• Hallo,

    ich verfolge nun schon eine Weile die verschiedenen Einlassungen zum Kurlandkessel, die differenzierten und wohlreflektierten Sichtweisen der verschiedenen Beiträge sind erfrischend, wenn diese Wortwahl erlaubt ist.
    Jedoch empfinde ich den Raum, der dem Schörner in den Beiträgen eingeräumt wird, unangemessen groß. Selbst die differenzierteste Perspektive auf ihn endet für mich immer mit dem Fazit: er war von begnadeter Dummheit, unfähig die Aussichtslosigkeit der militärischen Lage der Wehrmacht zu erkennen und charakterlich einfach ein riesengroßes A....loch.
    Außerdem war er ein Nazi und warum wird er hier immer noch als GFM tituliert, .....von Hitlers Gnaden.


    Beste Grüße


    Paul


    G-W-G'

  • Moin,

    über Schörner haben wir uns in der Tat im Forum an dieser Stelle schon ausführlich ausgetauscht. Eine wohlwollende Beurteilung scheidet allein aus Respekt vor den von ihm zu Unrecht hingerichteten deutschen Soldaten völlig aus.


    Ich schlage vor, den Blick wieder auf den Kurlandkessel zu richten.


    In der Divisionsgeschichte der 290. I.D., die „ungeschlagen“ kapitulierte, wird die Erfahrung und Kampfkraft der Soldaten, die teilweise zwei russische Winter durchlitten hatten, besonders herausgestellt.

    Der Nachschub über die Ostsee funktionierte noch.
    Ich denke, einerseits war die Heeresgruppe Nord eine harte Nuss für die Rote Armee. Andererseits war der Kampf um Berlin und das schnelle Vorrücken auf die Westalliierten wichtiger als ein Stellungskrieg in Kurland.


    Beste Grüße,

    Justus

  • Hallo Leute,

    erst nochmal danke für die vielen Beiträge und Hinweise; die zeigen, dass da doch einige möglicherweise auch nicht ganz geklärte Fragen drinstecken, für mich ein interessantes und in gewisser Weise - bezogen auf das letzte Kriegshalbjahr - auch einmaliges Phänomen.

    Jedoch empfinde ich den Raum, der dem Schörner in den Beiträgen eingeräumt wird, unangemessen groß.

    Paul, der Thread ging ab einem gewissen Punkt in diese Richtung, wobei es nicht meine Absicht war, vorrangig über Schörner zu diskutieren. Er gehört allerdings zum Thema "Kurland", das ist ja unbestritten.

    Ich schlage vor, den Blick wieder auf den Kurlandkessel zu richten.

    Justus, das ist auch ganz meine Meinung! Wie gesagt, trennen kann man es nicht wirklich, und ich fand alle hier vorgetragenen Ausführungen zu Schörner höchst interessant, aber mir geht es schon um die Ereignisse in Kurland als solche, im Ganzen, und gerade auch die Zeit nach Schörner betreffend.


    Andererseits war der Kampf um Berlin und das schnelle Vorrücken auf die Westalliierten wichtiger als ein Stellungskrieg in Kurland.

    Das ist wohl grundsätzlich schlüssig, aber immerhin gab es ja dann doch noch drei weitere Kurlandschlachten - die Frage ist wirklich, ob das nur gewissermaßen Pflichtübungen waren, um nicht sagen zu müssen, man hätte nix mehr gegen die Heeresgruppe Kurland unternommen; oder ob es doch ernst gemeinte Versuche gewesen sind, mit entsprechendem Menschen- und Materialeinsatz, die eingeschlossenen Truppen zu vernichten.

    Ich glaube schon, dass die zweite Alternative zutrifft, denn der Aufwand der Sowjets war doch erkennbar erheblich. Umso erstaunlicher bleibt dann doch die Tatsache im Raum stehen, dass die Heeresgruppe durchgehalten hat, auch noch während der letzten Wochen.

    Herzliche Grüße

    Eberhard

    Suche alles über die 101. Jägerdivision.

  • Guten Abend,


    natürlich gehörte Schörner in seiner Eigenschaft als Oberbefehlshaber in Kurland zum damaligen Geschehen dazu, aber auch nicht mehr.
    Die RA hatte sicherlich die Aufgabe die eingeschlossen Wehrmachtsdivisionen in einem defensiven Modus zu halten, also jede Offensivoperation zu verhindern. Die Vorbereitungen der Weichsel-Oder-Operation bzw. die Operation selber durfte nicht gestört werden, dies galt letztlich auch für den Angriff auf Berlin.

