Die Dotationen des "Führers"

  • Tag allerseits,

    Hitler verstand sich selbst in der Tradition früherer (absoluter) Herrscher, die ihre Untertanen nach Gutdünken mit Geschenken bedachten. Den Anfang machte er mit dem 85-jährigen Reichspräsidenten. „Anlässlich des Ehrentages von Tannenberg am 27. August 1933“ erhielt von Hindenburg „als Gabe des deutschen Volkes“ die „Befreiung von Reichs- und Landessteuern aufgrund eines Reichsgesetzes und die erhebliche Vergrößerung des Rittergutes Neudeck“, das sich dadurch fast verdoppelte.

    Die letzte Symbolfigur des Ersten Weltkriegs bekam eine preußische Domäne samt 3.500.000 RM Instandsetzungskosten und Steuerbefreiung geschenkt.

    Für die Dotationen stand dem "Führer" der Reichsminister Dr. Lammers jeweils diensteifrig zur Verfügung. Es ging bei diesen Dotationen insgesamt um mehrstellige Millionenbeträge. In der Nachkriegszeit wurde dieses Thema von der Presse kaum behandelt.

    In den nach 1945 veröffentlichten Memoiren und Lebensläufen von Generalen der Wehrmacht wurden erhaltene Dotationen vielfach verschwiegen.

    Es lohnt sich, dieses Thema fortzusetzen, denn die Generalität unter Hitler ließ sich praktisch bis zu den letzten Monaten des Krieges vom "Führer" reichlich "beschenken".....

    Grüße

    Bert

  • Tag allerseits,

    interessant ist schon, wie sich die Dotationen steigerten. Dazu die ZEIT in ihrem Artikel des Jahres 1997:

    Am 10. März 1935 wurde entschieden, Mackensen das aus Beständen des preußischen Domänenbesitzes entnommene Gut Brüssow in der Uckermark zu übertragen. Es war fast 1250 Hektar groß, hatte rund 4000 Morgen Nutzfläche, ein schönes Herrenhaus, drei Vorwerke, einen See von rund 300 Morgen, einen Wald von 150 Morgen, eine Belegschaft von rund 200 Personen.

    Etwa seit 1938 begann sich die Dotationsspirale immer schneller zu drehen. Waren es zunächst kleine Mitarbeiter des Generalbauinspektors Albert Speer, die zwischen 500 und 1000 Reichsmark Dotation erhielten, so sind es in den Jahren seit 1940 Reichsminister, Generalfeldmarschälle und Künstler, die zwischen 250 000 und über eine Million einstreichen durften. In den über 130 von mir festgestellten Einzelaktionen steigen die Höhe der Dotationen und der Rang des Empfängers stetig.

    Grüße

    Bert

  • Lieber Bert,

    nur nebenbei: Dotationen sind keine Erfindung von A.H. sondern diese gab es sowohl im Altertum ( Altersruhesitze/Länderein ect.) welche oft dazu dienten erobertes/besetztes Land an verdiente Miltärs zu vergeben um es auch sicher zu besiedeln. Selbst langgediente Legionäre des "alten Roms" erhielten Ländereien, sozusagen als Altersrente.

    Napoleon bedachte seine Offiziere nachhaltig mit Titeln und Dotationen. Mit seinem Dekret vom 30.07.1807 in Tilsit vergab er an 27 Marschälle und Generale Landbesitz in Polen im Gesamtwert von 26,5 Millionen.

    "Pecunia non olet" Geld stinkt nicht und Ländereien sind ( so die Annahme der Bedachten) noch sicherer.

    Gruß Karl

    Edited once, last by Karl Grohmann (January 23, 2020 at 8:09 PM).

