Wie man Weltkriege macht

  • Hallo zusammen,

    hier könnt Ihr mal sehen, womit ich mich die letzten 3 Jahre beschäftigt habe. Auch Teilnehmer von hier haben gelegentlich durch Beantworten von Fragen daren mitgewirkt:

    http://wie-man-weltkriege-macht.de/


    Allerdings habe ich gewisse Bedenken, dass das in meinem Sinne aufgenommen wird, und zwar

    1. vom Umfang her. Der Aufwand war aber notwendig, um die Sache vollständig darzustellen, und

    2. wegen des Tabubruchs, da es sich schließlich um eine Verschwörungstheorie handelt, und das wird von manchen prinzipiell nicht gebilligt.

    Ziel der Arbeit war es, darzustellen, warum und wie die Deutschland besonders betreffende Situation von 1945 entstanden ist. Dabei wird nicht nur, wie es heute bereits Standard ist, die deutsche Alleinschuld am Ersten, sondern auch die am Zweiten Weltkrieg, was bisher noch weitgehend "verboten" ist, massiv in Frage gestellt.

    Die zugrunde liegende Literatur liegt dabei größtenteils seit Jahrzehnten vor und ist als seriös anerkannt, es werden aber gelegentlich auch neuere Werke verwedet. An Autoren sind aber auch, und ich weise extra darauf hin, mangels anderer Quellen auch ein paar bekennende Nazis dabei. Persönliche Schlussfolgerungen und Interpretationen habe ich mir auch erlaubt.

    Die Zusammenhänge innnerhalb eines 106jährigen Zeitraums insgesamt darzustellen hat, so weit ich die Lage überblicke, bisher noch niemand sonst unternommen. Historiker konzentrieren sich grundsätzlich stets auf bestimmte Versatzstücke. Manfred Rauh, dessen Werk den Aufhänger zu dieser Arbeit geliefert hat, tut es in Ansätzen, er geht aber nicht weit genug in die Vergangenheit zurück, er beweist seine Kernthese nicht und er schätzt Appeasement falsch ein, außerdem ist seine Darstellung der Ereignisse vor Moskau 1941 nicht brauchbar.

    Im Rahmen meiner Betrachtungsweise haue ich eine steile These nach der anderen raus, z.B. s.o. zum Appeasement, das nach meiner Analyse kein Versuch war, den Frieden zu wahren, sondern auf geschickte Weise zum Krieg zu kommen. In Grundlinien dargestellt, befasst sich der 1. Teil der Arbeit damit, wie die Angelsachsen den Ersten, der 5. Teil damit, wie sie den Zweiten Weltkrieg auf den Weg gebracht haben, ergänzt jeweils um die deutsche Unfähigkeit, diese Vorgehensweise zu konterkarieren. Bei diesen besonders umfangreichen Teilen handelt es sich um Diplomatiegeschichte, so auch gegen Ende des 2. und zu Beginn des 3. Teils. Militärgeschichtlich orientiert sind 2., 6. 7., Anfang und Mitte des 8. Teils, der 3. und 4. Teil fokussieren auf Adolf Hitler und den Nationalsozialismus, wobei ich auch da eine sehr eigene, dabei keineswegs positive Sichtweise pflege. Im 4. Teil kommt etwas Philosophiegeschichte, ganz am Ende ein wenig Wirtschaftsgeschichte dazu.

    Für zeitlich Eingeschränkte würde ich empfehlen, die Zusammenfassung zu lesen, ich denke, dass sich das leisten lässt. Im Personenregister werden die Handlungen der einzelnen Akteure, die man (so) (meist) nicht in ihren Wikipedia-Einträgen findet, in Form kleiner Sätzchen aufgelistet. Im Literaturverzeichnis wird angegeben, wo und wozu die einzelnen Werke verwendet wurden.

    Über Einzelheiten zu diskutieren bin ich gern bereit, ebenso, eingestandene Fehler zu korrigieren. Dass man aber diese Arbeit nur deshalb in die Tonne tritt, weil sie nicht der traditionellen Sichtweise entspricht, werde ich mir nicht gefallen lassen.

    Grüße, Holger

  • Hallo Holger,

    scheinen mir einige Fehlinterpretationen dabei zu sein, die Wehrmacht ein feiger, desertierender Sauhaufen?

    Dann müsste Martin van Crevelds Buch Kampfkraft aus allen Militärbibliotheken entfernt werden, weil da

    einige an der Westfront in späten Kriegsjahren geschwächelt haben?

    Und eine SS-Division ist 1941 mal stiften gegangen, wenige Monate nach deren Aufstellung und mit führungsunerfahrenen Offizieren?

