1. Weltkrieg, russische Gefangenschaft, Mitglied der KPD: Fragen zu Archivsuche und einem Ort

  • Hallo,

    hier geht es um einen meiner Urgroßväter, der nach seiner russischen Kriegsgefangenschaft in die KPD eintrat (im Jahr der Gründung) und dies bis zuletzt blieb. Aus Datenschutzgründen möchte ich den Namen nicht nennen, euch aber die beigefügte Urkunde zur 35jährigen Mitgliedschaft zeigen (ausgestellt von der Kreisleitung Moers, vermutlich von 1954).

    Meine erste Frage: Hat jemand konkretes Wissen, ob Mitgliederlisten der KPD überliefert sind? Für jeden Hinweis wäre ich sehr dankbar und würde über Anfrageergebnisse an Archive wieder berichten. Über google fand ich zwar Archivbestände zur KPD, aber keine Hinweise auf die Mitgliederkartei(en).

    Meine zweite Frage betrifft den im Militärpaß nachträglich verzeichneten Vermisstenort (siehe Anlage)?

    ...

    19.9.-24.9. Kämpfe an der oberen Schtschara - Serwetsch

    25.9.15-6.6.16: Stellungskämpfe an der oberen Schtschara - Serwetsch

    7.6.-10.6.16 Kämpfe am Styr und Stochod

    Am 10.6.16 ??? Rosycse vermißt

    ...

    Falls es von Interesse ist, hier noch etwas zur Militärzeit in Kurzform (Militärpaß, Fotos sowie die Chronik des LIR 57 von 1928 liegen mir vor):

    22.02.1915: Einberufung als ungedienter Landwehrplichtiger ins Infanterie-Regiment No. 13, I. Ersatz-Bataillon, II. Rekruten-Depot in Münster

    10.05.1915: Landwehr-Infanterie-Regiment 16, Ersatz-Bataillon, Rekruten-Depot I

    29.06.1915: Landwehr-Infanterie-Regiment 57, III. Bataillon, 10. Kompanie
    10.06.1916-21.06.1918: Gefangenschaft

    23.06.1918-15.07.1918: In Quarantäne bei der 5. Krieger-Kompanie in Controceni [Stadtteil von Bukarest]

    16.09.1918: Nach 56 Tagen Urlaub zum Landwehr-Infanterie-Regiment 15, Ersatz-Bataillon, 3. Kompanie [Ersatztruppenteil des LIR 57, Standort: Köln-Müngersdorf]; Führung: gut. Strafen: keine. Benrath-Rhein. Zur 1. Kompanie versetzt.

    15.11.1918: Infolge Demobilisierung aus dem Heeresdienst entlassen nach Moers, Landkreis Geldern. Hat diesseitig keine militärischen Bekleidungsstücke, kein Marsch- und Entlassungsgeld erhalten; Führung: gut. Strafen: keine.

    19.05.1919: 65 Mark Entlassungsgeld gezahlt, Moers, Versorgungsstelle Meldeamt Moers.

    Viele Grüße

    Jörg

  • Hallo Nikolay,

    die Region Roshyschtsche paßt, andere Orte des LIR 57 zu der Zeit waren z.B. Swidniki und Stary-Mosor.

    Grüße

    Thilo

    Suche alles zur Lehrtruppe Fallingbostel und zum Einsatz des NSKK in der Ukraine 1941

  • Guten Tag Jörg,

    Gründungsparteitag der KPD war vom 30. Dezember 1918

    bis 01. Januar 1919. Dein Urgroßvater war sicherlich dabei -

    hat vll. vorher bereits an den Vorbereitungen teilgenommen.

    Listen von KPD-Mitgliedern dürften nur schwer zu finden sein;

    wenn überhaupt noch welche existieren.

    Wie bekannt, war es spätestens ab 1933 lebensgefährlich,

    Namen oder Listen zu haben.

    Mir liegt eine Liste von 60 Namen Münchener KPD-Mitglieder vor;

    diese war von Otto Huber 1945 oder 1946 aus dem Gedächtnis

    zusammengestellt worden - ergänzend dazu eine Namensliste

    der Angehörigen der Ermordeten.

    Anläßlich der Ausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der

    Wehrmacht 1941 bis 1944", gegen die ja - wie bekannt - "Sturm

    gelaufen" worden war, erinnerte sich Ottos Frau Resi daran,

    daß er Photos von der Ostfront nach Hause gebracht hatte.

    Also sah sie 1997 seinen Nachlaß durch und gab die Bilder

    an die mit der Ausstellung betrauten Wissenschaftler weiter.

    Ergänzend:

    Von 1945 bis zum Verbot der KPD 1956 war Otto Huber

    in München zuständig für die Finanzen der Partei.


    Bin sehr gespannt, ob es Dir möglich sein wird, irgendwo

    in einem Archiv fündig zu werden. Viel Glück dabei.

    Grüße, Kordula

    Slava Ukraini! In Memoriam A.N.!

    Edited 2 times, last by kkn (July 26, 2021 at 7:47 PM).

  • Hallo Nikolay, hallo Thilo,

    danke für eure Ortsfindung. Jetzt kann ich mir darunter etwas vorstellen, ein Dorf südöstlich von Kowel.

    @Kordula: Danke für Deine Ausführungen. Da die meisten Listen wohl 1933ff. vernichtet wurden, werde ich mich mal nach Mitteilungsblättern in der Region umsehen und dazu etwas mit der Parteiorganisation im Ruhrgebiet befassen. In der Familie ist überliefert, dass man immer damit gerechnet habe, "dass ihn die Nazis abholen". Auch soll er eine Schallplatte mit Hanns Dieter Hüsch aufgenommen haben (es ging aber nicht darum, dass er Kommunist war). Ich muss dies nochmal in Erfahrung bringen...

    Viele Grüße

    Jörg

    Edited once, last by Chicagoland (July 26, 2021 at 6:22 PM).

  • Hi Jörg,

    Mitteilungsblätter der Region - guter Ansatz.

    Von 1945 bis Mitte 1948 - Stichwort Währungsreform -

    gab es vielerorts Bestrebungen, die NS-Zeit wirklich

    hinter sich zu lassen, also einen Neuanfang zu wagen.

    Wie wäre es mit den Archiven großer überregionaler Zeitungen?

    Könnte sein, daß dort sehr viel mehr archiviert wurde - mehr vll.

    als in kleineren Blättern.

    Grüße, Kordula

    Slava Ukraini! In Memoriam A.N.!