Heirat in Uniform (Luftwaffe) - Ein muss oder Zeichen des Widerstands?

  • Hallo liebe Leute,

    dies ist mein erster Beitrag und ich starte gleich mit einer relativ speziellen Frage.

    Wie geschichtswissenschaftliche Beiträge von u. a. Cornelia Essner & Edouard Conte sowie theologische Arbeiten von Klaus Mörsdorf zeigen, war die Heirat ein interessantes Thema im NS (Stichwort Fernehe und "Leichentrauung".

    Mich interessiert vor allem der Aspekt des Uniformtragens für protestantische Offiziere der Luftwaffe. Durften diese eine Uniform bei der Hochzeit tragen, mussten sie es oder kann das Uniformtragen in einer Kirche gar als ein Akt des Widerstandes ausgelegt werden?

    Gibt es dazu Direktiven oder Schlüsseldokumente und eventuell wissenschaftliche Literatur?


    Vielen Dank!

  • Tag allerseits,

    Offiziere der Wehrmacht, egal ob sie katholisch oder evangelisch waren, heirateten regelmäßig in Uniform. So auch unser ehemaliger Bundeskanzler Schmidt. Es gab damals m.W. keine

    irgendwie gearteten Beschränkungen seitens der evangelischen Kirche.

    Interessant aber, dass in der Nachkriegszeit evangelische Pastoren Eheschließungen in Bundeswehruniform verweigerten. Was man während der NS-Zeit nicht wagte, das

    praktizierte man dann in der Bundesrepublik Deutschland!

    Dazu

    https://www.spiegel.de/politik/fremde…00-000013516926

    Grüße

    Bert

  • Hallo zusammen,

    Soldaten haben während des III. Reiches immer eine Heiratserlaubnis benötigt, die je nach Dienstgrab von verschiedenen Vorgesetzten erteilt wurde .

    Im Krieg trugen Soldaten immer Uniform innerhalb und außerhalb des Dienstes und es bedurfte der Genehmigung Zivil zu tragen.

    In Uniform zu Heiraten war das normal wobei es bestimmt auch Ausnahmen gab. Wenn dann so sein sollte war einen Heiratserlaubnis zu bekommen

    ein sehr dickes Brett und nicht wenige sind daran gescheitert oder habe klein beigegeben.

    Quote

    Mich interessiert vor allem der Aspekt des Uniformtragens für protestantische Offiziere der Luftwaffe. Durften diese eine Uniform bei der Hochzeit tragen, mussten sie es oder kann das Uniformtragen in einer Kirche gar als ein Akt des Widerstandes ausgelegt werden?

    nein kann nicht als Widerstand ausgelegt werden weil die Grundannahmen falsch ist!

    Gruss Dieter

  • Hallo Augustdieter,

    Und Moment: Uniformtragen bei der Hochzeit könnte als Widerstand gegen die Kirche ausgelegt werden...

    "Lirum-larum Löffelstiel, wer nichts sagt, der weiß nicht viel - larum-lirum Gabelstiel, wer nichts weiß, muss schweigen viel!"

  • Hallo Thomas,

    Quote

    Und Moment: Uniformtragen bei der Hochzeit könnte als Widerstand gegen die Kirche ausgelegt werden...

    wenn es die Wahl gegeben hätte welcher Anzug zu tragen ist, dann besteht hier eine Grundlage das zu diskutieren.....

    Im Städtischen Raum war es kein Problem nur standesamtlich zu heiraten...das wäre dann die Abstimmung mit den Füssen....

    Eine Hochzeit als politische Demonstration......na ja, Mann muss schon "ziemliche bekloppt" sein das so zu machen....das

    läuft einem nach bis zur Diamantenen-Hochzeit. pers Meinung

    Gruss Dieter

  • Hallo Superlol 3000,

    Vorneweg eine allgemeine Feststellung:

    Die Leute waren früher sparsamer und hatten auch weniger Geld, vor allem Soldaten, weshalb eine Heirat in Uniform den Hochzeitsanzug überflüssig machte. Zudem war man überwiegend stolz auf das sogenannte "Ehrenkleid", die Uniform.

    Zur Sache:

    Für eine Heirat von Angehörigen der Wehrmacht galt die:" Verordnung über das Heiraten von Angehörigen der Wehrmacht" vom 1.4.1936, H. Dv. 3/6 ( Mit Deckblatt 1)

    Eine Heirat bedurfte der Erlaubnis des Vorgesetzten nach § 27 des Wehrgesetzes.