    Weder durch einen Angriff aus dem Kessel heraus, noch durch Auflösung des Kessels und Abzug der erfahrenen Divisionen zur Oderfront. Die Divisionen laufend zu beschäftigen verhinderte jede Offensive und untermauerte gleichzeitig die Annahme (Illusion?), man würde durch die Kurland-Armee große Feindkräfte binden.

    Beste Grüße


    Paul


    G-W-G'

  • Hallo,

    Weder durch einen Angriff aus dem Kessel heraus, noch durch Auflösung des Kessels und Abzug der erfahrenen Divisionen zur Oderfront. Die Divisionen laufend zu beschäftigen verhinderte jede Offensive und untermauerte gleichzeitig die Annahme (Illusion?), man würde durch die Kurland-Armee große Feindkräfte binden.

    siehe hierzu meinen vorstehenden Beitrag:

    Die Soldaten im Kessel waren trotzdem gebunden und fielen für Angriffsunternehmen aus, dazu noch Selbstversorger in einem großen

    "Gefangenenlager" .

    Gruß Karl

  • Hallo Karl,


    danke für den Rückverweis auf Deinen Beitrag, der den Charakter des Kurland-Kessel auf den Punkt bringt.

    Meinerseits wollte ich nochmals herausstellen, dass es für die RA auch bedeutsam war, die dortigen Divisionen dort in Kessel zu belassen.
    Du schreibst völlig zu recht: Gefangenenlager in Selbstversorgung.


    Beste Grüße


    Paul


    G-W-G'

  • Hallo

    ,

    wie schon im Thread erwähnt, wurden Anfang 1945 einige Divisionen aus dem Kurland-Kessel über See verlegt.

    Mir sind die 215. ID gekannt, die in Westpreussen/Raum Danzig zum Einsatz kam und die 281. ID in Pommern.

    Welche und wieviele Divisionen wurden ingesamt aus dem Kurland-Kessel "ausgeschifft"?

    Über welchen Zeitraum erstreckte sich die Verlegung, wurden die Einheiten mit ihrem kompletten Material verlegt oder verblieb das meiste in Kurland?

    Wurden die Divisionen aufgefrischt, bevor sie dann erneut zum Einsatz kamen, wie lange dauerte ggfs. eine Auffrischung?

    Gab es Verluste z.B. durch Versenkung von Schiffsraum bei der Verlegung über die Ostsee?

    Mich interessiert dieser Aspekt, da man daraus im gewissem Umfang durchaus Schlüsse ziehen könnte, was eine hypothetische komplette Räumung des Kessels angeht.

    Viele Grüsse

    Hubert

  • Hallo Hubert,

    als gute Quelle sind die dt./russ. Scanns der KTB´s HGr.Nord, bzw Kurland nutzbar. Der Link ist auch hier im Forum einsehbar. Da nicht grundsätzlich mein Recherchegebiet, habe ich mir

    nur die Daten der 23.ID notiert/ heruntergeladen.

    In den KTb´s werden auch Einheiten/ Verbände genannt (nicht alle), ebenso Schiffsverluste bei Libau und Windau.

    Gruß

    Dieter

  • Hallo,

    was ich bis jetzt herausgefunden habe, sind lt. Haupt ,,Kurland 1944/1945-Die vergessene Heeresgruppe" folgende Einheiten/Verbände im Oktober 44 nach der 1. Kurlandschlacht abtransportiert worden. Restteile der 58. u. 61. Infantriedivision, die Panzergrenadier-Division ,,Großdeutschland" sowie das Generalkommando des 39. Panzerkorps. Nach der 2. Kurlandschlacht, ebenfalls im Oktober 44 der Stab und Armeetruppen der Armee-Abt. Kleffel .sowie nicht mehr erforderliche Bodenkommandos der Luftwaffe. Im Zeitraum vom 24.09.-25.11.1944 wurden 69409 Soldaten, 68562 Verwundete, 7558 lettische Rekruten, 3108 lettische u. estnische Soldaten, 5809 OT-Männer, 75319 evakuierte Balten und 1791 evakuierte Russen überwiegend über den Seeweg abtransportiert. Wobei ich mich frage, warum die lettischen Rekruten nicht innerhalb des Kessels ausgebildet wurden. Im Januar 1945 erfolgte der Abtransport der 4. PD, der 32. ID, Teile der 227. ID, der 218 ID, der 389. ID, der 15. Waffen-Grenadier-Division der SS,,Lettland" und des Generalkommando des III. SS-Panzerkorps. Am 08.05.45 erfolgte die Einschiffung der 14. PD, der 11. u. 126. ID. Zusätzlich sollen lt. Haupt noch pro Division 125 Wehrmachtsangehörige abtransportiert worden sein.

