Tätigkeit während "Führerreserve"

  • Hallo zus.

    was taten eigentlich speziell hohe Offiziere, Generale während sie in die Führerreserve versetzt waren.

    Bei vielen Biographien wird die Führerreserve oft erwähnt, mal nur für wenige Wochen, mal Montate, mal auch lange Zeit.

    Auf der Suche durch 16 Seiten des Forum nach dem Begriff Führerreserve konnte ich nichts konkretes dazu finden.

    Er musste täglich erreichbar sein, seine Aufenthaltsadresse angeben, um für einen neuen Dienst benachrichtigt zu werden, das ist klar.

    Aber hatten sie noch ihren "Putzer", Fahrzeug und Fahrer, Adjutanten, (bei GFM ja, siehe z.B.Rommel),

    auch bei Oberst, Generalmajor, Generalleutnant, General d.Infanterie ?

    Spazierte der General dann in seiner Heimatgarnison herum, und ließ sich von allen Seiten grüßen,

    saß daheim auf dem Sofa und putzte seine Orden, nervte seine Frau?

    Oder konnten sie sich z.B. in den Urlaub abmelden, mit Adresenangabe bei seiner Dienststelle, auch über Monate hinweg?

    Oder konnte sie z.B. befreundete Generale an der Front oder in besetzten Gebieten besuchen? (auch hier Abmeldung mit Adressenangabe)

    Oder frühere Einheiten, Stäbe, die er vorher befehligte, oder sonst verbunden war, einfach so besuchen?

    Vielleicht sogar in Vorbereitung auf ein evtl. neues Kommando?

    Vielleicht hat jemand von Euch dazu mal was gehört.

    Grüße, ZAG

  • Grüß Dich ZAG,

    ein typisches Beispiel für Deine Frage ist GFM Ritter von Leeb. Er wurde während des Ostfeldzugs in die Führerreserve überführt und bis Kriegsende nicht mehr aktiv verwendet.

    Die Aufgabenstellung für Generale der Führerreserve:

    Angehörige der Führerreserve mussten sich an einem ihnen zugewiesenen Dienstort aufhalten und zur Verfügung ihrer vorgesetzten Dienststelle halten.

    GFM Leeb war ein persönlicher Adjutant bis Kriegsende zugeteilt: Oberstleutnant Robert Freiherr von Grießenbeck. Im Anhang ein Foto beider Offiziere.

    Grüße

    Bert

  • Hallo zusammen,

    ich kann nur soviel beitragen, als dass zumindest Leeb nur durch seine persönlichen Beziehungen über die Lage an den Fronten und die Spannungen im OKH und OKW unterrichtet wurde.

    Die Lageberichte, die er erhielt, waren ihm also zugespielt worden.

    Offensichtlich bestand keine Veranlassung Offiziere der Führerreserve über die aktuelle Lage offiziell auf dem laufenden zu halten.

    Natürlich kann man sich hier auch die Frage stellen, ob überhaupt vorgesehen war, Leeb jemals wieder zu verwenden.

    Ähnlich sah es zunächst bei Halder aus.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Ritter_von_Leeb

    https://en.wikipedia.org/wiki/Franz_Hal…995fff1c22755c4

    Gruß Karl

  • Hi

    Oberst Hoth wurde am 12.04.1945 wieder reaktiviert als Befehlshaber Thüringen und ab 16.04. Befehlshaber Erzgebirge.

    Er gehörte somit der 7.Armee an.

    mfg Jan

  • Hallo zus,

    danke Euch für dieses Beispiel GFM Leeb.

    "....zugewiesenen Dienstort aufhalten und zur Verfügung ihrer vorgesetzten Dienststelle halten."

    Ob das in der Praxis wirklich so gehalten wurde?

    Vielleicht kommen noch weitere Beispiele.

    Danke Euch, Grüße, ZAG

  • Tag allerseits,

    die Versetzung in die Führerreserve kam einer vorläufigen Pensionierung gleich. Als nach Stalingrad die militärischen Erfolge ausblieben, wurden Generale, die Hitler nicht mehr "genehm" waren, in verstärktem Maße aus dem aktiven Dienst "entfernt" und der Führerreserve zugeordnet.

    Manche Generale warteten dann ergebnislos auf eine Wiederverwendung, andere wurden nach kurzer Zeit wieder aktiviert.

    Ein typisches Beispiel für Hitlers Vorgehensweise: der Fall des GFM Model.

