Polnische Truppen in Norddeutschland nach Kriegsende

  • Hallo Bert,

    nicht nur im Emsland war Polen eine Besatzungsmacht.

    Vorabinfo: Ein in Podlesie geborener Soldat, Gefreiter der 8./ Fallsch. Art. Rgt. 5, kommt nach erlittener Verwundung im März 1945 nach Herborn (damals Hessen-Nassau, Kreis Dillenburg) ins Lazarett. Hier endet mit dem Einmarsch der US Bodentruppen am 27.03.1945 für Ihn der Krieg.

    Er bleibt nach dem Krieg in der Stadt, und ist vor wenigen Jahren in Herborn verstorben. Sein Nachlass befindet sich in meinem Archiv.

    Darunter eine IDENTITY-CARD mit dem Polnischen Wappen auf der Vorderseite. Weiter Stempel im Inneren belegen das die Ausstellung durch die Polnische Militärregierung in Burg (heute Stadtteil von Herborn) am 13. März 1947 erfolgte ...

    Sanns aus der ID Card im Dateianhang.

    Ein Leutnant dieser "Besatzungstruppe" erleidet einen tödlichen Autounfall während seiner Dienstzeit. Sein Grab befindet sich noch heute auf der Kriegsgräberstätte in Herborn.

    Schöne Grüße

    Claudio

  • Guten Tag ans Forum und an Bert,

    es ist zwar wenig bekannt, aber die Briten bedienten sich in ihrer Besatzungszone nicht nur eigener Besatzungstruppen, sondern unter anderem auch belgischer und kanadischer Truppen, polnischer Exiltruppen, eines dänisch-norwegischen Kontingents und jugoslawischen Militärs mit "Polizeiaufgaben". Über die Tätigkeit der Jugoslawen im Bereich der I. britischen Korps unterrichteten die Briten die deutsche Polizei sogar offiziell. Ein entsprechendes Schreiben hierüber ist als Anhang beigefügt.

    Das Hauptquartier des I. britischen Korps war von 1945-1953 übrigens die „Aldershot-Kaserne“ (Aldershot-Barracks) –eine ehemalige Flak-Kaserne der Wehrmacht- in Iserlohn.

    Die Zuständigkeit dieses Korps als Besatzungstruppe erstreckte sich auf die ehemaligen preußischen Provinzen Westfalen und Rheinprovinz, also dem heutigen Nordrhein-Westfalen.

    Dieses als kurze Ergänzung zu dem Hinweis von Bert auf die polnischen Truppen.

    Mit freundlichen Grüßen aus der Normandie

    Peter

  • Tag allerseits,

    Die 1. polnische Panzerdivision und die 1. Selbstständige Fallschirmjägerbrigade besetzten an der deutsch-niederländischen Grenze das Terrain zwischen Bentheim, Cloppenburg und Papenburg, ein 6470 Quadratkilometer großes Gebiet, zu dem das Emsland gehörte, eine überwiegend katholisch geprägte Region.

    Das war nicht nur ein Zugeständnis an die Rolle der polnischen Truppen bei der Befreiung Belgiens, sondern diente auch der Versorgung polnischer Kriegsgefangener, der Zwangsarbeiter und befreiten politischen Häftlingen (darunter etwa 1700 Frauen aus einem Lager in Oberlangen) und der Organisation ihrer „Repatriierung“. Erst 1948 endete die Präsenz polnischer Soldaten im Emsland.

    Dazu

    https://www.welt.de/geschichte/art…eutschland.html


    Grüße

    Bert

  • Hallo Peter,

    sehr interessant.

    Anscheinend haben sich die Allierten Verbündeten da auf einem Level bewegt.

    Leider habe ich von der Zeit (noch) keine Dokumente, nur Zeitzeugenaussagen.

    Bei uns im damaligen Dillkreis, Hessen-Nassau, also US Besatzungszone, waren es nach den Amerikanern die Belgier.

    Das mit der Polnischen Verwaltung ist mir zum ersten Mal mit Erhalt des Nachlasses aufgefallen.

