EK1 vom 26.9.41 / Kiew - 2./J.R.268

  • Hallo allerseits,

    da ich - Gott sei Dank !- persönlich nie etwas mit "Krieg" oder "Wehrmacht" zu tun hatte kann ich die Mitglieder dieser Gruppe leider auch nicht persönlich ansprechen ("liebe Kameraden" o.ä.)

    Ich bin der mittlerweile 60-jährige Sohn eines Mannes,, der nur durch unwahrscheinlich glückliche Umstände vom Russlandfeldzug heimkehren und somit mein Vater werden konnte.

    Mein alter Herr hat NIE über den Krieg mit mir gesprochen, auf meine Fragen , ob er selbst auch mal jemanden getötet hat, kam immer nur eine Antwort wie "Mmh - mach jetzt dies oder jenes".

    Er war aus meiner Sicht ein liebevoller Vater (mit einem Granatsplitter im Knochen des Unterschenkels, der ihm ständig Schmerzen zugefügt hat), aber WAS er damals im Alter von

    weniger als 22 Jahren in Russland "angestellt" hat und wofür Ihm in Kiew am 26.9.41 das EK1 verliehen wurde hat er mir nie erzählt.

    DAS möchte ich aber gern herausfinden, weswegen ich mich mittlerweile dieser Eurer Gruppe angeschlossen habe.

    Ohne dabei das Andenken an meinen Vater zu zerstören. - heißt: ich weiß mittlerweile, das Teilnahme am Krieg zwangsläufig mit Töten verbunden ist !

    WARUM aber hat er damals das EK1 erhalten ???

    In Kiew.

    Wo genau zu dieser Zeit, fürchterliche Massenmorde begangen wurden.

    Kann mir bitte mal jemand dabei helfen, meinen Vater wieder in ein richtiges Licht zu rücken ?1?

    Liebe Grüße und vielen Dank für die Mühe

    Gerhard Köhler

  • P.S.:

    das Eiserne Kreuz 1. Klasse, das meinem Vater verliehen wurde, ward nie gesehen.

    Ich hab jetzt bloß die dazugehörende Urkunde entdeckt.

    Nochmals danke und liebe Grüße an aller, die mir helfen wollen.

    Gerhard Köhler

    Nochmals P.S.: Bin Berufskraftfahrer im internationalen Fernverkehr - also nicht unbedingt ein Weichei !!!

  • Hallo

    Tja, da sehe ich folgende Möglichkeiten. Zunächst einmal solltest du herausfinden, in welcher Einheit er war (falls alte Briefe etc. erhalten sind, steht da ev. die Feldpostnummer drauf, und ich gehe davon aus, auf der Urkunde steht die Einheit auch drauf?). Ich würde in jedem Fall eine Anfrage an die Deutsche Dienststelle (WASt) stellen - das geht online und kostet im Normalfall nur etwas, wenn sie Material haben (und selbst das ist überschaubar). Es ist durchaus möglich, dass sie dir mitteilen können, in welchen Einheiten er wann war. Einziger Nachteil - du musst dich auf grob geschätzt 1,5 Jahre oder mehr Wartezeit einstellen. Auf Grund sehr vieler Anfragen in den letzten Jahren brauchen die einfach sehr lange (kann auch mal zwei Jahre dauern).

    Falls schon bekannt ist, zu welcher Einheit er gehörte, könnte man auch im Bundesarchiv-Militärarchiv in Freiburg schauen, ob es Unterlagen zu der Einheit in der Zeit gibt (das kann man auch online machen, wenn man erst mal als Nutzer angemeldet ist - allerdings nicht die Akten selbst einsehen, nur herausfinden, ob welche da sind, für die Einsicht muss man dann nach Freiburg fahren oder einen - teuren - Recherchedienst beauftragen). Die Kriegstagebücher der Divisionen sind unterschiedlich ausführlich, geben aber zusammen mit den zugehörigen Anhängen (Befehle etc.) oft einen gewissen Eindruck. Für 1941 sind sie sehr wahrscheinlich erhalten. Ich würde jetzt nicht unbedingt damit rechnen, dass er namentlich darin auftaucht, aber man hätte einen Einblick was die Einheit gemacht hat. Da er den Orden Ende September erhielt, gehe ich davon aus, dass der Grund einige Zeit vorher zu suchen ist (aber da wissen andere besser Bescheid wie lange es von dem Vorschlag bis zur Verleihung dauert).

