Hallo,
mein Vater, Jahrgang 1927, gestorben 2019, war beim RAD und hat immer von einer Division zur besonderen Verwendung erzählt und dass sie nicht einmal eine Erkennungsmarke hatten, obwohl sie an der Ostfront nördlich von Berlin kämpfen sollten.
Im Nachlass gibt es einen 6-seitigen Bericht über seine Zeit beim RAD und in der englischen Gefangenschaft.
Dieser Bericht wurde kurz nach seiner Heimkehr zuhause getippt und dürfte deshalb sehr authentisch sein.
Er deckt sich in allen Punkten mit seinen Erzählungen aus späteren Jahren. Es gibt auch einen Entlassungsschein und Ausweise dazu.
Ich kopiere hier mal einen Auszug mit den wesentlich Fakten ohne persönliche Eindrücke etc.:
Mit Schreibmaschine niedergeschrieben am 12.2.1946
Auszug aus insgesamt 6 Seiten:
8.6.44 vom Finanzanwärterlehrgang in Innsbruck abkommandiert zum RAD Rankweil, Abt. 1/331
4.7.44 Hilfsausbilderlehrgang in Mühlbach im Pinzgau
21.8.44 zurück nach Rankweil
Beförderungen: 21.8.44 Vormann, 1.8.44 Obervormann, 1.1.45 Hauptvormann
6.4.45 abkommandiert nach Jöteborg bei Berlin
35 Mann in Güterwagon, Fahrt über Völs, Kufstein, Rosenheim, München, Landshut, Regensburg, Hof, Plauen
10.4.45 Bahnhof Reichenbach im Vogtland. Tieffliegerangriff mit Toten unter den Kameraden und zerstörter Lokomotive
13.4.45 Wagon an Personenzug angehängt, weiter nach Chemnitz. Unterwegs Tieffliegerangriffe mit Toten im Zug. Aus völlig zerstörtem Chemnitz bei Panzeralarm abgefahren, dann Risa (nächtlicher Tieffliegerangriff), Senfenberg.
16.4.45 Ankunft Truppenübungsplatz Döberitz. Zuteilung zu 4. Z.B.V. Division
22.4.45 Abmarsch 35km nach Paulinaue von dort 2 Tage in überfüllten, offenen Wagons bei Regenwetter weiter nach Lübz
15km Marsch über Waren nach Penzlin, dort modernste Waffen erhalten
30.4.45 45km Marsch über Sternberg nach Brüel. Die Bevölkerung von Brüel ist aufgebracht - schwere Drohungen! -, wegen der Absicht mit leichten Waffen gegen die russischen Panzer in der Nähe zu kämpfen.
2.5.45 Stellungen vor der Stadt Brüel bezogen
In der Nacht zum 3.5. zieht der Bataillonskommandeur die Einheit eigenmächtig aus der Front heraus und in Nachtmarsch und ganzem Vormittag bei starkem Artilleriefeuer Richtung Westen
3.5.45 Nachmittags bei Bad Kleinen am Schweriner See in englische Gefangenschaft
Gefangenenlager Gadebusch, Nebenlager Godin
8.5.45 Lübstdorf
4.6.45 In Güterwagon über Lübeck nach Eutin
2 Tage Marsch ins Lager Köhn am Selenter See
16.7.45 6km Marsch ins Lager Neuhausen
24.7.45 Lager Gleschendorf
12.9.45 über Lütjenburg nach Hahnenkamm marschiert
13.9.45 in Lütjenburg in Zug verladen über Eutin, Lübeck, Hamburg, Oldenburg nach Norden (Stadt)
14.9.45 Bei Westermarsch II, beim Sender Nordteich, an der Nordsee, bei Bauern untergebracht
28.9.45 Verlegt in Lager Berum II
4.1.46 Nachricht Entlassung D-Zone (Österreich) steht bevor, mit LKW nach Wittmundshafen
7.1.46 Entlassung
8.1.46 Mit Lazarettzug über Oldenburg, Osnabrück, Göttingen, Fulda, Würzburg, Ansbach, Donauwörth, Augsburg, München, Rosenheim, Kufstein, Innsbruck ins Lager Reichenau
11.1.46 endgültige Entlassung, mit Zug über Landeck nach Dornbirn
Alle Namen, Bezeichnungen etc. wurden original aus dem Schriftsatz entnommen.
Mich interessiert wie knapp mein Vater der russischen Armee "entkommen" ist und wer der mutige Kommandant gewesen sein könnte, der den Menschen dieser Einheit so vieles erspart hat.
Kurz zu mir: Ich wohne in Vorarlberg, bin Jahrgang 1954 und war beruflich sehr viel in ganz Deutschland unterwegs. Es ist schade, dass ich meinen Vater und meinen Onkel viel zu wenig über diese schreckliche Zeit gefragt habe.
Grüße und vielen Dank!
Wilfried