeriums für die besetzten Ostgebiete, dessen Leiter die Verwaltung und Ausbeutung des zu erobernden Raums ohne die Mitwirkung der zivilen Funktionsträger für gefährdet hielt. Menschenrechte spielten bei diesen Erwägungen also eine zweitrangige Rolle, was sich darüber hinaus auch in der federführenden Mitwirkung des OKW bei der Einschränkung der Kriegsgerichtsbarkeit zeigte. Völlig klar ist zudem, dass die befassten Persönlichkeiten im OKW über den völkerrechtswidrigen Charakter der Vorgänge im Bilde waren (vgl. ebd., S. 44 ff.). Nicht ohne Grund wurde Warlimont wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt.

    Am umfangreichsten hat sich bisher Felix Römer mit dem Komplex auseinandergesetzt (Karl hat auf seine Studie bereits hingewiesen). Wenn dich das Thema interessiert, “Anhalter”, dann lege ich dir Römers Werk ans Herz.


    Literatur:

    Streit, Christian: Keine Kameraden. Die Wehrmacht und die sowjetischen Kriegsgefangenen 1941– 1945, Bonn 1997

    MfG

    Hallo Karl,

    Quote

    Das Dt. Afrikakorps durfte 1943 am Ende bei Tunis tragischerweise aufgrund der absolut irrsinnigen Untersagung durch Hitler nicht evakuiert werden - Ergebnis, das so genannte "Tunisgrad" mit allein ca. 150-Tausend deutschen Kriegsgefangenen.

    Das Afrikakorps war lediglich ein Teil der deutschen Kräfte, die bei Tunis kapitulierten. Und auch nicht in der von dir genannten Größenordnung. Den Akten des Abwicklungsstabes Tunis zufolge gingen maximal 100.000 deutsche Soldaten im afrikanischen Brückenkopf in Gefangenschaft.

    Quote

    Aus welchen Gründen diese Evakuierung auch auf ital. Seite unterblieben ist, dafür gibt es für mich folgende denkbare ursächliche Aspekte, wobei ich spekulieren muss, da mir leider die Fakten dazu fehlen:

    Ein italienischer Alleingang in dieser Frage war schon aus bündnispolitischen Gründen ausgeschlossen. Davon abgesehen fehlte es hierzu am Willen des “Duce”, der durch den Verlust Nordafrikas weitreichende innenpolitische Konsequenzen fürchtete. Und auch das italienische Oberkommando sah trotz diverser Vorbehalte keine Alternative, da man fälschlicherweise annahm, mit der Aufgabe der afrikanischen Position die Gunst des Bündnispartners zu verlieren und den dann folgenden anglo-amerikanischen Angriffen auf das italienische Festland alleine begegnen zu müssen (vgl. Knox, 2000, 69 ff.).


    Das Zeitfenster für ein “deutsch-italienisches Dünkirchen” schloss sich ohnehin rasch. Im April fehlte für ein derartiges Unterfangen - nach zeitgenössischem Urteil - bereits die dafür notwendige Tonnage. Darüber hinaus scheint es zweifelhaft, dass der schwerwiegende Treibstoff- und Munitionsmangel eine effektive Verteidigung etwaiger Evakuierungsbewegungen noch erlaubt hätte. Anfang April verhinderte z.B. der akute Brennstoffmangel die ohnehin unzureichende Munitionsversorgung der 5. Panzerarmee. Die schnellen Truppen standen dagegen aus Treibstoffmangel kurz vor ihrer Bewegungsunfähigkeit (vgl. Hammond, 2020, S. 164 ff.).

    Ein geordneter Rückzug aus Afrika hätte also, wenn überhaupt, nur nach der Stabilisierung der Fronten Ende Januar 1943 und statt der deutsch-italienischen Offensivbemühungen im Februar und März 1943 stattfinden können. Angesichts der alliierten Luft- und Seeherrschaft wäre allerdings auch dann mit erheblichen Verlusten zu rechnen gewesen.

    Literatur:

    Hammond, Richard: Strangling the Axis. The Fight for Control of the Mediterranean during the Second World War. Cambridge 2020

    Knox, MacGregor: Hitler's Italian Allies: Royal Armed Forces, Fascist Regime, and the War of 1940-1943. Cambridge 2000

    MfG

    Hallo zusammen!

