Amerikanische + russische Kriegsgefangenschaft 1945 - 1949

  • Guten Abend,

    vor einigen Wochen habe ich damit angefangen die Briefe meines Opas aus der Kriegsgefangenschaft zu 'entziffern'. Die alte Sütterlin-Schrift und die kleine gekritzelte Handschrift in Bleistift macht es nicht unbedingt einfach die interessanten Dokumente zu lesen. Trotzdem habe ich schon einiges erfahren und ich habe gemerkt, dass man die Schrift immer leichter liest, je mehr man sich daran gewöhnt hat.

    Einen kurzen Hintergrund:

    Mein Opa war Ostpreuße, 1920 geboren in Osterode.

    Nach HJ und RAD wurde er zur Nachrichten-Ersatz-Abteilung 11 (Teil der 11. Infanterie Division) berufen, womit er dann 1940 am Westfeldzug teilgenommen hat. Als junger Soldat wurde er erstmal in Belgien und Frankreich eingesetzt, 1942 ging es dann nach Russland. Ende 1944, als er schon Oberleutnant und Adjutant war, wurde er zur Heeres Nachrichtenschule in Halle versetzt, wo er angeblich Offiziersanwärter ausbildete.

    Irgendwann im April/Mai 1945 wurden Leipzig und Halle von den Amerikanern besetzt und geriet er in Gefangenschaft:

    Am 27. 6. 1945 schreibt er: ''Ich bin jetzt in einem amerikanischen Gefangenen-Lager in Frankreich etwa 75 km ostwärts von Paris, bei dem Ort Rommily (Romilly-sur-Seine).''

    Dann folgen 2 Angaben zu den US-Lagern:

    CCPWE16

    7th MILITARY LABOR AREA

    APO-513 - US ARMY

    CCPWE16

    7th MILITARY AREA

    APO 805 - US ARMY

    Danach ging es im August 1945 weiter nach Mailly le camp (200 km ostwärts Paris). Es war ebenfalls ein Zeltlager.

    Anfang 1946 ging es dann zum ehemaligen KZ Oranienburg (oder meint er Sachsenhausen?). Auf der Website von Sachsenhausen steht nämlich:

    Wehrmachtsoffiziere

    ''Dort waren zuvor rund 6.500 Wehrmachtsoffiziere untergebracht, die bereits aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft entlassen worden waren und im Herbst 1946 in sowjetische Lager deportiert wurden.''

    War er einer von ihnen?

    Der nächste Brief (eine kleine Karte eher mit russischer und französischer vorgedruckter Schrift auf der Rückseite) ist dann vom 21. 10. 1947 und stammt aus russischer Gefangenschaft. Die Kärtchen sind auch gestempelt mit einem russischen Stempel (rautenform), aber schlecht lesbar. Seine Anschrift ist dann:

    S. S. S. R.

    Lager 7 236/3

    Die letzte Karte/Brief von dort ist dann vom März 1949, er ist also sicher 1,5 bis 2,5 Jahre dort gewesen. Danach ist er nach Deutschland gekommen über Frankfurt Oder und hat erstmal in Hamburg gelebt in einem Durchgangsheim für Heimkehrer.

    Kann man erfahren in welchen amerikanischen und russischen Lagern er war und was er dort gemacht hat/wie die Umstände waren? Aus den US-Lagern schreibt er auch über die Umstände und man weiß wo sie ungefähr waren, aber aus dem russischen Lager ist eigentlich kaum etwas zu erfahren: Wo genau war er, welche Arbeit machte er dort usw.

    Ich hoffe ihr könnt mir ein wenig weiterhelfen auf dieser Suche.

