Wie beschaffe ich Literatur zu einem Thema

  • Literaturbeschaffung
    Grundlage:
    Man unterscheidet zwischen Quellen und Sekundärliteratur bzw. Literatur. Was eine Quelle ist und was Sekundärliteratur entscheidet die Fragestellung.
    Quellen sind aber das Ursprüngliche, das Originäre. Als Beispiel: Der Befehl zum Angriff vom OKW befindet sich im Archiv XY. Damit ist dieses Dokument für mich eine Quelle.
    Andere Quellenarten sind neben gedruckten Dokumenten u.a. handschriftliche Überlieferungen, Bauwerke, Überreste, Zeugen usw...
    Zur Vertiefung http://de.wikipedia.org/wiki/Quelle_%2…wissenschaft%29 (Geschichtswissenschaft)

    Beschäftige ich mich mit Stalingrad, dann ist ein Buch über Stalingrad (was nat. auf Quellen basiert, siehe Wissenschaftliche Arbeit hier im Forum) Sekundärliteratur. Das gleiche Buch kann aber auch eine Quelle sein, nämlich dann, wenn mein Thema nicht „Stalingrad“ sondern: „Stalingrad in der Geschichtsschreibung“ ist. Die Fragestellung bestimmt also, was eine Quelle ist und was nicht.


    Der Satz ist legendär und jedem Studenten vertraut: Herr Professor, ich kann das Referat nicht halten, es gibt keine Literatur zu meinem Thema „Der belgische Bienenzüchter im 18. Jh. und seine Konkurrenz zum Brauereiwesen“. Ich habe es in den OPAC eingetippt und es kamen null Treffer…
    Je komplexer ein Thema, desto wahrscheinlicher ist es, dass kein Buch EXAKT zu einem Thema bereits verfasst wurde, was also tun?
    Das Beschaffen von Literatur nennt man „bibliografieren“. Es gibt zwei Arten von bibliografieren (bib)
    - Das systematische bib.
    - Das unsystematische bib.

    Die erste Methode ist oftmals in der Praxis nicht zu bewältigen; gerade zu dem Themenkomplex NS-Zeit erschienen und erscheinen unzählige Veröffentlichungen.
    Wer dennoch so vorgehen will, sollte mit Michael Ruck´s: Bibliografie zum Nationalsozialismus anfangen. (der wird auch regelmäßig erweitert)
    ALLE Veröffentlichungen systematisch zu erfassen, ist, wie gesagt, so gut wie unmöglich.

    Was „usus“ ist, ist das unsystematische bib., dies hat den Vorteil, dass man „nur“ einen Treffer braucht, um weiter zu machen. Wie muss man sich das vorstellen!?

    Nehmen wir mal an, ich interessiere mich für den Widerstand der Jugendbewegungen in Köln.
    Dann kann ich im OPAC nach dem Begriff Widerstand + Jugend + Köln suchen, wohl ohne Ergebnis. Daher such ich ein Buch zum Thema Widerstand allgemein. Dort finde ich dann auch ein Kapitel zum Thema Widerstand der Jugend. In einer Fußnote wird dann auf ein weiteres Buch hingewiesen, Widerstand der Jugend. Dann besorge ich mir das Buch und voilá, dort gibt es sogar einen Artikel z.B. zu den Edelweißpiraten. In dem Artikel tauchen nun weitere Literaturhinweise auf, denen ich dann nachgehen kann.
    Schnell merkt man, dass nach und nach immer wieder die gleichen Autoren und Werke auftauchen.
    Also schaue ich in den OPAC und IBZ, was der Autor darüber hinaus noch veröffentlicht hat.


    Am besten kann man mit Fachlexika einsteigen, weil diese am Ende auch immer Literaturhinweise geben und dann geht es von da aus weiter, siehe oben.

