K.u.K.-Feld-Freudenhaus

  • Hallo an Alle !

    In dem - im übrigen sehr empfehlenswerten - Buch " Das österreichische Jahrhundert" von Hellmut Andics fand ich folgendes Bild:


    [Blocked Image: http://img8.myimg.de/FeldFreudenhaus80Offa5798.jpg]


    Andics schreibt dazu:

    Das fahrbare Feldbordell, dessen Einführung an der Ostfront der Feldmarschalleutnant Dr. Bardolff als sein Verdienst reklamierte, gab es in allen anderen Armeen auch. Es galt als "sanitäre Einrichtung", um die Soldaten vor Infektionen zu schützen.

    Ich habe noch nie von Vergleichbarem gehört oder gelesen.

    Außer von den KL-Bordellen für Häftlinge, die sie mit sogenannten "Sprungkarten" besuchen konnten - doch das wäre ein anderes Thema.

    Dr. Carl Freiherr von Bardolff (geb.1865 in Graz und auch dort 1953 verstorben ) wurde übrigens später SA-Oberführer und deutscher Reichstagsabgeordneter.

    Über seine "Erfindung" fand ich jedoch ( außer obiges Bild) absolut nichts.

    Weiß jemand mehr darüber???


    Gruß aus Wien

    Niki

    ...VIRIBUS UNITIS...

    Edited once, last by knaff (July 28, 2008 at 1:04 AM).

  • Hallo,

    Militärbordelle - ein tabuisiertes Thema dem ich auch mal nachgehen wollte. - Für eine Armee ist ein angegliedertes Bordell zweckmäßig um z. B. Lagerkoller zu vermeiden, und wegen der Ansteckungsgefahr sowieso. - Für die betroffenen Frauen war es schlimm.

    Da gibt es diesen Film der ARD "Frauen als Beute - Wehrmacht und Prostitution"

    Aus dem Begleittext:

    Quote

    Nach 1940 begannen die NS-Behörden mit der Einrichtung von Militärbordellen. Die Frauen galten als “Material”, wurden mit Gewalt in besetzten Gebieten oder in Konzentrationslagern rekrutiert. Als Opfer sind sie bis heute nirgends anerkannt.

    Zu sehen bei Google-Video:
    http://video.google.de/videoplay?docid=898246408094898839

    Grüße

    „Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben, der täglich sie erobern muß.“
    Goethe, Faust II

    Edited once, last by engola (July 28, 2008 at 3:37 PM).

  • Guten Tag,

    hole dieses Thema nach oben, um es in das Bewusstsein der LeserInnen zu bringen.

    Ein Link zum Film von Thomas Geavert und Martin Hilbert wurde bereits von engola eingestellt.

    Hier findet sich zusätzlich ein Bericht.

    In dem Video wird z. B. berichtet, dass 93 junge Mädchen aus einer Schule in Krakau, darunter auch Jüdinnen, zur Zwangsprostitution in Wehrmachtsbordelle gebracht werden sollten. Die Mädchen haben sich umgebracht, um dem Missbrauch zu entgehen.

    Der Umgang von Wehrmachtsoldaten mit jüdischen Mädchen in Bordellen wurde nicht als Rassenschande gesehen, weil Himmler und die deutschen Behörden diese Mädchen zu Sachen erklärt hatten.

    Zitat aus dem Film:
    „In der Zeit vom 4.3.43 bis 10.3.43 kamen durchschnittlich jeden Tag auf jede ….
    im Ostlager 22,6 Besucher,
    im Westlager 25,7 Besucher.
    Am Sonntag, dem 7.3.43, wurde die höchste Besucherzahl mit 27,6 bzw. 45,5 je …. erreicht.“

    Da wo ich …. die Punkte gemacht habe, steht im Originaltext das Wort Prostituierte. Es gefällt mir nicht, dass dieses Wort für Frauen benutzt wird, die nicht aus freiem Willen mit Männern sexuell verkehrten. Ich bezeichne diese Frauen als Vergewaltigungsopfer.

    Gruß von Margarete

    Edited once, last by Margarete (May 19, 2009 at 10:34 AM).

  • "Während des Zweiten Weltkrieges kam es auf Initiative der Wehrmacht zu einem organisierten Bordellsystem in weiten Teilen des deutschbeherrschten Europas. ..
    Hierbei lassen sich sanitäts- rassen- und abwehrpolitische Zielsetzungen nachweisen.
    Für die Kontrolle der Prostitution war das Wehrmachtssanitätswesen zuständig. Als hauptverantwortliche Instanzen fungierten neben den Spitzen der Sanitätsabteilungen im OKH und OKW die einzelnen Sanitätseinheiten in der deutschen Besatzungsverwaltung."

    Frankreich nahm dabei eine "Vorbild"-Funktion und einen wichtigen Platz ein, wg. seiner Bedeutung als Aufstellungs- und Erholungsraum der Wehrmacht

    "Neben speziellen Soldaten- und Offiziersbordellen installierten die Militärärzte in größeren Städten beziehungsweise an der franz. Atlantikküste eigene Bordelle für Unteroffiziere sowie die Belegschaft der Organisation Todt."