    LG

    Mark

    https://postimg.cc/2b28krQp

    https://postimg.cc/H8nWjRzr

  • Guten Abend Mark

    Informationen über die amerikanischen KGL finden sich in der Regel in der Auskunft des Bundesarchivs (vormals WASt.) https://www.bundesarchiv.de/DE/Content/Art…-kartei-pa.html

    Und Informationen über sowjetische KGL sind noch beim DRK erhältlich https://www.drk-suchdienst.de/wie-wir-helfen…-und-vermisste/

    Viele Grüße

    MP

    Ich bin ständig auf der Suche nach Informationen zu: I. GJR 98 - Hochgebirgsjäger-Bataillon 3 (Hoch 3) - GJR 296 - 157. Geb.Div. - 8. Geb.Div.

  • Hallo Mark,

    wo genau dein Opa in russischer Kriegsgefangenschaft war, kann ich dir nicht sagen, aber man kann es etwas eingrenzen in welcher Gegend er gewesen sein könnte.

    Laut der Online Vermisstenbildliste (VBL), Band KB, Seite 392 befanden sich die Kriegsgefangenlager Nr. 7236 / 2-6, 9-28 in Georgien und zwar in Borschomi, Chramges, Dwiri, Goldani, Gori, Lilo, Luxemburg, Rustawi, Tbilisi und Tsalka.

    Quelle: https://vbl.drk-suchdienst.online/Lagernummer/LN.aspx

    Viele Grüße

    Nicco

  • Hallo Nicco,

    das ist ja interessant! Also man kann sich eigentlich 100%tig sicher sein, dass er im heutigen Georgien war? Ich habe gerade erfahren, dass dieses Land 1921 zur Sowjet Union eingegliedert wurde bis 1991. War also zu 1946/47 auch gerade erst knapp 25 Jahre russisch...

    Als ich gerade die Wikipedia-Seite zu Tbilisi (Hauptstadt Georgien, Tiflis) durchlas, fand ich diese Textstelle:

    ''Unter sowjetischer Herrschaft dehnte sich die Stadt von 53 Quadratkilometern im Jahr 1920 auf 365 Quadratkilometer im Jahr 1989 aus. Durch Industrieansiedlung in den 1940er Jahren wuchs die Bevölkerung von Tiflis enorm an. In der Stadt bestand das Kriegsgefangenenlager 236 für deutsche Kriegsgefangene des Zweiten Weltkriegs.[8] Tote wurden auf zwei Kriegsgefangenenfriedhöfen in Einzel- oder Massengräbern beerdigt. Schwer erkrankte wurden im Kriegsgefangenenhospital 1563 versorgt. Auf dem Hospitalfriedhof wurden bis 1946 bereits mehr als 3400 Verstorbene beerdigt.''

    Das Lager meines Opas war 7 236/3, wäre das dann tatsächlich eins dieser Lager? Es fehlt schließlich die nr. 7.

    Welches System haben diese Lagernummer eigentlich? 7 236/3 -> siebentausendzweihundertsechsunddreißig und dann 3. Sub-Lager oder so etwas? Oder ist die 7 auch schon wieder eine einzelne Nummer die eine bestimmte Kategorie andeutet?

    Wenn man auf dieser Seite guckt: https://wiki-de.genealogy.net/Numerisches_Ve…gefangenenlager und man sieht sich die Lagernr. zwischen 7100 und 7300 an, dann kommt man auf eine ganz andere Region. Lager 7148 ist in Krasnodar und Lager 7270 ist in Leningrad, beide nicht Georgien, sondern auch heute noch Russland.

    Man würde meinen, dass Lager 7236/3 dann irgendwo auch in der Gegend war, und eher nicht in Georgien, aber ich weiß nicht wie 'logisch' man damals gedacht hat. Vielleicht liegt ja auch Lager 1 in Moskau und Lager 2 in Georgien, also extrem willkürlich (und unlogisch für mich) von einander entfernt.

    Vielen Dank!

    Wenn es mehr Tipps usw. gibt; her damit! :O

    Edited 2 times, last by Kugelblitz (May 8, 2022 at 11:27 PM).