    Der andere Einstieg ist über eine Metasuchmaschine, das heißt, diese durchsucht nicht nur einen OPAC, sondern fast alle relevanten.
    Dazu bietet sich der Karlsruher Verbandskatalog an, (KVK) hier:
    http://www.ubka.uni-karlsruhe.de/kvk.html

    Also erstmal mit Hilfe eines Fachlexikons oder KVK einen Einstieg zu einem Thema finden. Dann die Bücher organisieren und dann im Literaturverzeichnis weitersuchen. Ein Historiker guckt also bei einem neuen Buch erstmal in das Literatur und Quellenverzeichnis, weil ihm dies weiterhilft, es sei denn, das Buch geht mehr in die Tiefe, als die Bücher davor.
    Man nennt das ganze Schneeballsystem (diesmal aber ohne Geld und Glückspyramide).

    Wie organisiere ich mir Bücher? Viele user fragen, lohnt es sich, das Buch zu kaufen: Meiner Meinung nach: „Nein“. Es sei denn, es handelt sich um ein Standardwerk oder – was sehr selten ist- um ein Buch, in dem das eigene Thema intensiv beleuchtet wird. Wie also an ein Buch herankommen? Entweder in einer Stadtbücherei nachschauen oder in der nächsten Uni-Bibliothek. Ist das Buch nicht verfügbar, hat man bei beiden Stellen die Möglichkeit, das Buch via Fernleihe zu bekommen. An einer Unibib. in NRW kostet dieser Service meist nur 1,50 Euro und man kann das Buch i.d.R. 4 oder 8 Wochen ausleihen. (ein Bibliotheksausweis kostet an der Uni ebenfalls i.d.R. keine Gebühr, schon gar nicht, wenn man in der Stadt/Bundesland (bei Landesbibs.) wohnt.

    Neben Monografien/Sammelbänden usw. gibt es auch noch Zeitschriftenliteratur. Die kann man zwar auch via KVK abfragen, aber meist ist dies sehr ungenau. Es empfiehlt sich auf die IBZ/Jade zuzugreifen. IBZ = Internationale Bibliografie der Zeitschriftenliteratur. Dort finden sich alle Zeitschriftenaufsätze der wichtigsten Zeitschriften im deutschsprachigen Raum. Für andere Länder und für spezielle Themenbereiche gibt es auch noch andere Datenbanken, dazu lässt man sich am besten in der Bib. beraten. Es gibt nämlich einen Pferdefuß, die Datenbankennutzung kostet Geld. Ein Zugriff ist also in der Regel nur an der Uni selbst möglich (kostenlos). Manche Unis bieten aber einen VPn Client an, wovon man dann von Zuhause aus bequem arbeiten kann :D

    Zusammenfassung
    1. Fachlexikon oder Standartwerk
    2. OPAC bzw. KVK mit Stichworten füttern
    3. Schneeballsystem in Gang bringen
    4. Noch mal im OPAC nach Autoren suchen, die einem aufgefallen sind
    5. Die Autoren in der IBZ eingeben
    6. Die IBZ mit Stichwörtern abfragen

    Hat man nun Literatur gefunden, ist sich aber unsicher, ob das Buch etwas bringt oder ob es überhaupt seriös ist (und man nicht 20 Fernleihen - für viel Geld - auf einmal losschicken will), gibt es die Möglichkeit zu gucken, ob jemand schon mal eine Rezension zu dem Thema verfasst hat. Die H-sokult Liste und sehpunkte sind sogar kostenlos und Online im Netz zu finden. (Als Service von mir stelle ich ja immer eine Zusammenfassung zum Thema Drittes Reich ins Forum)
    Effektiver aber ist die Abfrage der IBR? Internationale Biografie der Rezensionen.
    Dies ist eine Datenbank, die ebenfalls kostenpflichtig ist, also via Uni-Opac oder via VPn Client kostenlos nutzbar. Dort gibt man einfach das Buch ein, und wenn Rez. vermerkt sind, dann tauchen diese auf. Was nun?
    Mit c+p die Zeitschrift im opac suchen (am besten via ISSN NICHT ISBN), dann die Daten notieren; also Standort, Band, Jahr usw. und los geht’s zu dem Zeitschriftenbestand, danach kann man ja immer noch entscheiden, ob man das Buch via Fernleihe bestellen möchte oder nicht. Ist die Zeitschrift nicht in der Bib., kann man sich den Aufsatz auch via Fernleihe bestellen. Da ist es aber in der jüngsten Zeit zu Problemen wegen Copyright gekommen, einfach mal in der jeweiligen UB nachfragen.