    Zur Größenordnung des Bordellssystems zwei Beispiele:
    " im November/Dezember 1941 verfügte die Besatzungsmacht im Militärverwaltungsgebiet A (ca. 1/3 des zu diesem Zeitpunkt deutschbesetzten franz. Territoriums) über 143 Wehrmachtbordelle in denen 1166 Frauen arbeiteten"

    " im Verlauf des Jahres 1942 waren in Hafenstadt La Rochelle mind. 250 Französinnen in den für dt. truppen reservierten Bordellen tätig"

    Diese Frauen bewarben sich teils freiwillig, teilweise wurden sie jedoch auch aus Internierungslagern zwangsverpflichtet.

    Quelle: Meinen, Insa: Wehrmacht und Prostitution - Zur Reglementierung der Geschlechterbeziehungen druch die dt. Militärverwaltung im besetzten Frankreich 1940-1944, In: Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts, Bd. 14, Heft 2, 1999, S. 35-55


    Ansonsten gibt es wenig Literatur zu der Problematik:

    Meinen, Insa: Wehrmacht und Prostitution während des Zweiten Weltkriegs im besetzten Frankreich, Bremen 2002 (basierend auf ihrer Dissertation aus dem Jahr 2000)

    Christa Paul: Zwangsprostitution. Staatlich errichtete Bordelle im Nationalsozialismus, Berlin 1994

    Eschebach, Insa: Krieg und Geschlecht : sexuelle Gewalt im Krieg und Sex-Zwangsarbeit in NS-Konzentrationslagern, Berlin 2008

    Franz Seidler: Prostitution, Homosexualität, Selbstverstümmelung, Neckargmünd 1977
    - allerdings genügt dieses Buch keinen wissenschaftlichen Ansprüchen, ist frauenverachtend und unseriös

    Für den asiatischen Raum:
    - Choi, Mira: "Wir wissen, daß es die Wahrheit ist..." : Gewalt gegen Frauen im Krieg - Zwangsprostitution koreanischer Frauen 1936-45, Berlin 1996
    - In die Prostitution gezwungen : koreanische Frauen erinnern sich ; Zeugenaussagen aus dem japanischen Asien-Pazifik-Krieg, Osnabrück 1996
    - Yoshimi, Yoshiaki: Comfort women : sexual slavery in the Japanese military during world war II, New York 2000


    Außerdem gab es
    - 2004 eine Fersehdoku über das Bordell der Nazis in der Berliner Giesebrechtzentrale 11 und deren Betreiberin Kitty Zammit-Schmidt (1882-1954) namens:
    Salon Kitty : ein Nazi-Bordell und seine Geschichte / ein Film von Claus Räfle

    - 2005 eine Doku namens:
    Eros unterm Hakenkreuz : eine Sittengeschichte des Nationalsozialismus / Buch & Regie Claus Räfle

    "Man besucht ja nur sich selber, wenn man zu den Toten geht" (Kurt Tucholsky)

    Edited 3 times, last by Papa (May 20, 2009 at 11:33 AM).

  • Quote

    Original von Karl Grohmann

    ich glaube ziemlich sicher, das Thema hatten wir schon. Momentan weiß ich aber nicht wo. Ggf. sollte man es zusammenführen.l

    Hallo

    Ich hatte einige sehr interessante Berichte zum obigen Thema in diesem Thread erstellt: Homosexualität im Dritten Reich - ein Tabuthema? HIER

    Freundliche Grüße
    Jane

  • Hallo an alle !!

    Habe die Preisliste der "Dienstleistungen" von Nemere mal auf die Kaufkraft untersucht und Beispiele von 1900 gefunden.
    Da war so ein Besuch eine kostspielige Angelegenheit.

    Punktuelle Einkommensbeispiele
    Um 1900 Monatslohn eines Hafenarbeiters in Hamburg: 61 Mark
    Um 1900 Monatslohn eines Lehrlings bei den Farbwerken Hoechst: etwa 60 Mark
    Um 1900 Monatslohn eines Chemiearbeiters: etwa 120 Mark

    Beispiele von Lebenshaltungskosten

    Lebensmittel
    Um 1900 1 Kilo Schweinefleisch: 1 Mark, 50 Pfennig
    Um 1900 1 Kilo Pferdefleisch: 50 Pfennig
    Um 1900 1 Kilo Butter: 1 Mark, 86 Pfennig
    Um 1900 1 Liter Milch: 20 Pfennig
    Um 1900 1 Kilo Roggenbrot: 23 Pfennig
    Um 1900 1 Kilo Weizenmehl, 36 Pfennig
    Um 1900 1 Kilo Zucker: 65 Pfennig
    Um 1900 1 Kilo Kaffee: 4 Mark, 15 Pfennig
    Um 1900 1 Mandel Eier (15 Stück): 73 Pfennig
    Um 1900 1 Zentner Kartoffeln: 2 Mark, 63 Pfennig
    Um 1900 1 Liter Bier: 24 Pfennig

    Möbel
    Um 1900 1 Stuhl: 3 Mark, 75 Pfennig
    Um 1900 1 Tisch: 8 Mark, 75 Pfennig

    Kleidung
    Um 1900 1 Herrenanzug: 10-75 Mark
    Um 1900 1 Damen-Strickweste: 1-6 Mark

    Heizmaterial
    Um 1900 1 Zentner Kohle: 1 Mark, 20 Pfennig

    Quelle:http://wiki-de.genealogy.net/Geld_und_Kaufkraft_ab_1871


    Gruß Gregor

  • Hallo Gregor,

    vielen Dank für die Fleißarbeit.

