Suche allgemeine Infos zur Verwendung von Mitgliedern des NS-Reichskriegerbundes (Kyffhäuserbund) als Wachmanschaften der Konzentrationslager

  • Hallo zusammen,

    ich bin auf Hinweise gestoßen, daß Mitglieder des NS-Reichskriegerbundes seit mindestens Kriegsbeginn im Sept. 1939 als Wachmannschaften für Konzentrationslager angeworben wurden, sowohl auf Reichsgebiet, als auch in Polen. Es wurde von der Führung des Bundes erwartet, daß man sich freiwillig zur Verfügung stellte. 1939 ging es erstmal um die Erfassung potentieller Kräfte, 1941 zB ganz konkret über die Gestellung von Wachpersonal des KL Lublin. Diese Anwerbung lief über das SS-Ersatzamt in Berlin, gesucht wurden 1500 Wachen allein für Lublin!

    Hat jemand von euch darüber weiterführende Informationen?

    Besten Dank und Gruß,

    JR

  • Moin JR,

    ich kann wenig zu deiner Frage beitragen, aber ich erinnere ein Gespräch mit meinem Schulfreund B. aus Bad Zwischenahn.

    Der Großvater meines Freundes war ein Veteran des Weltkrieges 14/18, und der Opa fand in den 1930er Jahren eine Anstellung im

    Wachpersonal der "Emslandlager".

    Emslandlager/Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Emslandlager

    Über eine damalige Zugehörigkeit seines Großvater z.B. zu dem NS-Reichskriegerbund oder dem Stahlhelm BdF ist mir leider nichts bekannt?

    War kein Thema in der Familie meines Schulfreundes, man sprach nicht darüber.

    Gruß

    Micha

    P.S. Wenn ich es richtig erinnere, erlangte der Großvater später einen Mannschaftsdienstgrad in der SS im Wachpersonal.

    All das war kein Thema noch in den 1970er Jahren, alles zu diesem Thema war tabu, verständlich.

    Edited once, last by Holzkopf (August 13, 2019 at 2:56 PM).

  • Hallo Micha,

    besten Dank für diesen Hinweis. Es könnte gut sein, daß er vom Kyffhäuser-Bund kam und dann in seiner Funktion als Wachmann event. in die SS aufgenommen wurde.

    Schöne Grüße,

    JR

  • Guten Tag zusammen,

    IR,

    Quote

    daß Mitglieder des NS-Reichskriegerbundes seit mindestens Kriegsbeginn im Sept. 1939 als Wachmannschaften für Konzentrationslager angeworben wurden,

    sowohl auf Reichsgebiet, als auch in Polen.

    Wachmannschaften war SS, wenn Leute angeworben worden sind,

    dann hätten die in die SS eintreten müssen, um überhaupt den Dienst zu versehen, so mein Verständnis.

    Wo die Leute herkamen, ob vom NS-Reichskriegerbund oder sonstwo, das dürfte Himmler reichlich egal gewesen sein.

    Warum sollte Himmler nicht auch dort "gewildert" haben?

    Quote

    seit mindestens Kriegsbeginn im Sept. 1939 als Wachmannschaften für Konzentrationslager angeworben wurden,

    ..... als auch in Polen.

    Hier stellt sich mir die Frage,

    welche Konzentrationslager denn schon 1939 in Polen mit Wachmannschaften aus den Reihen des NS-Reichskriegerbundes bestückt werden sollten, 1939, in Polen?

    Welche Konzentrationslager gab es denn 1939 schon in Polen?

    Quote

    gesucht wurden 1500 Wachen allein für Lublin!

    Lublin wurde meines Wissens nach 1941 "in Betrieb" genommen,

    und du bist der Meinung, dass Himmler die Wachkräfte dafür aus dem NS-Reichskriegerbund rekrutierte, rekrutieren wollte?

    Quote

    ich bin auf Hinweise gestoßen,

    diese Hinweise hätte ich gerne mal gesehen, zumindest genauer beschrieben.

    Grüße Thomas

  • Hallo,

    dass im Reichskriegrtbund Leute für Bewacher für KZ angeworben wurden ist mir unbekannt. Ich besitze einige Jahreskalender einer Kriegervereinigung, die dann in den Reichskriegerbund übernommen wurde. In den Jahreskalendern 1939-1942 findet sich nirgends ein Hinweis auf irgendwelche Werbungsversuche der SS.

    Gruss

    Rainer

    Suum cuique

  • Guten Abend, JR,

    Mitglieder des Kyffhäuserbundes waren als Wachpersonal im Konzentrationslager Dachau eingesetzt, berichteten mir ehemalige Häftlinge.