    MfG Wirbelwind

  • Hallo Wirbelwind,

    man hat das mit allen "Fremdtruppen" so gemacht. Z. B. die Wlasso -Truppen hat man ins württembergische,mitten auf die Schwäbisch Alb, auf den Truppenübungsplatz Münsingen verlegt, dami man sicher war, dass sie "bei der Stange" bleiben.

    Gruß Karl

  • Hallo Wirbelwind,

    die Wehrmachtsführung war sich auf Grund der vielen Desertationen, z.T. kompanieweise nicht sicher, ob die Zuverlässigkeit an der Front durch die Soldaten der balt. Länder (auch der anderen

    fremdländischen Einheiten) gegeben war.

    In der Ukraine wurden die Turk-Soldaten waffenlose Bausoldaten, auch bei den Esten, Letten war es ähnlich (zur Auffrischung ins Reich !!). Wie es genau bei den Litauern war, entzieht sich meiner

    Kenntnis.

    Von den estn. Soldaten, die sich nach Ösel zurückgezogen hatten, befürchtete die Führung einen Aufstand, bzw. das die Esten desertieren. Sie wurden im Oktober 44 nach Windau transportiert,

    von dort zur Auffrischung ins Reich.

    Grundsätzlich gehe ich davon aus, daß nach Verlust der heimatlichen Front und in der Kenntnis der ständigen Rückzüge der Kampfeswille bei diesen Soldaten mehrheitlich nicht mehr vorhanden war

    (ähnlich in den KTB´s).

    Gruß

    Dieter

    Ps. In der Aufzählung fehlt noch die Restteile der 23.ID, die nach dem Rückzug von Ösel über Windau in den ersten Tagen des Dezembers 44 zur Auffrischung per Schiff nach Danzig transportiert wurden.

  • Hallo,

    anhand der Informationen von wirbelwind habe ich mir die Phase Anfang 1945 Jan/Feb. angeschaut.

    Immerhin 6 Divisionen und eine Brigade wurden aus Kurland verlegt, hauptsächlich in den Raum Westpreussen/Danzig zur 2. Armee. (Quelle: LdW)

    Die Reste der 15. lett. SS Waffengrenadier-Divison müssen schon im Herbst 1944 verlegt worden sei. Sie befand sich lt. LdW schon im Dezember 44 in Westpreußen in der Neuaufstellung.

    Bei der 218. ID muss es sich um einen Zahlendreher handeln, sie kämpfte bis Kriegsende in Kurland. Wahrscheinlich ist die 281. ID gemeint.


      Armee Korps Verl. Einsatz Armee Korps    
    215. ID 16. XXXVII. Feb Westpreussen 2. XVIII.    
    389. ID 16. L.
    Jan Westpreussen 2. VII.    
    4. PD 16. IV. SS Jan Westpreussen 2. VII.    
    4. SS PG Brig. Nederland 18. III. SS Pz.K. Jan Aufstellung 23. SS PG Div. "Nederland" im Raum Stettin        
    32. ID 18. I. Jan Westpreussen 2. XVIII.    
    227. ID 16. IV. SS Jan Westpreussen 2. XXVII.    
    281. ID 16. XVI. Jan Pommern 3. Pz. III. SS

    Viele Grüsse

    Hubert

    Edited 2 times, last by Mump: Korrektur Rechtschreibfehler (July 2, 2020 at 8:29 AM).

  • Hallo zusammen,

    auf der Seite der Württemb. Landesbibliothek ist eine Aufstellung der grösseren Schiffsverluste in der Ostsee 1944/45:

    https://www.wlb-stuttgart.de/seekrieg/ksp/ostsee/schiffe.htm

    Folgende Verluste stehen in Verbindung mit Transporten ab dt. Ostseehäfen von/nach Kurland:

    Auszug wlb:

    30.10.1944

    Fünf sowjet. Flugzeuge schießen mit Bomben den Transporter BREMERHAVEN (5356 BRT) auf dem Weg von Windau nach Gotenhafen kurz vor dem Ziel in Brand. Von 3171 Passagieren (darunter 1515 Verwundete) und 45 Mann Besatzung können 2795 gerettet werden. 410 Menschen verlieren ihr Leben.

