Posts by AnhalterddGeschichte

    Moin allerseits,

    Moin Ralph,

    Moin MP,

    hinter dem Zitat von Ralph versteckt sich ja die Frage, seit wann denn die Grenzen der Ukraine festgelegt sind.

    Ich vermute dass auch zu Zeiten des Krimkrieg 1853 die Ukraine noch keine festgelegten Grenzen hatte.

    Diese Frage beantwortet der Wiki-Artikel zur "Geschichte der Ukraine" ganz gut: https://de.wikipedia.org/wiki/Geschicht…atsterritoriums

    Darin heißt es [Zitat]:

    "Nach dem Sieg der Anti-Hitler-Koalition im Zweiten Weltkrieg und auf den Kriegs- und Nachkriegskonferenzen (Teheran-Konferenz November 1943, Konferenz von Jalta Februar 1945 und Konferenz von Potsdam Juli/August 1945) gefassten Beschlüssen der Alliierten wurden von der Sowjetunion bzw. der Ukrainischen SSR dauerhaft jene westlich und südwestlich ihrer ursprünglichen Grenzen gelegenen Gebiete einbehalten, die zunächst nach Vereinbarungen des Hitler-Stalin-Pakts, dann im Verlauf des Krieges von der Roten Armee militärisch eingenommen worden waren.

    Die Grenzen der Ukraine wurden damit zu Lasten Polens, Rumäniens und der Tschechoslowakei weit nach Westen und Südwesten vorgeschoben." [Zitat Ende]

    Nach dem 2. Weltkrieg existierte die Ukraine dann als Sowjetrepublik, die sich am 16. Juli 1990 laut Beschluss des Obersten Sowjets der Ukrainischen SSR zunächst für unabhängig erklärt hat. Als Gorbatschow die ehemalige Sowjetunion dann in eine "Union souveräner Staaten" umwandeln wollte, beabsichtigte die Ukraine zunächst, diesen Vertrag zu unterschreiben, wozu es aufgrund des Augustputsches, in dem Gorbatschow festgesetzt wurde, nicht kam. Daraufhin wurde am 1.12.1991 das Referendum über die Unabhängigkeit der Ukraine abgehalten in dem mehr als 90% der Stimmberechtigten für die Souveränität der Ukraine stimmte.

    Nachzulesen ist das Ganze hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Referendu…eit_der_Ukraine

    Durch die Anerkennung der Ukraine als souveräner Staat aufgrund dieses Referendums waren somit auch die Grenzen der Ukraine seit Dezember 1991 festgelegt. Damit müsste Ralphs Frage beantwortet sein.

    Die Ukraine hat die Schlussakte von Helsinki am 26. Februar 1992 und das Pariser Abkommen am 16. Juni 1992 unterzeichnet.

    In der Schlussakte von Helsinki heißt es auf Seite 5 [Zitat]:

    "III. Unverletzlichkeit der Grenzen
    Die Teilnehmerstaaten betrachten gegenseitig alle ihre Grenzen sowie die Grenzen aller
    Staaten in Europa als unverletzlich und werden deshalb jetzt und in der Zukunft keinen
    Anschlag auf diese Grenzen verüben.
    Dementsprechend werden sie sich auch jeglicher Forderung oder Handlung enthalten,
    sich eines Teiles oder des gesamten Territoriums irgendeines Teilnehmerstaates zu
    bemächtigen.

    IV. Territoriale Integrität der Staaten
    Die Teilnehmerstaaten werden die territoriale Integrität eines jeden Teilnehmerstaates
    achten.
    Dementsprechend werden sie sich jeder mit den Zielen und Grundsätzen der Charta der

    Vereinten Nationen unvereinbaren Handlung gegen die territoriale Integrität, politische
    Unabhängigkeit oder Einheit eines jeden Teilnehmerstaates enthalten, insbesondere jeder
    derartigen Handlung, die eine Androhung oder Anwendung von Gewalt darstellt." [Zitat Ende]

    Die Schlussakte von Helsinki war so auch schon im August 1975 von der Sowjetunion unterschrieben worden. Später, im Jahr 1992, ist Russland als Rechtsnachfolgerin der KSZE/OSZE beigetreten.

    So weit erst mal.

    Gruß

    Vom Anhalter

    Guten Abend allerseits,

    Dieter, erlaube mir bitte eine Ergänzung zu Deinen Ausführungen:

    Was wir aus der reine milt,taktischen Beobachtung des Krieges sagen können ist

    das die russische Seite erhebliche Probleme auf der Führungsebene im Gefecht hat

    ohne das jetzt tiefer zu analysieren.

