• Hallo,

    ich suche seit über einem Jahr meinen verschollenen Großvater. Dazu habe ich viele Leute befragt, inkl. untereinander verstrittene Familienmitglieder, was sehr viel Fingerspitzengefühl bedurfte.

    Herauskristallisiert hat sich Folgendes:

    - geboren als Volksdeutscher in Kroatien

    - hatte Tätowierung (SS)

    - ist zwischen Januar und April 1945 in Pommern Höhe Tempelburg desertiert

    - hat in Klaushagen bei Tempelburg auf (nun-)polnischem Gut gearbeitet und sich vermutlich als versprengter, minderjähriger Slawe namens Adam ausgegeben (er konnte ja kroatisch und sich so gut mit Polen verständigen)

    - auf Gut hat er meine Großmutter kennengelernt, die dort als Deutsche Zwangsarbeit verrichten musste

    - 1947 haben die beiden unverheiratet meinen Vater bekommen, Adam steht nicht in seiner Geburtsurkunde

    - im September 1947 zusammen aus Pommern vertrieben worden

    - im November 1947 in Sachsen verschwunden

    Nun zu meinen Fragen:

    1. Da es sicherlich bemerkt wurde, dass mein Großvater in der Kompanie fehlte, muss dies ja dokumentiert worden sein? Wenn ja, wo befinden sich Dokumentationen dieser Art?

    (Ich hege den Verdacht, dass er bei der SS-Division „Nordland“ war, denn diese war Mitte/Ende 1943 in Kroatien und wurde mit u.a. kroatischen Volksdeutschen ergänzt. Danach wurde die Division an die Narwa-Front versetzt und war dann ab 1945 auf dem Rückzug nach Westen, also durch Pommern Richtung Berlin.)

    Ich habe mich ein wenig mit der Desertion im 2.WK beschäftigt, ich konnte aber bisher nur erfahren, welche Strafen drohten, wenn man erwischt wurde.

    2. Was geschah mit Personen, die nicht gefasst wurden? Da mein Großvater auch nach Ende des Krieges seinen wahren Namen gegenüber deutschen Behörden nicht nannte, gehe ich davon aus, dass man fürs Desertieren auch nach dem Krieg bestraft werden konnte, oder? Wie lang dauerte diese Periode?

    Vielen Dank für Antworten.

    Gruß

    Angus

    Suche nach Adam Grosz, geb. wahrscheinlich 21.06.1925 als Volksdeutscher in Kroatien. Wurde wohl nach Deutschland vertrieben und diente bei der SS. Spurlos verschwunden im Nov. 1947.

  • Hallo,

    Da mein Großvater auch nach Ende des Krieges seinen wahren Namen gegenüber deutschen Behörden nicht nannte, gehe ich davon aus, dass man fürs Desertieren auch nach dem Krieg bestraft werden konnte,

    nach WK II wurde man im Prinzip nicht mehr für Desertion bestraft. Allerdings gab es direkt nach Kriegsende noch Verurteilungen zum Tod für Desertion durch einige sehr eifrige Wehrmachtsrichter.

    Da mein Großvater auch nach Ende des Krieges seinen wahren Namen gegenüber deutschen Behörden nicht nannte,

    Das kann auch andere Gründe gehabt haben, wie Teilnahme an Kriegsverbrechen oder einfach unter einem anderen Namen neu anfangen.

    Gruss

    Rainer

    Suum cuique

  • Hallo,

    Quote


    - geboren als Volksdeutscher in Kroatien

    er könnte auch aus Angst vor einer Auslieferung an Jugoslawien seine Identität verschleiert haben.

    Grüße

    Thilo

    Suche alles zur Lehrtruppe Fallingbostel und zum Einsatz des NSKK in der Ukraine 1941

  • Hallo Angus,

    Du schreibst im Eingang:

    - im November 1947 in Sachsen verschwunden

    So geschrieben vermutest Du ihn oder seine Spuren noch immer in Sachsen. Vielleicht sollte es besser heißen: "aus Sachsen" verschwunden. Aufgrund seines etwas komplizierten Lebenslaufs dürfte er - nicht unberechtigt - Angst vor einer Auslieferung aus der sowjetischen Besatzungszone an Jugoslawien gehabt haben. Sich in die Westzonen abzusetzen dürfte die sicherere Variante gewesen zu sein. Vermutlich hatte er damals bereits eine neue Identität angenommen. Als Volksdeutscher wurde er in den Westzonen als Flüchtling / Vertriebener anerkannt und sicherlich nicht in die Heimat zurück geschickt. Waffen-SS, nun ja, kleines Licht, zwangsrekrutiert, da wurde nicht viel Aufhebens gemacht, gab es doch von ihnen Zehntausende.

