Fragen zur Infanterie-Division 75 bzw. Pionier-Bataillon 175 / Pionier-Ersatz-Bataillon 2

  • Hallo Chinoa,

    vielen Dank für deine Antwort und die beiden Anhänge.

    Ja, tatsächlich, der Weg der NA175 ist dargestellt wie ein Pfadfinderausflug - dabei sind die Tag für Tag durch die Hölle gegangen. :(

    Auf jeden Fall sehr interessant was du schreibst! Soweit ich bei meinen Recherchen mitbekomme und andere Bücher gelesen habe, hat denke ich vor allem die Heeresgruppe Süd in Russland (Malaria etc.) mit vielen Krankheiten zu schaffen gehabt. Dass soll natürlich nicht heißen, dass es den anderen Heeresgruppen gut ging.

    Ich denke vor allem die Hygiene im Allgemeinen war unvergleichlich schlecht, was wir uns als Deutsche nicht vorstellen können (und selbst zu dieser Zeit die deutschen Soldaten nicht konnten).

    In einem anderen Thread im FdW hatte ich einige typische Erkrankngen gelesen. Darunter auch Fleckfieber. Das muss wirklich gefürchtet gewesen sein, da ich in einer Biographie des Bruders meinen anderen Opas gelesen hatte,

    dass der Azrt im Lazarett zu ihm kam und gesagt hatte (nachdem die Diagnose Fleckfieber war) "Ich darf Ihnen eine erfreuliche Mitteilung machen, Sie haben kein Fleckfieber, sondern Malaria".

    Als ich das gelesen habe, dachte ich auch "Wow" - wenn das eine "erfreuliche Mitteilung" sein soll, dann kann man sich den Zustand der armen Soldaten aus dieser Zeit vorstellen.

    Dein eingestellter Brief aus Kiew fand ich ebenfalls höchst interessant. Mal einfach die Meinung eines "kleinen Soldaten" aus dieser Zeit zu hören, ist finde ich mehr wert als die Berichte von Generälen.

    Da bekommt man einfach die Stimmung und Eindrücke der Truppe besser mit.

    Hättest du noch weitere so interessante Briefe? Du erwähnst ja auch Woronesch. Auch ich habe vermutet, dass die Geschichte meines Opas mit der "Notschlachtung der Pferde" vermutlich aus dem Winter 1942/1943 war.

    Zumal die Russen im Januar 1943 ihre Offensive im Raum Woronesch begangen haben und soweit ich bisher recherchiert habe, den Deutschen echt richtig zu schaffen gemacht haben.

    Die mussten da wirklich schnell (und für die Truppen dort das 1. mal) wirklich die Beine in die Hand nehmen und zum Rückzug blasen.

    Ich habe gelesen, dass die 75. ID am 19.02. dann nach Sumy zurückverlegt wurde, da die Verluste so hoch waren, dass die Division erst mal Wiederauffüllung und Rehabilitation im Raum Sumy bekommen hat.

    Leider weiß ich gerade nicht, woher ich das habe, oder ob ich das sogar aus dem FdW habe - komme gerade durcheinander weil ich viel nachlese :)

    Ich möchte dir allerdings mit den Briefen auch nicht zu nahe treten - falls es dir lieber ist, kannst auch gerne mal noch den ein oder anderen Brief als PN schicken.

    Ich freu mich natürlich über alles, was ich aus dieser Zeit zur 75. ID bekomme - auch wenn es nicht dasselbe Bataillon war.

    Vielen Dank nochmal!!

    Beste Grüße Timo

    Suche alles für die Recherche zu meinen Opas: Älterer Opa: geb. 1921 in Danzig, Pionier-Ersatz-Bataillon 2 / 175. Pionier-Bataillon / 75. Infanteriedivision / u.a. Kiew, Woronesch, Schwere Verwundung bei Helenowka bei der Schlacht um den Dukla-Pass / Ausbilder in Dessau-Rosslau

    Jüngerer Opa: geb. 1926 in Friedenstal, Bessarabien, 10. Sturmgeschütz Ersatz- und Ausbildungs-Regiment Fallschirm-Panzer-Division Hermann Göring / Feldpost 60594 & 60724 / Kämpfe in Ostpreußen / Oberschlesien

  • Hallo Timo,

    danke für Deine ausführliche Antwort! Deine Bezeichnung „Pfadfinderausflug“ trifft es ganz gut. Überhaupt wurde damals viel beschönigt und verniedlicht.

    Zum Glück sind die Soldaten aber wenigstens nicht Tag für Tag durch die Hölle gegangen. Das hatte ich vorher auch so angenommen. Wie ich den Briefen meines Vaters entnehmen kann, war das nicht ganz so. Krieg besteht auch aus Warten und Herumsitzen. Mein Vater war Beifahrer in einem LKW und beschreibt einmal, wie sie 14 Tage auf Ersatzteile warten mussten (Briefe 03.07.41 und 13.07.41).

    Ja, und ich denke auch, dass die Hygiene damals eine sehr schlechte war. Das dauernde Leben im Freien mit den wenigen Sachen, die mitgeführt werden konnten, wahlweise gemischt mit viel Staub oder mit viel Schlamm, später auch mit Flöhen und Läusen, konnte gar nicht hygienisch sein.

    Wie meinst Du den Satz „was wir uns als Deutsche nicht vorstellen können (und selbst zu dieser Zeit die deutschen Soldaten nicht konnten)“. Das verstehe ich nicht ganz. Ich glaube, dass wir uns die damaligen hygienischen Verhältnisse bei den Soldaten heute alle nicht mehr vorstellen können, ob nun deutsch oder nicht.

