B-24 Absturz am 2. Dezember 1944 im Raum Bingen

  • Hallo,

    ein Bekannter aus den USA hat sich an mich gewandt auf der Suche nach zwei am 2. Dezember 1944 im Raum BIngen verschollenen B-24 Bombern:

    We are trying to locate two B-24 Liberator bombers who disappeared in the clouds and probably collided over Bingen during a bombing mission on 2 December 1944.

    Over the last few years we were able to establish crash locations of all other USA bombers and fighters, that were lost on that particular day, but these two B-24's carrying 21 crew members were never found.

    A report in the Luftwaffe Luftgau Kommando Archives mentioned Limbach (near Idar Oberstein) as crash site, but after contacting local individuals nobody can confirm the crash and no debris and / or human remains were located.

    A low flying fighter noticed three big aircraft pieces failing out of the fog close to the target Bingen, so we think that maybe parts of one or both planes fell in the Rhine river.

    Ist jemand hierzu etwas bekannt? Mein erster Gedanke wäre, beim zuständigen Wasserstraßen und Schifffahrtsamt anzufragen bzw. bei den jeweiligen Außenbezirken. Ich befürchte allerdings, dass Ende 1944 die Wasserstraßenverwaltung nicht mehr all zu gut aufgestellt war und Trümmer möglicherweise stromab getrieben wären und falls angelandet vom Militär oder Anwohnern aus dem Fluss gezogen worden wären. Eine erste schnelle Recherche von mir brachte auch nichts brauchbares.

    Ich wäre für jeden Hinweis dankbar.

    Viele Grüße

    kai

  • Hallo Kai


    Ans Stadtarchiv gedacht und oder Ortshistoriker ansprechen?

    Gibt es Information über diese Abstürze in der Presse von 1944?

    mit freundlichen Grüssen

    Uli

  • Hallo Kai,


    da Bingen fast vor meiner Haustür liegt, habe ich kurz in meinen Unterlagen geblättert.

    In den Buch " Krieg in der Heimat " von Willi Wagner ist ein kurzer Absatz über den Angriff am 2.Dezember 1944 auf den Verschiebebahnhof Bingerbrück.

    Ich kann dir diese Seite ( kleine Din 5 ) gerne per Mail zukommen lassen.

    Im Anhang nennt Wagner die Quelle als " Busch, S. 214 ff

    Herzliche Grüsse vom Rhein

    Markus

  • Hallo,

    vielen Dank schon mal für die Hinweise. Ich versuche mal die Namen der Besatzung in Erfahrung zu bringen. Vielleicht hilft das weiter.

    Gruß

    Kai

  • Guten Abend,

    die B-24 J, #42-50766 ist mit Absturzort "Schwarzerden" (Krs. Bad-Kreuznach) dokumentiert - 4 KIA und 4 PoW (MACR #10848),

    die B-24 J, #42-50805 mit Verlustort "nordwestl. Bornich" (Verbandsgemeinde Loreley, Rhein-Lahn-Kreis) - 2 KIA 4 DED 2 POW (MACR #10834).

    Beide Maschinen gehörten zur 44th BG.


    Gruß, Uwe K.

    "Was sprechen die Diesel, Johann? - Die Diesel sind zufrieden, Herr Kaleu."

  • Guten Abend,

    die B-24 J, #42-50766 ist mit Absturzort "Schwarzerden" (Krs. Bad-Kreuznach) dokumentiert - 4 KIA und 4 PoW (MACR #10848),

    die B-24 J, #42-50805 mit Verlustort "nordwestl. Bornich" (Verbandsgemeinde Loreley, Rhein-Lahn-Kreis) - 2 KIA 4 DED 2 POW (MACR #10834).

    Beide Maschinen gehörten zur 44th BG.


    Gruß, Uwe K.