    Dazu

    Akteure: Walter Model – Hitlers „Retter der Ostfront“ - WELT

    Generalmajor Behrend wechselte sogar mehrmals in die Führerreserve, wie mancher anderer General auch.

    Dazu

    https://de-academic.com/dic.nsf/dewiki/2404729

    Grüße

    Bert

  • Halllo zus,

    ja, Model ist ein gutes Beispiel, ein umtriebiger und ehrgeiziger General.

    Der wird doch nicht auf dem Sofa sitzend abgewartet haben, bis er wieder gebraucht werden würde.

    Der war doch bestimmt auch während "Führerreserve" irgendwo unterwegs und hat sich über die Lage informiert.

    Grüße, ZAG

  • Tag allerseits,

    warum Hitler immer wieder aufs Neue Generale in die Führerreserve überführte, das hängt wohl mit seiner oftmals unüberlegten Handlungsweise zusammen. Hitler sagte ja selbst von sich, dass er Probleme der Zukunft noch nicht zu Ende gedacht habe, so bei einem Gespräch mit Admiral Raeder. Es war auch so, dass Hitler aus Verärgerung ziemlich schnell einen General aus dem Verkehr zog, ihn dann aber wieder reaktivierte und dieses Spielchen auch mehrmals wiederholte. Nachzulesen in der Fundstelle zu Generalmajor Behrend. Auch der Gemütswechsel Hitlers war recht unterschiedlich. Er schickte z.B. GFM von Leeb in die Führerreserve, weil er ihm

    widersprach und er reaktivierte ihn auch nicht mehr. Trotzdem bekam GFM von Leeb, während er schon in der Führerreserve war, eine großzügige Dotation von Hitler.

    Grüße

    Bert

  • Hallo!

    was taten eigentlich speziell hohe Offiziere, Generale während sie in die Führerreserve versetzt waren.

    ... habe eine Karteikarte von Oberst Eugen König vorliegen. Aus dieser geht hervor, dass Oberst König noch kurz vor der Versetzung in die Führerreserve (25.04.1944) das Eichlaub zum Ritterkreuz verliehen bekommen hat (04.11.1943), somit dürfte er nicht in Ungnade gefallen sein vorher. Während der Führerreserve hat er erfolgreich den 11. Divisions-Führer-Lehrgang (01.05. bis 03.06.1944) absolviert und wurde wenige Tage später mit der Führung der 91.L.L.Div. betraut.

    Grüße

    Sven

    Suche alles über die 91. Luftlandedivision und 77.Infanterie-Division

  • Hallo Sven,

    vielen Dank für Deinen Beitrag, dh. er saß während der "Führerreserve"-Zeit nicht untätig herum, sondern war auf einem Lehrgang,

    aus dem er nahlos zu einer weiteren Verwendung kam.

    Danke nochmals , Grüße, ZAG

  • Hallo,

    Führerreserve bedeutet ja nicht zugleich, dass hier alle in Ungnade gesammelten höheren Offiziere gesammelt wurden, sondern diese stelle auch die Reserve zur Besetzung von Fehlstellen (gefallene, gestorbene, kranke, versetzte Führer etc.) im höheren Offiziers-/ Führerkorps dar. Daher auch der Name "Führer -Reserve".

    Für die Offiziere in der Führerreserve bestand die Möglichkeit nach Eingabe und Genehmigung Urlaub anzutreten.

    Gruß Karl

  • Tag allerseits,

    auch während des Krieges gab es gewisse Großzügigkeiten für Berufssoldaten der Wehrmacht. Während man beispielsweise höhere Offiziere in Einzelfällen deswegen in die Führerreserve versetzte, dass sie gewisse Lehrgänge absolvieren konnten, gab es Vergleichbares auch für Unteroffiziere. Vor allem nach Verwundungen konnten sie einen Kriegslehrgang der Heeresfachschule 2 (Mittlere Reife) besuchen, bevor sie wieder

    an die Front kamen.

    Grüße

    Bert

  • Hallo,

    die Führerreserve gab es auch auf unterer ebene bei den Divisionen.

    Dort wurden diese Männer dann beim Nachschub usw. eingesetzt.