    Was genau er wo gemacht hat, wird man aber wohl nur sehr schwer ermitteln können. Eine direkte Verbindung zu den deutschen Kriegsverbrechen (sei es den Massenmord an den örtlichen Juden, die unmenschliche Behandlung der Kriegsgefangenen oder anderes) würde ich jetzt in Bezug auf das EK I nicht für wahrscheinlich halten. Das heißt nicht, dass er nicht direkt oder als Helfer (Absperren, Zusammentreiben etc.) daran beteiligt gewesen sein kann, entweder damals oder später. Aber ich vermute 1941 wurde für solche Verbrechen nicht üblicherweise das EK I verliehen (später gab es durchaus Auszeichnungen für Einsätze zur Partisanenbekämpfung, aber im Herbst 1941 gab es kaum wirkliche Partisanen). Ich habe gelesen, dass das Kriegsverdienstkreuz mit Schwertern eine Auszeichnung war, die mitunter an Beteiligte an Kriegsverbrechen verliehen wurde, etwa an SD-Angehörige (aber das war eine sehr verbreitete Auszeichnung, die aus vielen verschiedenen Gründen verliehen wurde).

    Ich denke also, Grund für Auszeichnung war eher ein Kampfeinsatz im Zuge des deutschen Vormarsches (was natürlich in meinen Augen auch nichts irgendwie nobles und edles ist, aber ich würde nicht direkt ein Kriegsverbrechen vermuten). Was freilich dann in den folgenden Jahren geschah d. h. darüber sagt dies wenig aus.

    Wie gesagt, die Zugehörigkeit zu einer Einheit kann da zumindest Hinweise geben, da einige Divisionen längere Zeit in den besetzten Gebieten im Einsatz waren und dabei im Zuge der "Partisanenbekämpfung" vielfach Kriegsverbrechen begingen oder mit den Einsatzgruppen kooperierten. Allerdings wurden auch Fronteinheiten nicht selten z. B. in kurzen Auffrischungsphasen für Aktionen gegen Partisanen eingesetzt oder Teile von ihnen operierten im frontnahen Raum gegen Partisanen (und ermordeten dabei Gefangene und Zivilisten).

    Fall er aus einer kleineren Ortschaft kam, könnte es sich vielleicht sogar lohnen im örtlichen Stadtarchiv alte Zeitungen um die Zeit der Verleihung (und etwas später) zu prüfen, manchmal wurde eine Ordensverleihung in der Lokalzeitung erwähnt - aber das ist eher ein Strohhalm.

    Mit freundlichen Grüßen

    Marc Bartuschka

  • Hallo Gerhard,

    WARUM aber hat er damals das EK1 erhalten ???

    In Kiew.

    Wo genau zu dieser Zeit, fürchterliche Massenmorde begangen wurden.

    Kann mir bitte mal jemand dabei helfen, meinen Vater wieder in ein richtiges Licht zu rücken ?1?

    die Massenmorde fanden Tage nach der Verleihung statt, wieso sollte dein Vater in ein schlechtes Licht rücken?

    Neben den Verbrechen von Babi Jar nahmen hunderttausende Soldaten ganz normal an den Kämpfen der Kesselschlacht um Kiew teil

    und eine Menge davon wurden für ihren persönlichen Kampfeinsatz hoch dekoriert. Da klebt noch lange nicht Blut an jeder Ordensverleihung.


    Wie gesagt, die Zugehörigkeit zu einer Einheit kann da zumindest Hinweise geben, da einige Divisionen längere Zeit in den besetzten Gebieten im Einsatz waren und dabei im Zuge der "Partisanenbekämpfung" vielfach Kriegsverbrechen begingen oder mit den Einsatzgruppen kooperierten. Allerdings wurden auch Fronteinheiten nicht selten z. B. in kurzen Auffrischungsphasen für Aktionen gegen Partisanen eingesetzt oder Teile von ihnen operierten im frontnahen Raum gegen Partisanen (und ermordeten dabei Gefangene und Zivilisten).

    Was soll denn diese vorauseilende Beschuldigung und Vorverurteilung, ohne jegliche Kenntnis von Einsatzraum und Verwendung.

