Wo Einsichtnahme in SMAD Prozeßunterlagen/Kriegsverbrechen..??

  • Hallo werte Forumsmitglieder,

    ...grad eben hab ich mich bei Euch neu angemeldet; vielleicht könnt Ihr mir ja mit einigen Tips weiterhelfen...Mein Name lautet seit gut 53 Jahren Steffen; seit einiger Zeit beschäftige ich mich mit der militärischen Vergangenheit meines leider vor drei Jahrzehnten verstorbenen Verwandten, und bisher konnte mir da niemand weiterhelfen. Dabei handelt es sich um den am 2. Januar 1919 in Altentreptow geborenen Fritz Wendt.

    Er ist erstmals mit einer Meldung vom 25.11.1939 als Träger der Erkennungsmarke

    -304- 4./Kf. Ers. Abt. 4 in der Einheit 4. Kompanie Kraftfahr-Ersatz-

    Abteilung 4, Standort: Meißen erfasst (Bundesarchivsignatur: B 563/20397 Seiten 13, 19).

    Nachschubkolonnen-Abteilung 6/542

    gemeldet am:

    26.11.1939 und am: 13.09.1942

    Bundesarchivsignatur:

    B 563/36408 Seiten 241, 277

    2. Sanitätskompanie 333,

    gemeldet am:

    17.11.1942

    Bundesarchivsignatur:

    B 563/15413 Seiten 18, 22

    Stab Kommandantur der Divisions-Nachschub-Truppen 346,

    gemeldet am:

    17.11.1942

    Bundesarchivsignatur:

    B 563/35273 Seite 3

    Sanitätskompanie 346

    gemeldet am:

    11.01.1943

    Bundesarchivsignatur:

    B 563/15424 Seiten 15, 19

    Letztmalig ist der Gesuchte mit dem Datum vom 17.01.1943 als Angehöriger der Einheit Sanitätskompanie 343 aufgeführt (Bundesarchivsignatur: B 563/15422 Seite 16).

    Laut aktuellem Erkenntnisstand verbrachte er seine Kriegsgefangenschaft im französischen Lager St. Thegonnec und kehrte 1946 von da zurück in den sächsischen Heimatort Diera. Da wurde er denunziert, vor Gericht gestellt und wegen angeblichen Kriegsverbrechen zur Zwangsarbeit in deutschen Bergabbaubetrieben eingesetzt. Nun meine Frage: wo kann ich Einsichtnahme in die damaligen Prozessunterlagen bekommen, um herauszufinden, was ihm damals vorgeworfen wurde..? Bisher wurde mir die postalische Adresse eines russischen Militäranwaltes gegeben; allerdings scheint mir da wenig Aussicht auf Beantwortung zu sein...Vielleicht weiß ja jemand hier noch was besseres und kann mir helfen..

    Viele Grüße

    Steffen

  • Hallo Steffen,

    hast Du beim sächsischen Staatsarchiv bzgl. der Prozessakten angefragt? Auch der BStU ist eine Möglichkeit, oft wurden dort noch später Akten angelegt.

    Grüße

    Thilo

    Suche alles zur Lehrtruppe Fallingbostel und zum Einsatz des NSKK in der Ukraine 1941

  • Bisher wurde mir die postalische Adresse eines russischen Militäranwaltes gegeben; allerdings scheint mir da wenig Aussicht auf Beantwortung zu sein...Vielleicht weiß ja jemand hier noch was besseres und kann mir helfen..

    Hallo Steffen,

    die einzigen, die dir helfen können, sind diejenigen, die den Urteil gesprochen haben - die Justizorgane Russlands. Deine Bedenken sind unbegründet. Wenn du einen berechtigten Grund hast - es handelt sich um deinen direkten Verwandten, er wurde durch einen Militärtribunal verurteilt u.a., kannst du einen Antrag auf Rehabilitierung bei dem Obersten Militärstaatsanwalt Russlands in Moskau stellen. Ich kenne (kannte) einige Menschen, dessen Anträge positiv beschieden wurden, d.h. die Verurteilten wurden vollständig rehabilitiert. Als eine weitere Anlaufstelle wäre Zentralarchiv des Ministeriums für Verteidigung CAMO. Dort liegen die Unterlagen der Ortskommandanturen der SMAD.

