Begriff "Beschädigung" beim Soldaten!

  • Hallo in der Runde,
    habe jetzt schon einige Male den Begriff "Beschädigung" (z.B. bei einem Besitzzeugnis) eines Soldaten gelesen! Begriff "Verwundet" ist ja klar (Schußwunde/Granitspitter usw.) ! Aber
    was ist mit "Beschädigt" gemeint, kann mir nur Erfrierungen/Verbrennungen/Trauma etc.vorstellen! Wer kann aufklären?
    Es grüßt Euch aus dem Vorderen Bayerischen
    Winterwunderwald,
    Oldie07 (Hans)

  • Hallo Hans!

    ganz unwissenschaftlich hergeleitet;
    eine Verwundung ist das auslösende Ereignis. ihre Folgen können aber im günstigen Fall wieder komplett verheilen, also ohne bleibenden Schaden. Der Mann war wieder fronttauglich. Beschädigungen sind dann derartige Folgen der Verwundung/Verletzung , die zu dauerhaften Beeinträchtigungen führten (fehlende Gliedmaßen, Verlust von Augenlicht, Hörschäden usw.)

    MfG Ludwig

    Never let go!

  • Guten Tag ans Forum und an den Anfragenden,

    mir ist die "Beschädigung" als amtsdeutscher Begriff bekannt.
    Ist eine Verletzung, Verwundung von einer Militär- oder Zivilbehörde in einem offiziellen Verfahren anerkannt worden und
    dem Betroffenen wird ein offizieller Leistungsanspruch zugestanden (Schwerbehindertenprozente, Geldleistung),
    so spricht man von einer "Beschädigung".
    Vermutlich kann der bekannte Begriff "Beschädigung" auch als Synonym für Verletzung, Verwundung pp.
    verwendet worden sein, um nicht immer nur einen Ausdruck benutzen zu müssen.

    Mit freundlichen Grüßen aus der Normandie

    Peter

    (PH)

    Edited once, last by Danuser (December 28, 2017 at 6:33 PM).

  • Hallo zusammen,
    ich erinnere mich an Schilder in Fahrzeugen des ÖPNV mit der Aufschrift: "Platz für Kriegsbeschädigte" noch Ende der 1970er Jahre.
    Schöne Grüße,
    IR75

  • Hallo,

    Peter ( Danuser) hat es vorstehend richtig erkannt und dargestellt.

    Ergänzen möchte ich nur, dass der Begriff "Beschädigung" damals nicht "Kriegsbeschädigte " sondern auf "Wehrdienstbeschädigte/Wehrdienstbeschädigung" lautete und im Abschnitt "Beschädigtenfürsorge und Versorgung" im III. Abschnitt, ab § 66, "Fürsorge und Versorgung" abgehandelt wird.

    Gruß Karl

  • Hallo,

    die "Beschädigten" selbst benutzten allerdings lieber den Begriff Versehrte, diese hatten eigene Sportvereine usw.

    Grüße
    Thilo

    Suche alles zur Lehrtruppe Fallingbostel und zum Einsatz des NSKK in der Ukraine 1941

  • Hallo

    der Begriff "Beschädigter" beschränkte und beschränkt sich nicht nur auf Verwundung und Verletzungen im Einsatz sondern alle im Dienst erlittene Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit.
    Das soll bedeuten das ein Rekrut der sich in der Ausbildung eine Verletzung oder Erkrankung zugezogen hat (z.b. Knalltrauma mit bleibender Schwerhörigkeit) ist eine Dienstbeschädigung und wird als solche Anerkannt.
    Sobald die Versehrtheit eine gewisse Schwelle erreicht steht ihm eine Pension zu und, oder seine Dienst ist beeinträchtigt wie Dienst in der Garnison, nicht Frontverwendungsfähig und anderes.

    Grüße
    Ralf

    Edited once, last by SanUO (December 29, 2017 at 12:17 PM).

  • Hallo,

    Sobald die Versehrtheit eine gewisse Schwelle erreicht steht ihm eine Pension zu und, oder seine Dienst ist beeinträchtigt wie Dienst in der Garnison, nicht Frontverwendungsfähig und anderes.

    ...das nennt sich dann Versehrtengeld.
    ..oder eine "Kapitalabfindung".
    ....Arbeitsverwendungsunfähigkeit, je nach Versehrtengrad ( Blind/Hirnschädigung u. a. .( lt.. VO´en die bis 1945 Gültigkeit hatten.)

    Hallo IR 75:
    Gab es den ÖPVN schon vor 1945?
    Ob befremdlich oder nicht, was zählte war die Vorschrift!
    Ich erlaube mir hier die "Paragraphenreiterei", weil es um historische Tatasachen geht. Also bitte Verständnis.

    Gruß Karl

    Edited once, last by Karl Grohmann (December 29, 2017 at 7:49 PM).

