Geschützbedienung einer 8,8 cm Flak

  • Hallo zusammen,

    ich rätsel gerade wie genau die Besatzung einer 8,8 cm Flak aussah. Es gibt unterschiedliche Darstellungen hinsichtlich der Anzahl und Aufgaben der Besatzung. Hier ist eine, die m. E. richtig sein könnte:

    K1: Höhenricht-Kanonier
    K2: Seitenricht-Kanonier
    K3: Lade-Kanonier
    K4: Munitions-Kanonier
    K5: Munitions-Kanonier
    K6: Zündereinstellungs-Kanonier
    K7: Munitions-Kanonier
    K8: Munitions-Kanonier
    K9: Geschützführer
    Uffz. oder Wachtmeister

    Ist dies so richtig?

    Falls ja, gibt es eine gute schriftliche Quelle hierfür?

    Vielen Dank im voraus.

    Marcel

  • Hallo Willi,

    danke für den Hinweis.

    Marcel


    Hallo,

    ich habe online ein Inhaltsverzeichnis gesehen. In dem Buch stehen solche Dinge scheinbar nicht drin.

    Marcel

  • Hallo Marcel!

    Die Bedienungen der 8,8 cm Flaks bestanden aus neun Kanonieren und einem Geschützführer, also insgesamt zehn Mann (zzgl. einem Kraftfahrer und einem Kraftwagenbegleiter bespannten Geschützen).

    Bei Deiner Liste könnte man noch einige Detailverbesserungen anbringen, die mit der jeweiligen Feueraufgabe in Zusammenhang stehen, z.B. dass der K 7 beim Indirekten Richten dafür zuständig war, die Patronen in die Zünderstellmaschine einzusetzen, die ihm von K 4 und K 5 zugereicht wurden. K 8 und K 9 wechselten außerdem beim Schießen im Direkten Richten vom Munitionsnachschub an die Einstellungen von Aufsatz bzw. Schieber. Beim Ausfall der Zündereinstellmaschine nahmen K 6 und K 7 die Einstellung der Zünder manuell direkt an den Patronen vor, die ihnen von K 4 und K 5 entgegengehalten wurden, bevor die Patronen an den K 3 weitergereicht wurden. Beim Beschuss von Erdzielen waren K 8 und K 9 wieder an Aufsatz und Schieber zu finden, während nun K 4 bis K 7 gemeinsam die Munition herbeizuschaffen hatten. Nachlesen lässt sich das z.B. in Neumann: "Handbuch für den Flakartilleristen", 1938, oder in Schilffahrt/Sachs: "Der Unterführer der Flakartillerie", 1938.

    Mit freundlichen Grüßen
    Schorsch

  • Hallo Schorsch,

    vielen Dank für Deine HInweise. Ich werde versuchen, an das Buch "Der Unterführer der Flakartillerie" heranzukommen.

    Ist die Bezeichnung des K9 als Geschützführer richtig?

    Viele Grüße

    Marcel

  • Hallo zusammen,

    ergänzend kann man noch die komplette Ausstattung einer Heeres-Flakbatterie 8,8cm mit 4 Geschützen (motZ oder bodenständig) gemäß dem K.St.N.1711 vom 1.11.1943 anfügen:

    a.) Gruppe Führer (9 Mann: 1 Offizier, 3 Uffz., 5 Mannschaften)

    b.) Meßstaffel (35 Mann: 1 Offizier, 11 Uffz., 23 Mannschaften)

    c.) Nachrichtenstaffel (14 Mann: 4 Uffz., 10 Mannschaften)

    d.) Leichter Flakzug mit 3 x 2cm Flak (20 Mann: 4 Uffz, 16 Mannschaften)

    e.) Geschützstaffel mit 4 x 8,8cm Flak (56 Mann: 1 Offizier, 5 Uffz., 50 Mannschaften)

    f.) Munitionsstaffel (15 Mann: 1 Uffz., 14 Mannschaften)

    g.) Kfz.Instandsetzungstrupp (4 Mann: 1 Uffz., 3 Mannschaften)

    h.) Batterietroß (14 Mann: 5 Uffz., 9 Mannschaften)

    Personal gesamt: 3 Offiziere, 34 Unteroffiziere, 130 Mannschaften.