    Viel Spaß mit dem Schneeballsystem!

    PS: Achtung, jeder OPAC hat ein anderes Format für die Trunkierung!
    Trunkierung ist sehr wichtig und sollte auf jeden Fall großzügig angewandt werden!
    http://de.wikipedia.org/wiki/Trunkierung

    @ Mods. Bitte festpinnen!
    Anmerkungen und Kritik via PN, danke!

    Glück Auf!
    "Basil"

    "Ich bin ein Egoist und kümmere mich nicht um andere?. Sogar behinderte Delphine kommen zu mir, um mit mir zu schwimmen" (Stromberg)

    Edited 2 times, last by basil (March 15, 2008 at 6:41 PM).

  • Hallo Jens!
    Ich habe bewusst diese Links nicht reingesetzt, weil es ja auch noch andere Anbieter gibt und es gerade Rechtliche Probleme bei subito usw.. gibt.
    Zu google gibt es auch von deutschen Anbietern Projekte (Universitäten)
    Und ZVAB hat sich aus der Buchsuche bei sfb ausgeklinkt...


    @ Mods.
    Mir wäre es lieb, wenn die letzten Beiträge gelöscht würden.
    Wie gesagt, ich möchte hier nicht für kommerzielle Anbieter Werbung machen, da hat auch jede Uni andere Partner und Möglichkeiten.
    Vielleicht macht sich ja jemand die Mühe und erstellt mal eine Linksammlung zum Thema, wo bekomme ich Bücher günstig her usw...

    Hier geht es nur um die Systematik und die Datenbanken, die jedem UB Benutzer zur Verfügung stehen!

    @ Jens: ich hoffe du bist einverstanden!?

    Glück Auf!
    "Basil"

    "Ich bin ein Egoist und kümmere mich nicht um andere?. Sogar behinderte Delphine kommen zu mir, um mit mir zu schwimmen" (Stromberg)

    Edited 3 times, last by basil (March 15, 2008 at 7:29 PM).

  • Hallo zusammen,

    ich schließe das Thema zunächst einmal, es ist ein Hilfethema und Ergänzungen und Erweiterungen werden von Basil bearbeitet. Hinweise also bitte per PN an Basil, er wird das dann einpflegen.

    Soll kein "Abwürgen" oder "Zensur" sein, sondern nur der Übersichtlichkeit und Aktualität dienen.

    Gruß,
    Arnold

  • Update

    Nach Anregung vom User Jens hier noch ein paar Hinweise:

    Aufsätze können auch von kommerziellen Dienstleistern gegen Entgelt bestellt werden. (Allerdings gibt es durch die Änderung der Urhebergesetze einige Probleme.)
    Manche Anbieter arbeiten mit Universitäten zusammen, so dass eine Nachfrage an der Infotheke der jeweiligen UB lohnt.
    Kommerzielle Anbieter findet man mit Suchmaschinen leicht im Netz.

    Google hat sich zum Ziel gesetzt, viele Bücher zu digitalisieren, Google ist damit aber nicht alleine, auch andere Anbieter versuchen dies.
    Siehe u. a. http://www.spiegel.de/netzwelt/tech/0,1518,416922,00.html

    Wer gebrauchte Bücher kaufen möchte, hat natürlich die Möglichkeit diese im modernen Antiquariat zu bekommen oder auf eine der vielen Plattformen im Internet zuzugreifen.
    sfb.at jetzt eurobuch ist eine dafür geeignete Meta-Suchmaschine, die den "Platzhirsch" zvab.com aber NICHT mehr beinhaltet.

    Glück Auf!
    "Basil"

    "Ich bin ein Egoist und kümmere mich nicht um andere?. Sogar behinderte Delphine kommen zu mir, um mit mir zu schwimmen" (Stromberg)