    Die Probleme bestehen nicht nur auf der Führungsebene. Die russische Armee setzt auch junge Wehrpflichtige im Kampf ein, die erst kurze Zeit bei der Armee sind und somit noch völlig unerfahren und wenig ausgebildet. Damit kann man keinen Kampf gewinnen.

    Hier ist ein Video, das die Situation kriegsgefangener russischer Soldaten und ihrer Familien zeigt:

    https://www.youtube.com/watch?v=P4Y9jbt9sPE

    Der junge Soldat, der in diesem Video als erster gezeigt wird, ist erst seit 4 Monaten bei der Armee als Wehrpflichtiger.

    Putin verheizt seine eigenen Soldaten.

    Gruß

    Vom Anhalter

    Hallo Jockel,

    das sind ja keine besonders guten Nachrichten.

    Ich möchte gerne noch mal an Deinen Beitrag #30 vom 27.2. erinnern, wo Du dankenswerter Weise ein sehr wichtiges Zitat von Hermann Göring in die Diskussion eingebracht hast, das hier viel zu wenig Beachtung gefunden hat:

    Ich möchte auch noch an einen anerkannten Experten für Kriegs-/ und sonstige Verbrechen, Hermann Göring, erinnern:


    „Natürlich, das einfache Volk will keinen Krieg. Aber schließlich sind es die Führer eines Landes, die die Politik bestimmen, und es ist immer leicht, das Volk zum Mitmachen zu bringen, ob es sich nun um eine Demokratie, eine faschistische Diktatur, um ein Parlament oder eine kommunistische Diktatur handelt. Das ist ganz einfach. Man braucht nichts zu tun, als dem Volk zu sagen, es würde angegriffen, und den Pazifisten ihren Mangel an Patriotismus vorzuwerfen und zu behaupten, sie brächten das Land in Gefahr. Diese Methode funktioniert in jedem Land."


    (Nürnberger Tagebuch von Gustave M. Gilbert. Gespräche der Angeklagten mit dem Gerichtspsychologen.)

    Genau das macht Putin jetzt. Offenkundig wiederholt sich Geschichte doch, nur eben anders. Dieses Mal ist wenigstens nicht Deutschland der Aggressor

    Was mich wundert, ist, warum niemand psychologisch so geschult ist, dass er Putin auf dieser Ebene argumentativ entgegentreten könnte. Wo bleibt die Stimme der OSZE? Wo bleibt die Stimme der UNO?

    Ich würde mir jetzt einen Politiker vom Format eines Helmut Schmidt wünschen, der ausreichend Rückgrat hat, um Putin mal ganz kräftig die Ohren lang zu ziehen und ihm klar zu machen, was für einen hirnlosen Schwachsinn er da gerade betreibt. Wie sagte Schmidt einst? "Krieg ist Scheiße!".

    Im Prinzip werden wir hier gerade Zeugen eines sehr stark erweiterten Selbstmordes. Wenn Putin hier mit Atomwaffen um sich wirft, wird der Jetstream die Strahlung auch nach Russland tragen und in spätestens einem Jahr wird Europa mit Russland so verstrahlt sein, dass es streng genommen nicht mehr bewohnbar sein wird. Leider gilt das für die gesamte Nordhalbkugel, denn der Jetstream zieht ja weiter. Im Klartext heißt das, dass Putin sich selbst und das russische Volk auslöscht. (Für diejenigen, die sich mit dem Begriff noch nie auseinandergesetzt haben: https://de.wikipedia.org/wiki/Jetstream)

    Ich habe mir gestern mal die Schlussakte von Helsinki von 1975 zu Gemüte geführt. Putin verstößt so ziemlich gegen alle Abmachungen, die damals treffbar waren und getroffen worden sind. Ja, und auch die Sowjetunion hat die Schlussakte unterschrieben und auch die Nachfolgeprotokolle wurden von Russland mit ausgehandelt und unterschrieben. Hier ist sie, 81 Seiten lang:

    https://www.osce.org/files/f/documents/6/e/39503.pdf

    Es gibt sie auch in russischer, französischer und englischer Sprache: https://www.osce.org/de/mc/39503

    Man könnte sich ja zur Abwechslung einfach mal an die Vereinbarungen halten.

    Hoffentlich habt Ihr alle genügend Klopapier und Nudeln gebunkert.