  • Hallo Karl,
    ich habe nie behauptet, daß Du falsch liegst, sondern nur, daß die Schilder in den Bussen und Strassenbahnen, die ich aus eigener Anschauung kenne auf beschriebene Weise mit "Kriegsbeschädigt" gekennzeichnet waren. Das war in den 1960er/70er Jahren. ÖPNV gab es auch schon in der Weimarer Republik, ob es da Schilder mit ähnlicher Beschriftung gegeben hat, weiß ich nicht, ist aber anzunehmen. Ich weiß, daß die durch Waffeneinwirkung erblindeten Soldaten "Kriegsblind" hießen, die nicht durch kriegsbedingte Einwirkungen erblindeten "Zivilblinde". Diese Trennung wurde auch erst weit nach dem Ende des 2. WK im Sprachgebrauch aufgeweicht. Bis heute gibt es ja den Bund der Kriegsblinden und ihren Hörspielpreis.
    Schöne Grüße,
    IR75

    Edited 2 times, last by IR75 (December 29, 2017 at 8:25 PM).

  • Hallo IR 75,

    es geht nur um die Sache und das ist in diesem Falle bei genauer Betrachtung eigentlich nicht so wichtig, wie es aussieht.
    Ich wollte eben nur eine Klarstellung, weil ich mich da inzwischen eingelesen hatte.

    Also bitte Verständnis.

    In diesem Sinne wünsche ich Dir einen schönen Abend und falls wir uns nicht mehr hören einen guten Rutsch ins neue Jahr.

    Grüße von Karl

  • Hallo Leute,

    in diesem Zusammenhang kann ich mich noch gut an meinen - mittlerweile verstorbenen - Großonkel erinnern. Er hatte seit 1942 einen Granatsplitter im Gehirn sitzen, war dadurch Schwerkriegsbeschädigter (mit entsprechender , nicht unüppiger Rente).
    er legte allergrößten Wert auf die Bezeichnung Schwerkriegsbeschädigt, insbesondere als Ende der 80ger Jahre alle Behörden auf die Bezeichnung Schwerbehindert umstellten. Er hatte diesbezüglich desöfteren Auseinandersetzungen mit Dienststellen, die ihn als "Schwerbehinderten" bezeichnet hatten....

    Gruß Ralf

  • Hallo Ralf,

    Er hatte diesbezüglich desöfteren Auseinandersetzungen mit Dienststellen, die ihn als "Schwerbehinderten" bezeichnet hatten....

    ...man wollte behördlicherseits (teilweise auch noch heute) alles Verdrängen was mit dieser Zeit zu tun hatte.
    Aber Dein Großonkel wollte vor allem klarstellen, dass es eine Kriegsverletzung ist und er nicht evtl. von Geburt an Schwerbehinderter ist.
    Dem zu Folge muss er aber im Kopf noch klar gewesen sein.

    Gruß Karl

  • Hallo Karl,
    "Klar im Kopf" war er zu etwa 90 %. Er hatte jedoch oft Krampfanfälle. Der Splitter war inoperabel, ud bewegte sich im Laufe der Jahrzehnte fast rund um den Kopf...

    Da er fast gänzlich in der NS-weltanschauung aufgewachsen ist, war "Behindert" für ihn etwas schlechtes, verwerfliches, und er wollte keinesfalls auf diese Stufe gestellt werden.

    Gruß Ralf

  • Moin,
    erst langsam wird der Begriff Sonderpädagogik durch andere Begrifflichkeiten ersetzt, ist aber immer noch häufig in Verwendung.
    Klingt erstmal weniger diskriminierend als Behindertenpädagogik, ist aber auch ein Begriff, den die Nationalsozialisten eingeführt, bzw. verbindlich gemacht haben.
    Guten Rutsch,
    IR75

    Edited once, last by IR75 (December 31, 2017 at 11:49 AM).

  • Hallo zusammen,

    hier wird so einiges (tw. auch emotional) durcheinandergeworfen.

    Aus eigenem "Erleben":
    Vor über dreißig Jahren hatte ich im Dienst einen Motorradunfall. Es kam zu
    (schwerwiegenden) Verletzungen. Da diese nicht vollständig "reparabel" waren,
    wurden die Schädigungsfolgen als Wehrdienstbeschädigung anerkannt.
    Die körperlichen Einschränkungen erfüllten den Tatbestand einer Schwerbehinderung
    mit Zuerkennung eines definierten Grades der Behinderung (GdB - früher: MdE, Minderung
    der Erwerbsfähigkeit). Ab GdB 50 zählt man als schwerbehindert. Die Erleichterungen/
    Vergünstigungen für diesen Personenkreis ergeben sich dann aus dem Schwerbehindertengesetz
    sowie dem Sozialgesetzbuch.

    Prinzipiell kann der "Wegeunfall im Dienst" durch "Verwundung im Kampfeinsatz" ersetzt
    werden, wenn auch dabei (zusätzlich) eine besondere Gefahr für Leben und Gesundheit in
    die Beurteilung einbezogen wird.
    (Einen Vorbehalt gegen die Bezeichnung "Schwerbehinderung" habe ich im übrigen während meiner
    gesamten weiteren Dienstzeit nie gehabt/empfunden.)

