Feldpostbrief Stalingrad - Handschriftlicher Vermerk?

  • Hallo,

    anbei ein Feldpostbrief, der an einen in Stalingrad vermissten Onkel nicht mehr zugestellt werden konnte und mit einem entsprechendem Vermerk an den Absender zurück ging. Datum des Poststempels war der 12.1.1943, FPN 35182, Truppenteil das Schwere-Werfer-Regiment 2 (in Stalingrad vernichtet). Der maschinengeschriebene Rücksendevermerk ist zusätzlich/nachträglich? handschriftlich mit der Nummer 611 versehen worden. Weiß vielleicht jemand, wofür diese Nummer 611 steht, sollte das die Nummer des Feldpostamtes sein, dass den Brief damals zurücksendete?

    Gruß, J.H.

  • Hallo JH,

    meine Vermutung:

    Der $ 611 BGB regelt die Einhaltung von Dienstverträgen.

    Dieser übernommene Zustellvertrag konnte im diesem Fall ( Stalingrad ) nicht erfüllt werden.

    Also, nicht zustellbar - zurück an Absender.

    Mal sehen, wer es anders weiß!

    MfG Ludwig

    Never let go!

  • Tag allerseits,

    ich will hier keine "juristische Übung" in Gang setzen. Aber: Wer in ein Taxi steigt, der schließt einen Werkvertrag ab und Gleiches gilt für die Postzustellung, sie ist nicht ein Institut des Dienstvertrages, sondern

    unterliegt dem Werkvertragsrecht. Genauso unterliegen die Paketzustellung und sonstige Frachtverträge dem Werksvertragsrecht.

    Was die Zahl 611 sonst noch bedeuten könnte, das wissen wohl nur die Götter.

    Grüße

    Bert

    Edited once, last by Jahrgang39 (October 10, 2019 at 5:45 PM).

  • Guten Morgen, J.H.,

    die "611" ist für mich eher die Kenn-Nummer des Feldpostamtes, über den der Feldpostbrief lief und die den Vermerk der Unzustellbarkeit auf dem FP-Beleg aufgebracht hat.

    Liebe Grüße

    Diana

    Die Frau ist die einzige Beute, die ihrem Jäger auflauert (Ingelore Ebberfeld)

  • Hallo Diana,

    juristisch ist die "611" nicht zu erklären, das BGB kannte damals verschiedene Vertragstypen, beginnend mit dem Kaufvertrag (§ 433), aus § 611, der Definition des Dienstvertrages, ergibt sich nicht, daß die Wehrmacht Privatpost ihrer Soldaten zu befördern hatte, ich denke hier greift allenfalls der "Zivilrechtliche Generalschlüssel", der § 242, der von jedermann verlangt, sich gegenüber seinem Vertragspartner anständig verhalten. Aus meinem Dienstvertrag wäre aber mein Arbeitgeber, meine AMAZONE-Packete entgegenzunehmen oder gar mir nach Hause weiterleiten.

    Gruß Wolfgang

  • Hallo Bert,

    Ein Werkvertrag hat der Soldat der Wehrmacht gewiß nicht geschlossen; worin hätte der geschuldete Erfolg bestehen sollen? 100 Russische Kommissar zu erschießen oder 2000 Russische Soldaten zu töten?

    Für Nichtjuristen, die Frage, ob der Dienstverpflichtete dafür einstehen muß, daß seine Leistung den vom Auftraggeber erwartet Ergebnis hat, dann Werkvertrag. Diese Frage kann schwierig werden, etwa bei Reinigungsverträge, wer verpflichtet wird wöchentlich zu reinigen, steht nicht dafür ein, daß danach "sauber" ist, also muß der Auftraggeber in diesem Vertrag einzeln aufführen, was der Dienstleistungverpflichtet machen soll.

    Gruß Wolfgang

  • die "611" ist für mich eher die Kenn-Nummer des Feldpostamtes, über den der Feldpostbrief lief und die den Vermerk der Unzustellbarkeit auf dem FP-Beleg aufgebracht hat.


    Hallo Diana,

    vielen Dank für Deinen Hinweis, sicher hast Du mit dieser Kenn-Nummer recht! Damit ließ sich im LdW der Eintrag zum Oberbaustab 11 finden, zu dem anscheinend auch das Feldpostamt 611 gehörte. Dieser Oberbaustab kam dann wohl zur Heeresgruppe A, und aus deren Einsatzraum lässt sich wiederum für den Zeitraum 1942/43 die Region Don/Stalingrad ableiten: http://www.lexikon-der-wehrmacht.de/Gliederungen/B…tabOber11-R.htm

    Vermutlich ist der Feldpostbrief also in diesem Feldpostamt 611 gelandet und wurde dort mit dem Vermerk "unzustellbar 611" zurück gesendet.

    Nochmals vielen Dank & Gruß, J.H.