    Gruß

    Paul


    G-W-G'

  • ... ich suche seit über einem Jahr meinen verschollenen Großvater... ... hat in Klaushagen bei Tempelburg auf (nun-)polnischem Gut gearbeitet und sich vermutlich als versprengter, minderjähriger Slawe namens Adam ausgegeben (er konnte ja kroatisch und sich so gut mit Polen verständigen) ... ... im September 1947 zusammen aus Pommern vertrieben worden ... ... im November 1947 in Sachsen verschwunden ...

    Hallo,

    hattest Du während Deiner Suche schon Kontakt zu der Dokumentationsstelle der Stiftung Sächsische Gedenkstätten? Es besteht ja auch die Möglichkeit, dass die falsche Identität und eine mögliche Zugehörigkeit Deines Großvaters zur SS bei der Vertreibung aus Polen bzw. bei seiner Einreise nach Deutschland von den Behörden der Besatzungsmächte aufgedeckt wurde und er daraufhin z.B. in einem sowjetischen Speziallager in Haft oder in eines der Internierungslager kam? Das Dokumentationszentrum unterhält mehrere Datenbanken, vielleicht ist er dort verzeichnet? Du kannst dort ggf. auch einen Antrag auf Schicksalsklärung stellen: https://www.stsg.de/cms/dokstelle/…tschen-buergern

    Gruß, J.H.

  • Hallo,

    hattest Du während Deiner Suche schon Kontakt zu der Dokumentationsstelle der Stiftung Sächsische Gedenkstätten? Es besteht ja auch die Möglichkeit, dass die falsche Identität und eine mögliche Zugehörigkeit Deines Großvaters zur SS bei der Vertreibung aus Polen bzw. bei seiner Einreise nach Deutschland von den Behörden der Besatzungsmächte aufgedeckt wurde und er daraufhin z.B. in einem sowjetischen Speziallager in Haft oder in eines der Internierungslager kam? Das Dokumentationszentrum unterhält mehrere Datenbanken, vielleicht ist er dort verzeichnet? Du kannst dort ggf. auch einen Antrag auf Schicksalsklärung stellen: https://www.stsg.de/cms/dokstelle/…tschen-buergern

    Gruß, J.H.

    hallo johann,

    ja, ich habe schon einen antrag beim dokumentationszentrum dresden gestellt - sie konnten nichts finden. er nannte sich ggü. polnischen und deutschen behörden „adam stusnat“, er sei auch 1927 in insterburg/ostpreußen geboren. das stimmt nachweislich nicht.

    er wurde - da er zwei uneheliche kinder mit meiner großmutter gezeugt hat - bis in die 1960er polizeilich in den ost- und westzonen gesucht (wegen unterlasssener unterhaltszahlung). natürlich haben sie ihn nicht gefunden, da der name ja nicht stimmt.

    beim archiv stettin und archiv köslin kennen sie ihn auch nicht, obwohl er sich zweieinhalb jahre in pommern aufhielt. es existiert auch nichts bei der stasi-behörde.

    ich denke auch, dass er „in den westen abgehauen“ ist und sich noch einmal umbenannt hat. das ist natürlich nicht hilfreich, was mich aber zur nächsten frage bringt:

    wie war das dann eigentlich, wenn so ein flüchtling 1947 vom osten in den westen ankam? das ist zwar nichts militärisches, aber registriert musste das doch werden. es gab ja auffanglager...gibt’s dazu auch akten im bundesarchiv?

    gruß

    angus

    Suche nach Adam Grosz, geb. wahrscheinlich 21.06.1925 als Volksdeutscher in Kroatien. Wurde wohl nach Deutschland vertrieben und diente bei der SS. Spurlos verschwunden im Nov. 1947.

  • hallo dr. rudolf,

    ich weiß nicht, wie die gefechtslage aussah, als er desertierte, ich weiß nur, dass er zusammen mit einem kumpel in ein verlassenes haus spazierte und die beiden ihre uniformen auf bügel und in einen schrank hängten. sie zogen sich mit zivilen, herumliegenden sachen an und dann trennten sich ihre wege. der kumpel hieß karl-heinz schmidt (oder ein ähnlicher allerweltsname) und er wollte direkt in seine heimat auf rügen zurück.

    gruß

    angus

    Suche nach Adam Grosz, geb. wahrscheinlich 21.06.1925 als Volksdeutscher in Kroatien. Wurde wohl nach Deutschland vertrieben und diente bei der SS. Spurlos verschwunden im Nov. 1947.