  • Guten Morgen zusammen,

    das Lager 236/3 befand sich in Georgien/Tbilissi/Didube. Die Betriebszeit des Lagers war vom 18.05.45-30.05.49. Die Kapazität betrug zwischen 750- 2500 Gefangene. Nach 1949 wurden dann einige Lager in Tschiatura /Georgien zusammengelegt.

    Quelle:Orte des Gewahrsams von Deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion.

    Heinz Beschke hatte einen ähnlichen Verlauf der KGF

    Viele Grüße Sten

    2.FlaRakGrp.38 VersStff 38 in der Truppenküche.

    Edited once, last by 4andhalf (May 9, 2022 at 7:17 AM).

  • Danke dir, Sten!


    Aber handelt es sich nun bei der Lagernr. von meinem Opa (7236/3) tatsächlich um das hier genannte Lager 236/3? Hat die 7 keine Bedeutung?


    Und gab es auch ein Lager 236/1 und 236/2? Wo waren die denn, irgendwo in der Nähe?


    Und Didube ist/war anscheinend ein Stadtteil der Stad Tibilissi in Georgien?


    Kann man irgendwo erfaren, was dort gearbeitet/gemacht wurde?


    LG


    Mark

    Edited once, last by Kugelblitz (May 9, 2022 at 12:41 PM).

  • Hallo Mark,


    ich bin aktuell noch am arbeiten, werde später danach schauen. Aber Lager 1 und 2 gab es auch. Didube ist ein Stadtteil von Tiflis. Welche Arbeiten genau dort gemacht wurden weiß ich nicht. Das Lager war nicht als Arbeitslager eingestuft. Da gibt es lt. dem o.g. Buch noch die Arbeitslager und Ähnliches.

    Soweit ich das überflogen habe, gab es aber kaum vierstellige Lager, und wenn nur im unteren vierstelligen Bereich.
    Frage in die Runde, kann die 7 eventuell eine regionale Eingrenzung sein? Geklärt!

    Viele Grüße

    Sten

    Edit:Liste von Kriegsgefangenenlager.

    Hier ist die 7236 mit tiflis angegeben. Dann stimmt sehr wahrscheinlich der Ort. Es gibt noch eine Reiseempfehlung bezüglich deiner Frage was die Gefangenen so gemacht haben.

    2.FlaRakGrp.38 VersStff 38 in der Truppenküche.

    Edited 2 times, last by 4andhalf (May 9, 2022 at 2:17 PM).

  • Hallo K.,

    in dieser von unserem Mitglied Eddy zusammengestellten Datenbank zu den Lagern u. Kampfräumen im Osten finden sich sicher Antworten auf Deine Fragen.

    Gruß, Stefan

    "Es gibt nichts, was ein deutscher Offizier nicht kann!" (Oberst Manfred v. Holstein)

  • Hallo zusammen,

    236/1 war das Lager in Georgien Awtschala, Nawtlugi 1. Es existierte vom 30.11.1944-24.07.1948

    236/2 war das Lager in Georgien Tbilisi, Nawtlugi 1, 30.11.1944- 20.04.1948

    Hier etwas über Nawtlugi. Es handelt sich also um einen Stadtbezirk.

    Viele Grüße Sten

    2.FlaRakGrp.38 VersStff 38 in der Truppenküche.

  • Danke, Stefan, Sten und Nicco!


    Das Lager 7236/3 ist also tatsächlich das Lager in/bei Tbilisi - Wahnsinn!
    Aus verschiedenen Quellen bekomme ich den Eindruck, dass die Gefangenen dort vorallem Häuser, Brücken, Straßen usw. bauen mussten.

    In den Dateien von Eddy wird auch geschrieben uber die Lager im Kaukasus und in der Umgebung von Tbilisi und wird sogar das Lager 7236 kurz gennant. Mein Opa schrieb auch mehrmals über die unerträgliche Hitze wobei gearbeitet wurden musste und die ständige Spannung rundum und Hoffnung auf den nächsten Transport… Man merkt richtig, dass er immer mehr verzweifelt und es ihn sehr belastet nicht zu wissen ob und wann er jemals entlassen wird.