    Ist das repräsentativ für 4 Jahre Kampf an allen Fronten?

    Quote


    Die Illegitimität des Nazisystems und seines Krieges, genau wie dessen antizipier- te, offensichtliche Aussichtslosigkeit,

    untergruben die Moral der deutschen Solda- ten zu einem nicht unwesentlichen Maß. 15.000 gegen deutsche Soldaten voll- streckte Todesurteile,

    Russland kam locker auf die zehnfache Menge an Erschießungen (150000 Todesurteile ) und die Zahl an Verurteilungen inkl. Strafbataillone war exorbitant höher

    als bei der Wehrmacht. In dieser Hinsicht eine starke Polemisierung, woher stammen diese Zahlen?


    mfg

    Tac

  • Guten Abend ans Forum und an Holger,

    ein Historiker, der sein Werk der Öffentlichkeit präsentiert, eröffnet so

    Diskussionen darüber und Kritik daran.

    Das ist ein völlig normaler Ablauf innerhalb der Zunft der Wissenschaftler.

    Dann stehen dann auf der einen Seite zum Beispiel Geschichtsrevisionisten wie Ernst Nolte, Andreas Hillgruber, Klaus Hildebrand und Michael Stürmer

    und auf der anderen deren Kritiker wie Jürgen Habermas und Hans-Ulrich Wehler.

    Und es mag auch Kritiker geben, die Ihr Werk tatsächlich "in die Tonne" treten werden und dieses für sich auch begründen können.

    Bitte definieren Sie, was Sie mit traditioneller Sichtweise meinen?

    Mit freundlichen Grüßen aus der Normandie

    Peter

    (PH)

  • Guten Abend zusammen,

    Holger,

    imposante Arbeit, ich vermute mal, drei Jahre Vollzeitbeschäftigung.

    Quote
    Für zeitlich Eingeschränkte würde ich empfehlen, die Zusammenfassung zu lesen

    hab ich, zugegeben, nur überflogen, deine Thesen dürften in der Tat für Diskussion sorgen,

    was ja nicht unbedingt schlecht sein muss.

    Ob das Forum, deren Mitglieder, in der Lage sind, diese, von dir durchaus gewünschte, Diskussion sachlich zu führen?

    Wir werden sehen,

    Grüße Thomas

  • Hallo zusammen,

    Von "repräsentativ" habe ich nichts behauptet. Auch bei diesem Kapitel geht es mir darum, eine Gegenposition zur traditionellen Sichtweise zu setzen, hier auf die Wehrmacht als perfekt-monströses Gebilde. Die Zahlen für die Wehrmacht hat Norbert Haase aus Manfred Messerschmitt/Fritz Wüllner: Die Wehrmachtjustiz im Dienste des Nationalsozialismus, S. 138. Eine zu Deiner passende Zahl für die Rote Armee führe ich selbst ebenfalls auf.

    Genauer sollte man vielleicht die Mehrzahl, also "traditionelle SichtweiseN", verwenden. Nach denen muss Deutschland, grob gesagt, immer an allem schuld sein: z.B. preußischer Militarismus, Flottenbaupolitik, Griff nach der Weltmacht und sonstiges Hegemonialstreben, oder auch Hitlers "blanke Eroberungsgier". In den Worten von Manfred Rauh "vordergründiges Täter-Opfer-Schema", was ihn vermutlich die Zusammenarbeit mit dem MGFA gekostet hat.
    Ich habe nichts dagegen, wenn ich interessiert-konstruktiv kritisiert werde, oder wenn jemand schlicht auf seiner, von meiner abweichenden Sichtweise beharrt (kam im Zuge der Erstellung dieser Arbeit auch schon vor, aber der Person entgegnete ich, dass sie eine andere Arbeit schreiben will als ich). Ich lasse mich nur nicht moralisch verurteilen, weil die Vertreter der üblichen Sichtweise jeden Zweifel daran im Keim ersticken wollen.

    Danke für das Lob! "Vollzeit" stimmt beinahe, ich gehöre zu den Menschen, die nicht arbeiten dürfen, ich bin außerdem kein Familien-, Beziehungs- oder Eventmensch, sondern ich brauche das stille Kämmerlein mit kahlen Wänden, um mich konzentrieren und irgendwann mal liefern zu können. Die Stoffsammelei mache ich etwa seit Jahrtausendbeginn, wo allerdings noch keinerlei System dahintersteckte. Dass das Ganze die Form einer Arbeit annehmen würde, ging mir erst so um die Jahreswende 2013/14 auf. Ab dann war noch einiges an Vorstrukturierung nötig, bis ich im Sommer 2015 mit dem eigentlichen Schreiben anfangen konnte. Hat alles auch sehr viel Spaß gemacht.