    Roman

    Quote

    Es bleibt, die Verluste in 41 - 42 zu verarbeiten.

    Die personellen Verluste der Wehrmacht auf der Krim betrugen in den Jahren 1941-42 rund 100.000 Mann, darunter rund 22.000 Gefallene und Vermisste. Die Verluste des rumänischen Verbündeten beliefen sich im selben Zeitraum auf rund 20.000 Mann (vgl. Forczyck, 2014, S. 216).

    Die deutsch-rumänischen Gesamtverluste auf der Krim beliefen sich dagegen auf mehr als 250.000 Mann, darunter mindestens 60.000 deutsche und 15.000 rumänische Gefallene und Vermisste (vgl. ebd., S. 294 f.).

    Quote

    Im Jahr 1944 beim Angriff der 17. Armee auf der Krim. Die Opferzahlen wurden abgerissen, und genaue Zahlen sind noch nicht verfügbar. Die Artillerievorbereitung während der Offensive wurde intensiviert, aber dann wurde der Angriff ohne Verluste durchgeführt, manchmal waren die Schießstellen nur mit Leichen übersät.

    Sofern es hier um die sowjetischen Verluste geht, liegen Zahlen von Krivosheev vor. Demnach büßte die Rote Armee rund 85.000 Mann, darunter rund 18.000 Gefallene, in den Kämpfen zur Rückeroberung der Krim ein (vgl. Krivosheev, 1997, S. 143). Dabei handelt es sich allerdings um Schätzwerte, die vermutlich zu niedrig angesetzt sind. Genaue Angaben zur Krim liegen - wie du bereits festgestellt hast - leider auch heute noch nicht vor.

    Literatur:

    Forczyck, Robert: Where the Iron Crosses Grow: The Crimea 1941-44, New York 2014

    Krivosheev, Grigory F.: Soviet Casualties and Combat Losses in the Twentieth Century. London 1997

    MfG

    Hallo zusammen!

    Da mir nicht ganz klar ist, wie ich die Diskussion zu Wirths hier deuten soll, ein paar Anmerkungen dazu.


    Daniel

    Quote

    Ich empfehle der Gemeindeverwaltung mal folgendes Buch:

    Sicherlich ein gut gemeinter Rat von dir, aber ich glaube nicht, dass der Gemeindeverwaltung damit geholfen wäre. Horst hat dankeswerterweise bereits auf die umfangreiche Replik der anerkannten NS-Täter Forscherin Helgard Kramer hingewiesen, die ich hiermit verlinke: https://www.hsozkult.de/searching/id/r…o=8&subType=reb

    Das ist keine Wertung des Feuilletons. Kramers Kritik ist sorgfältig belegt, sie ist schwerwiegend und ihr ist tatsächlich wenig hinzuzufügen. Dazu kommt, dass der Verfasser auch andernorts in der Kritik stand. In seiner Quellenedition zu Wirths gibt Völklein beispielsweise als Fundstelle der angeführten Dokumente den Nachlass Wirths’ an, der sich im Fritz-Bauer-Institut befinden soll. Nach Auskunft des dortigen Archivleiters gibt es jedoch keinen Nachlass (vgl. Klee, 2013, S. 499). Wichtig ist außerdem Klees Hinweis, dass unbeglaubigte Abschriften von Dokumenten, wie sie etwa Völklein von der Familie Wirths’ erhalten hat, manipuliert sein könnten. Der Umgang mit solchen Schriftstücken gebietet also eine entsprechende Sorgfalt, die Völklein auch an anderer Stelle nicht an den Tag legt. Während der Autor in seinem Buch “der Judenacker” die Mitschrift eines Verhörs, das der britische Offizier Draper nach der Verhaftung Wirths’ geführt hat, anführt, obwohl sich ihre Herkunft nicht zweifelsfrei belegen lässt (vgl. Beischl, 2005, S. 15), zieht er sie in seiner Wirths-Biografie nicht heran. Ob hierfür, wie Kramer unterstellt, die tendenziöse und selektive Quellenauswahl Völkleins verantwortlich ist oder andere Ursachen eine Rolle spielen, sei an dieser Stelle dahingestellt. Zurück bleibt jedenfalls der Eindruck, dass sich Völklein den Anforderungen wissenschaftlichen Arbeitens nicht unterwerfen will. Vor diesem Hintergrund kann seine Wirths-Biografie also kaum für eine angemessene Beurteilung des Sachverhalts in Geroldshausen geeignet sein.

