Hilfe bei Identifizierung von Dienstgrad sowie Einschätzung von Beförderungs/Degradierungsweg

  • Hallo !

    Es gibt ein paar interessante Punkte bei dieser Laufbahn.

    Hier mal ein Kurzfassung wie die der Ablauf gewesen sein könnte :

    Bei Kriegsbeginn EInberufung zur 3. Kp. If.Rgt 374 der 207. Inf.Div.

    Zu der Zeit hat er auch die EKM erhalten, wie von Rainer erläutert.

    (Diese Division gehörte zur 3. welle und bestand zum Grossteil aus

    Soldaten älterer Jahrgänge und Landwehranghörigen.)

    http://www.lexikon-der-wehrmacht.de/Zusatz/Heer/In…Division3-R.htm

    Möglicherweise war XY da schon Unteroffizier nachdem was Colin geschrieben hat.

    Er wird dann den Weg dieser Division gegangen sein, bis diese ab August/September 1940

    in den Urlaub geschickt wurde. XY blieb aber offensichtlich im Dienst und war ab

    Oktober 1940 möglicherweise Ausbilder in der zu seinem Regiment zugehörigen Ersatz-Einheit :

    Inf.Ersatz-Btl. 374 (Standort Belgard). (Ab 5.10.40)

    Zu einer Ausbildungs-Einheit könnte auch die erste auf der Kartei-Karte genannte Einheit passen :

    6. [Kp.] / A.[usbildungs]-Batl. Kl. [Standort: Belgard] (am 6.11.40, Da müsste er ja schon Fw. gewesen sein.)

    Für mich sieht es so aus, als ob das Belgard erst später, aber vom selben Schreiber eingetragen worden ist.

    Deshalb würde ich vermuten, dass Belgard der Standort war und nicht zur Einheitsbezeichung gehörte.

    Das wäre auf jeden Fall eine Nicht-Standard-Bezeichnung, aber die gab es bei der Wehrmacht ja zu Hauf.

    Ab 13.12.40 kehrte er aus dem Lazarett wieder zur 3.Kp. Inf.Ers.Btl. 374 zurück.

    Dann wird es wirklich kompliziert :

    4./I.E. 722 würde ich als 4. Kp., Inf.-Ersatz-Btl. 722 entschlüsseln. Dass ein solches Btl. existiert hat, ist nicht bekannt.

    Aber : Ab April/Mai 1941 wurden die Inf.Divisionen der 15. Welle aufgestellt :

    http://www.lexikon-der-wehrmacht.de/Zusatz/Heer/In…vision5-15W.htm

    Dabei wurde das Inf.Rgt. 722 u.a. durch das Inf.Ers.Btl. 374 aufgestellt.

    "Normalerweise" wäre als Ersatz-Einheit für dieses Inf.Regiment 722 auch noch ein Infanterie-Ersatz-Batl. 722 aufgestellt worden.

    Vielleicht wurde das Ersatz-Btl. kurzzeitig formiert und bald darauf wieder aufgelöst.

    Das ist die einzige Erklärung für den 722 Eintrag, die ich mir vorstellen könnte.

    Dazu kommt dann noch, dass XY währen der Aufstellung der 702. ID ins Lazarett kam und erst am 4.6.41 wieder zum

    Inf.Ers.Btl. 374 entlassen wurde. Da war die 702. ID schon nach Norwegen abgefahren.

    Den Eintrag zum Inf.Rgt. 375 kann ich mir im Moment überhaupt nicht erklären.

    Dann muss er irgendwann zur 3.Kp. Inf.Rgt 312 (206. ID) gekommen sein, wie ist unklar. Bei dieser Einheit, wurde er schwer verwundet

    und dann, nach langem Lazarett-Aufenthalt zum Gren.Ers.-Btl. 301 versetzt und dann aus dem Heer entlassen.

    Für einen Rangverlust kann es viele Gründe geben, ohne Anhaltspunkte kann man dazu wenig sagen.

    Beste Grüsse,

    Uwe

    Seltsam, die Infanterie ! Sie fährt nicht, sie reitet nicht und unser himmlischer Vater bewegt sie doch...

  • Lieber Rainer,

    Danke für die Auskunft zur Erkennungsmarke.

    Lieber Uwe,

    Wow! Herzlichen Dank für diese Detektivarbeit!

    Ich bin deine Überlegungen Station für Station durchgegangen und finde sie sehr schlüssig.

    Einige Nachfragen/Gedanken noch:

    - Woher hast du die Info, dass das Inf.Rgt. 722 u.a. durch das Inf.Ers.Btl. 374 aufgestellt wurde? (geographish passt es, da alles im Wehrkreis II und ich glaube dir natürlich, wollte nur für meine Dokumentation eine Quelle hinterlegen :) )

    - Zum Eintrag "I.R. 375". Chronologisch gesehen deckt das dann vermutlich die Zeit zwischen der Entlassung am 04.06.41 (zurück zum Inf.Ers.Btl. 374) und dem 26.03.42 (ab da bei der 3. Kompanie IR 312) ab, oder? Heißt denn der Eintrag vom 26.03.42, dass mein Verwandter ab da an beim IR 312 war oder nur, dass er an diesem Tag dort war?