    Was ich nicht einschätzen kann, wie die aktuelle politische Lage die Bearbeitung der Anträge beeinträchtigt. Die Kooperationsbereitschaft der russischen Seite insgesamt ist in der letzten Zeit sichtbar gesunken. Besser gesagt, die Zeit der wohlwollenden Behandlung der Anträge ist anscheinend vorbei.

    Viel Erfolg!

    Gruß Viktor

    Edited once, last by Viktor7 (December 13, 2020 at 9:27 AM).

  • Guten Tag ans Forum und an den Anfragenden,

    die Sanitäts-Kompanie 343 gehörte zur 342.Infanterie-Division, die im August 1944 in der Normandie zerschlagen wurde. Möglicherweise geriet der genannte Verwandte hierbei in Kriegsgefangenschaft. Die Militärjustiz der Roten Armee hätte sich sicherlich nicht mit möglichen in Frankreich, sprich an der Westfront, geschehenen Kriegsverbrechen abgegeben. Die Sanitätseinheiten 333 der 333.Infanterie-Division (http://www.lexikon-der-wehrmacht.de/Gliederungen/I…ionen/333ID.htm) kämpften aber beispielsweise in Russland an der Ostfront. Auf die Nachschub-Kolonnen-Abteilung 542 träfe das mit Russland und der Ostfront ebenfalls zu (http://www.lexikon-der-wehrmacht.de/Gliederungen/N…eAbt/NKA542.htm).

    Steffen, für mich stellt sich vorab die Frage, ob überhaupt und ggf. was über die Verurteilung des Verwandten durch die sowjetische Militärgerichtsbarkeit bekannt ist. Denn aus solchen Informationen lassen sich dann möglicherweise Hinweise für weitere Recherchen ableiten.

    Mit freundlichen Grüßen aus der Normandie

    Peter

    (PH)

  • Hallo Ihr drei,

    ...vielen herzlichen Dank für die ganzen Info´s!!!!!!!!!!! Ich hatte wirklich geglaubt, nicht mehr bewirken zu können- und ich hab nie mit Onkel Fritz Wendt dadrüber gesprochen; war/ist halt so in unserer Familie...Leider ist mir kein weiterer Detailschnipsel über den damaligen Prozeß bekannt; ich weiß halt nur, daß er von einem roten Ortsbewohner verpfiffen wurde; eben deswegen versuche ich grad Licht in die Voränge zu bekommen.. Viktor7: hast Du noch eine Adresse von den zuständigen Stellen der russischen Justiz? Läuft das tatsächlich alles auf dem Postweg..?

    Vielen herzlichne Dank nochmals für die Hilfe & viele Grüße

    Steffen

  • Hallo Steffen,

    ich muss erst einmal in den Unterlagen ein wenig wühlen, aber ich suche mal raus, versprochen.

    Ein erfolgreicher Antragsteller ist vor einigen Jahren gestorben, über den anderen muss ich die Nachforschungen anstellen... Die beiden Vorfahren wurden rehabilitiert, obwohl nach den Tribunalurteilen zu Tode verurteilt und in Moskau hingerichtet gewesen.

    Gruß Viktor

  • Hallo...

    ....Danke wiederum für die superschnelle Antwort!!! Alls klar, kein Problem; würde mich freuen, wenns wirklich klappt und ich was erreichen kann: ich würde gar zu gern wissen, wieso Fritz Wendt als eingesetzter Sanitäter später wegen Kriegsverbrechen dran war...

    Viele Grüße und nochmals besten Dank!

    Steffen

    Edited once, last by EnkelJustus: Grußformeln (December 16, 2020 at 7:15 AM).

  • Hallo Steffen,

    ich muss mein Optimismus und Zuversichtlichkeit etwas zügeln und teilweise revidieren, leider. Bevor ich mich mit einem grossen Aufwand auf die Suche nach den Schreiben der russischen Militärstaatsanwaltschaft begebe, wollte ich mich nach der aktuellen Sachlage informieren.