    Gruß

    vom Anhalter

    Hallo Diana,

    Aber wie verhält es sich eigentlich juristisch bzw. völkerrechtlich? Sind beide Staaten, also Rußland und Ukraine, eigentlich im Krieg? Hat ein Staat dem anderen den Krieg erklärt? Rußland sagt ja "militärische Spezialoperation". Oder reicht einzig und allein die kriegerische Handlung gegen einen souveränen Staat?

    Spannende Frage(n)!

    Im Wiki-Artikel zum Suchwort "Krieg" ist bei den Quellen ein Interview aus der SZ verlinkt mit der Überschrift "Als Rechtsbegriff hat der 'Krieg' ausgedient":

    https://www.sueddeutsche.de/kultur/im-inte…edient-1.423225

    Im Wiki-Artikel findest Du eine Definition von Krieg, die so ähnlich auch im Duden steht:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Krieg#Weblinks

    Zitat "Als Krieg wird ein organisierter und unter Einsatz erheblicher Mittel mit Waffen und Gewalt ausgetragener Konflikt bezeichnet, an dem planmäßig vorgehende Kollektive beteiligt sind."

    Die UN-Charta wendet statt des Begriffes "Krieg" den Begriff "Aggression" an, zu der auch ein Angriff auf einen anderen Staat bzw. dessen Territorium gezählt wird. Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Aggression_(V%C3%B6lkerrecht)

    Hier der Original-Text auf Deutsch: https://unric.org/de/charta/

    Im Jahr 2010 wurde im "Römischen Statut" das Völkerstrafrecht festgehalten, wonach das "Verbrechen der Aggression" ein Straftatbestand im Völkerrecht ist gemäß Artikel 5, Absatz 1 Buchstabe d.

    Bin zwar kein Jurist, und ich hoffe, hier findet sich noch einer, aber da auch schon eine Kriegserklärung einen Straftatbestand darstellt, musste Putin offensichtlich auf den Begriff "Militärische Spezialoperation" ausweichen.

    Wenn Du Dir jetzt noch eineinviertel Stunden Zeit nehmen willst, ist hier ein Vortrag von einem Völkerrechtler, der das genauer ausführt:

    https://www.youtube.com/watch?v=5vOi8RVo6oE

    Gruß

    Vom Anhalter

    Guten Morgen MP,

    sehr herzlichen Dank für den aufschlussreichen Artikel.

    Damit ist meine erste Frage nach dem "Wo" schon mal geklärt. Ganz grob geschätzt wären das um die 120 Seemeilen bis Sewastopol gewesen und ungefähr 80 sm bis Odessa. Das Abschleppen hätte eigentlich machbar sein müssen.

    Ich bin gespannt darauf, was noch bekannt wird.

    Viele Grüße an den Bodensee

    Vom Anhalter

    Guten Morgen Allerseits,

    ich habe mich gerade durch diverse Zeitungsberichte und YT-Videos durchgearbeitet, um drei Fragen bezüglich des Untergangs der "Moskwa" zu klären, finde aber keine Antwort.

    Weiß von Euch jemand:

    1. Wo genau die Moskwa gesunken ist? Es gibt Berichte, dass sie in einen (Welchen?) Hafen geschleppt werden sollte. Ist Sie im Hafen gesunken? Oder vor der Hafeneinfahrt? Oder auf Hoher See?

    2. Wie ist sie gesunken? Mehrere Berichte deuten auf Schlagseite und Kentern hin, sagen aber nichts Genaues.

    3. Wer hat das Sinken der Moskwa beobachtet? Sollte sie tatsächlich am Schlepphaken gehangen haben, müssten die Schlepperbesatzungen doch vom Untergang berichten können. Oder war der Untergang von der Küste aus zu sehen? Oder eventuell im Hafen?

    Hat jemand von Euch einen Tipp, wo man etwas über diese Fragen herausfinden kann?

    Österliche Grüße

    vom Anhalter

    Hallo Micha,

    wenn mir der Gedanke schwerfällt, dass durch deutsche Waffen wieder russische Soldaten sterben ?

    Dieser Gedanke bereitet mir auch heftige Magenschmerzen. Da hast Du mich voll auf Deiner Seite. Aber da stellt sich sofort die Frage, welche anderen Handlungoptionen hätte die Bundesregierung denn?

    Geld in die Ukraine schicken, damit sie die Waffen dann woanders kaufen? Dadurch stürbe nicht ein russischer Soldat weniger.