    Es gibt die Möglichkeit, dass es sich um einen Eintragsfehler handelt (375 statt 374), oder? Aber wenn man das nicht annimmt, finde ich zu IR 375 nur folgendes (LdW ) :"...nach seiner Wiederaufrufung im März 1941 der 454. Sicherungs-Division unterstellt". So weit ich es verstehe, war diese von Juni 1941 bis Februar 1942 in der Ukraine aktiv (LdW).

    Vielleicht kam er dann von dort im März 1942 zum IR 312. Aber komisch, dass das IR 375 überhaupt nicht bei den Truppenteilen auftaucht, oder?


    Was uns generell unklar ist, ist das Thema Offizierskarriere.

    Mein Verwandter ist Jahrgang 1914. Wir vermuten stark, dass er im Jahr 1934 an der Polizeischule in Treptow an der Rega war. Für das Jahr 1935 wissen wir, dass er zunächst in einer Stettiner Kaserne war (unklar, ob von der Polizei oder der Wehrmacht oder einer von der Polizei in die Wehrmacht eingegliederte Einheit). Er hatte also eine gewisse paramilitärische Vorbildung.

    Für Sommer 1935 finden wir einen Eintrag "zur Reichswehr". Wir gehen stark davon aus, dass er dann eingezogen wurde, im Zuge des wieder eingeführten Wehrdienstes. Vermutlich war er dort dann mindestens zwei Jahre, also bis Sommer/Herbst 1937.

    Dann beginnt für uns das zweijährige Informationsloch und der nächste Datenpunkt ist erst die Dienststellenauskunft zum August 1939. Deshalb die Frage an euch: Lässt sich aus eurer Expertensicht etwas aus der Dienststellenauskunft für die Zeit von 1935 bis 1937 bzw. 1937 bis 1939 ableiten?

    Was ich damit meine: wir wissen von der Kartei, dass mein Verwandter (spätestens) im November 1940 Feldwebel war. Auf Bild 1 (das einige von euch wegen der Aufschiebeschlaufe auf der rechten Schulterklappe auf "nach dem 24. Januar 1940" datieren), ist er Unteroffizier. Und in der Dienststellenauskunft steht, dass er ab 01.09.1940 im Stab 1 des IR 374 war.

    Sprich, er war vermutlich spätestens im Jahr 1940 (Unter)offizier, also nicht allzulange nach Kriegsbeginn.

    Die Frage ist also: Ist es denkbar, dass mein Verwandter zwischen August 1939 und November 1940 vom einfachen Soldaten zum Unteroffizier und dann bald darauf zum Feldwebel aufstieg? (das kann ich mir schwer vorstellen, habe aber keine Ahnung). Oder spricht das dafür, dass er vor Kriegsbeginn schon bei der Wehrmacht war? Also z.B. in den Jahren 1937-1939, für die wir bisher die Lücke haben?

    Oder konnte der zweijährige Wehrdienst von 1935-1937 ausreichen, um dann im Krieg recht schnell zum (Unter)Offizier aufzusteigen?

    Für eure Ideen bin ich wie immer sehr dankbar.

    Beste Grüße
    MKC

    Edited 2 times, last by mkc (May 15, 2021 at 3:09 PM).

  • Hallo MKC,

    konnte der zweijährige Wehrdienst von 1935-1937 ausreichen, um dann im Krieg recht schnell zum (Unter)Offizier aufzusteigen?

    Nein, zu diesem Zeitpunkt nicht.

    Wärend des 2-jährigen Wehrdienstes wurde man zum Gefreiten oder Obergefreiten befördert. Die Unteroffizierslaufbahn war davon unberührt. Wenn man sich dazu entschied die Unteroffizierlaufbahn einzuschlagen, erfolgte das mit einer 12-Jährigen Verpflichtungszeit unter Anrechnung des Wehrdienstes. Dann mußte nach dem Wehrdienst ein Unteroffizierslehrgang besucht und bestanden werden, bevor man (wenn eine Stelle frei war) zum Uffz. befördert wurde.

    Gruß Christian

    Dankbar für Informationen über: (Pz)PiBtl 51, PzPiErsBtl. 19, PiBtl 675 (116 PD), PiBtl 203 (203 ID)

  • Lieber Christian,

    vielen Dank für die Einschätzung.

    Das heißt, die Tatsache, dass mein Verwandter spätestens seit November 1940 Feldwebel war (und vorher Unteroffizier), spricht dafür, dass er nicht erst im August 1939 (zurück) zur Wehrmacht kam, sondern dort vermutlich auch von 1937 (= nach Beendigung seines Grundwehrdienstes) bis 1939 dort war, oder?