    Es ist dann auch nicht richtig, dass zu Wirths bereits "alles geschrieben" oder "erforscht" wurde, wie in diesem Thread vereinzelt zu lesen ist. Gewisse Lebensabschnitte Wirths’ sind nach wie vor ein Desiderat der Forschung, wie Kramer festhält. Und auch das Pauschalurteil, die Familie Wirths habe sich "schonungslos offen der Vergangenheit gestellt", ist unzutreffend, wenn man sich beispielsweise die Tätigkeiten Helmut und Adalbert Wirths' nach Kriegsende vor Augen führt.

    Wirths’ Handlungen waren sicherlich von Ambivalenz geprägt. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass Wirths ein NS-Täter war und den nationalsozialistischen Vernichtungsapparat unterstützt hat. Ob nun sein Name auf einem Gedenkstein einer deutschen Gemeinde Platz finden sollte oder nicht, ist eine Frage, deren Beantwortung womöglich außerhalb der Grenzen dieses Forums liegt.

    Literatur:

    Beischl, Konrad, Dr. med. Eduard Wirths und seine Tätigkeit als SS-Standortarzt im KL Auschwitz. Würzburg 2005

    Klee, Ernst: Auschwitz. Täter, Gehilfen, Opfer und was aus ihnen wurde. Frankfurt am Main 2013

    MfG

    Hallo zusammen!


    Bert

    Mit deiner quellenfreien Eröffnung des Themenstrangs bin ich nicht einverstanden. Es wurde bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass es keine "übliche Infanteriedivision" gab. Da du darauf verzichtet hast, deine Ausführungen zu belegen, lässt sich nicht einmal feststellen, ob die von dir genannten Sollstärken für Kraftfahrzeuge und Pferde zu einem bestimmten Zeitpunkt existiert haben oder überhaupt falsch sind. In Ergänzung zu Karls hilfreichen Beiträgen lässt sich aus folgendem Link ersehen, welche Unterschiede selbst innerhalb einer Welle auftreten konnten: http://niehorster.org/011_germany/39…id-1_welle.html

    Ralf

    Eine Übersicht über den monatlichen Zugang von Kraftfahrzeugen für Heer und Luftwaffe findet sich in der Bestandssignatur RH 8 "OKH/Heereswaffenamt mit nachgeordneten Dienststellen" im BA-MA. Der hier interessierende Zeitraum (08/39-12/41) wurde auch publiziert: Autorenkollektiv: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg: Organisation und Mobilisierung des deutschen Machtbereichs, Band 5/1, Stuttgart 1988

    Eine Auslastung der deutschen Kraftfahrzeugindustrie war schon aufgrund der Stahlkontigentierung nicht möglich. Es war daher durchaus sinnvoll, die sonst brachliegenden Kapazitäten anders zu nutzen.

    Quote

    b) Zur Treibstoff Versorgung, wenn man sich genau ansieht ist zu erkennen bis zum Winter 41/42 das einem sehr hohem Treibstoffverbrauch während der Feldzüge eine Erholungsphase folgte die die Lager wieder füllte.

    Zu Beginn ders Rußlandfelzug waren alle Lager voll.

    Die Mineralölbestände fielen seit September 1940 kontinuierlich und lagen zu Beginn des deutschen Feldzugs gegen die Sowjetunion um rund 800.000 Tonnen unter dem Wert zu Kriegsbeginn (vgl. Müller, 1988, S. 584).


    Passend zu Ingos zitiertem Tagebucheintrag findet ihr im Anhang noch den Abgang an Kraftfahrzeugen des deutschen Heeres im Januar 1940.

    Literatur:

    Autorenkollektiv: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg: Organisation und Mobilisierung des deutschen Machtbereichs, Band 5/1, Stuttgart 1988

    MfG