Entstehung und Einsatz gepanzerter Kampfgruppen

  • Hallo,

    bereits im I. Weltkrieg ging man dazu über einzelnen Infanterieregimentern schwere Waffen zuzuteilen, um deren Kampfkraft zu verstärken.

    Man kann dies als Vorläufer der im II. Weltkrieg eingesetzten gepanzerten Kampfgruppen sehen.

    Meiner Meinung nach brachte der II. Weltkrieg einen Höhepunkt in der Entwicklung sog. gepanzerter Kampfgruppen.

    Ich denke, dass dies Anlaß genug ist die Entwicklung und den Einsatz gepanzerter Kampfgruppen näher zu beleuchten.

    Es waren die meist schnell für spezielle Aufgaben zusammengestellten, gepanzerten Kampfgruppen, welche unter Zuteilung einer begrenzten Logistik selbstständig auch schwierige Aufträge erledigen konnten.

    Hier nun die Fragen, die wie ich hoffe hier beantwortet werden können:

    > Wann wurden gepanzerten Kampfgruppen gebildet?

    > wie wurden diese gepanzerten Kampfgruppen zusammengestellt, welche Soldaten, Fahrzeuge/Panzer, Bewaffnung, Ausrüstung, Logistik?

    > Wann und wo wurden solche Kampfgruppen eingesetzt?

    > Wurde vor dem Einsatz Aufklärung und Erkundung betrieben oder war dies aus Tarnungsgründen unterblieben?

    > Waren diese gep. Kgr. erfolgreich?

    > Wenn ja, warum waren diese gep. Kgr. erfolgreich?

    > Welche Erfahrungswerte konnten gesammelt und ausgewertet werden?

    > War artilleristische Unterstützung von außerhalb der gep. Kgr. öglich und auch zweckmäßig?

    > War Luftunterstützung erforderlich und zweckmäßig und/oder vorhanden?

    > Welche Vorschriften (jeglicher Art) gab es zu dieser Kgr.?

    Einige Antworten auf die gestellten Fragen oder Ergänzungen zu diesem Thema wären hilfreich, zumal man immer wieder von diesen gep. Kgr. liest, aber ganz selten eine Definition dazu erhält.

    Gruß Karl

  • Hallo,

    dann will ich mal versuchen die nachfolgende erste Frage zu beantworten, indem ich aus "Die Panzergrenadiere" von F.M. von Senger und Etterlin, S. 83 ff. (teils sinngemäß) zitiere :

    > Wann wurden gepanzerte Kampfgruppen gebildet?

    "Schon 1942, in vermehrtem Umfang ab 1943, gingen die Divisionen dazu über, reinrassige Panzerkampfgruppen zusammenzustellen. Da im Durchschnitt die Ostfrontdivisionen nur 1 Panzerabteilung besaßen, bestand die Panzerkampfgruppe in der Regel aus

    - 1 Panzerabteilung ( Durchschnittlich 40 - 60 Panzer)

    - 1 gep. Panzergrenadierbataillon ( etwa 50 - 60 SPW)

    - 1 gep. Artillerieabteilung ( 2 Batterien 10,5 cm "Wespe", 1 Batterie 15 cm "Hummel"

    - 1 Panzerpionierkompanie"

    Dazu trat oft auch noch die Panzeraufklärungsabteilung .......als leichtes Panzergrenadierbataillon. "*

    Es handelt sich also um den Kampf der verbunden Waffen.. Diese vielfach bewährte Gliederung wurde bis Kriegsende in den KStN. nicht aufgenommen, von der Truppe - soweit möglich - aber praktiziert.

    Aus der Gliederung ist ersichtlich, dass gep. Kampfgruppen immer dann zusammengestellt wurden, wenn der Kampf eine Schwerpunktbildung verlangte oder ein Durchbruch durch die Front/Kessel erzielt werden solte.

    * ursprünglich mit "Versorgungspaketen" ausgestattet, erfolgte später eine Ergänzung der gep. Kampftruppe durch Versorgungskräfte.

