Grüß Gott,
oft genug haben wir nach dem Krieg die Ausrede "davon haben wir nichts gewusst" gehört und wissen, daß das gar nicht sein konnte, die jüdische Glaubensgemeinschaft war auch nach der "Machtergreifung" ein für niemanden zu übersehender integraler Bestandteil der Gesellschaft in Deutschland, es kann keinem verborgen geblieben sein, daß die Nachbarfamilie und der Doktor und der Viehhändler verschwunden ist, auch nicht, die Übergriffe in der Reichskristallnacht. Mir ist ein besonders perfider Schriftverkehr zwischen einem Finanzamt und der Gestapohauptstelle in Prag in die Hände gekommen, Gegenstand war, daß ein ausreisewillige Jude zur Begleichung seiner "Reichsfluchtsteuer" eine Briefhypothek auf sein Miethaus bei einem Juden aufgenommen hatte. Durch die Ausreise ist das Reich der Eigentümer des Miethaus geworden, das bedauerlicherweise bei einem Juden verschuldet war, aber dieser beschämende Mißstand konnte glücklicherweise behoben werden, man nahm den jüdischen Gläubiger in "Schutzhaft" in Theresienstadt, damit verfiel dessen Vermögen an das Reich. Der Finanzbeamte stellte vollkommen zutreffend, daß dadurch eine Eigentümergrundschuld zu Gunsten des Reiches entstanden ist, den Finanzbeamte drückte nun allerdings die schwere Sorge, daß er den Hypothekenbrief nicht hatte und jeder, der diesen vorlegen kann, die Rückzahlung der Hypothek verlangen konnte, daher fragte er bei der Gestapo an, ob der Brief in Theresienstadt liege und wenn nicht, ob man freundlicherweise "dem Juden" den Brief "abnehmen" könne, dieser Schriftwechsel dürfte einem größeren Personenkreis im Finanzamt zur Kenntnis gekommen sein.
Man braucht also nicht darauf verweisen, daß das alles schon im "Kampf" angekündigt worden sei, oder auf irgendwelche Haßrede von Hitler, vielmehr dürfte so nach und nach durchgesickert sein, was da vorging, natürlich nichts konkretes über die Vergasungen oder den Zuständen in den KZ im Osten.
Die Massenerschießungen hinter der Ostfront sind zu häufig und zu wenig verborgen geschehen, als daß die Kenntnis darüber keiner, der an der Ostfront war, abstreiten kann.
Mein Vater erzählte, daß er bei der Erstürmung von Kiew dabei war und als ich dann in der Schule über Babi Jar hörte, war ich natürlich im Zweifel, ob mein Vater etwas damit zu tun hatte, daher habe ich mich jetzt, da es geht, sehr eingehend mit der Geschichte seiner Division und mit den Einsatzgruppen in der Ukraine. Ich habe mich also für mich selbst mit dem Holocaust befasst und meine umfängliche Forschungsergebnisse in einer Webseite allgemein zugänglich gemacht, das halte ich für besser, als das nach dem Krieg üblich gewesene, unter den Teppich kehren, und dazu käme es, wenn wir jetzt, wie so oft verlangt wird, einen Strich unter dieses Thema ziehen.
Diejenigen, die meinen, wir zahlen zu viel und zu lange, möchte ich nicht hören, wenn wir ihnen ihre Rentenansprüche und ihre Lebensversicherungen und ihre Häuser wegnehmen.
Schon in den Nürnberger Prozessen konnten nicht alle für den Holocaust Verantwortliche angeklagt werden, um die persönliche Verantwortung kann es daher jetzt nicht gehen. Aber es ist Unrecht geschehen und wer, wenn nicht wir soll dieses Unrecht ausgleichen, oder sollen die Opfer allein darauf sitzen bleiben?
Gruß Wolfgang