Hallo zusammen,
als Gegenstück zu dem für mein Empfinden bzgl. der NS-Ideologie völlig distanzlosen obigen Beitrag ein kritischer Betrag aus der Gegenwart vom Volksbund selbst (Quelle: https://www.volksbund.de/nachr…ichte-vor-ort-austauschen )
Weeze. Nein, ein Vergnügen war es nicht, was die knapp 75 Freundinnen, Freunde und Förderer des Volksbundes sowie sonstige Interessierte am vergangenen Sonntag im Bürgerhaus Weeze über Siegfried Emmo Eulen hören mussten. Im Vortrag von Prof. Dr. Wolfgang Kruse (Fernuniversität Hagen) über die (frühe) Geschichte des Volksbundes fand die Person Eulen besondere Berücksichtigung.
Bereits vor Beginn der eigentlichen Veranstaltung hatten knapp 40 Personen bei strahlendem Sonnenschein die Möglichkeit zur Besichtigung der örtlichen Kriegsgräberstätte genutzt. Weezes Bürgermeister Ulrich Francken selbst übernahm die Führung vor Ort. Die Kriegsgräberstätte Weeze ist eine der wenigen Anlagen in Nordrhein-Westfalen, die nicht durch den Landesverband, sondern von der Münchener Bundesbauleitung des Volksbundes unter ihrem Chefarchitekten Robert Tischler geschaffen wurde. Unter den hier bestatteten Toten ruht auch Dr. Siegfried Emmo Eulen, einer der Gründerväter des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Nach ihm benannt wurde in Weeze die Siegfried-Eulen-Straße.
Im Gegensatz zum anhaltenden Sonn(en)tagswetter dann zum Teil bedrückende Fakten. Eulen und seine Mitgründer – allesamt Gräberverwaltungsoffiziere des Ersten Weltkrieges – seien, so Kruse, wilhelminisch geprägt gewesen. Damit gehörten sie zu jener bürgerlichen Elite, die betont national und „militärisch, ja militaristisch" orientiert gewesen sei und der Weimarer Demokratie oft distanziert bis ablehnend gegenübergestanden habe.
Eulen, der seinen akademischen Titel nach vorheriger nicht ausreichender Bewertung im August 1914 dann wegen der „außergewöhnlichen Umstände des Augenblicks" doch noch erhielt, fand – so Kruse – als Gräberverwaltungsoffizier des Ersten Weltkriegs die Bestimmung seines Lebens. Er habe ein großes Geschick gehabt, Lobbyarbeit für die Kriegsgräberfürsorge zu betreiben und prominente Unterstützer für den Volksbund zu gewinnen. Der von ihm vertretene Anspruch indes, als privater Verein eine eigenständige Rolle in der Kriegsgräberfürsorge zu spielen und die nationale Erinnerungskultur an den Weltkrieg in einem heldischen Sinne zu prägen, habe vielfältige Konflikte mit den zuständigen staatlichen Stellen heraufbeschworen. Auch heute wohl als „Korruptionsverdacht" bezeichnete Vorwürfe gegen den Volksbund und dessen moralisch angreifbare Geldausgaben überstand er jedoch unbeschadet.
Im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Machtergreifung stellte Eulen den Volksbund zielstrebig auf das Führerprinzip um und entwickelte ihn zu einer nicht förmlich gleichgeschalteten, aber doch „nationalsozialistischen Arbeitsgemeinschaft", die aktiv für die Ziele des Regimes eintrat. Emmo Eulen selbst wurde „Bundesführer", ernannte ein zutiefst nationalsozialistisch orientiertes Führungspersonal und handelte mit der Führung des NS-Regimes die Erhebung des bisher privat organisierten Volkstrauertages zum gesetzlichen „Heldengedenktag" aus, an dem nunmehr nicht nur ein heldisches Gefallenengedenken, sondern auch die Erinnerung an die „Blutzeugen der Bewegung" zelebriert wurde. Langjährige Volksbundvertreter jüdischer Herkunft oder demokratischer Gesinnung wurden dagegen aus dem Volksbund gedrängt und teilweise vom Regime verfolgt. Im Nationalsozialismus entwickelte sich der Volksbund selbst auch zahlenmäßig zu einer Massenorganisation, gleichwohl sein Einfluss im Laufe des Krieges zurückging. Eulen verstarb infolge einer Ende 1944 auf dem Truppenübungsplatz erlittenen Schussverwundung im Lazarett Schloss Wissen im Januar 1945.
Noch bis 1973 (seit 1952) war die höchste Auszeichnung im Volksbund die Siegfried-Emmo-Eulen-Plakette.
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Erst nach knapp 2 ½ Stunden wurde die Veranstaltung beendet. Gleichwohl gab es immer noch Redebedarf, wie sich in den folgenden Einzelgesprächen zeigte.
Was bleibt als Fazit? Es ist auch heute nicht leicht, sich mit Geschichte von NS-Zeit und II. Weltkrieg vor Ort auseinanderzusetzen. Dabei muss man manchmal auch miteinander um Positionen ringen. Aber es ist letztlich der einzige Weg, um Erinnern und Gedenken lebendig zu halten. Veranstaltungen dieser Art im Volksbund sind ein Beitrag zu gelebter Erinnerungskultur.
Text: Thomas Rey, Bilder
Grüße Frank