    Hallo Uwe,

    Ich glaube diese Infos haben die alle. Es handelt sich um eine amerikanische Historikergruppe. Interessant sind nicht öffentliche Quellen oder Zeitzeugen. Die 2 Maschinen wurden trotz Suche nie gefunden. Ich denke, dass bei den zahlreichen Abstürzen an dem Tag möglicherweise Trümmer nicht mehr einzelnen Maschinen zugeordnet werden konnten und die Besatzung anonym bestattet wurde. Aber das ist nur meine Startthese.

    Gruß

    Kai

  • Ans Stadtarchiv gedacht und oder Ortshistoriker ansprechen?

    Gibt es Information über diese Abstürze in der Presse von 1944?

    Hallo,

    Er hat mir geschrieben, dass lokale Zeitzeugen befragt wurden aber keiner sich erinnern konnte.

    Stadtarchiv wäre jetzt auch mein nächster Gedanke. Aber ich denke das wurde auch schon gecheckt. In den Akten der Wasserstraßenverwaltung suchen sehe ich auch nicht als zielführend an.

    Gruß

    Kai

  • Hallo,

    schon versucht, den Erstbestattungsort der getöteten Crewangehörigen zu ermitteln? Wo die Leichen gefunden wurden, muß ja auch der Rest der Maschinen runter gekommen sein.

    Die 6 gefallenen der 42-50805 ruhen in einem gemeinsamen Grab auf dem Arlington National Cemetery, die 5 der 42-50766 auf den jeweiligen Friedhöfen ihrer Heimatorte.

    Grüße

    Thilo

    Suche alles zur Lehrtruppe Fallingbostel und zum Einsatz des NSKK in der Ukraine 1941

  • Die 6 gefallenen der 42-50805 ruhen in einem gemeinsamen Grab auf dem Arlington National Cemetery, die 5 der 42-50766 auf den jeweiligen Friedhöfen ihrer Heimatorte.

    Hallo,

    dann dürfte der Weg über die IDPF (Individual Deceased Personnel File) der Weg sein, der zum Absturzort führen dürfte

    Die IDPF erhält man mittlerweile über das NARA oder mit einer Anfrage nach Freedom of Informationen Act bei der US Armee. Dauert aber derzeit über 1 Jahr

    Grüße Alex

  • Hallo Zusammen,

    ich habe inzwischen die MACR ("Missing Air Crew Reports") zu allen 11 B-24 Verlusten die am Angriff auf die Bahnanlagen in Bingen am 2.12.44 beteiligt waren,

    noch einmal im Detail "studiert" ("Fold3" machts möglich!).

    Zunächst der einfache Teil, das passt dann auch zum Unterforum "Einheiten der Luftwaffe": Die meisten B-24 wurden definitiv von den Sturmjägern der IV./JG 3 abgeschossen - auf wenn in US-reports teilweise von "Messerschmitts" berichtet wurde - waren das natürlich Fw 190. In den allseits bekannten Abschusslisten und der Gruppenchronik zur IV./JG 3 (Prien) ist die Luftwaffe-Seite des Geschehens ausführlich dokumentiert. Auch der anschließenden verlustreiche Luftkampf zwischen den US-Begleitjägern und den Sturmjägern der IV. JG "Udet" ist noch einmal im Detail beleuchtet worden (Artikel von Jürgen Zapf: "Luftkämpfe der IV.(Sturm)/JG 3 „Udet“ über dem Soonwald";. In: Jägerblatt 5, 6/94).

    Für 9 der B-24 sind die Absturzorte durch KU-Meldungen relativ detailiert dokumentiert, und das Schicksal der gefallenen US-Flieger geklärt.

    Die Flugzeugwracks wurden die die Bergungstrupps aus Mainz-Finthen und Niedermendig eingesammelt und dem Wertstoffkreislauf der deutschen Kriegswirtschaft zugeführt - alles gut dokumentiert.

    Deshalb will ich die US-Kollegen auch nicht weiter mit den anscheinend hinlänglich bekannten Details langweilen ...

    Bei folgenden 2 Maschinen ist jedoch weder der genaue Absturzort, noch das Schicksal der insgesamt 21 Mann Besatzung geklärt.