  • Lieber Karl,

    danke für Deine Ergänzung. Die im Rahmen von absoluten Monarchien herrschenden Despoten aller Jahrhunderte benötigten natürlich keine Rechtsvorschriften für ihre Dotationen. Der "Führer" in seiner Großmannsucht übernahm diese Vorgehensweise. Sein stets zu Diensten stehender Reichsminister Dr. Lammers sorgte im Rahmen der Führung des Reichshaushalts für die nötigen Mittel. Rechtsvorschriften

    für diese Dotationen sind mir jedenfalls bisher nicht bekannt geworden.

    Geradezu peinlich empfindet man es heute, wie ein an sich anständiger General (Beispiel von Leeb) nach der ersten Dotation Bettelbriefe an Dr. Lammers schreibt und um weitere Dotationen bittet, die ihm dann

    vom "Führer" auch bewilligt werden. Das war aber in der Tat kein Einzelfall. Auch für die damalige Generalität galt wohl der Spruch: Geld verdirbt den Charakter!

    Grüße

    Bert

    Edited once, last by Jahrgang39 (January 24, 2020 at 10:05 AM).

  • Hallo zusammen,

    das unwürdige Betteln um Dotationen wurde wohl umso schmieriger, je näher das Ende des Krieges rückte.

    So machte Herr Keitel 1944 ziemlichen "Druck" um die Fläche seines Landguts Lamspringe verdoppelt zu bekommen . Besonders peinlich ein Herr Ramcke, der sich - im August/September 1944 eingeschlossen als Kampfkommandant in Brest - nicht scheute, den Funkverkehr zwischen Atlantikküste und Berlin für seine drängenden, dreisten Bitten um einen "Erbhof" zu okkupieren.

    Beste Grüsse

    Ingo

  • Hallo lieber Bert und Ingo,

    Hitler vergab Dotationen nicht nur an Militärs, sondern auch an andere Personen*, die er glaubte begünstigen zu müssen und/oder sie dadurch zum " Werkzeug" zu machen oder wie Wikipedia schreibt " an sich zu binden"..

    In der Regel gab Hitler die Aufträge mündlich über seinen Adjutanten an die Reichskanzlei, dort veranlasst deren Chef, Lammers, die Auszahlung durch Kassenanweisung oder Scheck, je nach Wunsch Hitlers. Letztere unterschrieb Hitler in einigen Fällen selbst.

    Gruß Karl

    Akten über Dotationen liegen im BA unter R 43 II/985, 985 a - c, 986 , 1087 u. a.

    * Schenkung eines Grundstücks samt Haus an Bildhauer Arno Breker.

  • Lieber Karl, lieber Ingo,

    eine "weites Feld" ist dieses Thema! Natürlich waren auch z.B. Künstler, wie Bildhauer und Maler, die mit Dotationen bedacht wurden, Teil des Geschäfts von Hitler und seinem Minister Dr. Lammers.

    Fürs Erste sollten wir thematisch bei der Wehrmacht bleiben und zwar vor allem bei der Generalität.

    Dazu die taz:

    Wer veranlasste eine Dotation? Fürsprecher aus Partei und Armee, Hitler selbst und die Empfänger. Betteln war salonfähig, zumal es meist unter der Hand geschah. Wenngleich die meisten Schenkungen über den Chef der Reichskanzlei liefen, war die Vergabepraxis unübersichtlich und oft zufällig.

    Wie verhielten sich die Empfänger? In der Studie werden nur sehr wenige vermerkt, die wenigstens Skrupel empfunden haben, eine Dotation anzunehmen; zu ihnen zählen Generalfeldmarschall Erwin Rommel und General Kurt Zeitzler. Die Mehrzahl hat nicht nur freudig angenommen, sondern oft noch Bedingungen gestellt oder gar mehr verlangt.

    Neben den alten Kampfgenossen wurden Politiker und Parteiführer meist mit Geld bedient. Auch Künstler wurden dotiert, wie der Fall Arno Breker zeigt. Breker erhielt auf intensives Betreiben Albert Speers nicht nur ein ausgebautes schlossartiges Anwesen mit Park im Wert von mehr als einer halben Million Reichsmark, sondern ihm wurden auch noch Steuerschulden erlassen, obwohl er sich zur Zeit des Dritten Reichs nicht über Mangel an Aufträgen beklagen konnte.