    Die Heirat ohne Erlaubnis war nach § 150 des Wehrstrafgesetzbuches mit einer Freiheitsstrafe bis zu 3 Monaten bedroht.

    Die Erlaubnis war von einem ganzen Katalog von Anforderungen, beginnend bei der Braut, deutschen oder artverwandten Blutes, einwandfreier Ruf, nicht verschuldet, frei von Erbkrankheiten usw. Der Vorgesetzte hatte vor der Zustimmung streng vertrauliche Erkundigungen einzuziehen usw.

    Eine beglaubigte Abschrift der Heiratsgenehmigung ist dem Wehrmachtsgeistlichen zu übersenden*

    Außerdem gab es dazu noch die Ausführungsbestimmungen, wie z. B. die Anträge/Erlaubnisse usw. ausgestaltet sein mussten.

    Hier von Bedeutung:

    Ziff. 6: Das kirchliche Aufgebot und die kirchliche Trauung haben die Verlobten bei dem zust. Geistlichen rechtzeitig zu bestellen. Dabei sind die Taufscheine der Verlobten oder beglaubigte Abschriften vorzulegen.

    Zuständig sind die Wehrmachtgeistlichen oder die mit der Wehrmachtseelsorge beauftragten Zivilgeistlichen zu deren Kirchengemeinde der Bräutigam gehört.

    Ziff. 7: Falls ein anderer Geistlicher - auch der Pfarrer der Braut - die Trauung vollziehen soll, so ist mind. 14 Tage zuvor bei dem zuständigen Wehrmacht - oder Zivilgeistlichen der Erlaubnisschein (Dimissoriale) der unentgeltlich ausgestellt wird, zu erbitten.

    Wenn dieser Erlaubnisschein aus besonderen Gründen nicht gewährt wird hat der zuständige Geistliche statt desselben unentgeltlich zu bescheinigen, dass die Erlaubnis nachgesucht worden ist.

    Es ist dort noch eine Auflistung der zust. Vorgesetzten beigefügt.

    Mit Erlaß des OKW/AWA/J vom 28. Januar 1943 wurden die Bestimmungen für die Heiratsordnung der Wehrmacht für die Dauer des Krieges erneut bekannt gegeben.

    Diese wurden bei Vorliegen von Notständen etwas entschärft, bezgl. derdeutschstämmigen Abstammung aber verschärft. Das galt auch hinsichtlich von Parteiangehörigen etc. ( So wie ich das lese).

    Mit Erlass vom 6. =kt. 43 hat Hitler Himmler die Befugnisse bezüglich der SS übertragen.

    Mit Erlass vom 20.8.1944 wurde die Bearbeitung zu Gesuchen für eine Eheschließung mit Ausländerinnen eingestellt.

    Sie auch HVBL 1943 C, S. 84 Nr. 77 Der Im HVBL 1941 C., Nr. 581 bekanntgegebene Erlaß des OKW.

    Grüße von Karl


    * Der ggf. auch die Trauung vornehmen konnte. Bzgl. einer Pflicht in Uniform heiraten zu müssen, habe ich nichts gefunden. ( Es war einfach selbstverständlich).

  • Bzgl. einer Pflicht in Uniform heiraten zu müssen, habe ich nichts gefunden. ( Es war einfach selbstverständlich).

    Tag allerseits,

    schon die Frage, ob das Tragen der Uniform bei einer protestantischen Trauung gar als Akt des Widerstandes betrachtet werden kann, ist absolut widersinnig!

    Was im NS-Staat absolut üblich war, in Uniform zu heiraten, das war in der Bundesrepublik ein wenig anders. Mancher Offizier der Bundeswehr zog die Heirat in Zivil vor, aus Gründen die uns sicher bekannt sein

    dürften. Und dann gab es sogar Pastoren, die Heiraten in Bundeswehruniform ablehnten. Das kann man wahrlich nicht mehr als "gelebte Demokratie" im positiven Sinne bezeichnen.

    Grüße

    Bert

    Edited once, last by Jahrgang39 (April 2, 2021 at 3:59 PM).

  • Vielen Dank für die zahlreichen Antworten!

    Gab es eine Uniformpflicht für Offiziere, während des Heimaturlaubs und hat sich das nach 1943 bzw. zum Ende des Krieges in Form von offiziellen Anordnungen noch einmal geändert?