    Zu den Fähigkeiten der Forenteilnehmer habe ich volles Vertrauen!

    Grüße, Holger

  • Hallo Holger

    nmA lesenswert:
    "Der geographische Drehpunkt der Geschichte" von Mackinder - abgedruckt im Lettre International Nr. 120

    Die Bücher von Zbigniew Brzeziński

    Das diese Ziele auch heute aktuell sind zeigt die Aussage von Georg Friedman (vom sehr einflußreichen US-Thinktank STRATFOR)

    "Wiederkehr der Hasadeure" von Wolfgang Effenberger / Willy Wimmer

    "Die deutschen Katastrophen" Andreas von Bülow

    "Hitlers amerikanische Lehrer" Hermann Ploppa

    "Wer Hitler mächtig machte" Guido G. Preparata

    einen Einblick von der Herkunft des eliminatorischen Antisemitismus bietet

    "Amerika und der Holocaust" Eva Schweitzer

    und mit höchst interessanten Thesen welche einige Unerklärbarkeiten der 20/30er Jahre in einen sinnvollen Rahmen setzen würde.

    "Wer hat Hitler gezwungen Stalin zu überfallen" - Nikolay Starikov

    Das von dir benutzte Werk

    "Die Wehrmacht: Mythos und Realität", hrsg. im Auftrag des MGFA von Rolf-Dieter Müller und Hans-Erich Volkmann, R. Oldenbourg Verlag, München 1999

    ist in Teilen tendenziell, nicht objektiv oder neutral.


    ein paar Gedanken zur Zusammenfassung

    Quote

    Deutsche verstehen nichts von Geostrategie. Angelsachsen verstehen etwas da- von, verstehen aber nicht, dass Deutsche nichts davon verstehen. Dieses doppel- te Missverständnis bildete die Grundlage für zwei Weltkriege.

    Von Maßnahmen zur Absicherung der britischen Indienposition und der Garantie für Belgien im Jahre 1839 bis hin zum "fett, aber impotent" Nachkriegsdeutsch- lands zieht sich ein mehr als hundertjähriger Bogen, der mit die größten, wenn nicht DIE größten Tragödien der Menschheitsgeschichte beinhaltet.

    Hier sei an Haushofer und Niedermayer erinnert. Auch Hitlers Plan von einem "Blockadefesten" Deutschland ist Geostrategie.

    Und - das Nachkriegsdeutschland ist eine Kolonie (Aussage Brzezinkis) benötigt also auch keine Geostrategie.


    Quote

    Der historische Sowjetkommunismus war dazu nicht wirklich in der Lage, und der islamische Terror ist auch im Grunde nicht mehr als unangenehm.

    Die Sowjetunion verhinderte bis zu ihrem Zusammenbruch die Pläne der Angelsachsen.

    Der islamische "Terror" ist Teil der angelsächsischen Geostrategie und ihr Urheber.

    Quote

    Dass diese Verbindung, die wir wegen ihres irrationalen Charakters "Chimäre" nennen,

    Ich denke das hier das Geschichtsforum der Ursprung deiner Gedanken ist. Allerdings sind die dortigen Ausführungen sind oft deutschzentriert.

    Was haben die Angelsachsen getan um ihre geostrategischen Interessen zu sichern? Untätig daneben gesessen während vielleicht ein deutsch-russischer Folge-Vertrag zustande kommt welcher den Angelsäschsischen Plänen dimetral widerspricht und ihre tiefsten Ängsten (siehe Mackinder) verdeutlicht?

    Quote

    Dass diese Entwicklung zwangsläufig in den Krieg mit Deutschland führen muss- te (gegen das ja eigentlich kein Kriegsgrund existierte, auch die deutsche Flotte war keiner), haben britische Politiker zu zahlreichen Gelegenheiten zugegeben.

    Vor allem weil die deutsche Schlachtschiffflotte aufgrund der Reichweite nur in der Nordsee operieren konnte. Dies war den Briten bekannt und sie konterten, schon vor dem Krieg, zur Blockade auf Höhe von Norwegen.


    Quote

    Deutschland hatte nun die nicht gerade kluge Entscheidung zum Krieg getroffen, nach der man auf die Welt- und historische Meinung keine Rücksicht nahm und nur den Krieg der eigenen Bevölkerung verkaufen bzw. das Gesetz des Handelns an sich reißen wollte."Welt- und historische Meinung" Schon vor dem 1.Weltkrieg begann Anti-Deutsche Propaganda. Erinnert sei an das Wappen "made in...". Mit Beginn des 1.Weltkrieges nahm die angelsächsische Propaganda weiter an Fahrt auf. Für die USA siehe "Die Kriegsverkäufer" von Andreas Elter.