    Zuletzt noch ein Brief aus der Zeit kurz vor dem Einmarsch in Kiew (24.07.41). Es ist ein Einzeleindruck. Man kann herauslesen, dass sie nicht in ein Schlaraffenland eingefallen sind. Die Bevölkerung selber hatte z. B. ja auch nur diese wenigen Brunnen. Deshalb war der später zunehmende Mangel an Wasser und Nahrungsmitteln eigentlich eine zwangsweise Folge.

    Zu einigen Briefen betr. Woronesch, die ich auch habe, komme ich später. Dazu muss ich mir noch Gedanken machen.

    Was für ein Jahrgang war denn Dein Opa? Ist er auch von der Schulbank weg eingezogen worden, oder hatte er schon einen Beruf?

    Viele Grüße!

    Chinoa


  • Hallo Chinoa,

    vielen herzlichen Dank für deine Antwort und deine angehängten Briefe. Das klingt wirklich sehr interessant!!!

    Mit dem Satz zur Hygiene habe ich nur gemeint, dass wir ja zum Glück in einem Land leben, wo Hygine kein Problem darstellt. Und ich bin der Meinung, dass es das selbst schon im Dritten Reich ganz gut war im Vergleich zu Russland.

    Mein Opa war Jahrgang 1921 und kam aus Danzig. Obwohl sein älterer Bruder gleich beim Polenfeldzug gefallen ist, hat er sich laut Info von meinem Papa freiwillig gemeldet. Sein Vater hatte bereits im Ersten Weltkrieg ein Bein verloren und somit hatte die Famiie es sowieso nicht leicht.

    Ich frage mich bis heute, warum er sich freiwillig gemeldet hat! Mein Opa war definitiv kein glühender Nazi, sondern eher das Gegenteil. Er hatte sogar eigentlich eine Arbeit in der Werft in Danzig. Dort hat auch sein zweiter Bruder gearbeitet und musste meines Wissens auf Grund der kriegswichtigen Tätigkeit nie an die Front. Wieso sich also mein Opa 1941 freiwiliig gemeldet hat weiß ich nicht. Ihm wäre es in der Danziger Werft sicherlich besser gegangen als an der Ostfront (auch wenn er das zur Zeit der Wehrmachtsbeitretung nicht wissen konnte).

    Vielleicht wollte er auch schlichtweg einfach von daheim weg und 3 Mahlzeiten am Tag bekommen. Ich vermute, durch die Erfolge in Polen und im Westen war es auch einfach für diese Generation geradezu "verlockend" Soldat zu werden.

    Wenig später wäre er so oder so eingezogen worden.

    Vielen Dank auf jeden Fall nochmal für die Briefe! Ich finde es sehr interessant zu lesen, was zu der Zeit in dem Raum der Division abgelaufen ist.

    Laut meiner Oma hatte mein Opa auch eine Dame in Kiew, die ihm z.B. die Klamotten gewaschen hat etc.

    Jedoch glaube ich, dass mein Opa bzw. die Division weder 1941 noch beim Rückzug 1943 sehr lange in Kiew waren.

    Viele Grüße

    Timo

    Suche alles für die Recherche zu meinen Opas: Älterer Opa: geb. 1921 in Danzig, Pionier-Ersatz-Bataillon 2 / 175. Pionier-Bataillon / 75. Infanteriedivision / u.a. Kiew, Woronesch, Schwere Verwundung bei Helenowka bei der Schlacht um den Dukla-Pass / Ausbilder in Dessau-Rosslau

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  • Ich denke vor allem die Hygiene im Allgemeinen war unvergleichlich schlecht, was wir uns als Deutsche nicht vorstellen können (und selbst zu dieser Zeit die deutschen Soldaten nicht konnten).

    Ja, und ich denke auch, dass die Hygiene damals eine sehr schlechte war. Das dauernde Leben im Freien mit den wenigen Sachen, die mitgeführt werden konnten, wahlweise gemischt mit viel Staub oder mit viel Schlamm, später auch mit Flöhen und Läusen, konnte gar nicht hygienisch sein.

    Ich glaube, dass wir uns die damaligen hygienischen Verhältnisse bei den Soldaten heute alle nicht mehr vorstellen können, ob nun deutsch oder nicht.

    Hallo Timo, hallo Chinoa!

    Vorab: Es freut mich für Dich, Timo, was hier für Dich im Forum in Gang gekommen ist. Wir hatten in Deinem ersten Thread vor ein paar Wochen Kontakt. Du hast alles richtig gemacht hier, behaupte ich! :thumbup:

    Euren Austausch der letzten Tage finde ich sehr interessant! Danke auch für die Briefe, Chinoa.

    Beim Lesen der oben zitierten Passagen musste ich (wieder einmal) an die Erzählungen meines Opas denken, der ja, wie geschildert, auch bei den Pionieren war.

    Unter anderem das habe ich nach seinen Schilderungen aufgeschrieben:

    Noch schlimmer als sonst war der Alltag im Panzerdeckungsloch, als Opa einmal schweren Durchfall hatte. Alle 15 Minuten kroch er damals aus der „Erdbehausung“, um sich einige Meter abseits Erleichterung zu verschaffen. Unerträglich waren die Läuse, die sich bei einem vierwöchigen Aufenthalt im Schützenloch einstellten, um die Männer zu piesacken und ihnen den Rücken hinaufzukrabbeln. Das Jucken sei so lästig gewesen, dass er sich beide Beine aufgekratzt habe, erzählte Opa. Weil die Verletzungen so schlimm waren, kam er für einige Tage hinter die Front.

    Und auch das hat er berichtet:

    Oft lagen einige Meter vor dem Loch Dutzende russische Soldaten, die die letzte Angriffswelle nicht überlebt hatten. Tagsüber war es unmöglich, das Loch zu verlassen. Der russische Graben war nur einige hundert Meter entfernt. Scharfschützen lauerten darauf, einem unvorsichtigen Gegner, der den Kopf über Grabenhöhe streckte, einen Kopfschuss zu verpassen. Daraus ergaben sich unvorstellbare hygienische Bedingungen. Am Tag mussten die Männer ihre Notdurft im Loch verrichten. Stundenlang harrten sie in ihren Ausscheidungen aus. Lediglich den Kot warfen sie mit der Schaufel aus dem Loch.