    Gerät: 4 leichte MG, 3 x 2cm Flak 38, 4 x 8,8cm Flak 36/37, 31 Kfz inkl. Zugkraftwagen, 10 Anhänger, 2 Kettenkrad.

    Viele Grüße

    Nicco

    Edited once, last by Nicco (November 17, 2019 at 9:57 PM).

  • Hallo,

    lange ist es her, ich möchte dennoch noch einmal das Thema ansprechen. Ich habe die ursprüngliche Auflistung angepasst und möchte Euch nun fragen, ob dies hinsichtlich es indirekten Richtens richtig ist. Da nur diese Kurzform für mich relevant ist, habe ich Detailaufgaben nicht hinzugefügt.

    GF: Geschützführer

    K1: Höhenricht-Kanonier
    K2: Seitenricht-Kanonier
    K3: Lade-Kanonier
    K4: Munitions-Kanonier
    K5: Munitions-Kanonier
    K6: Zündereinstellungs-Kanonier
    K7: Munitions-Kanonier
    K8: Munitions-Kanonier
    K9: Munitions-Kanonier

    Dann noch eine zusätzliche Frage: Wann spricht man beim Beschuss von Feindflugzeugen von indirekten bzw. direkten Beschuss?

    Vielen Dank im Voraus.

    Viele Grüße.

    Marcel

  • Hallo Marcel,

    aus dem Lexikon " Beim indirekten Richten wurden die vom Kommandogerät ermittelten Seitenwinkel, Rohrerhöhungs- und Zünderstellungswerte elektrisch auf die Empfänger übertragen. Beim direkten Richten wurde das Ziel mit dem Flakzielfernrohr ständig angerichtet.". Ich denke das beschreibt es gut.

    Viele Grüße,

    Soulfly

  • Hallo,

    direktes und indirektes Feuern hat m.E. damit zu tun, ob das Ziel im aufsteigenden oder im fallenden Zweig der ballistischen Kurve ("Wurfparabel") bekämpft wird.

    Beim direkten Schuss ist die Flugzeit natürlich kürzer - im indirekten Schuss dafür die horizontale Reichweite (Kampfradius) bedeutend größer.

    Bei der Artillerie erlaubt der indirekte Schuss (Steilfeuer) die Bekämpfung eines Gegners, der sich hinter einem Bodenhindernis (Hügel, Geländeeinschnitt) vermeintlich in Sicherheit wiegt. Granatwerfer und Mörser werden grundsätzlich im Steilfeuer eingesetzt.

    Das Verfahren "Steilfeuer" kann man auch im Selbstversuch erproben: einfach eine Torte direkt senkrecht nach oben werfen, die Augen schließen und abwarten was passiert. Ganz Mutige können diese auch mit einer Melone, Bowlingkugel, usw., ausprobieren. :D

    Beim direkten Feuer klatscht man sich die Torte direkt ins Gesicht.;(

    Viele Grüße, Uwe K. (W-15er 1978/79 bei der aufklärenden Artillerie)

    "Was sprechen die Diesel, Johann? - Die Diesel sind zufrieden, Herr Kaleu."

  • Hi Uwe,

    Nein, mit persönlichem Ermessen hat das nichts zu tun. Es ist exakt so, wie Soulfly es aus dem Lexikon zitiert hat: direktes Richten: Auge des Richtschützen - Zielvorrichtung - Ziel, indirektes Richten: der Richtschütze stellt die Zielwerte anhand errechneter Schusswerte am Geschütz ein, aber er muss das Ziel nicht anvisieren, kann es mitunter nicht einmal sehen.

    Gruß, Thomas!

    "Lirum-larum Löffelstiel, wer nichts sagt, der weiß nicht viel - larum-lirum Gabelstiel, wer nichts weiß, muss schweigen viel!"

