Vorteile einer 12-jährigen Verpflichtung (1942)

  • Tag allerseits,

    die Begeisterung für das Militär und damit für die BW war 1955 ganz unterschiedlich.

    Da bewarben sich Kriegsbeschädigte (ich kenne den Fall eines Unterschenkelamputierten) bei der BW und die wurden z.T. auch genommen.

    Andere wiederum - auch ehemalige Offiziere der Wehrmacht - lehnten die Wiederanstellung bei der BW ab; sie hatten nach dem Krieg "buchstäblich die Schnauze voll..."

    Die ersten Soldaten der BW in Uniform wurden 1955/56 als "Blankschweine" angepöbelt. Da kam bei ehemaligen Soldaten der Wehrmacht wenig Interesse auf, zur BW zu gehen.

    Gruß

    Bert

  • Hallo,

    (ich kenne den Fall eines Unterschenkelamputierten) bei der BW und die wurden z.T. auch genommen

    ich kannte einen OTL, der bei Brest 1944 ein Auge verloren hatte. En anderer mir bekannter OTL hatte einen Arm im Krieg verloren.

    Andere wiederum - auch ehemalige Offiziere der Wehrmacht - lehnten die Wiederanstellung bei der BW ab; sie hatten nach dem Krieg "buchstäblich die Schnauze voll..."

    Mein Vater zählte auch zu diesen. Er hatte vom Soldatsein auch total die Schnauze voll, vor allem, dass er 1940 zu einer kurzzeitigen Übung einberufen worden war. Die dauerte dann sieben Jahre und drei Monate. Und danach noch zehn Jahre Diät.

    Gruss

    Rainer

    Suum cuique

  • Hallo zusammen!

    So ging es auch meinem Vater, er hatte genug von Barras und Krieg, außerdem war er bei Kriegsende "schon" 32 Jahre alt.

    Auch mochte er keine Waffe mehr in die Hand nehmen; auf dem Rummelplatz wollte ich immer, dass er was für mich schießt, keine Chance!

    Dachte manchmal, vielleicht könne er nicht gut schießen, heute sehe ich die Schützenschnur auf den Bildern in Uniform und weiß es besser.

    Gruß Cristiane

    "Feigheit ist die Mutter der Grausamkeit" Montaigne

    Suche Einsatzorte 3./schwere Artillerie Abt. 848 ab Juni 1943

  • Hallo,

    außerdem war er bei Kriegsende "schon" 32 Jahre alt.

    meiner war knapp 34 Jahre alt und als er 1954 gefragt wurde in eine neue deutsche Armee einzutreten, war er neun Jahre älter. Er hat lieber in seinem vor dem Krieg erlernten Beruf weitergemacht. Und da wurde er A 15.

    Auch mochte er keine Waffe mehr in die Hand nehmen;

    na ja, das hat er auch nicht gemacht, aber er hatte nichts dagegen, dass ich bei der BW RO wurde, obwohl ich das nicht so vorgeplant hatte. Als ich Leutnant d. R. wurde, war er aber doch etwas stolz und ich kam aber vom Regen in die Traufe.

    Gruss

    Rainer

    Suum cuique

  • Hallo,

    hier einmal einige interessante Zahlen aus dem Buch " Das kleine Buch vom Deutschen Heere " von 1901 . Hier die Unteroffiziere :

    Monatliche Löhnung in Mark von

    Unteroffizier 21,60

    Sergeanten 32,10

    Vicefeldwebel 41,10

    Feldwebel 56,10

    Dazu freie Unterkunft, ärztliche Versorgung und ein Beköstigungsgeld von 13 Mark monatlich. Reich werden konnte man so mit Sicherheit nicht. Allerdings war hier nach 12 jähriger Dienstzeit der " Zivilversorgungsschein " zur Dienstanstellung bei den Behörden interessant. Des weiteren die Pensionen bei Invalidität . Immerhin bekam ein Feldwebel je nach Grad der Invalidität zwischen 15 und 42 Mark monatlich. Ein Unteroffizier zwischen 9 und 33 Mark monatlich. Überstieg das spätere Einkommen bei Übernahme in den Staatsdienst bei Feldwebeln jährlich nicht 1400 Mark, bei Sergeanten und Unteroffizieren 900 Mark, wurde die Pension anrechnungsfrei weiter gezahlt.