    Ich habe noch einiges mehr zum ,Leben' im Schützenloch, in dem laut meinem Opa immer zwei Soldaten saßen, zu Papier gebracht. Aber diese Passagen passen zum Thema Hygiene, das Ihr angeschnitten hattet. Vielleicht tragen Opas Erinnerungen ja ein bisschen dazu bei, das Unvorstellbare ein wenig greifbarer zu machen.

    Viele Grüße!

    Frank/Evergreen

  • Hallo Frank,

    vielen Dank für deine Nachricht.

    Ja, ich bin wirklich sehr froh, mich im Forum angemeldet zu haben und bin echt mega begeistert, wie viele hilfsbereite Mitglieder hier helfen und Beiträge posten.

    Zum Glück bin ich diesen Schritt gegangen, denn mit reiner Buch und Wiki/Internet Recherche wird das 1. dürftig und 2. nie so detailliert.

    Zu meinen gestellten Fragen bzgl. dem Bundesarchiv habe ich aktuell neue Anfragen an das Bundesarchiv gestellt. Ich hoffe hier dann nicht wieder 1-2 Jahre warten zu müssen. :/

    Vielen Dank für deine Notizen über deinem Opa. Das klingt einerseit höchst interessant und andererseits absolut tieftraurig.

    Ich kann nur "auf gut deutsch" sagen, dass die Soldaten damals einfach "arme Schweine" waren - ganz klar!

    Ich denke in Bezug zu meiem Opa / 75. ID passen die oben genannten Beschreibungen gut zu den Stellungskriegen in Belgorod 1942 und Woronesch 1943 wo sich die Front / Hauptkampflinie nur langsam verschoben hat.

    Da werden die mit Sicherheit ähnliche Erfahrungen gemacht haben wie dein Opa.

    Vielen Dank auf jeden Fall nochmals!

    Beste Grüße

    Timo

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  • Zu meinen gestellten Fragen bzgl. dem Bundesarchiv habe ich aktuell neue Anfragen an das Bundesarchiv gestellt. Ich hoffe hier dann nicht wieder 1-2 Jahre warten zu müssen. :/

    Hallo Timo!

    Ich drücke Dir den Daumen, dass es vielleicht etwas schneller geht. Aber diese Wartezeiten sind beim Bundesarchiv wegen der riesigen Menge an Anfragen leider Standard.

    Gerade bei Recherchen zu "unseren Themen hier", diese Erfahrung mache ich immer wieder, braucht es auch Geduld. So schwer es manchmal sein mag... Ich sage mir oft: Manchmal musst du das Kästchen vielleicht mit Informationen vollpacken und erst einmal auf den Grund des Sees sinken lassen. Irgendwann zieht jemand das Netz durch, holt es hoch, schaut rein - und meldet sich. ;)

    So habe ich es jedenfalls in den vergangenen sechs Jahren seit dem Tod meines Opas immer wieder erlebt: Du legst Recherche-Spuren aus im Internet - und auf einmal (und meistens dann, wenn du am wenigsten damit rechnest) meldet sich jemand, schreibt dir eine gewinnbringende Mail oder eröffnet dir einen neuen Kontakt.

    Vielen Dank für deine Notizen über deinem Opa. Das klingt einerseit höchst interessant und andererseits absolut tieftraurig. Ich kann nur "auf gut deutsch" sagen, dass die Soldaten damals einfach "arme Schweine" waren - ganz klar!

    "Schütze Arsch": Kennst Du diesen Begriff? Mein Opa hat ihn auch gerne verwendet, um seine "Rolle" und die Lage der einfachen Soldaten damals zu beschreiben. Mein Großvater hatte jedem Krieg abgeschworen. Er hat immer gesagt, jeder Staatenlenker, der auch Jahrzehnte später noch junge Menschen verheize und in den Krieg schicke, müsse mal "da vorne im Dreck liegen und mitmachen, was wir erlebt haben".

    Viele Grüße, weiter viel Erfolg bei Deinen Recherchen!

    Frank/Evergreen

  • Hallo Frank,

    selbstverständlich kenne ich "Schütze Arsch". Ich war selber mal einer! :D Weiß aber nicht, ob ich ihn von meiner Bundeswehrzeit kenne oder von meinen Opas oder Papa.

    Aber da gebe ich deinem Opa 100%ig Recht. Diejenigen die den Krieg beginnen liegen ja nachher nicht selber an der Front und erleben das mit.

    Ja, zur Recherche probiere ich gerade wirklich alles aus. Anfragen laufen beim Bundesarchiv, dann nochmal explitiz in der Berliner Abteilung des BA, sowie dem Militärarchiv in Freiburg.

    Außerdem habe ich vor ein paar Wochen von meinem Papa erfahren, dass mein Opa ihm erzählt hatte, er war (ich vermute nach seiner schweren Verletzung im September 1944) Ausbilder in Dessau-Roßlau.

    Da war eine große Pionierschule - also würde das passen. Selbst da versuche ich etwas herauszubekommen und habe dem "Militärmuseum Sachsen-Anhalt" eine Mail geschrieben.

    Dort hat sich auch prompt ein netter, hilfsbereiter Mitarbeiter gemeldet und gesagt, er hat mein Anliegen an Leute, die zur Schule recherchieren, weitergeleitet.