  • Hallo zusammen,

    Quote

    direktes Richten: Auge des Richtschützen - Zielvorrichtung - Ziel, indirektes Richten: der Richtschütze stellt die Zielwerte anhand errechneter Schusswerte am Geschütz ein


    bei der 8,8 wurden die Schusswerte vom Kommandogerät eingespielt und durch die Richtschützen wurde das Geschütz auf die eingelaufenen Werte

    nach gerichtet.Gleichzeitig wurden die Einstellungen für die Zünder an die Zündeinstellbecher übermittelt. Die Granaten wurden zur Einstellung kopfüber

    in die Zündeinstellbecher gestellt. So wurden die Zünder auf befohlenen Werte elektromechanisch eingestellt.

    Gruss Dieter

  • Hallo,

    Quote


    Schusswerte vom Kommandogerät eingespielt und durch die Richtschützen wurde das Geschütz auf die eingelaufenen Werte

    das geschah, indem indem Zeiger, die die vom Kommandogerät vorgegeben Werte anzeigten, mit den Zeiger, die die momentanen Einstellungen des Geschützes anzeigten, zur Überdeckung gebracht wurden. Dadurch konnte die Bedienung der schweren Flak auch durch nur kurz angelernte Kräfte erfolgen.

    Grüße

    Thilo

    Suche alles zur Lehrtruppe Fallingbostel und zum Einsatz des NSKK in der Ukraine 1941

  • N'Abend,

    hier noch weitere Erklärungen zum indirekten bzw. direkten Feuer der Artillerie. Die Flak ist ja eine Ausprägung der Artillerie.

    Indirektes Feuer: https://de.wikipedia.org/wiki/Indirektes_Feuer

    Direktes Feuer: https://de.wikipedia.org/wiki/Direkter_Schuss

    Mit der elektrischen Übertragung zwischen Kommandogerät und Geschütz hat das nichts zu tun.

    Bei der schweren Flak (8.8 / 10.5 / 12,8) wurde das (hoch-)fliegende Flugziel beim optischen Schießen in jedem Fall mit den Richtungsweiser-Fernrohren über den Entfernungsmesser anvisiert. Die Messdaten werden in das Kommandogerät übertragen, wo die Richtwerte für Seite, Höhe und Zünderlaufzeit errechnet und an die Geschütze übertragen werden. Beim "elektrischen Schießen" (bei Nacht, Ziel über den Wolken) wurden das Ziel per Funkmess angemessen und die Zielwerte in Polarkoordinaten (Seite, Höhe, Entfernung) ins Kommandogerät übermittelt.

    Wie auch immer: für die ballistische Kurve gibt es immer 2 Lösungen - denn es handelt sich ja um eine quadratische Gleichung. Aus Sicht des beschossenen Flugzeuges kommt die Granate mal von unten (direkt), oder von oben (indirekt).

    Hier noch ein kurzer Artikel von Flieger-Stabsing. (späte: Oberst-Ingenieur) Dr.-Ing. Alfred Kuhlenkamp, in dem das "System" anschaulich beleuchtet wird.

    https://www.fliegerrevuex.aero/wp-content/upl…eitung-Flak.pdf

    MfG, Uwe K.

    "Was sprechen die Diesel, Johann? - Die Diesel sind zufrieden, Herr Kaleu."

  • Hallo,

    danke für Eure Beiträge. Ich möchte noch einmal auf die Bezeichnungen zurückkommen.

    Wäre dies so richtig?:

    GF: Geschützführer

    K1: Höhenricht-Kanonier
    K2: Seitenricht-Kanonier
    K3: Lade-Kanonier
    K4: Munitions-Kanonier
    K5: Munitions-Kanonier
    K6: Zündereinstellungs-Kanonier
    K7: Munitions-Kanonier
    K8: Munitions-Kanonier
    K9: Munitions-Kanonier

    Vielen Dank und viele Grüße.

    Marcel