    Muss hier mit politischer Korrektheit der Thread unbedingt auf die staatsanwaltliche Schiene geschoben werden?


    mfg

    Tac

    Edit: Die schweren Kämpfe seiner Division im Vorfeld von Kiew kannst Du hier nachlesen

    http://www.lexikon-der-wehrmacht.de/Gliederungen/I…ionen/113ID.htm

  • Guten Morgen zusammen,

    "Tac",

    Gleich volles Rohr?

    Quote

    Was soll denn diese vorauseilende Beschuldigung und Vorverurteilung, ohne jegliche Kenntnis von Einsatzraum und Verwendung.

    Muss hier mit politischer Korrektheit der Thread unbedingt auf die staatsanwaltliche Schiene geschoben werden?

    solche Schlagwörter fördern nicht gerade eine sachliche Auseinandersetzung, brauchen wir nicht.

    Minenleger auch nicht....

    Grüße Thomas

  • Hallo "Tac"

    Ich plante eigentlich keine vorauseilende Beschuldigung eines Individuums und denke, ich habe sie auch nicht praktiziert. Wenn im Kontext des Themas explizit nach Kriegsverbrechen gefragt wird (so heißt doch auch das Unterforum), ist es doch ein Stück weit nachvollziehbar, wenn ich in dem Kontext antworte, denke ich.

    Ich habe ja auch gar nicht behauptet, dass der Gesuchte an Kriegsverbrechen teilgenommen hat (und wenn der Eindruck entstand, dann stelle ich es eben hiermit richtig), wie käme ich dazu mit so wenig Informationen? Aber ausschließen kann man es eben aus demselben Grund auch nicht. Und bei einigen Einheiten ist die Wahrscheinlichkeit nun einmal höher als bei anderen. Nun heißt Wahrscheinlichkeit nicht Sicherheit, aber das hat ja auch niemand behauptet. Und ich wollte nun gewiss nicht den dummen Fehler begehen und irgendwie eine klare Trennung zwischen den verbrecherischen Sicherungs- und den "sauberen" Fronteinheiten suggerieren, die gibt es natürlich so überhaupt nicht. Selbstkritisch muss ich anmerken, dass meine Antwort sich nur auf den Text bezog und ich nicht auf die Nummer des IR in der Überschrift geachtet habe. Allerdings ändert nun gerade das nicht wirklich was an meiner Aussage. Gerade die hier durch dich mit Link aufgeführte 113. ID war wie du ja verwiesen hast anscheinend ebenfalls an der "Partisanenbekämpfung" beteiligt, in jedem Fall in Jugoslawien (National Archives, T315 R1290 - die BArch-Akten sind da weniger aussagekräftig erfasst, aber es wäre vermutlich RH 26-113/4, 7 und 8).

    Wenn es politische Korrektheit ist, solche schon lange bekannten Tatsachen zu erwähnen, bin ich gerne politisch korrekt. Vielen Dank für das Lob.

    Fakt ist, dass es sehr schwer ist, Sicherheit zu erlangen. Man kann das nur eingrenzen. Und die Divisonsakten sind da nützlich, da sie mitunter auch solche Dinge wie die umgebrachten "Partisanen" oder ermordeten "Kommissare" beinhalten.

    Selbstverständlich sehr gut möglich, dass der Mann persönlich niemals an solchen Verbrechen direkt beteiligt war (aber eben auch möglich, dass er es war). Davon gewusst hat er mit ziemlicher Sicherheit, denn ich nehme an, Dinge wie das Massaker von Babi Jar, die Behandlung der Kriegsgefangenen etc. sprachen sich in der Truppe (hinter vorgehaltener Hand oder ganz offen) recht schnell herum. In einem anderen Thread hier wurde ja auf Sönke Neitzels "Soldaten. Protokolle vom Kämpfen, Töten und Sterben" verwiesen, dass einen guten Eindruck bietet, wie und worüber Wehrmachtsangehörige ganz offen redeten.