    Also es besteht immer Hoffnung neue Informationen zu erhalten. :)

    Beste Grüße

    Timo

    Suche alles für die Recherche zu meinen Opas: Älterer Opa: geb. 1921 in Danzig, Pionier-Ersatz-Bataillon 2 / 175. Pionier-Bataillon / 75. Infanteriedivision / u.a. Kiew, Woronesch, Schwere Verwundung bei Helenowka bei der Schlacht um den Dukla-Pass / Ausbilder in Dessau-Rosslau

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  • Dankeschön für Eure Antworten Timo und Frank!


    Unvorstellbar, die Verhältnisse....


    Ich habe gerade mal nachgeschaut wie lange mein Vater 1941 in Kiew war. Er hat so ein Notizbuch geführt, in dem ab und zu ein Stichwort steht, sonst nicht sehr viel leider. Ich zitiere:

    Dienstag 16.9.:
    Beginn des Angriffs auf Kiew
    Freitag 19.9.:
    Einrücken und Eroberung Kiews

    18.30 in rasender Fahrt in die Stadt hinein

    Montag 22.9.:

    Stadtrundfahrt in Kiew
    Freitag 3.10.:

    Überfahrt über den Dnjepr um 7.20 Uhr
    Sonnabend 4.10.:

    Priluki

    1943 steht auch was:


    Sonntag 24.10.:

    1500 mit Lkw ab Berdilschew(?)

    1800 an Kiew

    Montag 25.10.:

    Kiew FS

    Sonnabend 30.10.:

    Kino Bel-Ami

    Freitag 5.10.:

    Abbau und Räumung Kiew

    Fahrt nach Glewancha (?)


    Was FS heißt weiß ich nicht. Ich kann auch die Ortsnamen nicht richtig entziffern.

    Viele Grüße,

    Chinoa

    Edited 2 times, last by Chinoa (September 6, 2020 at 9:19 PM).

  • Hallo Chinoa,

    vielen Dank für Deine Mühen und die reingeschriebenen Notizen.

    Das kommt genau hin mit den Daten. Laut Lageplan vom 02.10.1941 der im FdW vorhanden ist, ist die 75. ID kurz vor Priluki.

    Und jetzt kommt das spannende / schwierige an der Sache mit den Ortsnamen (unabhängig davon, ob du Sie entziffern kannst oder nicht).

    Ich habe schon in etlichen Lagekarten bemerkt, dass Ortschaften einfach gar nicht mehr zu finden sind, oder nur in anderen Schreibweisen.

    Das oben erwähnt Priluki, findest du in Google unter Pryluky. Diese Änderung ist ja noch OK und leichter zu finden, jedoch sind manche total anders.

    Ich vermute, das liegt daran, dass ggf. Orte "eingedeutscht" auf den Karten stehen - oder halt auf russich und heute sind das die ukrainischen Namen - oder auch mal andersrum.

    Dieses Problem hatte ich zuallererst mit der Erwähnung, dass mein Opa vom 22.05. - 03.07.1943 im Kriegslazarett Njeshin lag.

    Ich kann mich drehen und wenden wie ich will. Mit dieser Schreibweise finde ich einfach nichts.

    Man findet jedoch auf Google den Ort Nischyn (russisch Neschin). Das könnte eigentlich gut hinkommen, da dieser Ort ca. 100km nordöstlich von Kiew liegt.

    Zumindest würde es Sinn machen, dass er ungefähr dort im Lazarett war. Die Division war zu dieser Zeit auf halbem Wege zwischen Sumy und Woroshba (ca. 200km weg von Njeshin).

    Dann wurden ja die Erkrankten und Verwundeten, so lange sie transportfähig waren, erst mal n bisschen hinter die Front gekarrt.

    So, jetzt habe ich laut Bundesarchiv-Auskunft Njeshin. Was damals wohl genau so im Bericht/Lazarettbuch steht. Ich lese gerade die Autobiographie von Heinz Guderian.

    Zufälligerweise hatte ich gestern Abend die Lagekarte nördlich von Kiew im Blick. Dort ist der Ort Neshin geschrieben - also nochmal anders.

    Jetzt hat man 4 Schreibweisen und weiß erst net recht Bescheid. :) Aber ich vermute, dass wird wohl alles so stimmen.

    Auf jeden Fall finde ich weder die Orte "Glewancha" , noch "Berdilschew". Es gibt ein Berdytschiw, das liegt n paar km westlich von Kiew. Aber das passt dann zeitlich nicht.

    Es sei denn, dein Opa ist auf Grund seiner Trätigkeit da "hin- und hergefahren". Was als Nachrichtenabteilung laut meinem Verständnis durchaus möglich wäre.

    Was "FS" bedeutet, da kann ich mir auch keinen Reim draus machen. Evtl. ein Vorort / Ortsteil.

    Auf jeden Fall nochmal abschließend: Es ist echt schwer mit den Ortsnamen!

    Ich bin echt etwas "neidisch", dass du noch so viel interessantes Material von deinem Opa hast. Ich hab von meinem Opa, der hier Thema ist, 0. Also wirklich NULL. Dadurch, dass seine Famile ja aus Danzig vertrieben wurde, gab es nicht mal Briefe / Fotos oder sowas.

    Ich habe nur die Bundesarchiv-Auskunft und die wenigen Erzählungen, die meist von meinem Papa oder meiner Oma stammen, da mein Opa gestorben ist, als ich 15 war.

    Damals habe ich natürlich keine Sekunde dran gedacht, ihn mal zu fragen wo er wann wie war und n paar Details zu klären. Wobei er mir vermutlich eh nichts erzählt hätte.

    Egal, ich bleibe dran und freue mich ständig über solche interessanten Infos!

    Vielen lieben Dank nochmals dafür!

    Gibt es denn Eintragungen von deinem Opa im September 1944?

    Am 12. September 1944 wurde mein Opa schwer verwundet und soweit meine Recherchen zu der Zeit gereift sind, hatten die da massive Verluste und Probleme, von den Russen "weg zu kommen".