    Wie sich herausstellte, wurde der Prozess der Rehabilitierung und Überprüfung der Urteile der sowjetischen Tribunale gegen die Deutsche, der 1991 eingeleitet wurde bereits 1998 durch den Obersten Gericht der RF gestoppt. Die Militärstaatsanwaltschaft wurde als nicht zuständig erklärt. Die bis dahin teilweise aufgehobene Urteile wurden erneut für rechtmäßig erklärt. In den 7 Jahren wurden ca. 13000 Urteile überprüft. Seit der Entscheidung des Obersten Gerichts wurden ca. 600 Verfahren vor Gericht behandelt, dabei wurde kein Urteil revidiert. Ein Versuch die Sachlage auf diesem weg zu klären betrachte ich jetzt als aussichtslos. Ich würde auch die Kooperationsbereitschaft des CAMO in Frage stellen.

    Es bleibt nur übrig, versuchen zu ermitteln, wo die Sanitätseinheit deines Onkels eingesetzt wurde und ob diese durch die Verwicklungen in irgendwelche Kriegsverbrechen verwickelt war. Ich denke, wir haben hier viele Kenner der Materie, die dich dabei mit Rat und Tat unterstützen werden.

    Gruß Viktor

  • Moin...

    ....autsch....das klingt nicht gut...Danke zunächst für Deine Recherche!!!! Dann ist vermutlich auch davon auszugehen, daß auch keinerlei Kopien der damaligen Prozeßuntersuchungen (...wenn es denn überhaupt welche gab..) und auch keine Kopien der Urteile in Archiven auf (ost-)deutschem Gebiet verblieben sind...

    Hmmm...dann mache ich besser nochmal ein eigenes Thema dazu auf, wo ich um Mithilfe bitte...

    Ich darf dabei gar nicht dran denken, daß die damals von Fritz Wendt an seine Frau geschickten Fotografien erst vor etwa 20 Jahren den Weg in die Mü**tonne gefunden haben.. :cursing::cursing::cursing::cursing: Verdammt!!!!!

    Dennoch- besten Dank für die Hilfe & viele Grüße!!

    Steffen

    Edited once, last by EnkelJustus: Grußformeln (December 16, 2020 at 7:16 AM).

  • Hallo cannaletto,

    denk bitte an die Regeln, auch im Eifer des Gefechts- gibt sonst bloß Megger von Meister.

    Ich erinnere mich an eine Seite der Uni Amsterdam auf der Gerichtsurteile behandelt wurden. Die Links funktionieren nicht mehr, ist auch Jahre her.

    Vielleicht findest Du ja einen Zugang zu der Seite.

    Ich wünsche Dir viel Erfolg und vielleicht können ja die Experten helfen.

    Viele Grüße und bleib gesund

    Nic

  • Guten Abend ans Forum,

    ist diese Internetpräsent gemeint? Hier der mögliche Link: : https://www.junsv.nl/

    Allerdings gibt es dort wohl nur Urteile von west- und ostdeutschen Gerichten, nicht jedoch von sowjetischen Militärgerichten.

    Wäre für Steffen demnach nicht hilfreich.

    Mit freundlichen Grüßen aus der Normandie

    Peter

    (PH)

  • Guten Abend...

    Danke Euch beiden für die Hilfe und vor allem für den Link!!! Anfrage an die Leute da ist soeben raus... :)

    Mir wurde vor wenigen Monaten erzählt, daß Fritz Wendt 1946 vor ein damaliges Gericht "von den Russen" gestellt wurde; zu dem Zeitpunkt war das ja noch unter russischer Verwaltung; so vermute ich halt, daß die Unterlagen bei den Russen verblieben..Das ist allerdings nur meine Vermutung; denn ostdeutsche Justiz gabe es wohl damals noch nicht, oder?

    Viele Grüße

    Steffen

    Edited once, last by EnkelJustus: Grußformeln (December 16, 2020 at 7:17 AM).

  • Guten Tag ans Forum,

    die ostdeutsche Justiz durfte zwar auch Kriegsverbrechen verfolgen, aber nicht bei solchen gegen Sowjetbürger begangene. Dafür war die sowjetische Militärjustiz zuständig.

    Wenn aber an Deutschen oder Staatenlosen vorgeworfenen Kriegsverbrechen verhandelt wurde, so waren ostdeutsche Gerichte zuständig.

    Mit freundlichen Grüßen aus der Normandie

    Peter

    (PH)

  • ... Dabei handelt es sich um den am 2. Januar 1919 in Altentreptow geborenen Fritz Wendt ...