    Was ich hier jetzt rauslas ist, dass alle gerne Uniformen bei der Hochzeit trugen, dass es selbstverständlich war, aber auch, dass es dazu keine richtige Verordnung gab.

    Über einen Literaturhinweis mit Quellen wäre ich sehr dankbar (Die von Karl Grohmann erwähnten Dokumente sind abgespeichert).

    Herzliche Grüße!

  • Was ich hier jetzt rauslas ist, dass alle gerne Uniformen bei der Hochzeit trugen, dass es selbstverständlich war, aber auch, dass es dazu keine richtige Verordnung gab.

    Tag allerseits,

    auch beim NS-Staat galt vielfach der Grundsatz, dass nicht alle denkbaren Dinge des Alltags einer gesetzlichen Regelung bedürfen, obwohl die "Regelungswut" im NS-Staat um

    einiges höher war als in der Bundesrepublik. Es gab keine gesetzliche Regelung, dass man als Angestellter einer Behörde in die NSDAP eintreten musste. Es gab auch keine

    gesetzliche Regelung, dass die Deutschen an "Führers Geburtstag" Sonntagskleidung zu tragen hatten. Und so war es wohl auch i.S. Heirat. Soldaten konnten in Uniform oder in üblichen Privatklamotten heiraten. Da viele Soldaten bis zum Ende des Krieges einen schönen Waffenrock besaßen, zog man die Heirat in Uniform vor. Und wenn man z.B. das EK2 und das Inf. Sturmabzeichen vorweisen konnten, dann heiratete man mangels Waffenrock auch in der üblichen Feldbluse. Die Verwandten der Braut sollten es eben auch mitbekommen,

    welchen tapferen Krieger die Braut heiratete.


    Grüße

    Bert

    Edited once, last by Jahrgang39 (April 6, 2021 at 6:12 PM).

  • Hallo,

    Quote

    Gab es eine Uniformpflicht für Offiziere, während des Heimaturlaubs und hat sich das nach 1943 bzw. zum Ende des Krieges in Form von offiziellen Anordnungen noch einmal geändert?

    das Tragen von Zivilkleidung während des Urlaubs war für WH-Angehörige erlaubnispflichtig, Ausnahme: Arbeiten, die zu starkem Verschleiß an der Uniform geführt hätten.

    Grüße

    Thilo

    Suche alles zur Lehrtruppe Fallingbostel und zum Einsatz des NSKK in der Ukraine 1941

  • Hallo,

    das Tragen von Zivilkleidung während des Urlaubs war für WH-Angehörige erlaubnispflichtig, Ausnahme: Arbeiten, die zu starkem Verschleiß an der Uniform geführt hätten.

    Grüße

    Thilo

    Das ist eine interessante Information, gibt es dazu eine Verordnung und galt das auch oder gerade für Luftwaffenoffiziere?

    Beste Grüße und nochmal tausend Dank für alle Antworten!

  • Hallo,

    Quote

    Das ist eine interessante Information, gibt es dazu eine Verordnung und galt das auch oder gerade für Luftwaffenoffiziere?

    mit Sicherheit gab es dazu eine Befehl und es galt alle Angehörige der Wehrmacht.

    Gruss Dieter

  • Hallo,

    Quote


    galt das auch oder gerade für Luftwaffenoffiziere?

    ab Feldwebel aufwärts bedurfte das Tragen von Zivilkleidung im Urlaub keiner Genehmigung des Vorgesetzten, bei unteren Dienstgraden schon. Ein weiteres Argument für Hochzeit in Uniform waren die erheblichen Kosten in Geld und Kleiderkartenabschnitten, die ein neuer Anzug verursachte.

    Frauen ließen ihr Brautkleid häufig so anfertigen, daß es leicht zum normalen Kleid abgeändert werden konnte.

    https://www.forum-der-wehrmacht.de/wcf/index.php?…ormpflicht-jpg/

    Grüße

    Thilo

    Suche alles zur Lehrtruppe Fallingbostel und zum Einsatz des NSKK in der Ukraine 1941

  • Frauen ließen ihr Brautkleid häufig so anfertigen, daß es leicht zum normalen Kleid abgeändert werden konnte.

