Die letzten Tage des Krieges.
Der erste Bericht ist aufgeschrieben von Elsa Stojanowa, einem jungen Mädchen, das nach der Bombardierung Dresdens im Haus meiner Eltern Zuflucht fand, der zweite ist ein Brief meiner Mutter an eine Freundin; der dritte Text ist ein Tagebucheintrag meiner Großmutter vom 1. Mai 1946 rückblickend auf den Mai 1945.
In Klammern gesetzt Wörter ergänzt; alles andere weder geändert noch etwas ausgelassen.
Elsa Stojanowa. Bericht.
Meine Zeit im Kobold in Dippoldiswalde.
Am 6.V.1945 [1] kam ich nach Dippoldiswalde. Damals war ich ganz verlassen. Gisela F. nahm mich in ihr Haus auf und wir haben die Ereignisse der nächsten Monate gemeinsam erlebt.
Am 6.5. war es noch ruhig, gegen abend gab es Tieffliegerangriffe. Nachmittags mit Inge bei v. Miltitz, der gerade von Verhaftung zurück war.
Am 7.5. versuchten wir in der Stadt früh einzukaufen, die Geschäfte sollten auch sonntags geöffnet sein und zwar ganz früh und abends. Wir bekamen früh nichts, kamen aber in einen Tieffliegerangriff auf dem Rückweg zum Haus (mit Traudel). Abends, bei erneuten Fliegerangriffen, zogen hier SS-Einheiten unter und rieten zur Flucht. Packen zur Fluchtvorbereitung. Überall Fahrzeuge und Truppen.
8.5. (Montag). Viel SS, kriegsmäßiges Bild. Am Montag wurde ein älterer Soldat, Vater von 5 Kindern, von der SS auf dem Obertorplatz in Dipps gehenkt, weil er nicht mehr weitermarschierte und seine Waffen wegwarf.[2] SS war überhaupt sehr aufgeregt. (Gisela, Inge).
Das Lazarett aus dem Windischhaus und das Arbeitsdienstlager rücken ab. Das ging uns nah.
SS machte uns abends noch Vorwürfe, daß wir die Gelegenheit zur Flucht nicht ausgenützt hätten.
Nachts Fliegerangriffe.
9.5. Gisela mit Handwagen bei Tieffliegerangriffen in die Stadt. Dort Erlebnis mit SS-Mann.
Ich organisiere aus dem Lager Kartoffeln, Briketts, Bettwäsche, Medikamente. Gisela und Inge helfen.
Spätnachmittags wieder Tieffliegerangriffe, deshalb im Keller. Abends zogen die letzten Soldaten in Richtung auf Glashütte durch.
Abends Radionachricht: Kapitulation wurde bereits im Lauf des Tages bekannt, doch wußten die Soldaten nichts und viele Menschen glaubten es nicht. Während des nachmittäglichen Angriffs Alarmnachricht, die Russen seien in der Heidemühle. Abends mit Friedrichs, Dietzels, Schwarz im Wohnzimmer kleine Feier mit Giselas Schnaps.
10.5. (Mittwoch) Bei Morgengrauen zogen letzte Truppen von Oberhäslich durch Dipps zum Gebirge. Das waren Russen! Traudel kam zurück von Besorgungen in Dipps, brachte erste Nachrichten von den Russen. Ich und Gisela holten weitere Sachen aus dem Lager. Friedrich kommt, sagt: Die Kosaken kommen!
Nachmittags mit Inge bei Miltitz und Lampadius. Begegnung mit einem russ. Oberleutnant, der Inge durchsucht. Rückkehr deprimiert. (Miltitz war geflüchtet).
11.5. Gisela und Inge nach Dipps, um Brot zu holen, ich hütete das Haus. Beide kamen mit Brot und Konserven (von Franzosen) zurück. Sie wurden dabei von einem Hitlerjungen in Zivil beobachtet.
In der Nacht vom Donnerstag zum Freitag Plünderungen und Hilferufe in der Umgebung. Gisela kauft sich mit einem Anzug von den Polen frei (Jan, Johann, u.a.).
[restlicher Text fehlt]
[1] Datum unklar; Elsa kam nach der Bombardierung Dresdens nach D.
[2] nachstehendes --> hier gefunden:
”1945 Am 8. Mai wurde der Soldat Rockstroh von der SS am Obertorplatz gehenkt, ..."
Heute ist am Obertorplatz ein Gedenkstein angebracht.
Link aktualisiert; kkn