    Auf jeden Fall freue ich mich riesig, dass ich nun weiß wo er in den Jahren war; vielen Dank!

    Hier die erste Karte die er seiner damaligen Freundin (später meiner Oma) aus dem Lager 7236/3 schrieb:

    Quote

    21.10.1947

    Geliebtes Mädchen,

    Herzlichen Dank für deine Post. (3 Kanten) - Bin gesund und wohlauf - Erhoffe gleiches von dir! - Wünsche alles Gute und frohe Weihnachten!

    Dein ...

    Hier die zweite, sieben Monate später:

    Quote

    16.5.1948

    Meine liebe ...,

    Nach langer Zeit kann ich dir wieder eine Nachricht geben. Ich wünsche dir ein recht frohes Pfingstfest und hoffe, dass du gesund bist und, dass es dir und deinen Angehörigen recht gut geht. - Ich lag nach meiner Gelbsucht noch langere Zeit mit starker Erkältung im Revier, kam anschließend eine Woche ins Erholungsheim und gehe seit dem 22. 4. Wieder zur Arbeit. - Jetzt bin ich völlig gesund und braungebrannt wie ein Neger., da die Sonne schon so stark scheint, dass wir nur in Turnhosen unsere Arbeit verrichten. Leider regnet es in diesem Frühjahr sehr viel. - Wann wir zur Entlassung kommen werden, ist noch nicht abzusehen; aber hoffentlich recht bald! Bis dahin dir viele liebe Grüße

    Dein ...

    Und hier der letzte Bericht, bevor er über Frankfurt/Oder zurückkam:

    Quote

    22. III. 49

    Mein liebes kleines Mädchen!

    Hoffentlich bist du wieder gesund, wenn dich diese Karte erreicht. Ich wünsche es dir von Herzen! Gestern erhielt ich deine Nachricht, worin du mir deine Krankheit mitteiltest. - Diesmal habe ich viel Post erhalten (30. XII., 1. I., 22. I., 8. II., 12. II., 21. II.). Ich danke recht herzlich für alles! - Karin, es ist beinahe so also alles sich gegen uns verschworen hat. Am 16. III. sollte ein größerer Transport von unserem Lager entlassen werden, alles war bereits eingekleidet, da kamen in Quarantäne, weil wenige Falle von Ziegenpeter (Mums) ausgebrochen waren. Trotzdem ich bei dem Transport nicht dabei war, ist es doch sehr traurig, weil wieder viel Zeit verloren geht, denn der Zug soll nun erst Anfang April fahren. - Du kannst dir wohl unsere Enttäuschung vorstellen. Das ewige Warten und das dauernde Hoffen kosstet ungeheure Nervenkraft. - Deine letzten Karten haben mir wieder etwas Halt gegeben. Hoffentlich kommt er bald, ‘unser Tag’. Für diesmal sende ich dir, meine ..., recht viele liebe Grüße und wünsche gute Besserung!

    Dein ...

    Gerne wurde ich natürlich noch mehr zu dem Teillager/Nebenlager 3 des Lagers 7236 erfahren. Wie sah es dort aus? Wieviel Männer waren dort und wie viele sind gestorben? Und vorallem: was genau machten die Männer in diesem Teillager nr. 3? Er schreibt nie was er genau machte, nur, dass die Arbeit anstrengend war. Durfte man vielleicht auch nicht schreiben?