    Aus der Dienststellenauskunft geht auch hervor, dass mein Verwandter zwischen dem 01.09 und 03.10.1940 beim Stab I des I.R. 374 war. Musste man schon Feldwebel sein, um einem Stab anzugehören oder konnte man dort auch mit dem Rang Unteroffizier sein?


    Beste Grüße
    MKC

  • Hallo,

    Musste man schon Feldwebel sein, um einem Stab anzugehören oder konnte man dort auch mit dem Rang Unteroffizier sein?

    in einem Stab gab es Mannschaften, Unteroffizier mit und ohne Portepee und Offiziere. Die Stärke und Zusammensetzung eines Stabes hing von seiner Aufgabe ab.

    Gruss

    Rainer

    Suum cuique

  • Hallo MKC,

    dort vermutlich auch von 1937 (= nach Beendigung seines Grundwehrdienstes) bis 1939 dort war

    grundsätzlich ja.

    Aber:

    Das heißt, die Tatsache, dass mein Verwandter spätestens seit November 1940 Feldwebel war (und vorher Unteroffizier

    Die zeitliche Abfolge mache ich nicht an den Dienstgraden fest. Abgesehen davon, daß diese an Lehrgänge gekoppelt waren, bedurfte es auch der entsprechende Planstellen. Wenn also kein Feldwebelposten frei war wurde auch (noch) nicht befördert. Ich sage nur, daß die Unteroffizierlaufbahn an die 12-jährige Verpflichzungszeit gekoppelt war. Deshalb wirde er das Militär nicht zwischenzeitlich verlassen haben.

    Gruß Christian

    Dankbar für Informationen über: (Pz)PiBtl 51, PzPiErsBtl. 19, PiBtl 675 (116 PD), PiBtl 203 (203 ID)

  • Guten Tag,

    könnte "Kl" nicht Kriegslazarett heißen?

    Ein riesiges Reservelazarett gab es jedenfalls in Belgard.

    Beste Grüße

    G. Aders

  • Lieber Christian, Rainer und G. Aders,

    VIelen Dank für eure Antworten.

    @G. Aders: die Idee "Kriegslazarett" ist gut, aber ich weiß, ob sie hier passt. Direkt vor "Kl." steht "Batl." und Bataillons gab es im Lazarett gab es nicht, oder? Außerdem sind in der Kartei und Auskunft alle Lazarettaufenthalte aufgeführt und Belgard taucht dort nicht auf (wenn auch andere Orte in Pommern).

    @ Christian :

    Super. Dann gehe ich für die weitere Forschung erstmal davon aus, dass mein Verwandter auch von 1937-1939 bei der Wehrmacht war.

    Es ist alles etwas vertrackt. Bei der Deutschen Dienststelle liegen nur Auskünfte zu ihm ab 1939 vor (ich weiß nicht, ob die dort auch Unterlagen aus der Vorkriegszeit haben).
    Dadurch dass mein Verwandter vermutlich 1-2 Jahre auf der Polizeiführerschule war, hatte er 1935 schon paramilitärische Vorkenntnisse. Ich vermute, das reichte nicht aus, um vom Wehrdienst befreit zu werden, was denkt ihr? Im Sinne von "sich anrechnen lassen".


    Ich habe auch eine spannende Dissertation zur Auswahl und Ausbildung von Offizieren von 1930-1945 gefunden, siehe Link. Dort steht auf S. 60 etwas zu den Polizeioffizieren, aber 1935 war mein Verwandter wohl noch kein Polizeioffizier. Deswegen vermute ich, dass er 1935 nicht gleich mit dem Unteroffizierlehrgang anfangen konnte, sondern erst noch den Wehrdienst ableisten musste.

  • Hallo mkc !

    Zu Deinen Fragen :

    Aufstellung des Rgt 722 : Die Quelle ist Tessin Bd. 12, S. 198

    Sich.Rgt 375 : Ja, die Einheit hatte einen ganz anderen Einsatzraum, deshalb ist es schwer einen

    Zusammenhang herzustellen. Bleibt für mich unklar.

    1935 wurden eine Menge von Polizei-Einheiten in die Wehrmacht übernommen.

    Damit kenne ich mich aber nicht aus.

    Frag doch mal im Polizei Subforum nach, welchen Dienstgrad man nach Absolvierung dieser

    Polizeischule erwarten könnte und ob das dann irgendwelche Auswirkungen auf die Laufbahn

    bei der Wehrmacht hatte.

    Beste Grüsse,

    Uwe

    Seltsam, die Infanterie ! Sie fährt nicht, sie reitet nicht und unser himmlischer Vater bewegt sie doch...

  • Lieber Uwe,

    vielen Dank für die weiteren Überlegungen. Ich werde gleich mal im Polizei Subforum nachfragen.

    Beste Grüße und euch allen ein schönes Wochenende!

    MKC