    Quelle: https://taz.de/!1233063/

    Grüße

    Bert

  • Die im Rahmen von absoluten Monarchien herrschenden Despoten aller Jahrhunderte benötigten natürlich keine Rechtsvorschriften für ihre Dotationen. Der "Führer" in seiner Großmannsucht übernahm diese Vorgehensweise.

    Hallo Bert,

    diese Aussage ist so sicherlich nicht haltbar, denn für die Dotationen an

    HINDENBURG und MACKENSEN existieren sogar einschlägige Reichsgesetze.

    Ebenso für die Frage der Steuer- und Abgabenbefreiung.

    Für spätere Zuwendungen wurden zumindest Kabinettsbeschlüsse herbeigeführt.

    Es ist sowieso interessant, wie bei dieser "Handlung nach Gutsherrenart" immer

    wieder in kleingeistigen Bürokratismus verfallen wurde.

    Wären die Zuwendungen beispielsweise nicht so gut dokumentiert worden, hätten

    sich UEBERSCHÄR/VOGEL bei ihren Recherchen erheblich schwerer getan.

    Und auch über banale Randbedingungen machte man sich schwerwiegende

    Gedanken, wie mancher Schriftverkehr beweist: So bemängelt die Reichskanzlei

    am Beispiel der Übereignung des Guts Deipenhof an Generaloberst GUDERIAN,

    dass die Form der Übergabe vor dem Amtsgericht in Form eines "Überlassungs-

    vertrages mit Auflassung" dem Gedanken der Zuwendung einer "Dotation des

    Führers" in keiner Weise gerecht würde.

    Gruß

    Rudolf (KINZINGER)

  • Grüß Dich Rudolf,

    danke für Deine Ergänzungen. In einem Rechtsstaat hätte man für solche Zuwendungen eine Rechtsgrundlage benötigt. Im NS-Staat genügte das Handeln nach Gutsherrenart und vielleicht

    gelegentliche Kabinettsbeschlüsse. Wie schon von Dir angesprochen: Wenigstens waren auch unter Hitler und Dr. Lammers eifrige Bürokraten am Werke, die alles gewissenhaft erfassten. Und im Übrigen: Der Reichstag, der für eine solche Gesetzgebung eigentlich zuständig gewesen wäre, trat vor allem während des Krieges kaum noch in Erscheinung


    Wer auch noch alles für Donationen in Betracht kam beschreibt der SPIEGEL:

    Hitler versorgte alte Freunde und verdiente Parteigenossen. Er bezahlte die Schulden des deutschen Botschafters in Moskau, Friedrich Werner Graf von der Schulenburg, und schenkte Ministern wie Hans Heinrich Lammers, dem Leiter der Reichskanzlei, Jagdhäuser, Bargeld oder kostbare Gemälde.

    Mitunter übte er verblüffende Milde gegen ausgewählte Gegner, etwa gegen den ehemaligen Reichstagspräsidenten Paul Löbe (SPD), dessen Pension er aufstockte. Es gehe nicht, "dass einer verhungern muss, nur weil er mein Gegner war", rechtfertigte er die seltsame Großmut.

    Quelle:

    https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14937187.html


    Grüße

    Bert

    Edited once, last by Jahrgang39 (January 24, 2020 at 3:09 PM).

  • Hallo zusammen,

    zum Thema " Dotationen" habe ich im Anhang einmal einen Ausschnitt aus dem Hamburger Anzeiger vom 28.08.1933,in welchen deren Stellenwert in der preußischen Geschichte als "besondere Nationalehrung" beschrieben wird.

    Allein aufgrund dieser alten Tradition sollte es auch keinesfalls verwundern,dass Adolf Hitler diese ebenfalls weitergeführt hat.