    Gruß Micha

    Suche alles zur 208.Infanterie-Division

  • Hallo Micha,

    Hierzu ein Beispiel aus: Ahlfen:"Der Kampf um Schlesien"

    Das Angriffsunternehmen über die Oder bei Dyhernfurth hatte oberste Priorität, da in dem dortigen Chemiewerk nach Räumung ein angeblich besonders wichtiges Gaskampfmittel nicht vernichtet worden waren. Dies sollte durch das Unternehmen ermöglicht werden. Das Problem waren geeignete Kräfte und in wenig Zeit das Unternehmen vorzubereiten und durchzuführen. Generalmajor Sachsenheimer -17.Division Panzer AOK 4, bat indessen um Teile seines alten Divisionsstabes sowie Funktrupps aus der Führerreserve, die er auch erhielt. Das Unternehmen verlief erfolgreich und führte zur Vernichtung der chemischen Stoffe.

    Gruß Karl

    Edited once, last by Karl Grohmann (April 19, 2022 at 8:10 PM).

  • Hallo Karl,

    ich habe hier etwas zur "Führerreserve" von der 208.ID gefunden.

    Gruß Micha

    Abt. IIa Nr. 1109/41 geh.

    Betr. Führerreserve

    Durch Verfügung OKH HPA/Ag P1/1.Abt. (e) Nr. 1880/41 geh. vom 4.4.1941 werden die Bestimmungen der HDV g 151 über Bildung einer Führerreserve bei der Truppe durch nachstehende Verfügung ergänzt :

    1) Von der fechtenden Truppe ist die Bildung einer Führerreserve kalendermäßig vorzubereiten und festzulegen.

    2) Die Führerreserve hat sich wie folgt zusammenzusetzen :

    a) Aus 10 % aller gem. AHM 40, Ziffer 404, zuständigen Offiziersstellen. In der Zahl soll enthalten sein je Division 1 Regimentsführer und 2-3 Bataillon- bzw. Abteilungsführer, je Bataillon 1 Kompanie- bzw. Batterieführer.

    b) Aus allen Offizieren bzw. Offiziers-Anwärtern im Feldwebelrang, die sich zur Zeit über dem Notetat bei den einzelnen Einheiten befinden sollten.

    Entsprechend diesen Bestimmungen wird auf Grund der Meldungen der Regimenter pp. innerhalb der Division folgende Führerreserve gebildet :

    Es folgen die Namen der Offiziere

    Mit Beginn neuer Operationen hat diese Führerreserve zusammenzutreten. Sie scheidet damit während des Einsatzes zunächst aus der fechtenden Truppe aus und wird nach näherer Weisung der Division, Abt. Ia, nachgeführt bzw. zur Überwachung des Nachschubs, der Verkehrsregelung und Aufrechterhaltung der Ordnung hinter der kämpfenden Truppe eingesetzt. Bei eintretenden Ausfällen wird auf diese Führerreserve zurückgegriffen.

    Diese hat jedoch nur mit Einvernehmen der Division zu geschehen.

    Suche alles zur 208.Infanterie-Division

  • Hallo zus.

    danke für die weiteren erhellenden Angaben.

    Besonders der letzte Absatz, wofür die Offiziere der Führerreserve eingesetzt wurden!

    Grüße, ZAG

  • Hallo!

    Habe in der Karteikarte eines Obersten noch was Interessantes zur Führerreserve gefunden, die Zeiträume habe ich ge-x-t, da hier m.M. nur die Einträge interssant sind:

    ... alle Einträge sind chronologisch und ohne Zeitlücken.

    Ich deute dies so: der Oberst befand sich in der Führerreserve im Wehrkreis XVII, danach kam er im Rahmen der Führ.Res. auf einen Lehrgang als Gasthörer, dann hatte er Urlaub in der Führ.Res. und wurde hiernach im Rahmen der Führ.Res. als Kommandeur eines Gren.Rgt. eingesetzt (!!!), von dem er kurze Zeit später auch der Kommandeur ist. Interessant finde ich, dass er seine vorletzte Verwendung auch im Rahmen der Führ.Res. absolviert hatte.

    Grüße

    Sven

    Suche alles über die 91. Luftlandedivision und 77.Infanterie-Division

  • Hallo,

    ein prominenter General darf meiner Meinung beim Thema ,,Versetzung in die Führerreserve" nicht fehlen. GfM erich von Manstein. Nach dem erfolgreichen Ausbruchs der 1. Panzerarmee aus dem Kessel von Kamenez-Podolski versetzte Hitler von Manstein in die Führerreserve bei gleichzeitiger Auszeichnung mit den ,,Schwertern" zum Eichenlaub des Ritterkreuzes. Bis zum Ende des Krieges erhielt von Manstein kein Kommando mehr.

    MfG Wirbelwind