    Alle Toten sind bis heute als "vermisst" (MIA) auf den Gedenktafeln in Cambridge ("Wall of the Missing) aufgeführt,

    es handelt sich um die:

    1.) B-24H, #42-95105, http://446.BG/704.BS, "She's Mine" (11 MIA, p: 2Lt John E, Ilstad), MACR 11053

    2.) B-24H, #42-51100, http://446.BG/706.BS, "Tiger" (10 MIA, p: 2Lt 2Lt John B Dickson), MACR 11054

    Ich bin mir ziemlich sicher, dass die US-Interessenten auf der Suche nach diesen zwei Flugzeugen, bzw. deren Besatzungen, sind.

    Mit Fliegergruß, Uwe K.

    "Was sprechen die Diesel, Johann? - Die Diesel sind zufrieden, Herr Kaleu."

  • Hallo,

    Quote


    Ich bin mir ziemlich sicher, dass die US-Interessenten auf der Suche nach diesen zwei Flugzeugen, bzw. deren Besatzungen, sind.

    lt. Mission Record der 446. Bomb Group litt die Mission unter schlechten Wetterbedingungen, der Jagdschutz wirkte gut, es gab keinen Flakbeschuss. Die beiden vermissten Maschinen konnten die Formation nicht halten und vielen zurück, sie wurden zuletzt gesehen, als sie in Wolken verschwanden. Somit kann der Absturzort auch weit von Bingen entfernt liegen.

    Grüße

    Thilo

    Suche alles zur Lehrtruppe Fallingbostel und zum Einsatz des NSKK in der Ukraine 1941

  • Guten Morgen,

    ich kann bestätigen, dass es sich um von Uwe erwähnten 2 Maschinen handelt.

    Die Untersuchung der Airforce kam 1948 zu dem Schluss, dass beide Maschinen möglicherweise über dem Atlantik abgestürzt sind.

    Die Theorie der Gruppe war, dass die Maschinen möglicherweise über Bingen nach einer Kollision abstürzten und in den Rhein fielen. Der ist an dieser Stelle aber und vor allem im Winter nicht sehr tief. Die Strömung in diesem Bereich würde imho dazu führen, dass Wrackteile auf dem felsigen Untergrund schnell an Land gespült worden wären. Ich denke dort hätte man den Absturz und die Opfer sichertlich registriert. Daher halte ich die These eines Absturzes über dem Atlantik für schlüssig, insbesondere vor dem Hintergrund der Wetterbedingungen. Eine leichte Abweichung vom Kurs ohne die Möglichkeit einer Ortung über Gund führt schnell raus aufs Wasser und an England vorbei.

    Die Tatsache, dass der Absturz bereits 1948 untersucht wurde und es seitdem keine neuen Erkentnisse gibt, deutet für mich auch darauf hin. Im Osten werden zwar noch immer Wracks aus Sümpfen geborgen, aber im westlichen Europa halte ich einen unentdeckten Wald- oder Sumpfabsturz von 2 Bombern für nicht sehr wahrscheinlich.

    Gruß

    Kai

  • Moin,

    denkbar ist natürlich, dass die beiden B-24 zusammengestoßen sind und explodierten - evtl. samt Bombenladung.

    Dadurch würden die Wrackteile über ein größeres Gebiet gestreut "vom Himmel regnen" und sich nicht mehr einzelnen Ereignissen bzw. Flugzeugen zuordnen lassen.

    Das ist genauso möglich wie ein Absturz (nach Zusammenstoß?) über dem Kanal oder der Nordsee.

    Ein ähnlicher Fall passierte am 13.1.1945 beim USAAF-Angriff auf die Rheinbrücke Wörth-Karlsruhe (MACR #11586). Hier ist aber sehr klar, was passierte.

    Die B-17G #43-38795 (http://497.BG/751.BS, 9 MIA, pilot: 2Lt Irwin C. Popham) erhielt im "target run" auf die Rheinbrücke einen Flakvolltreffer, vermutlich von der Großbatterie Knielingen, und explodierte mit Bombenladung.