  • Hallo!


    Hallo Diana,

    vielen Dank für Deinen Hinweis, sicher hast Du mit dieser Kenn-Nummer recht! Damit ließ sich im LdW der Eintrag zum Oberbaustab 11 finden, zu dem anscheinend auch das Feldpostamt 611 gehörte.

    Die Kenn-Nummer 611 gehörte zum FPA 796 (FPN 21669)

    Quote

    Gemäß Verordnung vom 2. Juni 1942 aufgestellt am 1. Juli 1942 in Halberstadt , WK XI, als Fp.Amt 796 für den Div.Stab Aachen 526. Div.. Jedoch am 27. Juli 1942 als Fp.Amt 796 z.b.V dem APM Ost zugeteilt...

    Quelle: Kannapin

    MfG

    Feldpostmeister_at

    Feldpostmeister_at

  • Tag allerseits,

    ja so ist das mit dem BGB, wer in die Tram einsteigt, schließt durch "sozialtypisches Verhalten" einen Vertrag ab. Und so ist es auch rechtlich bei Beauftragung von Postorganisationen im Paket- und Briefverkehr.

    Und natürlich wusste der Soldat im Felde gar nicht, dass er durch ein rechtliches "sozialtypisches" oder "konkludentes Verhalten" ein Werkvertragsverhältnis begründete.

    Und damit ist Schluss mit dem ollen BGB, das seit weit über 100 Jahren prima funktioniert!

    Grüße

    Bert

  • ... Die Kenn-Nummer 611 gehörte zum FPA 796 (FPN 21669) ...


    Hallo,

    Danke auch für diesen Hinweis, damit muss ich nun wieder weitersuchen. Die Abkürzung APM, die auch im Forums-Thema Einheiten-Übersicht der Feldpostämter sehr häufig zur Verwendung kommt, ist leider im Forums-Abkürzungsverzeichnis noch nicht aufgeführt und auch im Lexikon-Eintrag zum Thema Feldpost allgemein lässt sich dazu nichts finden - steht APM für Armee-Postmeister und handelt es sich dabei um den Führer der im Verband einer Armee eingesetzten/unterstellten Feldposteinheiten? Ist Dir vielleicht bekannt, wo sich dieses Feldpostamt 796 im Zeitraum Januar bis März 1943 aufhielt bzw. eingesetzt wurde?

    Vielen Dank & Gruß, J.H.

  • Hallo,

    als Laie eine Frage: "Die Kenn-Nummer 611 gehörte zum FPA 796". Heißt dies, daß das FPA 796 quasi "Filialen" hatte, von dem die 611 eine war, oder wie hängen FPA 795 und Kennn-Nr 611 sonst zusammen?

    Besten Dank!

    JR

  • Grüß Dich Wolfgang,

    ja, die "Abschweifungen", die haben es manchmal in sich! Aber solche Abschweifungen sind mitunter auch das Salz in der Suppe dieses Forums.

    Und nur nebenbei: Angefangen mit der "juristischen Übung" habe ich wohl nicht, nur versucht das Ganze richtig zu stellen.

    Herzliche Grüße aus dem sonnigen Bayern

    Bert

  • Hallo,

    Hallo,

    als Laie eine Frage: "Die Kenn-Nummer 611 gehörte zum FPA 796". Heißt dies, daß das FPA 796 quasi "Filialen" hatte, von dem die 611 eine war, oder wie hängen FPA 795 und Kennn-Nr 611 sonst zusammen?

    Besten Dank!

    JR

    Die Kenn-Nummer 611 war die Tarnnumer des Feldpostamtes 796 z.b.V.

    Feldpostamtes 796 z.b.V. war als OKH - Reserve vom 27.07.1942 bis September 1943 beim Gen.Qu.Gen.Gouv. in Sandomierc/PL..

    Wurde am 01.09.1943 in Feldpostamt 415 umbenannt.

  • Grüß Gott,

    gerade eben habe ich in einer Doku gesehen, daß in Stalingrad ein ganzer Keller voll mit nicht zugestellten Feldpostbriefen, vielleicht gibt es darunter einige mit der ominöse "611", daraus und aus der FPN wird man ableiten können, ob die Zahl das FPA ist.

    Gruß Wolfgang

  • Hallo, Wolfgang,

    die Zahl 611 ist die Kenn- bzw. Tarnnummer des oben von Feldpostmeister und Matthias genannten Feldpostamtes 796 z.b.V. - und damit aufgeklärt. Und der von J.H. gezeigte FP-Beleg hat es nie bis nach Stalingrad geschafft, denn er wurde ja bereits im Generalgouvernement gestoppt und an den Absender zurückgesandt.

    Liebe Grüße

    Diana

    Die Frau ist die einzige Beute, die ihrem Jäger auflauert (Ingelore Ebberfeld)