    Laut Karten und Berichten, die ich von hier bekommen habe, mussten die tagtäglich nach Westen fliehen.

    Beste Grüße Timo

    Suche alles für die Recherche zu meinen Opas: Älterer Opa: geb. 1921 in Danzig, Pionier-Ersatz-Bataillon 2 / 175. Pionier-Bataillon / 75. Infanteriedivision / u.a. Kiew, Woronesch, Schwere Verwundung bei Helenowka bei der Schlacht um den Dukla-Pass / Ausbilder in Dessau-Rosslau

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  • Hallo,

    kurzer Nachtrag noch zum Ortsnamen mit aktuellem Beispiel meiner Recherche vor wenigen Minuten.

    Auf der Lagekarte der 75. ID zum 01.08.1944 ( http://www.lexikon-der-wehrmacht.de/Gliederungen/K…arte/XI0844.jpg ) ist die Division bei "Medernice".

    Mein Opa wurde am 31.07.1944 bei "Czerniza" leicht verwundet.

    Medernice heißt / schreibt man heute Medenytschi, Czerniza = Chernytsya.

    Laut Google sind die ca. 20km entfernt. Kommt also hin. ( https://www.google.de/maps/dir/Meden…d49.4447323!3e0 )

    Wie gesagt, ich vermute das sind die Unterschiede russisch - ukrainisch.

    Macht meine Recherche net leichter...:(

    Grüße Timo

    Suche alles für die Recherche zu meinen Opas: Älterer Opa: geb. 1921 in Danzig, Pionier-Ersatz-Bataillon 2 / 175. Pionier-Bataillon / 75. Infanteriedivision / u.a. Kiew, Woronesch, Schwere Verwundung bei Helenowka bei der Schlacht um den Dukla-Pass / Ausbilder in Dessau-Rosslau

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  • Hallo Timo,

    besten Dank für Deine Recherche. Das Material, das ich habe, ist aber nicht von meinem Opa, sondern von meinem Vater. Ich bin eine Generation über Dir, nehme ich an.

    Du bedauerst, dass ich so viel Material habe, während Du „NULL“ hast. Nun, ich habe von meinem Opa, der am 1. Weltkrieg teilgenommen hat, auch rein gar nichts. Ich weiß gerade mal, dass er „Bursche“ war, aber das ist auch schon alles. Die Generation Großeltern ist ja auch recht weit weg von meiner eigenen. Soo interessiert wie Du es in Bezug auf Deinen Opa bist, war ich daran eigentlich nie. Schon eher bei meinem Vater, denn dessen Geschichte hat ja auch mit meiner eigenen ziemlich viel zu tun. Wie ist denn Dein Vater mit der Vorgeschichte seines Vaters umgegangen? Hattest Du eine enge Beziehung zu Deinem Opa?

    Du hattest geschrieben, Dein Opa war in Dessau-Roßlau an einer Pionierschule. Das ist nun zufällig auch die Stadt, in der der Bruder meines Vaters im März 1945 gefallen ist. Der Bruder war bei der Eisenbahnflak und hat einen völlig anderen Krieg erlebt als mein Vater. Dessau hat eine recht unrühmliche Geschichte während der Nazizeit. Zur Zeit läuft gerade eine Ausstellung „Dessau in Trümmern“. Hier gibt es sogar einen virtuellen Rundgang:

    http://www.stadtarchiv.dessau-rosslau.de/ausstellung/tr…_002/index.html

    Vlt. ist das ja für Dich von Interesse? Vlt. wissen die auch was über die Pionierschule. Die kennen ja ihre Stadtgeschichte.

    Dann hattest Du geschrieben, dass Du nicht weißt, warum Dein Opa sich freiwillig gemeldet hat. Mein Vater hat sich ebenfalls freiwillig gemeldet. Nach Abitur und Arbeitsdienst ist er direkt zur Wehrmacht gegangen. Er hat das so begründet, dass das alle so gemacht hätten, um die Wehrpflicht hinter sich zu bringen und dann studieren zu können. Stattdessen ging aber der Krieg los und die Wehrpflicht wurde immer mehr verlängert. Ich habe darüber mit einer Historikerin geredet, die hält das für glaubwürdig. Andere Gründe seien gewesen, dass die Jugendlichen zu der Zeit ja sehr indoktriniert waren und anfangs des Krieges zum Beispiel zur „Vaterlandsverteidigung“ beitragen wollten. Später änderten sich die Gründe. Jedenfalls kann Dein Opa ehrenwerte Gründe gehabt haben. Ob man sich aussuchen konnte, zu welcher Einheit man wollte, weiß ich nicht. Auf jeden Fall wäre meine Oma völlig durchgedreht, wenn mein Vater zu den Pionieren gekommen wäre. Sie hat das so schon alles kaum ertragen können.

    Ja, ich habe auch Briefe aus Sept. 1944. Das mit den massiven Verlusten kommt hin. Mein Vater schreibt, dass er nur wie durch ein Wunder davongekommen sei.Genaueres schreibt er leider nicht. Ich vermute, dass er meistens viel Angst vor der Zensur gehabt hat. Ich hänge mal an, was ich dazu habe. (Das Datum in kursiv ist das Eingangsdatum, das mein Opa immer notiert hat.)

    Viele Grüße

    Chinoa

  • Auf jeden Fall finde ich weder die Orte "Glewancha" , noch "Berdilschew". Es gibt ein Berdytschiw, das liegt n paar km westlich von Kiew. Aber das passt dann zeitlich nicht.

    Es sei denn, dein Opa ist auf Grund seiner Trätigkeit da "hin- und hergefahren". Was als Nachrichtenabteilung laut meinem Verständnis durchaus möglich wäre.