    Allemal waren die Absolvierung der 12 Jahre ( in Friedenszeiten ) als lukrativ anzusehen. Allerdings konnte beispielsweise laut dem obigen Buch ein Sanitätsunteroffizier erst frühestens nach 7 Jahren Sergeant werden. Mit 21,60 konnte man also schlecht eine Familie gründen. Auch wenn die damalige Mark eine ganz andere Kaufkraft hatte als heute der unselige Euro. Auf jeden Fall waren die gewährten Pensionen höher als die staatliche Rente, welche erst ab dem 70. Lebensjahr gezahlt wurde. Die erreichten damals nicht allzu viele.

    Gruß Andreas

  • Hallo Huba,

    Auszüge dieser " Untersuchung " oder auch " Feststellung " befanden sich in einer Autobiographie, welche sich in meiner Bibliothek befindet. Allerdings hat diese derzeit ca. 600 Bücher größtenteils militärischen Inhaltes , so das eine genaue Zuordnung derzeit etwas schwer fällt. Auf jeden Fall habe ich diese Angabe mit eigenen Augen gelesen und nicht über " Dritte " gehört. Es müsste sich dabei um die Fronterlebnisse eines Lazarettarztes an der Ostfront handeln.

    Da ich ja selber Berufsoffizier in zwei deutschen Armeen war, kann ich eine solche Angabe gut einordnen. So berechneten wir bereits in den achtziger Jahren an der Offiziersschule die Überlebenschance eines Panzergrenadiers der BW im Angriff auf einen gleichwertig ausgerüsteten Gegner mit höchstens 12 Minuten. Dergleichen würde wohl auch für einen damaligen Mot. Schützen der NVA gegolten haben. Ich lernte daraus, das die Planung und Durchführung von Kampfhandlungen grundsätzlich auch ein mathematisches Problem ist. Wer nicht rechnen kann ist als Kommandeur fehl am Platz.

    Gruß Andreas

  • Hallo Andreas,

    verzeih die "dumme Zwischenfrage" meinerseits, aber:

    In welchem zwei Armeen hast du denn bitte gedient, wenn du nicht vor der Wende in der NVA (und dann später in der Bw) warst ?

    Warst du noch Offizier der Wehrmacht ? Reine Neugier :)

    Danke und beste Grüße aus Bonn,

    Manfred

  • Hallo Manfred,

    mein militärischer Werdegang :

    Leutnant NVA Mot. Schützen

    Oberleutnant zur See NVA Volksmarine

    Oberleutnant zur See Bundesmarine.

    Logischerweise waren das zwei verschiedene deutsche Armeen. Ich habe dann später auf eigenem Wunsch die BW verlassen, da das " Wechseln " des " Arbeitgebers " quasi über Nacht nicht mein " Ding " war. Das hatte keinerlei ideologische Gründe. Nunmehr trage ich wiederum eine Uniform, aber das ist eine andere Geschichte. Im Übrigen bekam ich schon dazumal sehr schnell mit, das die BW eine reine Bürokratenarmee war und heute noch mehr ist. Der aktuelle Zustand dieser ist grauenvoll. Zu DDR Zeiten hätten schon längst einige Verantwortliche in Hohenschönhausen oder im Zuchthaus Brandenburg gesessen. Ich erinnere mich noch an den ersten BW Offizier, einem Korvettenkapitän, als wir dem unsere Hallen mit den Gefechtsfahrzeugen zeigten. 1a gepflegte Kampftechnik, vollständig auf munitioniert und betankt. Der war sichtlich beeindruckt. In diesem Zusammenhang:

    Ein mot. Schützenregiment mit 3 Bataillonen Mot.-Schützen und einem Panzerbataillon, also 96 SPW 70 oder BMP 1 sowie mit 32 Panzern T 72 war nach 45 min mit den Kampftruppen völlig gefechtsbereit und begann seine Bewegung in den sogenannten Ausgangsraum. Das wurde immer wieder geübt. Das bei allen 4 Mot. Schützen Divisionen und 2 Panzerdivisionen der NVA. Dazu mussten ständig mindestens 85 % des Personalbestandes der Einheiten rund um die Uhr in den Kasernen verbleiben. Wir scherzten oft, doch an einem Freitagnachmittag anzugreifen, da man da nur in den bundesdeutschen Kasernen die Namensschilder an den Türen auszutauschen brauchte. War eh keiner da. ( War aber wirklich nur Quatsch nach etlichen Flaschen Bier und Goldbrand. )

    Ich hoffe, ich konnte dir was interessantes darlegen.

    Gruß Andreas

  • Hallo Andreas,

    vielen Dank für deine Antwort. Sie war sehr aufschlussreich.

    Beste Grüße,

    Manfred

    P.S.: Das mit Hohenschönhausen und Brandenburg ist natürlich deplatziert.

    Edited once, last by Vergessen 23 (March 16, 2019 at 7:16 PM).

  • Hallo Andreas!

    Ich hätte da bezüglich zu den heutigen Verantwortlichen in der Bundeswehr mal eine Frage.

    Da ich nur einfacher Stabsunteroffizier in einer Instandsetzungskompanie der Bundeswehr war, möchte ich mich im Voraus für meinen beschränkten Horizont entschuldigen.

    Der Aufenthalt im Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen oder im Zuchthaus Brandenburg hätten aus diesen Menschen bessere Staatsbürger gemacht, oder wie darf ich die Aussage von dir verstehen?

    Gruß

    Christian

    Suche Informationen über die 170. Infanteriedivision

  • Hallo Christian,

    möchte ich mich im Voraus für meinen beschränkten Horizont entschuldigen.

    ...nimm das doch bitte zurück. So etwas musst Du nicht schreiben. Stell " Dein Licht nicht unter den Scheffel" wie man so sagt.

    Bedenke wer alles zum FdW Zugang hat!:rolleyes:

    Gruß Karl

  • Hallo Karl!

    Verstehe mich bitte nicht falsch, aber ich werde meine Aussage nicht zurückziehen!

    Ich habe Hohenschönhausen als Soldat besuchen dürfen.

    Die Aussage von Andreas empfinde ich als Schlag ins Gesicht für alle dort zu Unrecht eingesessenen.

    Von einem "deutschen Offizier" erwarte ich persönlich etwas anderes.

    Gruß

    Christian

    Suche Informationen über die 170. Infanteriedivision

  • Hallo Christian,

    leider hastDu mich total falsch verstanden.....

    Ich wollte doch nicht, dass Du Deinen Beitrag zurücknimmst.

    Ich meinte Du sollst Dich nicht dahingehend entschuldigen, dass Du, wie Du selbst schreibst einen " beschränkten Horizont " hast....., wie Du das oben getan hast.

    Du bist doch ein intelligenter Mensch!

    Gruß Karl

  • Hallo Karl!

    Ich dachte nur, dass mir als einfacher Stabsunteroffizier eventuell die Weitsicht fehlt.

    Da hatte ich um Aufklärung durch Andreas als ehemaligen Offizier gehofft.

    Vielleicht könnte er mir die Vorzüge des Aufenthaltes in Hohenschönhausen im Detail erläutern.

    Nimm es mir bitte nicht krumm, Karl!

    Gruß

    Christian

    Suche Informationen über die 170. Infanteriedivision

  • Hallo jonny3/141,

    zu DDR Zeiten war die massive Gefährdung der ständigen Gefechtsbereitschaft einer Kampftruppe so ziemlich eines der schwersten "Verbrechen", angesiedelt fast auf gleicher Höhe von Landesverrat. Für die " niederen " Ränge gab es das Militärgefängnis Schwedt, was in dem Fall eines verantwortlichen Kommandeurs nicht ausgereicht hätte. Für so eine " Schwere " der Tat wäre die " Verwaltung Aufklärung " , also der Militärgeheimdienst der NVA, zuständig gewesen. Dieser war unmittelbar der Staatssicherheit untergeordnet und arbeitete ihr auch zu. Insofern wäre ein möglicher " Verdächtiger " mit Sicherheit in Hohenschönhausen gelandet. Als Strafverbüßung dann das schäbigste und brutalste Zuchthaus der DDR, Brandenburg. Dieses hätte natürlich keinen besseren Menschen aus denjenigen gemacht, das war aber das " Mao- Prinzip " aller Kommunisten : Bestrafe einen und erziehe Hundert.