    Das Geschehen wurde aus der Luft (US-Berichte) und vom Boden (Flakgruppe Karlsruhe) gut beobachtet.

    Die 9 Männer der Besatzung gelten bis heute als vermisst, die Reste der "Fortress" fielen über Wörth, Maxau, dem Rhein und den Rheinauen, .., verstreut vom Himmel.

    Eine Identifikation der "Funde" am Boden fand nicht statt (wie könnte auch ?). Die Einzelteile der Maschine wurden im Laufe der Zeit wohl (falls gefunden) verschrottet.

    Einzelne Metallstücke werden sich heute immer noch in der Geographie finden lassen. Die größeren Teile (Motoren) wurden damals zeitnah verschrottet, an einer Detail-Dokumentation bestand bis Kriegsende kein Interesse.

    Das damalige JPAC (Hawaii) kontaktierte mich diesbezüglich 2012 und wir hatten einen relativ intensiven Austausch von E-Mails.

    Von einer Suche vor Ort wurde dann abgesehen, da weder von deutscher noch von US-Seite ausreichend Informationen vorhanden waren, die eine solche Suchaktion gerechtfertigt hätte.

    Dar Absturzraum ist inzwischen noch weitaus dichter bebaut als noch 1945 (u.a. Daimler LKW-Werk Wörth nebst Versuchsareal, Ölhafen und MIRO Raffinerie Karlsruhe, Papierfabrik Karlsruhe, ..., usw.) - und evtl. werden im Zuge der Bauarbeiten im Rahmen der zweiten Rheinbrücke Karlsruhe-Wörth und der neugeplanten Zubringerstraßen noch weitere Kleinteile gefunden werden - zusammen mit Munitionsresten und Blindgängern. Andererseits gab es in dem Gebiet Dutzende von Flugzeugverlusten (USAAF, RAF, Luftwaffe, Franzosen) - aber immer wieder auftauchenden Metallfunde lassen sich einzelnen Maschinen kaum zuordnen.

    Die 9 Männer der #43-38795 gelten offiziell noch als vermisst - und das wird wohl auch so bleiben.

    Mit Fliegergruß, Uwe K.

    "Was sprechen die Diesel, Johann? - Die Diesel sind zufrieden, Herr Kaleu."

  • Hi,

    meinen Informationen zu Folge sind alle B-24 Abstürze geklärt und können in den jeweiligen Berichten nachvollzogen werden. Nur bei eben diesen beiden Maschinen ist es unklar, ob sie ihre Bomben abwarfen und danach zusammenstießen oder ob sie möglicherweise die Bomben noch an Bord hatten und zusammenstießen oder ob was ganz was anderes passiert ist. Für ersteres würden die Berichte der amerikanischen Jagdflieger sprechen sprechen, welche abstürzende Trümmerteile beobachtet hatten. Am Boden wurde diese dann aber nicht registriert, jedenfalls fehlt von den 2 B-24 jede Spur.

    Auffällig ist aber, dass auch eine B-17 an dem Tag abgeschossen und gefunden wurde, obwohl keine B-17 verloren ging. Möglicherweise kam es hier auch zu Verwechslungen bei den Trümmern. Anscheinend gibt es auch keine Berichte zu den Mannschaften. Falls die Maschinen auseinandergebrochen wären, dann hätte man die Opfer finden müssen. Oder sie wurden einfach an Ort und Stelle begraben ohne ihre Identität aufzunehmen.

    Ich denke es ist heute ohne Zeitzeugen fast unmöglich das zu klären. Die Literatur ist bereits geprüft, die Hoffnung der amerikanischen Kollegen richtet sich mehr auf Berichte von Augenzeugen.

    Gruß

    Kai

  • Moien,

    das Luftgaukommando nennt 10 KU-Meldungen mit Ortsangaben (zwei an der Lahn, bzw. Bruttig/Mosel) (die B-17 zähle ich dazu), es gibt10 MACR für die B-24 Verluste.Also müßte das doch eigentlich zu klären sein.

    h.