    Das "Gesetz des Handelns an sich reißen" war eine Erfahrung aus den früheren Kriegen in und um "Deutschland".


    Quote

    anstatt sich das russische Potenzial zu unterwerfen und zunutze zu machen, dadurch auf dem französischen Kriegsschauplatz eine Übermacht zu er- zielen und diese im preußisch-traditionellen Schwerpunktangriff erfolgversprech- end einzusetzen.

    Um fremdländisches Potential nutzen zu können braucht es Zeit. Diese hatten das deutschen Kaiserreich nicht mehr, und noch weniger die deutschen Verbündeten.

    Quote

    Als dann Russland in Form der kommunistischen Sow- jetunion zu neuer Machtfülle emporstieg, meinte man offensichtlich, mit einer Wie- deraufrüstung Deutschlands dagegenhalten zu müssen

    der eine weitere Runde im Spiel Teile und Herrsche? (Teile Deutschland-Rußland voneinander sonst sind die geostrategischen Interessen "bedroht")


    Quote

    Japan aus dem Kreis der Siegermächte des Ersten Weltkriegs, nachdem man zunächst ihren Kolonialaggressionen tatenlos zugese- hen,

    Wollte Japan Kolonien oder benötigte sie Absatzgebiete für ihre wachsende Industrie. Wäre keine wachsende Industrie eine Alternative gewesen? Nur wenn man wollte das die japanische Bevölkerung weiter arm bleibt. Buchtip: "Kampf um die Weltherrschaft" von Junker


    Quote

    Der "Barbarossa" titulierte Russlandfeldzug 1941 scheiterte nicht an den klimatischen Gegebenheiten, der mangelnden Logistik oder am gegnerischen Widerstand, sondern daran, dass man ihn unbedingt in einem Stück durchziehen wollte. 1942 hätten gute Chancen bestanden, noch ein- mal, und entscheidend, gegen Moskau vorzugehen, und selbst 1943 hätten unter den Bedingungen Vollmobilisierung, Bewegungskrieg und großflächiger Angriff durchaus noch Erfolgsmöglichkeiten bestanden, wenn man Hitler rechtzeitig be- seitigt hätte.1941 - interssante These welche allerdings wichtige Fakten außer acht läßt.

    Der Abschluß sollte noch 1941 erfolgen da schon weitere geostrategischen Ziele angepeilt wurden und die Stärke der Roten Armee sowie der Rüstungsindustrie der UDSSR weit unterschätzt wurden. Die Unterschätzung basierte auf den Erfahrungen mit der russischen Armee im 1.Wk, dem Wissen um die Säuberungen innerhalb der RA, den Leistungen der RA im Polen / Finnland und der Ummöglichkeit wirkliche Informationen aus der UDSSR zu bekommen. So ging es nicht nur Deutschland sondern allen Staaten, Beweis sind die Voraussagungen wie lange die UDSSR stand halten würde.

    Die deutschen Operationen waren vor allem durch die nicht ausgetragenen Konflikt über die zweiten strategischen Ziele (Leningrad / Ukraine vs. Moskau) zwischen Hitler und Halder beeinträchtigt.

    1942 - Ja, aber entweder Südrußland (und Öl) oder Moskau. Beides ging nicht.

    1943 - die Bedingungen waren nicht gegeben.


    Quote

    Der war aber schon im September 1942 ganz offen zur starren Ver- teidigungskriegführung des Ersten Weltkriegs übergegangen und beraubte sich so aller Möglichkeiten der modernen Kriegführung.Der Übergang war auch durch den Mangel an Treibstoff erzwungen.


    Sprung und ein paar Gedanken zum Kapitel 7.3

    Quote

    Das Potenzial eines Düsenjägers konnte da- bei unschwer auch von technisch geringer begabten Offizieren und Beamten des Reichsluftfahrtministeriums erkannt werden. Das hätte allerdings in einer verhält- nismäßig frühen Kriegsphase, oder sogar noch vor Kriegsausbuch, geschehen müssen.Diese Zeilen zeigen deutlich das die die Verhältnisse / Strukturen im RLM nicht bekannt sind.

    Lesetips: "Die Luftwaffe" + "Wolfram von Richthofen" von James S. Corum; "Die deutsche Luftwaffe" von Karl-Heinz Völker sowie "die Junkers Flugtriebwerke" von Reinhard Müller.

    Es sei auch daran erinnert das auch die USA / GB, trotz ihrer um ein vielfaches höheres Potential im Bereich Forschung und weit höheren Möglichkeiten bei Rohstoff und Produktion den ersten einsatzbereiten Düsenjäger Mitte 1944 im Einsatz hatten.