    Hallo Timo,

    Wahrscheinlich Glewancha=Glewaha/Глеваха: https://www.google.com/maps/place/%D0…62!4d30.2892813

    Gruß Dmitry

  • Hallo zusammen,

    Dmitry, vielen Dank für die Lage dieses Ortes! Das kommt hin. :)

    Chinoa: Vielen vielen Dank für weitere Briefe deines VATERS. :) Sehr interessant, was er da wieder schreibt. Da scheint ja wirklich reglicher Postverkehr vorhanden gewesen sein.

    Dass er als "kleiner Soldat" schon im September weiß, dass der Krieg auf jeden Fall verloren ist und sogar hofft, dass das vor Winter sein soll, ist bemerkenswert.

    Klar, waren sie ja seit 1943 stetig auf dem Rückzug, aber irgendwie die Hoffnung den Feind zu stoppen, hatten die wohl schon damals nicht mehr.

    Soweit ich mit meiner Recherche bin, war der Herbst 1944 wirklich sehr hart für die Division. Glaube die Schlachten rund um den Dukla-Pass waren sehr hart.

    Also aus dem Ersten Weltkrieg habe ich auch rein gar nichts. Außer ein altes Soldatenlieder-Heft :)

    Mein Papa ist geschichtlich auch sehr interessiert und er weiß schon ein bisschen mehr von meinem Opa, ist hier aber auch nicht so redselig, wie ich das gerne hätte :)

    Zu meinem Opa hatte ich ein gutes Verhältnis, jedoch war er allgemein eher so ein bisschen "preußisch distanziert" oder wie man es nennen mag.

    Aber wie gesagt, er starb dann doch zu früh um Sachen zu hinterfragen und die zunehmende Demenz seiner letzten Jahre sind natürlich noch erschwerend hinzugekommen.

    Vielen lieben Dank zu der Info zu Dessau-Roßlau. Das muss ich mir mal in Ruhe anschauen!

    Nochmal zur Freiwilligen-Meldung: Ich habe das Buch von Heinz-Otto Fausten "Wir haben uns die Zeit nicht ausgesucht" gelesen. (Übrigens ein sehr gutes Buch, allerdings nicht mehr käuflich zu erwerben).

    Hier schreibt er (soweit ich weiß, auch Jahrgang 1921), dass er sich freiwiliig gemeldet hat um die Waffengattung "auszusuchen" und er ist dann bei der 1. Panzerdivision in einem Panzergrenadierregiment gelandet.

    Vielleicht war sogar das die Idee von meinem Opa, obwohl wie du ja auch schreibst, Pioniere jetzt net gerade die beste und sicherste Wahl war.

    Vielen Dank nochmal für deine Mühen und Infos!!

    Beste Grüße Timo

    Suche alles für die Recherche zu meinen Opas: Älterer Opa: geb. 1921 in Danzig, Pionier-Ersatz-Bataillon 2 / 175. Pionier-Bataillon / 75. Infanteriedivision / u.a. Kiew, Woronesch, Schwere Verwundung bei Helenowka bei der Schlacht um den Dukla-Pass / Ausbilder in Dessau-Rosslau

    Jüngerer Opa: geb. 1926 in Friedenstal, Bessarabien, 10. Sturmgeschütz Ersatz- und Ausbildungs-Regiment Fallschirm-Panzer-Division Hermann Göring / Feldpost 60594 & 60724 / Kämpfe in Ostpreußen / Oberschlesien

  • Mein Papa ist geschichtlich auch sehr interessiert und er weiß schon ein bisschen mehr von meinem Opa, ist hier aber auch nicht so redselig, wie ich das gerne hätte :)

    Hallo Timo!

    Hast Du Deinem Vater erzählt oder gezeigt, was Du hier machst? Was hier im Forum zurückkommt? Vielleicht ist das ja ein Türöffner und Du kannst ihn so dazu animieren, mehr zu erzählen.

    Wobei du natürlich auch nichts erzwingen kannst. Diese Erfahrung habe ich bei meiner Oma gemacht. Ich habe ihr nach dem Tod ihres Mannes die Geschichte meines Opas zum Lesen gegeben; die Dinge, die ich noch zu seinen Lebzeiten über die Jahre hinweg aufgeschrieben hatte.

    Sie hat mir einerseits - was mich sehr gefreut hat - gesagt, dass es genau so gewesen sei. Andererseits hat sie mir zu verstehen gegeben, dass sie noch mehr wisse. Dass mein Opa ihr noch mehr erzählt habe. Meine Bitte, mir diese Themen doch noch zu schildern, hat sie bis heute in den Wind geschlagen. Das seien Dinge, die sie mit ins Grab nehmen wolle.

    Ich habe es (schweren Herzens) akzeptiert, weil es wohl wirklich große Emotionen anspricht.

    Über die Tragweite dessen, was sie noch weiß, kann ich natürlich nur spekulieren. Aber für mich waren es Hinweise darauf, dass mein Opa noch viel Schlimmeres erlebt hat, als das, was er mir berichtet hatte (und das war teils schon sehr, sehr heftig). Dass da Erlebnisse waren, die er wirklich nur mit sich selbst und seiner Frau ausmachen konnte.

    Viele Grüße!

    Frank/Evergreen

  • Hallo Frank,

    ja, ich habe ihm davon erzählt und wollte ihm auch mal aufzeigen, wie weit ich bin. Ich habe für mich so ne Art Excel-Tabelle erstellt, wo mein Opa / Division wie was pro Monat war.

    Knall da Links dazu rein, Lagekarten und das ganze Wissen, dass ich hier aufnehme. Seine Antwort: "Das zeigst mir n ander mal".

    Zwingen kann ich ihn nicht, wobei auch er glaube ich nicht noch über "seitenweise" Wissen verfügt, da ja mein Opa auch sehr verschlossen war.

