Tarnschema auf unbekanntem Omnibus in Kronstadt (Rumänien) - Datierung möglich?

  • Hallo allerseits,

    hier habe ich noch eine weitere Aufnahme aus meiner Vorkriegsautosammlung, die mir Rätsel aufgibt.

    Aufnahmeort ist der Marktplatz in Kronstadt (Siebenbürgen/Rumänien) - heute sieht's dort noch fast genauso aus. Nur stehen keine Vorkriegsautos mehr herum:

    Chrysler_1938_Fiat_514_Kronstadt_Wk2_Galerie.jpgChrysler_1938_Fiat_514_Kronstadt_Wk2_Ausschnitt1.jpgChrysler_1938_Fiat_514_Kronstadt_Wk2_Ausschnitt2.jpgChrysler_1938_Fiat_514_Kronstadt_Wk2_Ausschnitt3.jpg

    Mich interessiert vor allem der stromlinienförmige Bus mit dem Tarnschema - trotz langwieriger Recherchen konnnte ich den Typ nicht identifizieren. Hat jemand eine Idee? Könnte außer einem deutschen auch ein österreichisches oder evtl. französisches Modell sein.

    Das Tarnschema spricht aus meiner laienhaften Sicht für eine Entstehung in der späteren Phase des Kriegs, etwa ab 1943. Interessanterweise fuhren da noch einige Privat-PKW herum. Der rechts vom erwähnten Bus stehende Wagen ist sehr wahrscheinlich ein Fiat 514 (Bauzeit: 1929-32). Interessanter für's Militär wäre wohl der daneben stehende Chrysler von 1938 gewesen. Solche modernen US-Modelle findet man auch in Wehrmachtsdiensten recht oft.

    Was bedeuten aber die Symbole auf den Frontscheiben? Sollten diese signalisieren, dass es sich um PKW mit genehmigter Privatnutzung handelt - analog zum roten Haken auf dem Nummernschild in Deutschland?

    Der Vollständigkeit halber habe ich auch eine Ausschnittsvergößerung des Busses ganz rechts beigefügt.

    Auch hier freue ich mich über alle Hinweise und Anmerkungen, ganz gleich zu welchem Detail.

    Viele Grüße

    Michael

    Meine Fotogalerie mit Beutewagen im Dienst der Wehrmacht: https://vorkriegs-klassiker-rundschau.blog/beutefahrzeuge

  • Hallo Michael,

    den Bus auf der linken Seite halte ich für einen ehemaligen Bus der Reichsbahn für den Autobahn-Schnellverkehr, in dem Falle von Mercedes-Benz. Eine genaue Typbezeichnung ist mir allerdings noch nicht bekannt.

    Der Bus auf der rechten Seite m. E. ein Bus aus dem örtlichen Nahverkehr, Hersteller/Karosserie-Aufbau (noch) unbekannt.


    Gruß

    Ulf

    MB Stromlinie.jpgMB Stromlinie 2.jpg

  • Hallo Ulf,

    besten Dank - trotz kleiner Abweichungen (Frontscheibe) scheint Dein Tipp in die richtige Richtung zu gehen. Jedenfalls stimmt die Zahl der Seitenfenster, die Dachlinie und insbesondere der markante Abwärtsschwung der seitlichen Leiste unterhalb der Fenster überein!

    Jetzt wäre noch ein Kommentar zum Tarnschema und zur Anwesenheit von Wehrmachtseinheiten in Kronstadt schön.

    Gruß

    Michael

  • Hallo Michael,

    ich denke der zusätzliche Steg ist auf eine defekte Scheibe zurückzuführen, eine gebogene Scheibe war vermutlich nicht zu beschaffen.


    Gruß

    ulf

  • Klasse Hinweis, Ulf, danke auch dafür!

    Die Aufbauten dieser stromlinienförmigen Reichsbahn-Schnellbusse wurden nach meinen Recherchen von diversen Karosseriebaufirmen auf Mercedes-Fahrgestell hergestellt - also nicht von Daimler-Benz selbst. Das dürfte erklären, weshalb man so wenig Angaben dazu findet und auch dass es kaum Ersatzteile - hier der gewölbte Teil der Frontsscheibe - gab.

    Gruß

    Michael

  • Grüßgott, Eumex,

    danke für die Information - somit haben wir bereits ab 1941 eine wichtige deutsche Truppenpräsenz in Kronstadt, hätte ich nicht gedacht. Übrigens war Kronstadt trotz Zugehörigkeit zu Rumänien damals eine von Deutschen gegründete und bewohnte Stadt. Bis 1918 gehörte die ganze Region (Siebenbürgen) ja noch zur kuk-Monarchie.

    Das Tarnschema des Schnellbusses ist für mich nach wie vor der Schlüssel zur genaueren Datierung der Aufnahme, siehe hier: http://www.kfzderwehrmacht.de/Hauptseite_deu…he_43_-_45.html

    Demnach scheinen Mehrfarbtarnanstriche erst 1943 aufgekommen zu sein.

    Gruß

    Michael

  • Hallo zusammen,

    Quote

    Das Tarnschema des Schnellbusses ist für mich nach wie vor der Schlüssel zur genaueren Datierung der Aufnahme

    das ist der einzigen pack an um sich dem Aufnahme Datum zu nähern.

    Für mich ist der Zeitrahmen Mitte 1943 bis Mitte 1944. Diese Art Tarnung sieht man auch häufig Anfang 1944 in Ungarn.