    Tag allerseits,

    in den letzten Kriegsjahren war es auch schwierig, ein Brautkleid oder Stoffe hierfür zu beschaffen, selbst wenn man die notwendigen Kleiderkartenabschnitte besaß. Es gab einfach keine

    Ware, so war das ab Ende 1943. Vielfach vertröstete das Verkaufspersonal "auf Weihnachten", weil es dann vielleicht "auch Sonderzuteilungen geben werde". Das nützte aber einer damaligen

    Braut kaum. Sie besorgte sich dann gezwungenermaßen leihweise ein vorhandenes Brautkleid bei Verwandten oder Bekannten.


    Grüße

    Bert

  • ... Was ich hier jetzt rauslas ist, dass alle gerne Uniformen bei der Hochzeit trugen, dass es selbstverständlich war, aber auch, dass es dazu keine richtige Verordnung gab ...

    Hallo,

    in der Reichswehr und Wehrmacht (und auch in der Bundeswehr) war und ist in den jeweiligen Anzugsordnungen (als Anlage in den entspr. Dienstvorschriften zu finden, für die Reichswehr/Heer siehe z.B. H.Dv. 122/Abschnitt B, für die Wehrmacht/Luftwaffe z.B. L.Dv. 422/B) geregelt, zu welchen Anlässen welcher Anzug zu tragen ist.

    ... protestantische Offiziere der Luftwaffe. Durften diese eine Uniform bei der Hochzeit tragen, mussten sie es oder kann das Uniformtragen in einer Kirche gar als ein Akt des Widerstandes ausgelegt werden ...

    Die kirchliche Eheschließung war im NS-Regime nachrangig, für den Staat war rechtlich nur die (Standes-)amtliche Eheschließung verbindlich und ideologisch als offizielle Lebensgemeinschaft von Mann und Frau anerkannt. Und irgendwie erschließt sich mir aus der Fragestellung auch nicht, warum das Tragen einer Uniform in einer christlichen Kirche als Widerstand gewertet werden sollte - Widerstand gegen wen?

    Gruß, J.H.

  • Die kirchliche Eheschließung war im NS-Regime nachrangig, für den Staat war rechtlich nur die (Standes-)amtliche Eheschließung verbindlich und ideologisch als offizielle Lebensgemeinschaft von Mann und Frau anerkannt.

    Tag allerseits,

    die kirchliche Eheschließung war im NS-Staat weit nachrangiger als heute, das stimmt wohl. Aber auch heute noch ist die standesamtliche Eheschließung erst der Grund für eine gesetzlich anerkannte Ehe!

    Grüße

    Bert

  • Hallo,

    Quote from bert

    Und wenn man z.B. das EK2 und das Inf. Sturmabzeichen vorweisen konnten, dann heiratete man mangels Waffenrock auch in der üblichen Feldbluse. Die Verwandten der Braut sollten es eben auch mitbekommen,

    welchen tapferen Krieger die Braut heiratete.

    1. Auf einem Hochzeitsbild von 1926 meiner Eltern tragen alle männlichen Gäste der WWI-Generation, übrigens auch der jüdische Frontkamerad meines Onkels, ein Eisernes Kreuz oder das Frontkämpfer- Kreuz. Vermutlich wollte man zeigen, dass man kein Drückeberger war.

    Quote from bert

    für den Staat war rechtlich nur die (Standes-)amtliche Eheschließung verbindlich

    2. Mein Vater und sein Bruder sprachen wiederholt vom Familien-Stammbaum mit der flapsigen Bemerkung:

    "Da ist wohl mal ein Jude durchgesprungen..".

    Auch jüngere Verwandte und Bekannte hatten im Kleiderschrank einen Familien-Stammbaum.

    Wo und warum der Stammbaum verlangt wurde, weiss ich nicht.

    War vielleicht für die Heiratsgenehmigung im NS-Staat der Nachweis der arischen Abstammung vorgeschrieben ?

    Gruss jostdieter

    PS: Der jüdische Kriegsteilnehmer und Freund meines Onkels wurde mit seiner arischen Frau in einem "Judenhaus" gefangen gehalten, aber überlebte.

  • Hallo jostdieter,

    War vielleicht für die Heiratsgenehmigung im NS-Staat der Nachweis der arischen Abstammung vorgeschrieben ?

    gemäss dem Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutchen Ehre vom 15.September 1935, waren Eheschliessungen zwischen Juden und Staatangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes verboten.

    Dies hat natürlich vorrausgesetzt,dass vor der Eheschliessung ein Ehetauglichkeitszeugnis nachgewiesen werden musste.

    Gruss Chris