    Gruß, Hector

  • Moin zusammen.

    Danke für euer Interesse, zusätzlichen Infos zu Angeworbene aus dem Kreise des Kriegerbundes und Rückfragen.

    Also, wie Thomas richtig zitierte, schrieb ich:

    1.) "seit mindestens Kriegsbeginn im Sept. 1939 als Wachmannschaften für Konzentrationslager angeworben wurden, sowohl auf Reichsgebiet, als auch in Polen." Mindestens heißt auch später und später schließt dann Polen ein.

    2.) Thomas schrieb: "Lublin wurde meines Wissens nach 1941 "in Betrieb" genommen,

    und du bist der Meinung, dass Himmler die Wachkräfte dafür aus dem NS-Reichskriegerbund rekrutierte, rekrutieren wollte?"

    Dazu "ja" und "ja". Im Herbst 1941 wurde das Gelände in Lublin in Betrieb genommen, diente aber 1941, darf man verschiedenen Aussagen im Netz trauen, anfangs hauptsächlich als Kriegsgefangenenlager für die vielen russischen Soldaten, die seit Beginn des Rußlandfeldzuges in deutsches Gewahrsam genommen wurden. Auf "als auch in Polen" in meiner Formulierung in "1" bezieht sich übrigens genau auf diese Anwerbungsversuche des SS-Ersatzamtes im Oktober 1941 (siehe Quelle b).

    3.) Die Quellen sind:

    a) ein als GEHEIM gekennzeichnetes Rundschreiben Nr 14/39 der Kreiskriegerführung des Kyffhäuserbundes Uelzen an Kriegskameradschaften des Kreises Uelzen mit dem Betreff "Reservemannschaften für die Bewachung der Konzentrations-Lager". Detailiert werden Einstellungsbedingungen, Dienstumfang und Löhnung angegeben. Datum 14.09.1939

    b) ein als VERTAULICH gekennzeichnetes Rundschreiben Nr. 64/41 des NS-Reichskriegerbundes Gaukriegerverband Nordwest an die Gauverbindungsführer, alle Kreiskriegerverbände und Kriegerkameradschaften. Betreff: Freiwilligen-Meldung für a) Werkschutz b) Wachdienst. Datum 20.10.1941.

    Darin wird darauf hingewiesen, daß die Namen aller diejenigen (4000!) Bewerber, die sich auf Aufforderung des SS-Ersatzamtes auf die 1500 Stellen für den Wachdienst des KL Lublin gemeldet haben, erst dann für weitere Aufgaben empfohlen werden können (sprich: Wach/Werkschutz anderer Objekte), wenn die SS die Auswahl der Wachmannschaften (bis Anfang November 1941) abgeschlossen hat.

    Schöne Grüße,

    JR

    PS: Diese Rundschreiben und weitere habe ich aus dem Nachlaß eines Kreisleiters des Kyffhäuserbundes/NS-Reichskriegerbundes aus der Nähe von Uelzen.

    Edited 3 times, last by IR75 (August 13, 2019 at 8:31 PM).

  • Guten Abend IR,

    das ist ein Thema, welches man sicher nicht in ein paar Posts abhandeln kann.

    Was ich dir aber versichern kann, ich müsste mich schon mehr als täuschen,

    das kein Angehöriger des NS-Reichskriegerbunds in Personalie als Angehöriger des NS-Reichskriegerbunds Wachaufgaben in Konzentrationslagern nachgegangen ist.

    Das war Aufgabe der SS, und wenn die SS Personal brauchte, rekrutieren wollte,

    dann konnte das durchaus aus den Reihen des RKB oder sonstwo sein,

    nur waren das dann SS-Angehörige.

    Grüße Thomas

  • Hallo zusammen,

    also bisher kann man dann wohl zusammenfassend sagen, daß aus den Beiträgen von Holzkopf, hector und Georg-S deutlich wird, daß Mitglieder des Kyffhäuserbundes/NS-Reichskriegerbundes als Wachpersonal für KL in Deutschland eingesetzt wurden, und zwar von Bayern bis in den Nord-Osten (Emsland). Dank des von mir eingebrachten Rundschreibens von 1941 wissen wir auch, daß erheblicher Bedarf (1500 Stellen) für das KL Lublin zumindest teilweise aus ca. 4000 Berwerbern des Kyffhäuserbundes/NS-Reichskriegerbundes gedeckt wurde. Nachdem die Quellenangabe hoffentlich zum Sachverhalt beigetragen haben, wäre noch dank Huba festzuhalten, daß diese Bewerber in die SS aufgenommen wurden, bevor sie ihre Aufgabe wahrnahmen.