    Gruß

    Claudio

  • Tag allerseits,

    Danke an Peter und Claudio für die interessanten Ergänzungen!

    Es gab real nur 5 Besatzungsmächte, wobei die 5. Besatzungsmacht kurzzeitig die Polen waren. In diesem Zusammenhang ist die Abtrennung des Selfkant von Deutschland zu erwähnen, das dann jahrelang niederländisches Staatsgebiet war. Die Niederländer waren damals keine Besatzungsmacht; sie wollten vielmehr das Selfkant den Niederlanden auf Dauer angliedern.

    Dazu

    https://rp-online.de/nrw/staedte/kr…ch_aid-18560237


    Grüße

    Bert

  • Hallo,

    Bei uns im damaligen Dillkreis, Hessen-Nassau, also US Besatzungszone, waren es nach den Amerikanern die Belgier.

    wann war das denn? Ausser Belgier in Daaden, Arolsen und Kassel sind mir keine belgischen Tätigkeiten bekannt. Und die belgischen Garnisonen kamen mit Masse erst ab 1946 in den südlichen Teil der britischen Besatzungszone und auch nach Nordhessen.

    Gruss

    Rainer

    Suum cuique

  • Guten Morgen,

    wann war das denn? Ausser Belgier in Daaden, Arolsen und Kassel sind mir keine belgischen Tätigkeiten bekannt

    Da kann ich nur das wiedergeben, was die Zeitzeugen erzählt haben, und da sind keine konkreten Zeiträume erfasst ... "nach den Amerikanern kamen Belgische Truppen, die der Bevölkerung und Ihren Belangen nicht gerade gut gesinnt waren."

    Arlosen und Kassel gehören ja aktuell zu Hessen. Daaden, gelegen im damaligen Landkreis Oberwesterwald, gehörte auch zu Hessen Nassau und wurde erst nach dem Krieg RPF zugeschlagen - oder sehe ich das jetzt falsch.

    Anbei noch zwei Scans aus dem von mir erwähnten Nachlass ... einmal eine Bescheinigung aus 1947, ausgestellt in Arlosen - hier ist der Inhalt interessant.

    Zum zweiten das Absenderfeld einer Postkarte, ebenfalls aus 1947 aus Frankfurt.

    Beide tragen das Dientssiegel der Polnischen Militärregierung.

    Ich vermute jetzt mal, das Hessen genauso wie in den Beiträgen von Bert, aufgeteilt und organisiert wurde, mit weitesgehender Oberhand der US Amerikaner .... ein sehr Interesantes Feld der Geschichte und wohl noch unbearbeitet.

    Grüße

    Claudio

  • Tag allerseits,

    das ist in der Tat ein recht interessantes Thema.

    Irgendwie in Vergessenheit geraten sind die diversen Gebietsansprüche im Jahre 1945 gegenüber dem geschlagenen Deutschland. Selbst die Luxemburger strebten ein "Großluxemburg" an und besetzten mit ihren

    Truppen teilweise deutsche Gebiete. Bei den Belgiern lagen ähnliche Verhältnisse vor. Letztendlich gaben Luxemburg und Belgien diese Pläne schließlich in den ersten Nachkriegsjahren auf.

    Grüße

    Bert

  • Guten Abend allerseits,

    von polnischen Besatzungszonen in Deutschland wusste ich bis jetzt tatsächlich nichts, obwohl ich voriges Jahr in Meppen war...

    Hier habe ich Erzählungen von Zeitzeugen aus Haren gefunden: Deutschlandfunk Feature

    und Einblicke von Fürstenau: Fürstenau

    Wahrlich ein interessantes Thema!

    Grüße

    Wolf

  • Hallo an alle,

    der von mir erwähnte, ehemalige Wehrmachtssoldat mit polnischen Wurzeln, war als Ausbilder und Dolmetscher in einer Fahrzeugwerkstatt beschäftigt. Hier wurden Holzkohlervergaser in Fahrzeuge eingebaut, gewartet und Repariert.