    Du kannst dich also wieder einkriegen in deiner " Empörung ". So waren halt in der DDR die " Spielregeln ". Jeder wusste das. Die Russen waren da nicht ganz so entspannt. Da gab es schnell mal die Kugel.

    Für Rainer:

    Das war natürlich nicht der " normale " Werdegang. Allerdings diente ich als junger Offizier in der einzigen Einheit, welche in der NVA als Seeanlandungseinheit ausgebildet wurde. Wir trainierten mit den 12 in Peenemünde/ Usedom stationierten Landungsschiffen mehrmals im Jahr. Irgendwann wurden wir dann vollständig von der Volksmarine übernommen. Warum wir diese Anlandungen übten, erfuhr ich erst nach der Wende: Gemeinsam mit polnischen Landungsschiffen und Einheiten sollten wir Dänemark besetzen und so die nördliche Flanke der Nato Verbände bedrohen. Zu diesem Zweck und Vorbereitung bereisten jahrelang " Touristen " Dänemark und fotografierten und klärten die für uns vorgesehenen Landungsabschnitte auf.

    Gruß Andreas

  • Hallo Andreas!

    Ich werde mich hier nicht "einkriegen",

    da du mir die Vorzüge dieses Erziehungssystems, für unsere jetzige Gesellschaft leider noch nicht erläutern konntest.

    Gruß

    Christian

    Suche Informationen über die 170. Infanteriedivision

  • Guten Morgen Christian,

    also noch ein Versuch. Ich habe in meinen Beiträgen nie behaupten wollen das irgendetwas besser oder schlechter sei. Ich wollte lediglich die Unterschiede darstellen, was die Konsequenzen damals im Gegensatz zu heute gewesen wären, was die Frage der Einsatzbereitschaft von militärischen Truppenteilen betrifft. Und das ganz ohne ideologische Verwirrungen. Also einfach nur Tatsachen. Privat darf ich noch anfügen, das ich schon während meines Studiums zweimal versuchte , die Armee wieder zu verlassen. Mir waren die Zustände und die ständige ideologische Beeinflussung als selbstständig denkender Mensch einfach suspekt. Dazu vielleicht abschließend noch eine kleine "Anekdote" aus der Wendezeit 1989: In diesen Tagen wurden wir alarmiert und durften eines Tages die Kaserne nicht mehr verlassen. Uns wurde sogar verboten, nachts die Kampfmontur abzulegen. Die Kalaschnikow mit Munition lag ständig unter dem Feldbett griffbereit. Ohne Zweifel wollte man uns irgendwo einsetzen, wahrscheinlich gegen die Demos. In trauter Runde diskutierten wir darüber und beschlossen, uns einfach zu besaufen. Damit wären wir nicht mehr einsatzfähig gewesen. Allerdings hätte das ungeahnte persönliche disziplinarische Folgen haben können. Befehlsverweigerung ( das war es in diesem Falle ja auch ) wurde schwer bestraft. Es geschah aber seitens der Regimentsführung nichts. Es wurde einfach vertuscht. Offensichtlich war denen die aktuelle Lage auch nicht ganz " geheuer ". Es gab durchaus im damaligen Politbüro Individuen, die hätten schießen lassen. Glücklicherweise wurde dem durch verantwortliche Generäle eine klare Absage erteilt.

    So, nun nochmals meine Aufforderung an dich , dich doch noch " einzukriegen ". Ich habe dich nicht persönlich angegriffen sondern einfach nur die damalige " Wirklichkeit " dargestellt. Diese können wir alle nicht mehr ändern. Trotzdem spannende Diskussion.

    Schönen Sonntag noch.

    Gruß Andreas