    Ich nehme an, diese Preistafel stammt aus einem Bordell, das Offizieren vorbehalten war. Darauf deuten auch die angebotenen Getränke hin. Im Armeemuseum hängen auch zwei Tafeln mit Gehältern und Preisen von 1905, die ich im Anhang beifüge.

    Herzliche Grüsse

  • Halo Niki! Deinen Eintrag finde ich sehr interessant. Leider kann ich das Bild nicht sehen. Ich habe mir bereits das Buch von Andics besorgt, aber darin finde ich keine Abbildung. Kannst du mir das Bild vielleicht direkt zukommen lassen? Oder jemand andere aus dem Forum, der es sehen kann? Meine Mailadresse ist: michaela.sehorz[at]gmx.net

    Vielen lieben Dank! Ich schreibe derzeit nämlich an einer Dissertation über Feldbordelle.

    Email zur Vermeidung von Spam verfremdet, Diana

  • Hallo Karl,
    etwa einen Km von mir weg standen bis WK I ein paar Häuser mit Grundstücken, die von Islandfahrern gemietet wurden. Mietpreis: 400 belgische Goldfranc.
    Gruss
    Rainer

    Suum cuique

  • Hallo zusammen,

    die Preislisten sind sehr interessant.
    Wenn man nun noch wüsste, was die Mieten damals kosteten, wäre die Sache rund.

    Gruß Karl

    Hallo,

    mit den Mieten kann ich nicht dienen, aber im bayerischen Armeemuseum hängen am Beginn der Ausstellung zum 1. Weltkrieg 2 Tafeln mit Preisen und Gehaltsangaben von 1905, die ich beifüge.

    Grüße
    Jörg

  • Hallo Jörg,

    habe ich schon studiert...sh. Beitrag oben.
    Habe auch ungefähr den Lebensstandard Privat - Militär verglichen, aber wie gesagt...Miete ist oft ein großer Happen, aber auch ein Hausunterhalt.

    Gruß Karl

  • Hallo,

    ich habe tatsächlich übersehen, dass ich diese Listen bereits eingestellt hatte.
    Aber dieser Fauxpas hat mich angeregt, weiter zu suchen.

    Die Frage nach den Mieten scheint sich nicht allgemeingültig beantworten zu lassen.
    Gert Richter: Die gute alte Zeit – Alltag im Kaiserreich 1871 – 1914, Gütersloh 1974, schreibt auf Seite 35: Durchschnittlich 20 – 25 % des Einkommens mussten für die Miete aufgebracht werden. Er bezieht sich dabei auf das Jahr 1907 und führt dann für Frankfurt/Main folgende Beispiele an:
    - eine „annehmbare“ Zweizimmerwohnung ab 25 Mark monatlich
    - eine Dreizimmerwohnung mit Küche 30 bis 50 Mark monatlich.
    Auf S. 93 ff. bringt er weitere Beispiele:
    Familie eines (höheren) Beamten , Einnahmen im Jahr 5.450 Mark, Kosten für Wohnung 1.225 Mark jährlich.
    Facharbeiter im Metallberuf, Einnahmen im Jahr 1700 Mark, Kosten für Wohnung 259 Mark jährlich.

    Eine Untersuchung über die Porzellanarbeiterschaft in Nordostbayern nennt Mietkosten von durchschnittlich 10 % des Einkommens (Ein- oder Zweizimmerwohnung), allerdings mit einer großen Spreizung. Für 1913 werden für einen Facharbeiter 3 bis 20 % des Einkommens für Miete erwähnt, für eine angelernte Arbeiterin sind es 16 bis 53 % und für ein Ehepaar (beide berufstätig) 3 bis 14 %.
    Die entsprechenden Monatslöhne für 1913 sind:
    - Facharbeiter 100 bis 200 Mark
    - angelernte Arbeiterin 36 Mark
    - berufstätiges Ehepaar 136 – 236 Mark
    (Zehentmeier, Sabine: Leben und Arbeiten der Porzelliner in Nordostbayern (1870-1933) (Beiträge zur Wirtschafts-, Sozial- und Technikgeschichte der Porzellanindustrie, 4. - Schriften und Kataloge des Deutschen Porzellanmuseums, 71) Hohenberg 2001, S. 133, S. 370).

    Grüße
    Jörg

    Edited 2 times, last by Nemere (December 16, 2016 at 8:34 PM).