    Den Dokumenten von 1947 zu Folge war diese Werkstatt auf dem Gelände der Burger Eisenwerke untergebracht - einem ehemaligen Rüstungsbetrieb.

    In dem zu diesen Betrieb gehörigen Barackenlager für Zivilarbeiter und Kriegsgefangene waren aber keine Polen untergebracht.

    Hier wurden seit Ende 1945 Flüchtlinge und Heimatvertriebene aus Ostpreußen und Böhmen Mähren untergebracht.

    Grüße

    Claudio

  • Hallo,

    Da kann ich nur das wiedergeben, was die Zeitzeugen erzählt haben, und da sind keine konkreten Zeiträume erfasst ... "nach den Amerikanern kamen Belgische Truppen, die der Bevölkerung und Ihren Belangen nicht gerade gut gesinnt waren."

    nach meinem Kenntnisstand waren belgische Soldaten nur an drei Standorten in Nordhessen(Korbach, Arolsen, Kassel) stationiert gewesen. In Daaden war die meteorologische belgische Station, ich glaube bis in die sechziger Jahre, stationiert. Die zogen danach irgendwo Im Sauerland unter.

    Dass die belgischen Einheiten sich bei Manövern häufig sich sehr daneben benahmen und heftigst Flurschaden produzierten Ist mir bekannt. In Oberhessen trieben sie es einmal so toll, Anfang siebziger Jahre, dass die Bauern die Hinweis- und Ortsschilder abmontierten.

    Ich habe 1975 im Herbst im Kasino eines belgischen PzBtl gewohnt. Nach dem Herbstmanöver brüsteten sich im Kasino einige Fähnriche damit, wieviele deutsche Autos sie mit ihren Zügen beschädigt oder geplättet hatten. Und da hyabe ich mich als deutscher RO geoutet und ihnen etwas erzählt.

    Gruss

    Rainer

    Suum cuique

  • Moin,

    die Dänen hatten ja schon 1920 zugeschlagen und vielleicht daraus gelernt, denn damals gingen trotz gegenteiliger Volksabstimmungsergebnisse einige Gebiete an Dänemark (wenn ich das richtig erinere).

    Gruß,

    JR

  • Hallo Bert,

    ich habe mich vielleicht mißverständlich ausgedrückt. Entschuldigung dafür.

    In der sog. Zone I (Nordschleswig) und der Zone II (Mittelschleswig) galten auf Dänemarks Wunsch unterschiedliche Wahl/Abstimmungsmodi. Da in der Zone I INSGESAMT vorherzusehen war, daß sich die meisten für Dänemark entscheiden würden, aber eventuell einige Bezirke für Deutschland stimmen würden, wurde der Wahlmodus dahingehend festgelegt, daß die Mehrheit aller Stimmen gewichtet wurden, unabhängig vom Ausgang der Wahl in den einzelnen Bezirken.

    In der Zone II war dagegen bei diesem Modus bei einem kompletten Verbleib von Mittelschleswig bei Deutschland auszugehen. Daher wurde hier von den Dänen ein andere Wahlmodus eingesetzt. Hier galt als entscheidendes Kriterium die Mehrheit in den BEZIRKEN.

    Daher kamen in Nordschleswig etwa die Bezirke Tondern und Hoyer gegen den Mehrheitswillen in den jeweiligen Bezirken zu Dänemark, genauso wie der Bezirk Apenrade und Sonderburg. Trotz der erschwerten Bedingungen für einen Verbleib bei Deutschland in Mittelschleswig (Abstimmung per Bezirk) entschieden sich sämtliche Bezirke für Deutschland, so daß Dänemark trotz der für sie günstigeren Abstimmungsbedingungen hier leer ausging.

    Wenigstens die genannten Bezirke in Nordschleswig , in denen man sich mehrheitlich für einen Verbleib im Deutschen Reich ausgesprochen hatte, waren dadurch gegen ihren Willen zu Dänemark gekommen.

    Gruß,

    JR