    Der Bus ist außerdem stark von der Truppe angepasst worden was zu der Tarnung/Zeit passt.

    Die Aufbauten für die Mercedes Schnell-Busse stammen von Kässbohrer

  • Hallo Dieter,

    herzlichen Dank für Deine Einschätzung und auch für den Hinweis auf den Hersteller des Aufbaus - beides hilft mir bei der Einordnunug der Situation.

    Zu den merkwürdigen Symbolen auf den beiden einheimischen PKW wird man vermutlich nichts in Erfahrung bringen. Meine Vermutung war die, dass es sich um die in Rumänien verbreitete Markierung erlaubter Privatfahrzeuge handelte.

    Viele Grüße

    Michael

  • Die Aufbauten für die Mercedes Schnell-Busse stammen von Kässbohrer

    Hallo Dieter,

    die in deinem Vergleichsbild gezeigten Busse haben nicht den gleichen Aufbau. Identisch ist die in meinem Beitrag gezeigte Variante.

    Auch Gaubschat, Credé aus Kassel und die Waggonfabrik Uerdingen haben Busse für den Autobahn-Schnellverkehr der Deutschen Reichsbahn auf Daimler-Benz Basis (z.B. LO 2600 und LO 3750) gebaut. Allerdings konnte ich den hier in Rede stehenden Karosserieaufbau nicht finden und auch nicht wirklich einem Hersteller zuordnen. Ich tendiere jedoch zu Gaubschat.


    Gruß

    Ulf

    13111_MBE103_122_429lo.jpg13115_MBE105_122_872lo.jpg

    Edited once, last by Ulf71 (June 25, 2018 at 9:24 PM).

  • Hallo Ulf,

    jetzt wo Du darauf hinweist, sehe ich die Unterschiede auch - hatte bei meiner Recherche ebenfalls bereits Gaubschat in Erwägung gezogen.

    Für mich bleibt die entscheidende Information, dass aus dem Foto einer der Reichsbahn-Schnellbusse in Wehrmachtdiensten zu sehen ist, hier ab 1943 in Rumänien. Sehr gutes Ergebnis aus meiner Sicht...

    Gruß

    Michael

  • Moin,

    vielleicht finden sich hier noch Informationen?

    Wolfgang H. Gebhardt: Deutsche Omnibusse seit 1895. 1. Aufl., Motorbuch-Verlag, Stuttgart 2002, ISBN 3-613-02140-4.

    Gruß,

    JR

  • Hallo JR,

    möglich - aber noch wahrscheinlicher in:

    "Volkhard Stern: Der Autobahn-Schnellverkehr der Deutschen Reichsbahn", 2008

    Bestimmt interessant, aber irgendwo muss man bei seinen Neigungen ja eine Grenze ziehen...

    Gruß

    Michael

  • Hallo,

    Da dieser Omnibus getarnt war, dürfte er von der Wehrmacht requiriert worden sein, ausschließlich für den Transport deutscher Militärbehörden. Diese Art von Militärtransport ist bis August 1944 auch im Prahova-Tal bezeugt. Ich möchte jedoch auf die Anwesenheit von Privatfahrzeugen eingehen.

    Scheinwerfertarnung. Es handelte sich um eine passive Verteidigungsmaßnahme der rumänischen Behörden gegen Luftangriffe. Während 1940 die Tarnung der Scheinwerfer improvisiert wurde (durch Stoff- oder Lederbezüge oder durch teilweise schwarze Lackierung des Scheinwerferglases), wird die Tarnung 1943 zu einer blauen Zellophanfolie über den Scheinwerfern.

    Die Markierungen auf der Windschutzscheibe. Während des Zweiten Weltkriegs wurden verschiedene Arten von Markierungen für rumänische Automobile praktiziert. Eine dieser Markierungen war ab August 1941 Teil der Steuerzahlungskontrolle für Kraftfahrzeuge. Im vorliegenden Fall ist es jedoch durchaus möglich, dass es sich um Markierungen handelte, die im Jahr 1943 die Verkehrsregeln für Kraftfahrzeuge mit mechanischer Traktion festlegten. In der letzten Kriegshälfte durften Autos nur mit der Sonderfahrerlaubnis, dem Fahrtenbuch, dem Sonderschild an der Windschutzscheibe und dem Serviceauftrag gefahren werden. Die Autos hatten je nach Verwendungszweck unterschiedliche Markierungen (siehe den artikel von Universul - Provincie, Ianuarie 1943).

    Mit freundlichen Grüßen,

    ein Rumänischer Professor

  • Liebes Forum,

    Dank der grade gezeigten rumänischen Drucksache mit den, in die Windschutzscheibe zu klebenden Markierungen für bestimmte Einsatzzwecke ergibt sich eine neue Erkenntnis für das beigefügte Fahrzeug, welches ich vor einiger Zeit schon mal im Zusammenhang mit dem Ochsen-getriebenen Schleppzug vorgestellt habe - es ist offenbar ein rumänischer Lkw. Was genau das Quadrat mit der diagonalen Trennung zu bedeuten hat, kann ich aber nicht herauslesen.

    Gruss aus Berlin

    Henry

  • Hallo T.H.,

    Quote

    Die Autos hatten je nach Verwendungszweck unterschiedliche Markierungen (siehe den artikel von Universul - Provincie, Ianuarie 1943).

    würdest du uns den den Artikeln mit den Zeichen übersetzen damit wir die Bedeutung verstehen und damit arbeiten können,

    oder etwas OCR lesbares.

    Gruss Dieter