    Während seiner gesamten Herrschaft erhielt Hitler allerdings selbst auch hohe Dotationen.So wurden ihm z.B. als Geschenk zu seinem Geburtstag am 20.April 1944 knapp über 2 Millionen Reichsmark ,welche vom I.SS Panzer Korps gesammelt wurden,vom Obersturmbannführer Max Wünsche übergeben.(Quelle:Norbert Számvéber - Waffen SS Armour in Normandy)


    Gruss Chris

  • Tag allerseits,

    natürlich war auch der "Führer" ein Absahner. Die NSDAP sorgte dafür, dass er für sein Einkommen und seine Einnahmen aus "Mein Kampf" praktisch keine Steuern zahlen musste. Und zusätzlich ließ sich der "Führer" auch noch mit Dotationen "beschenken".

    Der "Führer" war eindeutig vermögend. Dazu:

    https://www.stern.de/wirtschaft/gel…n--7523630.html

    Natürlich erfuhr das "gemeine Volk" des NS-Staates von solchen Dingen kaum etwas. Man trimmte das Volk vielmehr auf "völkische Verbundenheit". Deshalb löffelten die damaligen Volksgenossen des NS-Staates

    auf Anweisung brav Eintopf, weil dies ja auch der "Führer" immer wieder tat. Und zusätzlich wurden die Volksgenossen bis zum bitteren Ende des Krieges immer wieder zu Spenden aufgerufen. Aber noch in den

    letzten Kriegsmonaten bekamen Generale und sonstige hervorgehobenen Personen millionenschwere Dotationen.

    Grüße

    Bert

  • Lieber Bert, hallo Interessierte,

    ich habe gerade diesen sehr interessanten Thread durchgelesen.

    Es wurde ja schon angesprochen - solche Dotationen waren sicherlich nix Neues, es gab sie wohl schon immer in der Geschichte oder immer wieder. Als Ausdruck der Anerkennung, auch.für besonders herausragende Leistungen.Güter und Schlösser waren keine Seltenheit, da die herrschenden Adelshäuser meist über sehr viel Grund verfügten.

    Bismarck beispielsweise bekam Friedrichsruh von den Hohenzollern geschenkt, um nur mal ein sehr bekanntes Beispiel zu nennen.

    In Zeiten der Republik ist das etwas anders geworden, weil sich auch die Besitzverhältnisse anders darstellten. Da stehen dann mehr Geldbeträge im Vordergrund, oder Staatsbesitz wird verschenkt, dann braucht es ein Gesetz, eine Verordnung, oder "der Minister muss mitspielen".

    Aber auch das Ersuchen um solche Dotationen war nicht neu, wenn es auch, wie beschrieben, im Laufe dws Krieges wohl sehr ausgeufert ist. Das ist natürlich problematisch - das Volk isst "mit dem Führer Eintopf", die Paladine feilschen um Güter, Schlösser, hohe Geldsummen...

    Schon Walther bat seinen König seinerzeit um ein Lehen:

    " Von Rome Voget, von Pülle künic, lat iuch erbarmen, / daz man bi richer kunst mich lat alsus armen./ gerne wolte ich, möchte es sin, bi eigenem fiur erwarmen"...

    (Walther von der Vogelweide, L 28,1).

    Resümee: Es wiederholt sich Vieles in der Geschichte...

    Herzliche Grüße

    Eberhard

    Suche alles über die 101. Jägerdivision.

  • Lieber Eberhard,

    Von Rome Voget, von Pülle künic, lat iuch erbarmen, / daz man bi richer kunst mich lat alsus armen./ gerne wolte ich, möchte es sin, bi eigenem fiur erwarmen"...

    (Walther von der Vogelweide, L 28,1).

    ......jetzt hast Du aber in die Geschichtskiste gegriffen...mein lieber Mann, da muss man erst mal drandenken!

    Grüße von Karl