    Quote

    Der Schluss, dass die Maschine bei geeigeter Zuteilung von Entwicklungs- und Produktionsmitteln in einer weniger turbulenten Kriegsphase bereits in beachtli- chem Maß hätte gefertigt werden können, ist daher zulässig.

    leider hat dieser Schluß nichts mit den damaligen Gegebenheiten zu tun.

    Edited once, last by Ricardo (July 15, 2018 at 11:28 AM).

  • Hallo Ricardo,

    zunächst vielen Dank für die Literaturhinweise. Ich werde aber nicht alles lesen können.

    Geostrategie:

    Nicht jeder, der das Wort "Geostratgie" im Munde führt, ist Geostratege. Die Überlegung vom "blockadefesten Raum" genügt meinen Anforderungen für eine Geostrategie nicht. Rassistische Regime sind zudem zur Entwicklung einer Geostrategie nicht wirklich in der Lage.

    Divide-et-impera-Prinzip:

    Auf die Zusammenfassung folgt noch ein (kurzes) Epilogkapitel, das Schlaglichter auf die Entwicklung nach 1945 wirft. Nach meiner Einschätzung war die UdSSR eher Partner als Gegner des angelsäschsisch dominierten Systems. Neue und alte Konfliktlinien spielen dem "divide-et-impera"-Prinzip in die Hände.

    Chimärenbegriff:

    Taucht so ähnlich bei Rauh auf, die von ihm nicht oder schlecht bewiesene Grundthese geht auf ihn zurück.

    Deutsch-russischer "Folgevertrag"?
    "Folge" von was?
    Ich meine, mit der Aufteilung der Welt von 1914 hätten alle zufrieden sein können, außer vielleicht den Serben. Einen objektiven Kriegs- oder Eskalationsgrund kann ich nicht erkennen. Ohne die angelsäschsische Chimärenphobie wäre der Krieg (so) nicht entstanden.

    "Das Kaiserreich hatte keine Zeit mehr"

    Hier klingt wieder der irrige Gedanke vom "kurzen Krieg" durch. Deutschland hat in zwei Weltkriegen bewiesen, dass es auch einen langen Krieg durchstehen kann. Ohne Ludendorffs sinnlose "Abklopfangriffe" hätte Deutschland "1918" durchaus überstehen können. Auch GB + F + I waren vom Krieg sehr in Anspruch genommen worden, die Amerikaner griffen erst richtig ein, als die Briten quasi im Alleingang die Sache entschieden hatten.

    Japan

    sah sich als Groß- und Kolonialmacht auf Augenhöhe mit den anderen Mächten. Eine andere Expansionsrichtung als aufs chinesische Festland war bei Japans geographischer Lage schlecht möglich.

    1941:

    Der "Abschluss 1941" resultierte aus dem irrigen Gedanke vom "kurzen Krieg", der rassistischen Fehleinschätzung der Russen, z.T. auch aus der fehlanalysierten Marneschlacht. Beim erfolgreichen Vorstoß auf Moskau 1942 wäre Südrussland Hitler +/- automatisch zugefallen. Eine Vollmobilisierung 1942/43 hätte für 1943 durchaus noch einmal einen großflächigen Angriff gestattet. Ich bitte darum, die entsprechenen Kapitel zu lesen.

    Düsenjäger:

    Die mangelnde Ausnutzung technischer Ressourcen geht m.e. auf die Irrationalität und Geistfeindlichkeit des Nationalsozialismus zurück (siehe 4. Teil), der eine allein erfolgversprechende, rationale Kriegführung nicht zuließ.

    Grüße, Holger

  • Hallo Holger

    Auch die USA, auch GB waren rassistisch. Trotzdem haben sie Geostrategie entwickelt.

    "Das Kaiserreich hatte keine Zeit mehr"

    Hier klingt wieder der irrige Gedanke vom "kurzen Krieg" durch. Deutschland hat in zwei Weltkriegen bewiesen, dass es auch einen langen Krieg durchstehen kann. Ohne Ludendorffs sinnlose "Abklopfangriffe" hätte Deutschland "1918" durchaus überstehen können.

    Wir reden nicht von 1914 sondern 1918. Die Blockade der Briten hatte sehr wohl erhebliche Auswirkungen. Man (Ludendorff) fürchtete das mit dem Kriegseintritt der USA deren Truppen den Umschwung bringen würden. Diese sind dann auch 1918 in Europa aufgetreten. Ob sie nun erst eingegriffen haben als alles vorbei war ist da erstmal nebensächlich. Ob die Entende, bei einer defensiven Strategie 1918, nicht ihrerseits (mit Briten, Franzosen, US-Amerikaner) zum Angriff angetreten wären oder ihrerseits eine Defensive Strategie gefahren hätten ist fraglich.