    Ich würde gerne noch einmal auf das von mir verlinkte CNN-Interview mit Chodorkowsky verweisen, der sinngemäß sagt, dass Putin jeden Versuch der Neutralität als Schwäche auslegt und als Einladung zum Angriff. Von daher ist Deutschland gezwungen, seine Neutralität aufzugeben und eindeutig Stellung zu beziehen. Wobei man auch bedenken muss, dass Putin Deutschland längst in einen Wirtschaftskrieg hineingezogen hat und unsere exportorientierte Wirtschaft ist halt unsere empfindlichste Stelle.

    Hast Du eine Idee, mit welchen alternativen Handlungsoptionen Deutschland aus dieser Situation "sauber" wieder rauskommt? Ich habe zur Zeit keine.

    Gruß vom Anhalter

    Guten Abend allerseits,

    hat irgendjemand von Euch schon mal etwas von einem fair geführten oder humanen Krieg gehört?

    Mich hat es in der Schule schon immer angewidert, als wir alle möglichen Kriege durchgenommen haben, egal, ob die punischen Kriege, die napoleonischen Kriege, den 30-jährigen Krieg oder was auch immer, wenn diejenigen als Helden gefeiert wurden, die am geschicktesten die meisten Menschen abgeschlachtet haben. Raub, Brandschatzen, Vergewaltigungen - das hat es in Kriegen immer gegeben. Ich frage mich, warum unsere ach so zivilisierte Welt damit nicht einfach mal aufhören kann. Es könnte so einfach sein.

    Wir wissen doch alle, was die Folgen von Krieg sind. Wollen wir das wirklich?

    Viele Grüße

    Vom Anhalter

    Hallo Jockel,

    auf Anonymous ruhen derzeit all meine Hoffnungen. Wenn die Jungs und Mädels von Anonymous es schaffen, sämtliche russischen Raketen so umzuprogrammieren, dass sie den Kreml treffen, wenn sie einmal abgeschossen sind, dann verleihe ich denen höchstpersönlich sämtliche verfügbaren Nobelpreise, Oscars, Bundesverdienstkreuze, Bambies, Emmies, Grammies und was-weiß-ich-was-es-sonst-noch-für-Preise-gibt. Achja ... und ein Bier je gerettetem Menschenleben gebe ich denen auch noch aus.

    Nur leider mehren sich auch die Nachrichten über vermehrte russische Hackerangriffe auf deutsche Firmen und Behörden. Sogar das Autohaus, in dem ich mein Auto gekauft habe und regelmäßig zur Inspektion bringe, ist gehackt worden. Die TU Berlin hat sich noch immer nicht vollständig von dem Hackerangriff erholt.

    „Jeder Soldat, der an der Invasion in der Ukraine teilnimmt, gehört vor ein Kriegsverbrechen-Tribunal“, teilte Anonymous mit.

    Dazu berichtete die Tagesschau, dass die ehemalige Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger und der ehemalige Bundesinnenminister Baum Anzeige gegen Putin und alle an Kriegsverbrechen Beteiligten erstattet haben: https://www.tagesschau.de/inland/strafan…nister-101.html

    Ich find's klasse, dass die Demokratie mit den ihr zur Verfügung stehenden rechtstaatlichen Mitteln zurückschlägt. Auch, wenn Putin darüber vermutlich nur schmunzeln wird.

    Gruß

    Vom Anhalter

    Hallo Ihr Zwei,

    für mich ist das auch ein weiterer Puzzlestein in diesem Krieg, zumal fast unser ganzer Ex- und Import über die deutschen Seehäfen läuft. Mich erstaunt eher, dass die EU das Einlaufverbot nicht schon früher beschlossen hat. Am Flughafen Hahn wurde eine russische Boeing 747-Cargo-Maschine festgesetzt - Auch das ein Puzzlestein.

    Übrigens, der frühere Oligarch Mikhail Chordorkowski hat auf CNN ein sehr interessantes Interview gegeben. Darin sagt er ab Minute 9:22, dass in Putins Kopf Russland sich nicht im Krieg mit der Ukraine befindet, sondern mit den USA und der NATO. Diesen Eindruck hatten hier ja auch schon einige geäußert. Zumindest mit der EU dürfte sich Russland vermutlich in einem Wirtschaftskrieg befinden.