    Von Interesse wäre für mich (und ja auch vielleicht für andere), ob es darüber aus überlieferten SS-Akten/Quellen noch Informationen gibt, und ob es in der Literatur zu den Konzentrationslagern Hinweise auf diese Anwerbungen gab.

    Nachzutragen wäre von meiner Seite noch, daß in der Werbung für Personal 1939 der Tageslohn für den Wachdienst auf 50 Pfg beziffert wird, dazu freie Uniform, kasernierte Unterkunft, Verpflegung, freie ärztliche Versorgung, Familienunterstützung für die Dauer der Einziehung sowie Fürsorge unbd Versorgung für die Angeworbenen und ihre Familieangehörigen geboten wurde.

    Ohne konkret über Zahlen der Mitgliederschaft im Kyffhäuserbund reichsweit informiert zu sein, werden es sicher Zahlen im sechsstelligen Bereich gewesen sein. Wenn alle diese von dem Anwerbungsangebot als Wachmannschaft im KL informiert wurden, ist dies zudem ein weiteres Indiz dafür, daß weite Kreise der Bevölkerung sehr wohl von der Existenz solcher Lager Kenntnis hatte, auch wenn dies nach dem Krieg gerne geleugnet wurde .

    Schöne Grüße,

    JR

    Edited once, last by IR75 (August 14, 2019 at 10:44 PM).

  • daß weite Kreise der Bevölkerung sehr wohl von der Existenz solcher Lager Kenntnis hatte, auch wenn dies nach dem Krieg gerne geleugnet wurde .

    Hallo,

    das Vorhandensein von KZ war schon seit Beginn des 1000 jährigen Reiches allgemein bekannt. Man braucht nur Propagandabücher ab 1934 durchzusehen.

    Gruss

    Rainer

    P.S.: Man könnte auch herausfinden, wieviele Personen aus anderen NS-Vereinen als Wachleute zur SS gegangen sind.

    Suum cuique

  • Hallo Rainer,

    nur um eventuellen Mißverständnissen vorzubeugen: Ich habe nicht gesagt, daß dies nicht so war. Es gab ja sogar Berichte über KL in den damaligen Illustrierten. Ich habe nur gesagt, daß es nach dem Krieg viele sich "ahnungslose" gebende gab, die behaupteten nichts gewußt zu haben.

    Wenn Du herausfinden könntest, wieviele Personen aus anderen NS-VOrganisationen als Wachleute zur SS gegangen sind, wäre das sicher interessant für mich und andere.

    Besten Dank und Gruß,

    JR

  • Hallo,

    laut Auskunft der KZ Gedenkstelle Neuengamme sind Absprachen zur Rekrutierung der Wachmannschaften für KL zw Himmler und der Reichsleitung der Kyffhäuser in der Literatur bekannt, die Quellenlage aber dünn. Daher würde jeder weitere Beleg, schriftlich oder via oral history helfen.

    Gruß und Dank,

    JR

  • Moin JR,

    es gab wohl damals eine Art "Geflügeltes Wort" in meiner norddeutschen Heimat, und das hatte etwas mit dem

    KL Esterwegen zu tun. https://de.wikipedia.org/wiki/KZ_Esterwegen

    Ich erinnere das Zitat nicht, meine Oma würde das sicher erinnern..?

    Schon der Begriff Esterwegen muß damals ein Angstbegriff, gerade in einem sehr nahen regionalen Bezug gewesen sein,

    den Menschen war mehr oder weniger bekannt, was dort vor sich ging, wer dort verschwandt, und niemals wieder zurückkehrte...

    Die Lokalität Esterwegen habe ich erstmals in den frühen 1980er Jahren pers. gesehen.

    Ein Freund aus Hessen bat mich um einen gemeinsamen Besuch.

    Das war ein merkwürdiger Tag, ein Herbsttag, obwohl sehr nahe meiner ammerländischen Heimat habe ich den Ort niemals wieder besucht.

    Kein Ort, um dort lange zu verweilen...

    Gruß

    Micha

    Edited once, last by Holzkopf (August 15, 2019 at 3:55 PM).