    In jedem Fall war die Türkei praktisch am Ende und Österreich ebenfalls.


    Japan

    sah sich als Groß- und Kolonialmacht auf Augenhöhe mit den anderen Mächten. Eine andere Expansionsrichtung als aufs chinesische Festland war bei Japans geographischer Lage schlecht möglich.

    Japan wollte Rohstoffe für ihre wachsende Industrie und Absatzgebiete deren Erzeugnisse absetzen zu können. Dies wurde ihnen durch die Abschottungspolitik des br.Empires und US-Politik (Festland und Phillipinen) verwert. Erst danach kamen sie auf die Idee dies militärisch zu versuchen.


    1941:

    Der "Abschluss 1941" resultierte aus dem irrigen Gedanke vom "kurzen Krieg", der rassistischen Fehleinschätzung der Russen, z.T. auch aus der fehlanalysierten Marneschlacht. Beim erfolgreichen Vorstoß auf Moskau 1942 wäre Südrussland Hitler +/- automatisch zugefallen.

    Die Planungen Marcks gingen von einem 2jährigen Feldzug aus. Dieselben Fehleinschätzungen zum Potential der Russen gab es auch bei den Briten und US-Amerikaner, waren diese auch rassistisch bedingt? Die Marneschlacht hatte nur für die Generalität und beim Vorstoß auf Moskau Relevanz.

    Beide strategischen Zielsetzungen (Flanken mit Leningrad / Ukraine vs. Moskau) hatten ihre Vor- und Nachteile. Problem war das dieser Konflikt nicht VOR BEGINN des Feldzugs entschieden wurde. Durch die Expansion der Frontlänge je mehr in die Tiefe vorgestoßen wurde mußte es zwangsläufig zu Frontlücken bzw. nur abgeschirmen Flanken kommen. Eine Entscheidung vor Feldzugsbeginn hätte aus dem ganzen Feldzug eine runde Sache gemacht, so gab es viele Entscheidungen welche nur schlechteste Kompromisse waren. Eine weitere Folge dieser nicht entschiedenen Frage war die mehrmonatige Pause bei der HG Mitte, immerhin die kampfstärkste Heeresgruppe im Osten 1941.


    Eine Vollmobilisierung 1942/43 hätte für 1943 durchaus noch einmal einen großflächigen Angriff gestattet. Ich bitte darum, die entsprechenen Kapitel zu lesen.

    Das entsprechende Kapitel steckt derart voller Fehler, falscher Mutmaßungen, fehlerhaften Interpretationen und falschen Zielvorstellungen das es müßig ist darauf zu antworten. Sorry

  • Hallo zusammen,

    @ Ricardo

    Quote
    Das entsprechende Kapitel steckt derart voller Fehler, falscher Mutmaßungen, fehlerhaften Interpretationen und falschen Zielvorstellungen das es müßig ist darauf zu antworten. Sorry

    auch das gehört dazu nicht einfach als "Mist" abzutun sondern die Punkte einzeln zu würdigen so oder so.

    Sonst klingt das zu Oberlehrerhaft und das wollen wir ja nicht ;)

    Quote

    Ob das Forum, deren Mitglieder, in der Lage sind, diese, von dir durchaus gewünschte, Diskussion sachlich zu führen?

    Und das immer schön im Hinterkopf haben :)

    Gruss Dieter

  • Hallo,

    um es vorweg zu nehmen, ich werde mir dieses Buch nicht anschaffen, ausleihen noch bemühen zu lesen.

    Leseproben im hier vorgelegten Exposé zum Buch bringen mich zu der obigen Aussage.

    Natürlich bedarf es einer Begründung für diesen Standpunkt, die ich jedoch kurz halten werde.

    Der Autor vernachlässigt bis hin zur Ingnoranz die innere Verfasstheit der agierenden Länder, ihre wirtschaftliche und soziale Entwicklung und die aus den inneren Widersprüchen in diesen Ländern entstehenden Kräfte. Beispielsweise wird der entstehende deutsche Nationalismus zu Beginn des 19. Jahrhunderts nur am Rande als etwas vorhandenes dargelegt. Unberücksichtigt bleibt der Kriegszug Napoleons als ein Ausfluß der französischen Revolution und des vorherigen Angriffs der deutschen Fürsten auf das revolutionäre Frankreich. Die Antizipation der Ideen der französischen Revoltuion durch die Bevölkerung der deutschen Kleinstaaten wurde, besonders nach 1806, einerseits durch Reformen der inneren Verfasstheit und andererseits durch die Steigerung eines spezifisch deutschen Nationalgefühls kanalisiert in eine antifranzösische und damit antirevolutionäre Grundstimmung. Mit der es gelang (und mit der Hilfe des Zaren und Napoleons Hybris) die Franzosen zu schlagen und die Herrschaftsansprüche des alten Feudaladels weiter zu sichern.