    Hier der Link: https://www.youtube.com/watch?v=fypBI2ovxP8

    Viele Grüße

    Vom Anhalter

    Hallo Wolfgang,

    ich glaube, wir haben alle verstanden, dass das, was Dir widerfahren ist, fuchtbar ist und große Wut in Dir auslöst. Sicher bist Du auch wütend auf Dich selbst, weil Du damals das kleine Einmaleins der Eigensicherung nicht beachtet hast. Das ist mehr als nachvollziehbar. Aber überleg Dir mal, ob dieses Forum der richtige Ort für Deine Wutausbrüche ist.

    Bei solcher Rhetorik läuft es mir eiskalt den Rücken runter:

    da mir ein "Asylwerber aus Nigeria! im Nebenjob "Drogendealer" bewiesen, um die Gutmenschenkritik

    Den Begriff "Gutmenschen" hat Goebbels 1935 ein einer der schlimmsten Reden, die je in der Menschheitsgeschichte gehalten wurden, wieder und wieder auf anwidernde Weise breitgetreten, als er den Völkermord an den Juden angekündigt hat. Wenn Du diesen Begriff hier verwendest, solltest Du Dich vielleicht darauf beschränken, ihn nur dann zu benutzen, wenn es um die Goebbels-Rede geht und ihn dann konsequent als Zitat kennzeichnen.

    Und dann solltest Du Dir auch überlegen, wer hier alles mitliest. Es gibt hier noch mehrere Forenmitglieder, die Flucht und Vertreibung am eigenen Leibe erlebt haben. Oder aber es sind Nachfahren von Menschen, die ihr Zuhause und damit ihr gesamtes Sozialgefüge verloren haben. Ich selber zähle mich dazu.

    Gut, diese Menschen mussten nach ihrer Ankunft nicht um Asyl betteln, weil sie die deutsche Staatsbürgerschaft bereits hatten, aber willkommen waren sie in den zerbombten Westdeutschen Städten auch nicht und die Kinder sind oft wegen ihrer ostdeutschen Dialekte gehänselt und ausgegrenzt worden. Aber wir sind uns alle dessen bewusst, was Flucht und Vertreibung für Konsequenzen haben. Dass wir uns jetzt anderen Flüchtlingen gegenüber hilfsbereit zeigen, hat nichts mit "Gutmenschentum" zu tun, sondern mit Aus-der-Geschichte-Lernen.

    Die Wenigsten der ostdeutschen Flüchtlinge waren Kriminelle, die anderen Drogen verkauft haben und Eisenstangen über den Kopf gezogen haben, sondern die meisten haben hart gearbeitet, um für sich und ihre Kinder eine neue Existenz aufzubauen und eine friedliche Gesellschaft zu formieren. Diesen Menschen bin ich unendlich dankbar.

    Dennoch, auch unter den ostdeutschen Flüchtlingen gab es Diebe und Vergewaltiger und einige, die das erlittene Trauma nicht verarbeiten konnten und deshalb zu Aggressionen neigten. Die Traumaforschung war damals noch in den Kinderschuhen und Therapien für Traumatisierte gab es damals noch nicht.

    Als Du oben berichtet hast, von den ukrainischen Flüchtlingsfamilien vor dem Wiener Hotel, dachte ich zuerst "Wie schön! Das sind Kinder, die nicht den Rest ihres Lebens nach ihrem verschollenen Vater suchen müssen.", aber dann kam beim Weiterlesen Deine Bitterkeit zum tragen. Warum gönnst Du denen nicht, dass Sie dem Krieg entronnen sind und jetzt ihr Überleben feiern? Ich glaube, wenn hier jetzt in Deutschland Krieg herrschen würde und ich würde es schaffen, mit meinen Liebsten hier unversehrt rauszukommen, dann würde ich das auch erst mal feiern, wenn ich einen sicheren Ort erreicht habe.

    Guck Dich hier im Forum mal um, wieviele Menschen im Jahr 2022 noch nach Aufklärung des Schicksals ihrer Väter und Großväter suchen. Das ist furchtbar! Gönne diesen Kindern, die Du in Wien gesehen hast, doch einfach ihre Väter. Das Zuhause zu verlieren ist schon schlimm genug. Da muss der Papa nicht auch noch weg.

    Versuch mal, Deine Wut aus Deinen Beiträgen rauszulassen.

    Viele Grüße

    vom Anhalter

    Hallo Jürgen,

    danke für den Tipp. Die Frage, die sich da stellt, ist doch, ob Herr P. überhaupt korrekt informiert werden will.

    Wenn Du unter dem Artikel weiterliest, steht da die Headline "Harte Strafen für 'Falschinformationen'" vom 26.3.. Diese beiden Artikel zusammengenommen ergeben ein Bild von jemandem, der die Wahrheit gar nicht wissen will. Kommt uns das nicht aus unserer eigenen Geschichte bekannt vor?