    Wie bei dir kann mal einfach keinen zwingen...vielleicht ist es sogar in manchen Dingen besser, sie dann doch nicht gehört zu haben.

    Aber ich bleibe da hartnäckig dran. :)

    Schönen Sonntag!

    Grüße Timo

    Suche alles für die Recherche zu meinen Opas: Älterer Opa: geb. 1921 in Danzig, Pionier-Ersatz-Bataillon 2 / 175. Pionier-Bataillon / 75. Infanteriedivision / u.a. Kiew, Woronesch, Schwere Verwundung bei Helenowka bei der Schlacht um den Dukla-Pass / Ausbilder in Dessau-Rosslau

    Jüngerer Opa: geb. 1926 in Friedenstal, Bessarabien, 10. Sturmgeschütz Ersatz- und Ausbildungs-Regiment Fallschirm-Panzer-Division Hermann Göring / Feldpost 60594 & 60724 / Kämpfe in Ostpreußen / Oberschlesien

  • Ich hänge mal eine Skizze an, auf der geschrieben steht, welchen Weg man da von Juni 41 bis Juni 42

    Hallo

    Ich habe mir den Weg deines Vaters angeschaut.

    Es ist ein tolles Bild. Hier sehe ich das Dorf, in dem ich wohne.

    Auf Ihrer Karte steht "Rakitnoje". Ich kann auch die Dörfer sehen, die in meiner Nähe sind "Jlek", "Gotja", "Gerzowka", "Butowo".

    Auf Ihrer Karte liegen sie zwischen "Ssumy" und "Belgorod", näher an "Belgorod".

    Sie sind kleine Dörfer. In deutschen und russischen Dokumenten gibt es nicht viele Informationen über sie. Einen Mann zu treffen, der hier war, ist also ein großes Glück für mich.

    In meinem Dorf gab es keine großen Schlachten. Die russischen Soldaten verließen einfach eine Verteidigungslinie und gingen zu einer anderen Verteidigungslinie. Die deutschen Soldaten gingen noch weiter.

    "Gotnja" ist eine große Bahnstation. Es ist bekannt, dass die 75. Division an der Station "Rote Beete" hielt. Es ist in unserer Nähe.

    Ich interessiere mich sehr für die Daten vom 15.10.1941 bis 30.10.1941. Damals zogen russische und deutsche Soldaten durch diese Dörfer.

    Ich würde sehr gerne wissen, woran sich Ihr Vater erinnert hat. Ob Briefe, Fotos, Zeitungen etc. vorhanden sind. Ich möchte hören, dass dieser Brief oder Fotos aus "Rakitnoe" oder "Gotnja", oder vom Oktober 1941 geschickt. Ich möchte wissen, wie sie damals gelebt haben, woran sie gedacht haben, worüber sie geschrieben haben, wie sie mit den Einheimischen kommuniziert haben, was sie gesehen haben.

    Sie sprachen von Rekorden. Kann ich diese Aufzeichnungen sehen? Wenn sie handgeschrieben und nicht getippt sind, kann ich dann eine Kopie davon sehen? Ich werde sie unserem Dorfmuseum spenden.

    Ich werde auch die Erinnerungen der anderen Teilnehmer begrüßen.

    mit freundlichen Grüssen, Roman

    Edited once, last by motivdom (April 13, 2021 at 9:10 PM).

  • Guten Tag Roman!

    Vielen Dank für Deinen spannenden Beitrag! Ich hoffe, es ist ok, wenn ich Dich mit „Du“ anrede, das machen eigentlich alle hier in diesem Forum.

    Dass sich jemand aus Russland mit einem Übersetzungsprogramm durch dieses Forum kämpft und auf Spuren meines Vaters trifft, hätte ich nicht erwartet!

    Ich habe tatsächlich einen Brief meines Vaters gefunden, den er am 23. und 24.10.1941 geschrieben hat. Der Ort, wo er ihn geschrieben hat, steht nicht darin. Soweit ich weiß, war es verbotenen, den Aufenthaltsort in Briefen zu nennen. Die Post unterlag der Zensur. Es passt aber zu Deiner Beschreibung, dass er zu der Zeit in einem kleinen Dorf festsaß.

    Der Brief ist an zwei Tagen geschrieben und relativ ausführlich. Leider nicht sehr nett. Deshalb habe ich zunächst gezögert, Dir den Brief zugänglich zu machen und ihn hier zu veröffentlichen. Mein Vater bringt darin eine ziemlich verächtliche Haltung zu Deinem Dorf und der Bevölkerung zum Ausdruck. Ich glaube, das war eine allgemeine Haltung zu der Zeit, die nicht dadurch besser wird, indem ich den Brief zurückhalte. Die Geschichte war so, da gibt es nichts zu beschönigen. Als Nachfahre kann ich mich für diese Verächtlichkeit nur schämen und möchte Dich für meinen Vater um Entschuldigung bitten! Ich bin froh, dass in Deinem Dorf wenigstens nicht viel zerstört worden ist, wie Du sagst. Wie man weiter oben in den Beiträgen in diesem Thread sieht, hätte das auch anders sein können.

    Zur Sache: Mein Vater war damals 21 Jahre alt, als er in Rakitnoje war. Er war Beifahrer auf einem LKW, mit dem Gerätschaften für die 171. Nachrichtenabteilung transportiert worden sind. Von wo der Brief abgeschickt worden ist, weiß ich nicht. Man sieht aber am Stempel auf dem Umschlag, dass die deutsche Feldpost ihn am 8.11.1941 entgegengenommen hat. Der Briefumschlag ist einer der wenigen, die erhalten sind. Ich habe viele Briefe, aber wenige Briefumschläge.