    17.2.1945

    Bei einem Bombenangriff geht der KM-Transporter EIFEL (1429 BRT) mit 923 Soldaten an Bord vor Libau unter. Nur 138 Menschen können gerettet werden.

    23.2.1945

    Ein Torpedotreffer des sowj. U-Bootes S-4 ( ) versenkt den mit 1500 Heeressoldaten voll belegten Transporter GÖTTINGEN (6200 BRT) auf der Fahrt von Stettin kurz vor Libau. Etwa 1000 Soldaten können von den Geleitbooten übernommen werden, etwa 500 überleben den Angriff nicht.

    16.4.1945

    Am selben Tag wird der KM-Transporter CAP GUIR (1536 BRT) Opfer eines Flugzeugangriffs auf Libau. Das Schiff wird vollkommen zerstört, 770 Menschen finden bei diesem Angriff den Tod.

    Dort sind nur die Schiffsverluste mit einer großen Anzahl an Toten aufgeführt, gibt es eine vollständigere Aufstellung?

    Im Zeitraum Januar - Anfang Februar , als insgesamt 6 Divisionen über die Ostsee evakuiert wurden - vermutlich in der Masse nach Danzig / Gotenhafen - sind keine größeren Schiffsverluste verzeichnet.

    Viele Grüsse

    Hubert

  • Hallo Hubert,

    bei wlb-stuttgart sind, wie Du richtiger Weise bemerkst, nur die Schiffsverluste mit hohen Verlusten genannt. In den KTB´s der KM und auch der HGr.Nord/ Kurland werden weitere Schiffe

    genannt, auch die Transportschiffe mit Munition, Treibstoff usw.

    Eine "Liste" (für Libau/ Windau) kenne ich nicht, dafür müßten die KTB´s durchgesehen werden.

    Gruß

    Dieter

  • Hallo Hubert,

    Immerhin 6 Divisionen und eine Brigade wurden aus Kurland verlegt

    Die 93.ID wurde auch Anfang Februar 45 von Kurland nach Ostpreußen in die Samlandfront verlegt.

    Grüße

    Fredy

    Suche alles auf die Grenadier-Brigade-Cottbus (aus den Ersatztruppen "Großdeutschland")

  • Hallo,

    EMIL1915 Danke für die Ergänzung.

    Eine weitere Division wurde Ende Januar aus Kurland verlegt:

    Die 11. SS-Panzergrenadier-Div. "Nordland" (18. Armee, III. SS. Korps) , verschifft Ende Januar ex Libau nach Stettin.

    Sie kam dann beim Unternehmen "Sonnenwende" Mitte Februar in Pommern zum Einsatz, kämpfte anschliessend an der Oderfront und kam in die Endkämpfe um Berlin.

    Damit erhöht sich die Zahl der im Januar / Anfang Februar aus Kurland abtransportierten Großverbände auf 8 Divisionen + 1 Brigade.

    Gruss

    Hubert

  • Hallo Hubert,

    als "Großverbände" würde ich die meisten der genannten 8 Divisionen nicht nennen, bestanden sie doch aus Resten, z.B. die 23.ID.

    Klar, ein Divisionsfähnchen auf der Karte macht sich immer gut, Kampfkraft hin oder her (es müßten die Anzahl der abtransportierter Soldaten/ Divison genannt werden falls möglich

    und dann ins Verhältnis zu einer "Division" gesetzt werden).

    Gruß

    Dieter

  • Hallo,

    es ist doch immer wieder interessant zu verfolgen, was hier von den einzelnen Mitgliedern des Forums zusammengetragen bzw. ergänzt wird. So rundet sich das Bild zur Heeresgruppe ,,Nord"/,,Kurland" immer mehr.

    Was im Thread zu den Rekruten aus dem Baltikum geschrieben wurde, kann ich nachvollziehen. Was mir bisher fehlt, ist die Rolle der ,,Waldbrüder", die ja als Partisanen gegen die sowjet. Besatzung seit 1940 Widerstand leisteten. Haupt schreibt zwar nichts zu diesen Partisanen, die ja von der Sache her genauso wie die Wehrmacht gegen die RA kämpften, erwähnt aber sowjetische Partisanen im Kurlandkessel. Wie verhält es sich damit? Gegen Ende der Kämpfe sollen die Partisanen sehr aktiv geworden sein.

    MfG Wirbelwind