    Kleine Quellenauswahl:

    Siehe auch hierzu vom gleichen Autor: " Die Wehrmacht im Kampf - Der Gegenschlag"

    Ferner zum Thema:

    Munzel: "Die deutschen gepanzerten Truppen bis 1945"

    Riemannn: " Deutsche Panzergrenadiere"

    Hinzugefügt werden muss, dass die US - Army diese Kampfweise auch praktizierte.

    Gruß Karl

  • Hallo Chris,

    vorab besten Dank. Ich muss aber den Bericht noch in Ruhe lesen , den ich bisher nur überflogen habe.*

    Grüße von Karl und schöne Vorweihnachtszeit.

    * Chris, auf Dich ist immer Verlass, wenn es sachlich sein soll!

  • Hallo Karl,

    erstmals vielen Dank für deine Worte und dir natürlich auch eine schöne Vorweihnachtszeit!

    Insbesondere der Bericht der 13.Panzer-Division sollte von besonderem Interesse sein,da dieser einen Teil deiner am Anfang gestellten Fragen gut beantwortet.


    Gruss Chris

  • Hallo,

    die Zusammensetzung von Panzerkampfgruppen ist in vorhergehenden, von Chris eingestellten, Dokumenten ersichtlich.

    In einem ersten Schritt möchte ich die vordringlichsten Probleme der gepanzerten Kampftruppen ganz kurz und auch nur auf das Wesentliche beschränkt anführen, wie es sich aus den vorstehenden Dokumenten und weiterführender Literatur* ergibt:

    > Der während des gesamten Krieges bestehende Mangel an gep. MTW, besser SPW konnte nie behoben werden. Das bedeutete ein ständiges Ab - und Aufsitzen der Panzergrenadiere und somit eine wesentliche Verlangsamung der Angriffsspitzen der Pz. Kgr. und damit den Verlust des Überraschungmoments. Die Flanken konnten nicht ausreichend gesichert werden.

    > Das Schießen vom Sonder Anhänger 201 stellte den Ausnahmefall dar. Das Abprotzen der 8,8 cm Geschütze stellte dieselben Probleme an die Kampfgruppe wie vorstehden angeführt, nämlcih Zeitverlust und zusätzlich die exponierte Stellung durch hohe Aufbauten.

    >Die während des gesamten Krieges fehlenden Nachrichtenmittel erschwerten die Verbindungshaltung- bzw. Aufnahme und die Führung, insbes. des schnellen Vorstosses der gep. Kgr.

    .

    > Die zu schwache Ausstattung der Pz. Kgr. mit meist nur einer Pz. Kp. bzw. Abt., selten ein Regiment - und das war noch zu wenig ( Im Osten), führte zu einem nur sehr begrenzten Operationsziel . ( Pz. Kgr. hatten stets begrenzte Operationsziele, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten lagen; sofern sich keine Erfolgsaussichten zu einem tieferen Stoß in die feindl. Liniene ergab, jedoch ergaben sich sehr schnell Grenzen des Operationsziel durch zu schwache Panzerkräfte - Ausfälle bedenken!).

    > Die - wegen fehlender Kräfte stete Durchmischung von Pz. Kgr. aus versch. Einheiten/ Divisionen führte zu keiner organischen Einheit, was zu Verständigungsproblemen und solchen bei der Zuteilung führte ( Fremdeinheiten wollten schnell zu ihrer Stammeinheit zurück, schwierige Kommunikation unter "Unbekannten").

    > Die Sfl. waren zu langsam um der Kgr. folgen zu können, weil untermotorisiert oder veraltete Fahrgestelle. Eigentlich hätten die schneller sein müssen, da die Schießhalte noch verzögerten. ( Ein ständiges Problem bei allen gep. Fahrzeugen).

    > Die nachfolgende Infanterie, wenn der erkämpfte Raum gehalten werden sollte, war meist personell zu schwach, so dass sich die feindl. HKL wieder schloss und die Kgr. meist ( Lt. Berichtslage) zwar Vernichtungserfolge verzeichnen konnte, aber sich dann oft dem Problem des Zurückkämpfens und es dann wieder verlorenen Raumes gegenübersah.

    ERGÄNZUNGEN und Korrekturen sind erwünscht.

    Middeldorf: "Handbuch der Taktik" und " Taktik im Rußlandfeldzug" u. A.

    Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass dieses Thema derart umfassend ist, dass es nicht mal so kurz abgehandelt werden kann. Dem darüber hinaus interessierten Forumsleser wird daher empfohlen die o. a. Literatur und weiterführende Literatur und Dokumente hinzuzuziehen.

    Grüße von Karl

  • Hallo,

    Middeldorf hat in "Taktik im Rußlandfeldzug" u. a. folgende Grundsätze und Kriterien für die Panzerlampfgruppe (Gepanzerte Kampfgruppe/ Gemischte Kampfgruppe) - hinküntig hier nur noch "GK" genannt, niedergelegt:*

    Die Zusammenarbeit zwischen Panzer und Panzergrenadieren ist zum kampfentscheidenden Faktor der KG geworden. ( Einschl. Artillerie)

    Die GK kann nie eine operative Entscheidung herbeiführen. ( Insofern sind dies auch immer taktische Einsätze).

    > Panzergeeignetes Gelände und gute Sicht

    > In der KG müssen die gep. Teile überwiegen

    > Niederkämpfung von Pakfronten Aufgabe der Artillerie

    Der Angriff der Panzer bringt die Entscheidung!

    1. Alternative:

    "Die erste Welle erreicht in höchster Geschwindigkeit, im Fahren aus allen Rohren und MG feuernd, die feindliche Stellung, durchbricht sie unter Vermeidung jeden Nahkampfes und vernichtet die feindl. Panzerabwehr." (An anderer Stelle: Notwendig: Vorbereitunsfeuer der Artillerie)

    "Die zweite Welle mit unterstellten Teilen der Pz. Gren. (aufgesessen) gibt zunächst Feuerschutz für die erste Welle aus versteckten Feuerstellungen durch Punktfeuer auf dei vordersten Feindnester und Pz. Abwehrwaffen. Sie folgt der ersten Panzerwelle unverzüglich, wenn diese in die feindl. Stellung eingebrochen ist um gemeinsam mit den ihr unterstellten Teilen die feindl. Stellung zu säubern und die Einbruchstelle nach der Seite zu erweitern......" ( Die SPW haben zusätzlich die Flankendeckung zu gewährleisten; vor allem in der ersten Welle. Die zweite Welle hat dafür zu sorgen, dass die feindl. Front/HKL nicht wieder geschlossen wird, indem die Feindkräfte im Durchbruchsraum zu vernichten sind)

    Fortsetzung - zwei weitere Alternativen - folgt.

    Gruß Karl

    * Wiedergabe in gekürzter und teil eräuternder Form durch D.U.

  • Hallo,

    ein Einschub zur zusätzlich genutzten Literatur:

    > H. Dv. 67: "Zusammmenarbeit der Waffen der Panzerdivision"

    > H.Dv. 487:" Führung und Gefecht verbundener Waffen"

    > H.Dv. 300/1 " Truppenführung" Abschnitt: "Angriff"

    > MGFA: "Deutsche Militärgeschichte" Bd. IX

    Gruß Karl

  • Hallo,

    2. Alternative:

    Panzergergenadiere - meist aufgesessen voraus, Panzer folgen.

    Eignet sich besonders bei dichtem oderstark bedeckten Gelände, feindl. Minenfeldern etc.

    3. Altenative:

    Panzer und Panzergrenadiere greifen aus verschiedenen Richtungen an und treffen sich im Ziel.

    Nur für Truppen mit hohem Ausbildungsstand geeignet, dazu geignetes Gelände und gute Sicht erfoderlich.

    4. Alternative:

    Panzergrenadiere voraus, wie 2. Alternative, allerdings alle abgesessen, Panzer folgen!

    Anzuwenden bei Befestigungen, Waldkämpfen, Sumpfgelände.

    5. Alternative:

    Panzergrenadiere greifen alleine an - Panzer geben Feuerschutz.

    Dies ist die schlechteste Alternative. Sie ist nur anzuwenden, wenn die Grenadiere die artilleristische Unterstützung durch Panzer erhalten müssen, da die Artillerie fehlt.

    Luftunterstützung:

    > Schaffung/Erhaltung der Luftüberlegenheit (ggf. auch nur begrenzt/örtlich zur Aufklärung und zum Schutz sowie der Unterstützung der Angriffshandlungen der gep. Kampfgruppe - taktische Unterstützung auf dem Kampffeld.