    Dabei bin ich auch gespannt was mit ihm zwischen 25. 2. 1946 (irgendwo in Deutschland, mit Aussicht auf baldigen Transport nach Oranienburg) und dem 21. 10. 1947 (erster Bericht aus dem Sowjetlager 7236/3) passiert ist. Er ist wohl erst nach Oranienburg/Sachsenhausen gekommen und von dort aus also im Kaukasus/Georgien/Tbilisi gelandet. Wer weiß ob er in diesen gut 1,5 Jahren 'Funkstille' (auf jeden Fall habe ich davon keine Briefe gefunden) auch noch in anderen Lagern gewesen ist; ich denke mal ja? Von dort aus konnte/durfte er dann anscheinend nicht schreiben.

    Wenn man die Aufzeichnungen von anderen Gefangenen in Sowjetlagern liest dann bekommt man den Eindruck das die Leute von Lager zu Lager verschleppt wurden, bis sie dann irgendwo waren wo sie langfristig gebucht wurden.

    Dazu kommt auch noch, dass seine Freundin (meine Oma) am Ende des Krieges aus Düsseldorf weggezogen ist, da ihr Elternhaus bombardiert worden war. Das wusste er natürlich nicht und sie hat daher auch ca. 1 Jahr nichts von ihm gehört, da die Post sie nicht erreichen konnte die er aus US-Lagern geschickt hatte. Durch großen Zufall hat sie dann über eine Kollegin und dem DRK überhaupt von seiner Gefangenschaft erfahren. Sie wusste also lange Zeit gar nicht was mit ihm los war und ob er überhaupt noch lebte. Sein letzter Brief aus Halle/Leipzig war vom März 1945 und erst im Februar 1946 bekam sie den verlorenen Brief...

    LG


    Mark

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    Edited 5 times, last by Kugelblitz (May 9, 2022 at 9:30 PM).

  • Hallo Mark,

    eone Anfrage beim DRK Suchdienst in München stellen.

    1. Fragen ob ein Lagerspiegel zu, KGf Lager 7236/3 vorliegt.

    2. Liegt eine KGF Akte vor .DRK Suchdienst

    Gruß

    Reinhard

  • Hallo Reinhard,

    Habe gerade eine Anfrage erstellt, bin gespannt ob die noch etwas finden! Danke für den Tipp!

    LG

    Mark

  • Hallo Kugelblitz,

    mein Onkel war seit 27.11.1945 ebenfalls im CCPWE #16, Mailly-le-Camp im Département Aube, Frankreich, und wurde am 23.01.1946 entlassen. Sein weiterer Verbleib ist unbekannt, s.a.: PWE 16 und Labor-Service-Comany

    Was die "APO" - Nummern bedeuten, weiß ich nicht. Jedenfalls hatte das CCPWE #16 mehrere Lager (z.B. "Camp New Orleans") und auch Labour-Service-Einheiten.

    update: APO = Army Post Office :)

    Du schreibst, den Opa war "Ostpreuße". Mein Onkel war "Volksdeutscher", Obergefreiter und im Lager als "Pole" markiert. Es waren lt. IRK zum 19.12.1945 insg. 67 "Polen" im Lager. Auf seiner Karteikarte steht "Disch. 23. Jan. 46 R.1780". Er kam aber nie in der neuen Heimat in Mitteldeutschland an, sondern starb nach der Familienüberlieferung spätestens 1947 durch eine Mine bei Sommerfeld (Lubsko). Ich frage mich immer, wie er wieder ins (nunmehrige) Polen gelangt ist. War die "Entlassung" nur eine "Entlassung" aus "US-Gewahrsam" und Überstellung an polnische Behörden, die ihn internierten?

    Das Schicksal Deinens Opas legt es nahe. Hast Du mehr, den "Transfer" in russ. Gefangenschaft betreffend?

    VG

    Silvio

    Edited once, last by silvio52: APO (May 17, 2022 at 9:28 AM).