  • Hallo,

    hattest Du während Deiner Suche schon Kontakt zu der Dokumentationsstelle der Stiftung Sächsische Gedenkstätten? Es besteht ja auch die Möglichkeit, dass die falsche Identität und eine mögliche Zugehörigkeit Deines Großvaters zur SS bei der Vertreibung aus Polen bzw. bei seiner Einreise nach Deutschland von den Behörden der Besatzungsmächte aufgedeckt wurde und er daraufhin z.B. in einem sowjetischen Speziallager in Haft oder in eines der Internierungslager kam? Das Dokumentationszentrum unterhält mehrere Datenbanken, vielleicht ist er dort verzeichnet? Du kannst dort ggf. auch einen Antrag auf Schicksalsklärung stellen: https://www.stsg.de/cms/dokstelle/…tschen-buergern

    Gruß, J.H.

    hallo noch einmal,

    bei der einreise meines großvaters ist er gleich von der wismut geschnappt worden. die sowjets haben direkt die jungen männer von den flüchtlingszügen bzw. aus den vertriebenlagern zum bergbaudienst abkommandiert. er arbeitete zwei monate unter tage in schlema, bis er tbc bekam. den sowjets bei der wismut war es egal, ob jemand bei der waffen-ss war, hat mir der leiter des wismutmuseums in schlema gesagt. hauptsache man konnte schwer arbeiten.

    gruß

    angus

    Suche nach Adam Grosz, geb. wahrscheinlich 21.06.1925 als Volksdeutscher in Kroatien. Wurde wohl nach Deutschland vertrieben und diente bei der SS. Spurlos verschwunden im Nov. 1947.

  • wie war das dann eigentlich, wenn so ein flüchtling 1947 vom osten in den westen ankam? das ist zwar nichts militärisches, aber registriert musste das doch werden. es gab ja auffanglager...gibt’s dazu auch akten im bundesarchiv?

    Hallo angus,

    das Problem ist doch, nicht irgendein Archiv zu finden, das Auskunft geben könnte;

    das Problem ist doch wohl eher, dass Du keine verlässlichen Angaben zur Person

    (Name, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsort) hast.

    Nach was/wem willst Du in den Archiven suchen ?

    Und die Auffanglager waren ein idealer Ort, um mit einer Lebenslegende neu zu

    starten. Erklärungen, warum man keine Personalpapiere hatte, gab es ja damals

    zuhauf (ausgebombt, kriegsgefangen, auf der Flucht verloren usw.).

    So wurde dann mit den Angaben des Betroffenen registriert.

    (Das wird doch heute auch von Asylbewerbern ausgenutzt.)

    Gruß

    Rudolf (KINZINGER)

  • ... er nannte sich ggü. polnischen und deutschen behörden „adam stusnat“, er sei auch 1927 in insterburg/ostpreußen geboren. das stimmt nachweislich nicht ...


    Hallo,

    sind Dir denn die tatsächlichen persönlichen Daten (Vor- und Nachname, Geburtstag und -Ort usw.) Deines Großvaters bekannt und welche Institutionen hast Du bereits abgefragt (Bundesarchiv/Abt. PA, Suchdienst des DRK)? Gab es in späteren Jahren ein Aufgebotsverfahren zu einer Todeserklärung? Wenn er oder auch weitere Familienangehörige nach Kriegsende als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind, könnten sich evtl. auch im Bundesarchiv/Lastenausgleichsarchiv in Bayreuth Informationen finden lassen. Diese Aussenstelle des Bundesarchivs hat auch die Archivbestände der ehemaligen Heimatortkartei/Kirchlicher Suchdienst nach dessen Auflösung übernommen: https://www.bundesarchiv.de/DE/Navigation/…h/bayreuth.html

    Gruß, J.H.

  • Hallo,


    - geboren als Volksdeutscher in Kroatien

    - hatte Tätowierung (SS)

    - ist zwischen Januar und April 1945 in Pommern Höhe Tempelburg desertiert

    da man nicht viel hat, wäre doch auch die Frage: Welche SS- Einheit war zu dem o. a. Zeitpunkt in/bei Tempelburg eingesetzt; evtl. eine mit gebürtigen Kroaten/ fremdländische Einheit der SS?

    Woher kommt die Annahme Desertion, evtl. hat sich diese (kroatische) Einheit der Waffen SS dort aufgelöst! Bei einer Desertion hängt man doch die Uniformen normalerweise nicht in einen Kleiderschrank; die werden vergraben etc. .

    Gruß Karl

  • Hallo Andrea,

    korrekte Rechtschreibung gehört zu unseren Forumsregeln, dazu gehört auch die Verwendung von Großbuchstaben.

    Grüße

    Thilo

    Suche alles zur Lehrtruppe Fallingbostel und zum Einsatz des NSKK in der Ukraine 1941