    In Einzelfällen Luftversorgung der gep. Kampfgruppe.

    Grundsätzlich gilt:

    Dies sind keine starren Regelungen. Die Alternativen bzw. Kampfformen können nacheinander, gemischt oder einzeln - je nach Lage - angewandt werden.

    Schlußbemerkung:

    Dem aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein, dass die anfangs gestellte Frage zur Luftunterstützung nur einen begrenzten Eingang in die Abhandlung gefunden hat.

    Middeldorf hat der "Zusammenarbeit Heer -Luftwaffe" ein eigenes Kapitel gewidmet, das ich vorstehend nur insofern erwähn habe, soweit es die Unterstützung von gep. Kampfgruppen betrifft.

    Das wäre der grobe Überblick möglicher Kampfarten, wie sie im Ostfeldzug im Rahmen von Kampfgruppen zur Anwendung gelangten.

    Vorstehende Textauszüge aus Middeldorf, Eike: "Taktik im Rußlandfedzug" können und möchten nur einen Überblick über das Gasamtwerk vermitteln, das ich für Interessierte sehr empfehlen kann.


    Weiterführende Literatur:

    Schneider: " Panzertaktik"

    Munzel: "Die deutschen gepanzerten Truppen bis 1945"

    Pöhlmann: " Der Panzer und die Mechanisierung des Krieges" (Auch Fallbeispiele)

    Rieman: " Deutsche Panzergrenadiere"

    Lucas/Cooper: "Panzergrenadiere im Zweiten Weltkrieg"

    Senger und Etterlin:" Die Panzergrenadiere"

    Steiger: "Panzertaktik 1939 - 1941" ( Achtung: Entstehung der gepanzerten Kampfgruppen hier noch nicht berücksichtigt)

    Auf die o. a. H.Dv´en sei erneut hingewiesen.

    (Willürliche Auswahl)

    Gruß Karl

  • >Die während des gesamten Krieges fehlenden Nachrichtenmittel erschwerten die Verbindungshaltung- bzw. Aufnahme und die Führung, insbes. des schnellen Vorstosses der gep. Kgr.

    .

    Hallo,

    dies war m.E. das schwerwiegendste Defizit.

    Wenn man sich die Rückkämpferberichte nach dem Zusammenbruch der HG Mitte durchliest, ist festzustellen das alle Komponenten, Panzer, Sturmgeschütze, SPW, Flak, Artillerie, Infanterie etc. vorhanden waren, einschließlich entsprechender Offiziere.

    Allerdings war es aufgrund fehlender Nachrichtenmitteln schier unmöglich koordiniert vorzugehen um den Rückzugsweg freizukämpfen und zu sichern.

    Gruß Dieter

  • Hallo Dieter,

    Deine Ausführungen:

    fehlender Nachrichtenmitteln

    werden in dem Bericht " Erfahrungen der 13. Pz. Div.", den Chris eingestellt hat, in Ziffer 2) b und Ziff. 3, Abs. 3. , voll bestätigt.

    Ich glaube auch, dass die Zusammenstellung der gep. Kgr. insofern schwierig war, denn wie allgemein bekannt, gab kein Einheitsführer Teile seiner Kräfte ab. Schon garnicht, wenn die Lage gespannt war.

    Deshalb daraus die Erkenntnis, dass gep. Kgr. selbständige Einheiten mit eigenständiger Versorgung ( Aushilfsweise Versorgungspakete) sein müssen, die auftragsgemäß handeln, aber eigenständig operieren um Durchbrüche.zu erzielen.

    Hier wage ich einmal die These: "" Führung durch Eigenintitaive" oder aber "Auftragstaktik im operativen Rahmen".

    Gruß Karl

  • Hallo Karl,

    vielen Dank fürs Einstellen.

    Schau mal bitte Seite 3 Bildunterschrift "Deutsche Panzer in der Schlacht von Charkow 1944", m.E. nicht korrekt, wurde Charkow nicht im Aug. 43 nicht endgültig von der RA zurückerobert?

    Gruß

    Dieter