    Viele Grüße

    vom Anhalter

    Hallo Daniel,

    Und das gerade Deutschland Russland erkläre sollte, was Faschismus und Nationalismus bedeuten, halte ich schon für ein starkes Stück.

    Doch! Es gibt kaum ein Land auf diesem Planeten, in dem so viele Wissenschaftsdisziplinen sich so intensiv und mit so starker Wirkung in die Gesellschaft hinein mit der Entstehung, den Theorien und den Auswirkungen beschäftigt haben, wie in Deutschland. Das wären die Historiker, die Politologen, Soziologen, Psychologen (i.e.S. Horst-Eberhard Richter, Erich Fromm), Mediziner, Pädagogen, sogar Agrarwissenschaftler und Geographen. Von den Literaten ganz zu schweigen, wie Erich Fromm, Heinrich Böll, Günther Grass, Hermann Hesse und ich nehme Stefan Zweig dazu, auch wenn er Österreicher war, aber deutschsprachig schrieb, und viele andere.

    Es gibt auch kaum ein Volk, in dem sich eine ganze Generation so sehr belogen und betrogen gefühlt hat und so viel Verlust durch die eigene Regierung erlitten hat, und die Nachfolgegeneration so sehr gegen das faschistische Gedankengut ihrer Väter und Mütter rebelliert hat.

    Es gibt auch kaum ein Volk, das so unmittelbar aus seiner unmittelbaren Vergangenheit die Lehren gezogen hat und sich ein Grundgesetz gegeben hat, das diametral Gesetzen gegenüber steht, die erst 13 Jahre zuvor erlassen wurden. Leg mal die Nürnberger Gesetze neben unser Grundgesetz und vergleiche. Du wirst staunen. Andere bewundern uns dafür. Die Amerikaner z.B. haben in ihrer Verfassung noch nicht einmal die Menschenwürde stehen und wenn man denen erklärt, dass die Menschenwürde bei uns im Grundgesetz an oberster Stelle steht, dann verlieren die in einer Diskussion über Faschismus immer den Boden unter den Füßen.

    Das deutsche Grundgesetz war übrigens nach 1990 für viele Staaten des ehemaligen Ostblocks Vorlage für deren Verfassungen, z.B. Polen und einige der ehemaligen jugoslawischen Staaten.

    Wenn es irgendein Land auf dieser Welt gibt, dessen Bewohner anderen erklären können, wie destruktiv und verachtenswert Faschismus und Nationalismus sind, dann ist es Deutschland. Und das sollten wir Deutschen auch selbstbewusst tun. Es waren unsere Väter und Großväter, die mit abgefrorenen und amputierten Füßen aus Russland zurückgekehrt sind und deshalb mit uns als Kindern nicht Fußball spielen konnten. Es waren unsere Großmütter und Mütter, die mit 6 Kindern plötzlich als Alleinerziehende dastanden als ihre Männer im Krieg gefallen sind, deren Zuhause zerbombt wurden und die trotzdem dieses Land wieder aufgebaut haben und uns das Versprechen gegeben haben, dass wir es mal besser haben werden. Und wir haben es besser: Wir leben in einer Demokratie, in der die Menschenwürde an erster Stelle steht.

    Wir leben in einem Land, in dem es das Wortungetüm "Vergangenheitsbewältigung" gibt, an dem jeder Ausländer, der Deutsch lernen will, sich die Zunge zerbricht. Aber wir wissen alle, was gemeint ist - und das ist gut so!

    Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass es unsere verdammte Pflicht ist, andere Länder vor Faschismus und Nationalismus zu warnen. Beides bedeutet Krieg. Das weiß niemand besser als wir.

    Gruß

    Vom Anhalter

    Hallo Stephan,

    Hallo Bert,

    ich glaube, wenn man mit dem Rücken zur Wand steht, dann bittet man nicht mehr mit diplomatischem Schnickschnack um Hilfe, sondern dann schreit man den Hilferuf heraus.

    Angesichts der vielen Toten, Flüchtlinge und des ganzen Leides, das dieser Krieg bereits angerichtet hat, kann Diplomatensprache auch leicht mal wie Hohn klingen. Ich denke, die klaren Worte von Herrn Selinski sind durchaus angemessen.

    Die Ukraine als "Bittsteller" zu bezeichnen - nunja, das scheint mir etwas fehl am Platz.

    Gruß

    Vom Anhalter