    Dies nur ein Beispiel dafür, das die Arbeit anscheinend nicht über das inzwischen antiquierte Geschichtsverständnis als eine Abfolge von Schlachten und Kriegen hinaus geht.

    Und als ich die folgende Überschrift (Kapital 2, Abschnitt 4) lass, wusste ich, hier kann meine Beschäftigung mit dem Buch getrost enden.

    Der ungerechte Kriegseintritt der USA

    Wie kommt der Autor dazu den Kriegseintritt als ungerecht (oder meinetwegen auch als gerecht) zu werten? Was war damals am Kriegseintritt der USA ungerecht?

    Die Diskussion über den gerechten Krieg gab es erst nach dem 1. WK, bis dahin war es ein Zeichen der höchsten Souveränität eines Herrschers oder eines Staates in den Krieg zu ziehen. Ich bin der Überzeugung, dass Kriege vielleicht richtig oder falsch sind oder sich auf noch andere Weise erklären und beschreiben lassen. Aber mit der Kategorie Gerecht kommt man auf keine Weise weiter.


    Beste Grüße

    Paul

    Schriftgröße auf normal gesetzt, Diana


    G-W-G'

  • Hallo zusammen!


    Ricardo:

    "Rassismus"

    Lass es mich mal so ausdrücken: Hätte irgendwo auf der Welt eine karierte Menschenrasse existiert, dann hätten die Achsenmächte auf Grund ihrer rassistischen Staatsideologien Probleme gehabt, sie bündnismäßig einzubeziehen, die Alliierten jedoch nicht.

    "Österreich-Ungarn und Türkei praktisch am Ende"

    Den nachlassenden russischen Druck hätte man auch für eine innere Konsolidierung der Vebündeten nutzen können (und müssen).

    "Japan"

    Sozialimperialistische Argumentationen, nach denen Kriege aus dem Bedürfnis um Absatzmärkte heraus geführt werden, gehen m.e. fehl, wie andere Argumentationen wirtschaftlicher Natur auch. Mit den Hintergründen der japanischen Expansionspolitik habe ich mich nicht näher beschäftigt. Hast Du das gemacht? Wenn Du es kannst, bitte ich Dich, Deine Argumentation mit Zitaten zu unterlegen.

    "Moskau"

    Den russischen Riesen anzugreifen war schwierig und gefährlich, das hätte man wissen können. Eine Flankenstrategie sehe ich nicht als erfolgversprechend. Das feindliche Zentrum Moskau und nachfolgend den großen Wolgabogen in die Hand zu bekommen, genauso wie die "erbeuteten" Russen gut zu behandeln wäre für einen Erfolg im Ostkrieg essentiell gewesen.


    Paul:

    "Buch"

    Meine Schrift liegt nicht als Buch vor und ist demnach auch nicht erwerb- oder ausleihbar, sondern existiert ausschließlich und kostenlos für jeden Leser im Netz!

    "Innere Verfasstheit der Staaten"

    Diese habe ich bewusst weitestgehend ignoriert, da sie für die Kriegsausbrüche keine Rolle spielt. Kriegsbegründend war ausschließlich die angelsächsische Chimärenfurcht, die sich vorhandene Strömungen zunutze machte. Das französische Revanche- und das russische Expansionsstreben wie die deutsche Einkreisungsanalyse (IWK) und das deutsche Expansionsstreben (IIWK), genauso wie die k.u.k-Zerfallsfurcht hätten ohne die angelsächsische Weichenstellung nicht notwendig zum Krieg geführt. Auch die inneren Schwierigkeiten Großbritanniens (quasi Vor-Bürgerkriegssituation in Irland) mochten den britischen Kriegskurs zwecks Zukleisterung angestachelt haben, die tatsächliche Ursache liegt aber viel, viel tiefer.

    "US-Krieg und Gerechtigkeit"

    Die Gerechtigkeitsperspektive stammt nicht von mir, sondern vom damaligen US-Präsidenten Wilson, dem eine Weltfriedensordnung vorschwebte, der Ende 1916 ähnliche Friedensvorstellungen entwickelte wie die Mittelmächte, dennoch gegen sie und nicht gegen die Westmächte in den Krieg eintrat, was er, wie er Lansing gestand, nicht glaubwürdig als Einsatz für die Demokratie verkaufen konnte, aber dennoch vor dem Kongress unternahm.