  • Hallo,

    der Kyffhäuserbund wurde umbenannt in Reichskriegerbund und dann in den NS-Reichskriegerbund, wenn ich mich nicht irre. Angeblich störte sich die NS-Führung am Namen. Die Zwangsumbenennungen geschahen, da der KB in in die NS Organisationen hineingepresst wurden, natürlich nicht ohne Zutun der KB-Führung, die oftmals dem NS-System nahe stand. Später wurde der NS-RKB auf Geheiß Hitlers aufgelöst und das Vermögen fiel an des Staat. Die Kameradschaften wurden zu SA-Reserve-Formationen umgewandelt. So erging es auch einer heimischen KB-Kameradschaft die nach dem Krieg wieder neu gegründet wurde. Ab 1933 wurden auch jüdische Mitglieder, die sogar dekorierte Weltkriegsteilnehmer waren diskriminiert, später sogar auf unappetitliche Weise aus der Kameradschaft verbannt.

    Ich bin im Besitz sämtlicher Ausgaben des „Alexander-Blattes“, der Mitgliederzeitung und Mitteilungsblatt des Alexanderbundes, das dem KB / NS-RKB angehörte, es wurde aufgrund des Papiermangels Ende 1944 eingestellt. Von Anwerbungen für KL/Gefangenenlagern habe ich nichts gelesen. Evtl. Könnte es in anderen RKB -Mitgliederzeitschriften passiert sein, auszuschließen ist es nicht. Jedoch wäre dies dann einer sehr großen Leserschaft zu Kenntnis gelangt und wäre dadurch weiter bekannt geworden.

    Beste Grüße

    Andreas

    Beste Grüße, Andreas

    "Die Würde des Menschen ist unantastbar". (Art.1GG)

  • Hallo Micha und Andreas,

    danke für eure Beiträge. Ich war bisher erst 2x in Neuengamme und einmal in Bergen-Belsen. Jedesmal ein beklemmendes Gefühl. Kannte den Alexanderbund bisher nicht. Nach welchem Alexander wurde der benannt? Die Anwerbungsgesuche von denen ich schrieb wurden an die Kreisleitungen per geheimen oder zumindest vertraulichen Rundschreiben übermittelt. Die Kreisleitung hat dann während der Zusammenkünfte auf die Möglichkeit und Bedingungen aufmerksam gemacht.

    Habe heute gehört, daß sich in solchen Zusammenkünften in Dithmarschen (Schleswig-Holstein) niemand gemeldet hatte und dann diejenigen abgeordnet wurden, die neben ihrer Mitgliedschaft im Reichskriegerbund auch in der SA waren.

    Schöne Grüße,

    JR

  • Hallo IR75,

    Der Alexander-Bund war sozusagen der Dachverband der Kriegervereine der ehemaligen „Alexandriner“, der Angehörigen des „Kaiser-Alexander-Garde-Grenadier-Regt. Nr.1“ zu Berlin. Benannt nach dem ersten sogenannten Chef des Regiments, dem Zar Alexander von Russland.

    Es gab den Kriegerverein der ehem. Offiziere des KAGGR1, der ehem. Unteroffiziere des KAGGR1, auch der ehem. Hoboisten (Musiker) d KAGGR1, u.s.w.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Kaiser_Al…-Regiment_Nr._1

    Gruß

    Andreas

    Beste Grüße, Andreas

    "Die Würde des Menschen ist unantastbar". (Art.1GG)

  • Moin JR,

    Es gibt eine ganz makabre Erinnerung an diesen Tag, nahe dem KL Esterwegen.

    Unser Freund zog bei einem Spaziergang im Raum Esterwegen damals einen Leibriemen und ein Koppelschloss der SS aus dem Boden hervor.

    Der Mann hatte ein gutes und geschultes Auge für Militaria.

    Eine merkwürdige Erfahrung, mitten in einem Tannenwald im Nirgendwo, nahe einem ehemaligen KL.

    Ist so eine dieser fernen Erinnerungen, war wohl damals noch möglich?

    Gruß

    Micha

    P.S. Seinen Fund fand ich schon damals "gruselig", anfassen, nein danke!

  • Hallo Andreas,

    daran hatte ich auch gedacht, erinnerte mich aber dann daran, daß die Ehrennamen der Regimenter, die nach nun feindlichen Herrschern benannt waren, diese (und ihre monogrammierten Schulerklappen/stücke) 1917(?) abgeben mußten. Hätte nicht gedacht, daß die Tradition nach dem 1. WK dann doch stärker war und der alte Name wieder "in Ehren" stand.

    Danke für die Info.

    Gruß,

    JR

    PS: Hallo Micha, 2. Post hatte sich überschnitten, wirklich eine besondere Anekdote.

    x1_GardeGrenRegAlexanderkl.jpg

  • Moin JR,

    ich würde es begrüssen, wenn du deine Fotos nicht mehr als "bildfüllend" hier einstellen würdest, das sollte doch möglich sein, oder nicht?

    Gruß

    Micha