    Meine Großeltern haben den Brief am 28.11.1941 erhalten, das Datum hat mein Opa eingetragen. Der Brief war also mehr als 1 Monat unterwegs. Weitere Briefe aus Deinem gefragten Zeitraum habe ich nicht, dieses ist der einzige. Der Brief davor ist vom 30. September 1941, kurz danach sind sie aus Kiew abgefahren, 2 Tage hinter den anderen her. Nach Fotos werde ich noch suchen.

    Obwohl mein Vater von 1939 bis 1949 in Krieg und Gefangenschaft verbracht hat, hat er so gut wie nie darüber etwas erzählt. Deshalb war ich froh darüber, als ich in seinem Nachlass seine Feldpostbriefe gefunden habe. Mein Opa hat sie in Packpapier eingepackt und mit Bindfaden verschnürt. Ich glaube, dass mein Vater sie später nie angerührt hat….

    Wie groß ist Dein Dorf? Wieviele Einwohner hatte Rakitnoje damals und wieviele sind es heute? Wie weit ist es von dort bis nach Belgorod?

    Viele Grüße nach Rakitnoje!

    Chinoa

  • Hallo, Rita.

    Das ist fantastisch. Vielen Dank für die Spende einer Kopie des Briefes und auch für das Abtippen dieses Briefes auf dem Computer. Das war sehr hilfreich für mich.

    Es tut mir leid, dass Sie anhand des Briefes nicht erkennen können, wo es ist. Aber ich mag das Datum 23.10.1941.

    20.10.1941 zogen die russischen Soldaten ab. Das bedeutet, dass er den Brief entweder aus Rakitnoje oder aus benachbarten Dörfern geschrieben hat. Ich werde ein paar Tage lang auf der Arbeit beschäftigt sein. Aber ich werde Ihnen sicher Antworten auf Ihre Fragen und meine Meinung zu dem Brief schreiben.

    Ich danke Ihnen vielmals.

    Roman.

  • Насколько велика ваша деревня? Сколько жителей тогда было в Ракитном и сколько сейчас? Как далеко отсюда до Белгорода?

    Guten Tag, Rita.

    Ich war in der Lage, Ihren Brief zu übersetzen. Im Allgemeinen verstand ich, worum es ging, und seine Stimmung.

    Rakitnoye ist eine Siedlung im Gebiet Belgorod. Von Rakitnoye bis zur Stadt Belgorod sind es etwa 70 Kilometer. Von Rakitnoye nach Sumy sind es etwa 90 Kilometer.

    Heute leben in Rakitnoye 10000 Menschen. Während des Krieges waren es 5000-6000 Menschen.

    Während des Ersten Weltkriegs, im Jahr 1918, befanden sich hier deutsche Truppen. Während des Zweiten Weltkriegs gab es deutsche Soldaten, von 1941 bis 1943. Unser Dorf wurde den deutschen Soldaten zur Vorbereitung auf eine große Panzerschlacht in der Nähe des Dorfes Prochorowka übergeben.

    Wir haben reiches Land, das "schwarze Erde" genannt wird. Was Ihr Vater in seinem Brief über die Straßen schrieb, ist wahr. Das liegt an der Zusammensetzung des Bodens. Ich erinnere mich an solche Straßen, aber heute sind sie anders.

    In diesem Brief sehe ich einen jungen Mann. Er macht seinen Job und versteht nicht, warum andere ihn nicht mögen. Er ist an den Krieg gewöhnt, er ist daran gewöhnt, den Tod zu sehen, aber er möchte nach Hause gehen.

    Wie war der Name Ihres Vaters? Wo hat er gewohnt? Was hat seine Familie vor dem Krieg gemacht? Wurde er eingezogen oder hat er sich freiwillig für den Krieg gemeldet?

    Ich hoffe, Sie finden ein paar Bilder. Das wäre interessant.

    Es gibt leider keine Rollen aus Nara für diesen Zeitraum.

    Ich füge Fotos aus einem Brief eines deutschen Soldaten von 1918 bei.

    Fotos von 1943 und Fotos von Rakitnoye heute.

    Mit freundlichen Grüßen, Roman.

  • Hallo Roman,

    vielen Dank für Ihre Antwort! Rakitnoye ist heute ein schöner Ort.

    Sie haben den Brief meines Vaters ganz treffend beschrieben!

    Sie kennen sich auch gut mit der Geschichte Ihrer Gegend aus. Ich kann das von mir nicht behaupten.....

    Die Bilder unten sind mit "Belgorod, Winter 41/42" beschriftet. Auf dem linken oberen Foto ist die rechte Person (ohne Gürtel) mein Vater. Auf dem Bild darunter der links sitzt. Ich stelle später noch ein paar andere Seiten aus dem Fotoalbum ein. Rakitnoye steht nur leider nirgends drauf.

    Seite 28 klein.jpg

    Mein Vater und seine Eltern stammen aus einer kleinen Stadt, in der ich auch lebe, mein Opa war Postbeamter. Mein Vater hat im März 1939 sein Abitur gemacht, danach war er beim Reichsarbeitsdienst und ging anschließend freiwillig zur Wehrmacht. Freiwillig deshalb, um den Wehrdienst hinter sich zu bringen und studieren zu können. So hat er es mir gesagt. Tatsache ist, dass er wenig später sowieso eingezogen worden wäre, und dann begann der Krieg. Als er 1949 nach Hause kam, stand in seinen Papieren als Beruf "Schüler". Mit einem Maschinenbaustudium wurde es dann nichts mehr.

    Ich habe noch ein Notizbuch von 1941 gefunden, in dem ein paar wenige weitere Angaben stehen. Ich versuche das zu entziffern und melde mich dann. Namen bitte lieber als PN.

    Wie hat Ihre Familie diese Zeit überstanden, was für Erinnerungen hat sie an diese Zeit?

    Viele Grüße

    Chinoa