Hallo in die Runde,
bei der Durchsicht des seit längerem vergriffenen Buches von Armin Schmid, "Frankfurt im Feuersturm", 1965 erschienen im "Verlag Frankfurter Bücher", ist mir eine Begebenheit aufgefallen, die vielleicht dem ein oder anderen bei seinen Recherchen dienlich sein kann.
Da der Verlag seit langem nicht mehr exisitert und ich im Internet keinen Hinweis auf einen möglichen Nachfolger finden konnte, nehme ich an, das gegen eine Veröffentlichung des kurzen Auszuges hier nichts entgegensteht. Sollte dennoch jemand hier überraschend etwas dagegen begründet einzuwenden haben, so bitte ich mit mir Kontakt aufzunehmen, der Beitrag würde dann sofort gelöscht.
Auszug aus Buch Seite 224 unten und 225 oben:
"Es war am Palmsonntag, dem 25. März 1945. Von 7 bis 19 Uhr dauerte der Fliegeralarm. Heftige Explosionen, als die Mainbrücken und Industriewerke gesprengt wurden, erschütterten die Stadt. Scharen von Flüchtlingen zogen durch die Straßen nach Norden. Es fuhren keine Züge mehr und die flüchtenden mußten zu Fuß weiter.
Tiefflieger kreisten über den Trümmern Frankfurts auf der Jagd nach ihren Opfern.
SS-Brigadeführer Kurt Ellersiek hielt an der Friedberger Warte einen Wehrmachtswagen an, der einer Streifenabteilung angehörte, die von Frankfurt nah Nidda verlegt worden war. Der Fahrer, der 26-jährige Obergefreite Dreesen, hatte für einen Kameraden noch einige private Güter geladen. Da er keinen schriftlichen Fahrbefeht vorweisen konnte, nahm ihn der SS-Offizier sofort fest. Ohne Kriegs- und Standgerichtsurteil wurde der junge Soldat, Vater eines zweijährigen Sohnes, dessen Frau eben das zweite Kind erwartete, ermordet. Zweihundert Soldaten und fünf Offiziere wohnten der Exekution bei. Nach Angaben eines Augenzeugen mußten sämtliche in der Kaserne anwesenden Einheiten in einem offenen VIereck vor einem Splittergraben antreten. Dort war ein Erschießungskommando mit Stahlhelm und geladenem Gewehr aufmarschiert. Jeder Mann hatte nur eine Patrone erhalten. In unmittelbarer Nähe stand der Obergefreite, " Nun schritt der SS-Offizier unsere Front entlang und erkletterte den Wall vor dem Splittergraben. Er brüllte, der Gefreite hätte Sabotage betrieben und müsse erschossen werden." So berichtet ein Augenzeuge. "Das Urteil ist hart, aber auch die Zeiten sind hart, und solche Schweinehunde gehören aus der Volksgemeinschaft ausgemerzt !" , tobte Ellersiek.
Der junge Soldat starb tapfer und ließ sich die Augen nicht verbinden. Als er nach der Salve am Boden lag, so heißt es in dem Bericht des Augenzeugen weiter, und die Finger der linken Hand dauernd zur Faust ballte und wieder öffnete, jagte ihm ein Scharführer der SS den Fangschuß in die Schläfe. Den Erschossenen buddelte man sofort wie ein Stück Vieh auf dem Platz der Exekution ein.
Bezeichnend, daß keiner der in der Kaserne anwesenden Offiziere die von Ellersiek vorgezeigte Vollmacht Himmlers, auf die er sich berief, ordentlich las, daß keiner einen Einwand machte, bis auf Hauptmann Mähler, der auf den Gerichtsoffizier verwies. Der SS-Brigadeoffizier, der so schneidig "Schweinehunde aus der Volksgemeinschaft ausmerzte", zog es vor, sein eigenes Leben zu schonen und als Privatgelehrter Dr. Konrad Ehlers in Fulda unterzutauchen. Erst 1961 fand dieses Verbrechen Sühne, und Ellersiek wurde zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt."
Bei der Internetrecherche stieß ich auf einen Vermerk im Jahreskalender zum Jahr 1961 des "Instituts für Stadtgeschichte Frankfurt a.M.", das unter dem
11. Juli 1961 auf den Beginn einer Prozesses vor dem Frankfurter Schwurgericht hinweist, Die Anklage lautete auf Totschlag an einem Obergefreiten. Ort des Geschehens: die Kurhessenkaserne.
( Anmerkung: Armin Schmid schreibt den OG in der Schreibweise Dressen, im Beitrag des Frankfurter Archivs ist die Schreibweise dagegen Dresen.. )
Es würde mich freuen, wenn die Angaben dem ein oder anderen einmal bei der Recherche behilflich sein könnten.
Mit freundlichen Grüßen
MunaLisa