    Ich bitte, das Kapitel ganz zu lesen, nicht nur die Überschrift.

    Grüße, Holger

  • Hallo Holger,

    Ich vermisse in Deinem Quellenverzeichnis die „Schlafwandler“ von Christopher Clark. Dieses excellent recherchierte Buch dürfte mittlerweile als Standard bei der Entstehungsanalyse des ersten Weltkriegs gelten.

    Clark verzichtet nicht auf die innere Verfasstheit der Staaten. Sein Buch wäre dann wohl kaum halb so umfangreich geworden.

    Beste Grüße,

    Justus

  • Hallo Allerseits,

    ich stimme Justus zu. Dieses Werk gehört zur Pflichtlektüre. Außerdem werde ich den Verdacht nicht los, dass Holger hier seine Thesen salonfähig machen möchte. Welche Reputation hast Du Holger?

  • Hallo zusammen,

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    Außerdem werde ich den Verdacht nicht los, dass Holger hier seine Thesen salonfähig machen möchte

    Klar ist Holger von dem überzeugt was er geschrieben hat, auf der anderen Seite ist die gegen Rede schon recht deutlich.

    Er verteidigt seine Werk und das ist schon mal positiv ohne das ich irgendwelchen Populismus sehe was ja ein anderes Wort

    für salonfähig ist. Übrigens so was nennt sich Diskussion.

    Quote

    Welche Reputation hast Du Holger?

    @ Dirk,

    du kannst dich inhaltlich auseinandersetzen ohne persönlich zu werden !

    Gruss Dieter

  • Hallo zusammen!

    "Clark":

    Im Zuge der Erstellung der Arbeit habe ich natürlich überlegt, Clark einzubeziehen, mich aber dann dagegen entschieden. "Geschlafwandelt" wurde mit Sicherheit nicht. Besonders einschlägig sind hier zur britischen Seite das Unterkapitel "Kriegsgeständnisse" und die Literaturbesprechung "Wormer", zur deutschen Seite die Literaturbesprechung "Copeland". Auf der britischen Seite wurde seit Jahrzehnten eine bewusste und geschickte Eskalationsstrategie verfolgt. Auf der deutschen Seite griff man angesichts der russischen Mobilmachung etwa dem 25.07.1914 zur Eskalation.
    Die "Schlafwandler"-These geht vermutlich auf das "Schlittern"-Argument von Lloyd George zurück, was an ihrer Abwegigkeit nichts ändert. Richtig ist, dass ich mir das Buch mal vornehmen, gründlich analysieren und in einer weiteren Literaturbesprechung im ersten Teil aufführen könnte. Natürlich kann ich nicht ausschließen, dass sich darin weitere, wichtige Details finden, die ich in die Hauptgeschichte einbauen müsste. Aber ich frage mich jetzt schon, ab welchem Zeitpunkt Clark mit der Betrachtung anfängt, ob ihm die Chimärenthese geläufig ist, bzw. was er alles übergeht. Irgendwo müssen ja grundsätzliche Unterschiede zu meiner Arbeit zu finden sein.

    "Thesen":

    Ja, Dirk, da hast Du völlig recht! Argumentation gegen die "Schlafwandler"-Thesen, die Bismarck-Beweihräucherung, das Appeasement als versuchte Friedenssicherung und, und, und... Das versuche ich alles, salonfähig zu machen.

    "Reputation":

    Nein, ich habe keine Reputation, und ja, Ricardo, das ist (und ich bitte, dass sich jetzt niemand persönlich beleidigt oder auch nur angesprochen fühlt) wichtig in unserem Rektalonautenland Deutschland. Ich bin kein studierter Historiker. Es ist auch nicht geplant, diese Arbeit einem Lehrstuhlinhaber oder Verlagslektor anzubieten. Mir ist offline bereits mehrfach vorgeschlagen worden, diese Arbeit als Doktorarbeit vorzulegen. Ich scheue davor zurück, weil das meine unabhängige Sichtweise gefährden könnte. Profs unterstelle ich, sie würden fordern, jaaa, aber dann müssen Sie das noch einbauen, und das noch, und das noch... hauptsächlich Werke vom Prof selbst und seinen akademischen Spezln. Außerdem ist mein Jargon oft bewusst nicht dissertationstauglich.

    Ich wende mich an dieses Forum, weil ich hier unabhängige Denker vermute, die sich ihr eigenes Bild machen wollen. In Form der Online-Veröffentlichung kann ich mich auch bei Fehlern ertappen lassen und auf die frühere Version per Änderungsprotokoll hinweisen.

    Grüße, Holger