  • Hallo Kugelblitz,

    durch Zufall bin ich hierauf gestoßen und kann Dir sagen, dass das Lager 7236/3 in Dwiri am Fluss Kura lag (heute Dviri) - Geokoordinaten: 41°46'47.89"N 43°15'15.30"O

    Mein Vater, Dr. Helmut Jung war von Mai 1946 bis Oktober 1949 dort als kriegsgefangener Lagerarzt tätig und hat mit Sicherheit Deinen Opa mit seiner Gelbsucht behandelt.

    Dieses Lager hatte ab Mai 1947 die Lagernummer 7236/3 (vorher 236/11, 7236/11, später ab Februar 1949 7236/6).

    In dem Lager herrschten vergleichsweise gute Zustände, sodass während der gesamten Betriebszeit des Lagers von 1946 bis Anfang 1950 lediglich 17 Kriegsgefangene gestorben, die auf dem heute noch existenten Kriegsgefangenenfriedhof beigesetzt sind.

    Die Haupttätigkeit der Kriegsgefangenen war der Bau eines Stauwerks mit Schleuse und eines von dort abgeleiteten Kanals parallel der Kura, der in einen unterirdischen Stollen führte, um durch den Berg zu einem tiefer gelegenen Ort Chitakhevi in ein Turbinenkraftwerk führte (siehe Anhang). Dieses Kraftwerk wie auch das Stauwerk, Schleuse und Kanal sind heute noch in Betrieb. Die am meisten gefürchtete Tätigkeit, war die Arbeit untertage bei dem Bau des fast 3 km langen Stollens.

    In folgendem Buch kann man viel über den Alltag im Lager lesen:

    Robert Gehrmann, Lebenserinnerungen 1927 bis 1950

    Viele Grüße

    Michael Jung

  • Künstlergemeinde im Kriegsgefangenenlager 7236/6 Dwiri Georgien (früher 7236/3, 7236/11 und 236/11)

    Hallo Mark,

    interessant sind in diesem Zusammenhang vielleicht auch Informationen über die Künstlergemeinde im Kriegsgefangenenlager Dwiri, in dem sich Dein Opa aufhielt. Sie wurde mit Unterstützung der Lagerleitung gebildet und führte u.a. Theater- und Musikstücke auf. Die musikalische Leitung hatte Ernst Kallipke, der anfänglich die Noten der Stücke aus dem Kopf zu Papier brachte. Kallipke war vor dem Krieg Kapellmeister beim Königsberger Rundfunk und nach der Gefangenschaft in Berlin aktiv. Solche Aufführungen waren zum Teil öffentlich für die georgische Bevölkerung sowie sowjetische Soldaten zugänglich und dienten auch als Propaganda über das Lagerleben in russischer Kriegsgefangenschaft. Daher wurden mit der Zeit Instrumente und richtige Noten angeschafft.

    In Dwiri gab es eine Lagerfotografen, der einige Bilder der Künstlergruppe gemacht hat.

    Im Anhang befinden sich drei Fotografien, ein Gruppenbild, ein Szenen- sowie ein Ensemblefoto von der Aufführung der „Fledermaus“ auf denen folgende Kriegsgefangene abgebildet sind:

    Ewald Balzer, Heiner Bolle, Erich Fuchs (Brigadier aus der Kiesgrube Azkuri), Erhard Groh, Martin Hackl, Hans Hartlieb, Fritz Hossech, Dr. Helmut Jung (Lagerarzt), Hans Junker (stellvertretender Lagerführer), Ernst Kallipke (Kapellmeister), Karl Hans Küper, Dr. Siegfried Kuhn (Oberleutnant, Antifamann) , Heinz Müller, Walter Müller, Wolfgang Müller, Heinz Noack, Raimund Ott, Walter Scherz, Hans Schlosser, Walter Schultz, Kurt Schuster, Günter Sellin, Gerd Stoll, Dr. Wenner.

    Die Fotografien sind aus dem Privatarchiv von Robert Gehrmann, dem Autor des Buchs "Lebenserinnerungen 1927 bis 1950"

    Viele Grüße Michael Jung