    Mit höflichen Grüßen

    Marc Bartuschka

  • Hallo Marc,

    Ich plante eigentlich keine vorauseilende Beschuldigung eines Individuums und denke, ich habe sie auch nicht praktiziert. Wenn im Kontext des Themas explizit nach Kriegsverbrechen gefragt wird (so heißt doch auch das Unterforum), ist es doch ein Stück weit nachvollziehbar, wenn ich in dem Kontext antworte, denke ich.

    nun, die Antwort scheint mir weit über das Ziel hinaus zu schießen, geht es dir doch eher darum, politisch korrekt hier demagogisch den größtmöglichen Übeltäter und Eierdieb zu konstruieren. Und natürlich auch der Hinweis auf den "Partisanenkampf" in Jugoslawien. Dir sollte nicht entgangen sein, dass die Division keine 30 Tage auf dem Balkan war und in dieser Zeit fast nur Brücken fertigte, abgesehen von der völkerrechtlich erlaubten Selbstverteidigung. Entgegen moderner Behauptungen war das Recht zur Selbstverteidigung und Sühnemaßnahmen wie Geiselerschießungen damals ein allgemeiner Kriegsbrauch.

    Der verschneite und kalte Dezember 41 scheint mir auch nicht der brutale Höhepunkt des Bandenkampfes auf dem Balkan gewesen zu sein.

    Die 113. I.D. hatte bei der großen Kesselschlacht um Kiew 200.000 Gefangene ordnungsgemäß an die 24. I.D. übergeben, erst dort erfolgte die Erschießung von 1.000 nicht mehr gehfähigen Rotarmisten (Pohl, Herrschaft der Wehrmacht)

    Ja, vielen Soldaten der 113. I.D. war wohl das Massaker von Babi Jar bekannt, nicht zuletzt, weil Pioniere dieser Division die Grubenränder abgesprengt haben.

    So gilt hier dennoch die Unschuldsvermutung und reine Mitwisserschaft ist kein justiziables Vergehen.


    mfg

    Tac

  • Hallo Tac,

    das mit der Unschuldsvermutung und der Mitwisserschaft wird bedauerlicherweise nicht allenthalben so gesehen, oft wird eine übertriebene Zivilcourage zum Maßstab genommen, die in der Heimat ja auch kaum einer gezeigt hat. Grundsätzlich wird man davon ausgehen müssen, daß es in der Heimat an wohl kaum jemanden vorbeigegangen sein kann, daß nach und nach jüdische Nachbarn verschwunden, und im Osten hat wohl jeder von den Masseneschießungen gewußt. In der Ukraine reden wir nicht nur über Babi Jar, sondern über sehr viel mehr (Hartmann, Wehrmacht im Ostkrieg). Nun muss man auch berücksichtigen, daß der Kommandeur der 6. Armee, General Reichenau durch und durch ein rassistischer Nazi war, hatte man Glück, so war der eigene Truppenführer ein Mensch mit Gewissen, wie etwa General Stemmermann, der die 296. Infanterie-Division kommandierte, die bis kurz vor Babi Jar in Kiew stand, dann wurde man nicht in Kriegsverbrechen verstrickt.

    Wirklich etwas gegen die Massenerschießungen hätte aber wohl auch ein Divisionskommandeur nicht unternehmen können, dafür waren die Aktivitäten der Einsatzgruppen viel zu weit oben aufgehängt.

    Gruß Wolfgang

  • Hallo Gerhard,

    das EK I gab es für besondere Tapferkeit, mein alter Herr hat dafür beispielsweise mit dem Bajonett eine feindliche Stellung ausgehoben, mit den Massenerschießungen hatte das also nichts zu tun.

    Manche haben viel über den Krieg erzählt, andere gar nichts, alle hatten aber furchtbare Erlebnisse, die sie unterschiedlich verarbeitet haben, wer schweigt hat also nicht unbedingt etwas zu verbergen, er kann es nur nicht hochkochen lassen.

    Gruß Wolfgang

  • Hallo Gerhard, wie Tac schon geschrieben hat, passt die Verleihung des EK I chronologisch nicht zu Babi Jar, aber auch der Divisionsweg- und Standort passt nicht. Die 113. Infanterie-Division ging nördlich von Kiew über den Dnjepr und hat dort einen Brückenkopf gebildet, am 26.09.1941 stand die Division auf der Straße von Browary nach Koselsk, also östlich des Dnjepr, womit also auch geografisch ein Zusammenhang des EK I mit Babi Jar ausgeschlossen werden kann. Gruß Wolfgang

  • Hallo Gerhard, Eiserne Kreuze sind nach dem Kriege gerne verschwunden, damit konnte man gut Geschäfte machen.

    Ich vermute einmal, daß es für die Bildung des Brückenkopfes am Ostufer des Dnjepr verliehen wurde. Gruß Wolfgang