    Hallo,

    Thilo hatte Dir oben schon den Hinweis auf die Stiftung Sächsische Gedenkstätten gegeben. In den Datenbanken der dortigen Dokumentationsstelle ist ein Fritz Wendt aus Altentreptow mit der ID-Nr. 778207 verzeichnet, allerdings mit dem abweichendem Geburtsdatum 3.Januar 1910: https://www.stsg.de/cms/dokstelle/…k%20durchsuchen

    Du kannst dort auch einen Antrag auf Nachforschung stellen, die Dok-Stelle bietet auch Hilfe für weitergehende Recherchen an bzw. vermittelt Dich ggf. an die entsprechenden Stellen: https://www.stsg.de/cms/dokstelle/auskuenfte

    Gruß, J.H.

  • Hallo Steffen,

    eine Möglichkeit wäre es, sich an Dr. Alexander Sperk zu wenden - https://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_Sperk

    Er war Teilnehmer der Arbeitsgruppe, die sich mit den Unterlagen der Ortskommandanturen der SMAD in den russischen Archiven beschäftigte. Vllt. hat er für dich ein oder anderen Tipp und Hinweis. Soweit ich weiß, ist er an der BStU Halle/S tätig.

    Gruß Viktor

  • Hallo Ihr alle- vielen herzlichen Dank für die Hilfe und die Links!!!!!

    ...das sonderbare ist, daß ich vor wenigen Monaten schon einmal mit der sächsischen Gedenkstätte im Schriftwechsel stand; von da hatte ich ja die postalische Adresse zum russischen Staatsanwalt, aber keinerlei Hinweis zu diesem Formular...hmmmm....macht nix: das Formular ist ausgefüllt und weitergeleitet.

    @Viktor7- Danke für das raussuchen & hier veröffentlichen sowie den Link!!

    Ich bin gespannt, ob ich jetzt endlich herausfinde, weswegen Fritz Wendt damals verurteilt wurde; man wird vielleicht nie herausfinden, ob es sich um die Wahrheit handelt...

    Vielen Dank nochmals an alle,für die Hilfe!!!!

    Viele Grüße

    Steffen

  • Hallo an alle: gerade Nachricht erhalten von der Dresdner Gedenkstättenvereinigung: obwohl Fritz Wendt da offiziell gelistet ist, endet meine Anfrage da: wieder werde ich mit der Postadresse des Moskauer Staatsanwaltes bedient...so komm`ich also nicht weiter...als Zugabe gab´s die Idee, das Münchener Büro vom DRK-Suchdienst zu beschäftigen- aber die machen doch nicht in aufbewahrten Gerichtsurteilen, oder?

    Viele Grüße

    Steffen

  • ...als Zugabe gab´s die Idee, das Münchener Büro vom DRK-Suchdienst zu beschäftigen- aber die machen doch nicht in aufbewahrten Gerichtsurteilen, oder? ...


    Hallo,

    nix für ungut, aber wenn Du mit Sätzen wie "die machen doch nicht in" an eine solche informationssuche herangehst, dann werden Dir wohl einige Türen verschlossen bleiben. Der Suchdienst des DRK hat im Rahmen seiner Arbeit Zugriff auf russische Archive und damit auch auf zahlreiche Kriegsgefangenenakten deutscher Soldaten in sowjetischem Gewahrsam. Weiterhin wird der Suchdienst sicherlich alle möglichen und erreichbaren Quellen für seine Arbeit bei der Schicksalsklärung im Verbund und Austausch mit den bekannten Einrichtungen nutzen. Wenn Du dort nicht fragst, wirst Du auch keine Antworten erhalten.

    Thilo hatte Dir oben auch schon eine Anfrage bei der BStU empfohlen, was ist denn daraus geworden?

    Gruß, J.H.

  • Hallo Johann Heinricht; danke für die schnelle Antwort! ...meine Formulierung sollte nicht als abwertende,flappsige Kritik verstanden werden; bisher war mir neu, daß das DRK Einblick in Justizunterlagen der SBZ verschafffen könnte: ich bin mir natürlich nach weniger als einem halben Jahr Recherchetätigkeit über die Verknüpfungen nicht im klaren...

    Die Anfrage bei der BStU ist ja raus, da warte ich noch auf Antwort; verzögert sich jetzt wohl alles...

    Viele Grüße

    Steffen