Ich habe geschrieben, dass die volksdeutschen Menschen befreit wurden
Moin,
das hast du geschrieben, aber genau deswegen hatte ich dich nach deinem Alter gefragt. Die heutige Jugend hat keinen blassen Schimmer Ahnung davon, wie die Leute damals tickten. Das ist kein Vorwurf, nur eine Feststellung. Die deutschen Kolonisten lebten bis 1941 ca. 150 Jahre im Land, waren bereits größtenteils assimiliert, und waren ein Teil des Ganzen. Selbst über die Verbrechen des Stalin-Regimes wissend, verteidigten die Leute egal welcher Nationalität die Ideologie des Marxismus.
Mit dem Überfall auf die Sowjetunion (du merkst ja, ich benutze das völlig andere Vokabular, als du) wurde die Zivilbevölkerung angehalten sich in Sicherheit zu bringen. Also waren die Trecks der flüchtenden Zivilisten in der Ukraine, darunter auch mit den "Volksdeutschen", endlos. Das Problem bestand darin, dass die Wehrmacht und die Waffen SS sich schneller vorwärts bewegten, als eben diese Trecks. Mit der Sprengung von DneproGES durch die RKKA waren die Rückzugswege abgeschnitten. Nun wurden eben diese "Volksdeutsche" angewiesen, sich an ihre Wohnorte zurück zu kehren. Die Männer im wehrfähigen Alter wurden in die Uniformen gesteckt und mussten fortan das Schicksal ihrer "Volksgenossen aus dem Reich" teilen. Ein Grund zu Freude? Ein Moment der Befreiung und des Glücksgefühls? Für ein Teil ganz bestimmt. Viele von den Leuten wussten aber gar nicht, dass sie ethnische Deutsche waren! Ich wusste übrigens in den 60-ern auch nicht, dass meine Mitschüler mit den Namen Gaman, But, German in Wirklichkeit Hamann, Butt und Herrmann hießen, denn sie hatten stets angegeben Russen zu sein...
Ich habe dich wiederholt gebeten deine Erfahrungen zu dieser Thematik hier mit uns zuteilen, dass hast du bisher leider nicht getan?
Nun, warum wohl? Das Thema ist viel zu komplex, vielschichtig, kompliziert und immer noch nicht restlos geklärt. Ich könnte dich mit geprüften und verifizierten Dokumenten und seriösen Publikationen zupflastern. Da du bereits aus meinen früheren Posts entnommen hast, dass ich meistens mich auf russischsprachigen Bereich stütze (den Rest kann doch jeder selbst ermitteln), frage ich dich, hättest du Freude daran dies alles zu lesen?
Vor ca. 28 Jahren wurde ich gebeten, für das OFG Baden-Baden einen Gutachten über die Stellung der Russland-Deutschen in der UdSSR in den ersten Nachkriegsjahren anzufertigen. Mit dieser konnten viele betroffene Spätaussiedler ihre Rentenansprüche durchsetzen... Natürlich musste auch ich Berge von Dokumenten und Literatur durchwälzen! Das alles hier im Forum zu posten ist schlicht deplatziert und von Volumen her unmöglich!
Des weiteren, habe ich in meinem Archiv unzählige Aufsätze der Spätaussiedler aus der GUS, in denen die Menschen sich zum Thema "Meine Stellung zum Deutschtum im Ausland" auslassen mussten. Wahrheitsgehalt derart Unterlagen ist wahrlich fraglich. Man muss aber die Leute, die kaum Deutsch beherrschten verstehen, deren Motivation akzeptieren, mehr aber auch nicht. Ich hab auch eine Menge Zeugnisse der ehem. Zwangsarbeiter in Deutschland, die ebenso mit Vorsicht zu genießen sind.
Es sind nur eben 2-3 Gedanken, die mein "Schweigen" in Bezug auf deine Aufforderung erklären sollen, und dennoch ziemlich lang geworden...
Ich lese nur ungern riesige "Bettlaken", daher gelobe für die Zukunft Besserung!