    Gruß
    Rudolf (KINZINGER)

  • Hallo und gutes Neues Jahr!
    Ich wüßte jetzt nicht, was da durcheinandergeraten sein sollte? Wie in der Geschichte üblich gibt es auch in diesem Bereich eine Überschneidung der Verwendung von damals neuen und älteren Begrifflichkeiten in gleichen wie in unterschiedlichen Verwendungszusammenhängen bis heute. Der Begriff der "Kriegsbeschädigung" scheint im 1. Weltkrieg um 1915 durch deutsche Militärärzte aufgekommen zu sein, um den als diffamierend empfundenen Begriff des "Krüppels" zu vermeiden. Trotzdem wurde der Begriff des Krüppels auch wertneutral noch bis in die WR hinein parallel verwendet. Der Begriff "Kriegsbeschädigung" löste den seit Ludwig XIV. gebrauchten Begriff der (Militär)-Invalidität tlw. ab, der bis dahin vorherrschend war. Darunter fielen alle diejenigen versorgungsberechtigten Soldaten, die als dienstunfähig aus dem Militär ganz oder teilweise ausscheiden mußten (Ganz-Invaliden bzw. garnisonsdienstfähige Halb-Invaliden). Da sich die Dienstunfähigkeit auch auf Unfälle und Krankheiten in Ausübung des Dienstes beziehen konnte, wurde spätestens nach dem Krieg 1870/71 im Deutschen Reich der Begriff des Kriegsinvaliden eingeführt, um die Personen zu bezeichnen, deren Invalidität im Kriegsdienst zustande kam. Zu deren Unterstützung hatten sich 1872 in Preußen und Sachsen Vereinigungen unter dem Namen "Invalidendank" gegründet. Im zivilen Bereich bestand der Beriff der Invalidität etwa im Rahmen der Invalidenversicherung fort, mit der man sich "gegen Minderung des Einkommens für den Fall dauernder oder voraussichtlich längere Zeit anhaltender Arbeitsunfähigkeit oder Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit infolge eingetretener Unfälle, Siechtums oder Altersschwäche" absichern konnte (Meyers Lexikon Bd. 6 "Invalide ff; 1939).Wie in diesem Thread ausgeführt, bezieht sich der Begriff des Kriegsbeschädigten auf solche Menschen, die einer dauerhaften Beeinträchtigung ihres Lebens und ihrer Erwerbsfähigkeit durch Kriegseinwirkung unterlagen. Um diese von den nicht im militärischen Zusammenhang erlittenen Beeinträchtigungen zu unterscheiden, wurden die Begrifflichkeiten, die eine solche Beeinträchtigung bezeichnen, weiter ausdifferenziert: zivilblind vs kriegsblind, Krüppel vs Kriegskrüppel, etc.. Der Oberbegriff war daher kriegsbeschädigt (oder kriegsversehrt), im Gegensatz zu "beschädigt" (durch Unfall z.B) oder "invalid".Der Begriff "kriegsbeschädigt" fand sich dann als juristisch definierter Begriff wieder in der Verordnung über die soziale Kriegsbeschädigten- und Kriegshinterbliebenenfürsorge vom 8. Februar 1919 und in der darauf basierenden Gründung des Reichsausschusses für Kriegsbeschädigtenfürsorge aus deren Bemühungen heraus das Gesetz über die Versorgung der Militärpersonen und ihrer Hinterbliebenen bei Dienstbeschädigung von 1920 erwuchs. Da nicht nur durch Kriegseinwirkung Menschen dauerhafte Beeinträchtigungen erlitten, sondern auch durch zivile Ursachen (siehe den allgemeine Begriff der Invalidität, der sich ja ebenfalls bis heute hält) wurde in der WR Das Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter – Schwerbeschädigtengesetz – vom 6. April 1920 verabschiedet.Der Begriff "schwerbeschädigt" wurde in Gesetzestexten noch bis 1953 bestätigt (Schwerbeschädigtengesetz vom 16. Juni 1953), bevor es 1974 durch "schwerbehindert" ersetzt wurde (Gesetz zur Weiterentwicklung des Schwerbeschädigtenrechts vom 24. April 1974 alsVoraussetzung für das Gesetz zur Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft vom 29.04.1974).Der Begriff der Kriegsblindheit bzw. der Kriegsbeschädigung hält sich bis heute. Etwa im Namen des "Bund der Kriegsblinden e.V." und selbst "kriegsbeschädigt" als Merkzeichen im offiziellen, amtlichen Schwerbehindertenausweis! Trotzdem werden eben die Begriffe "schwerbehindert" heute vorwiegend (und sicher manchmal unreflektiert inklusiv) verwendet. Solange die Gesellschaft Unterscheidungen in Bezug auf Leistungsansprüche daran festmacht, ob etwa der Verlust eines Beines durch Unfall im Betrieb oder auf einem Kriegseinsatz erfolgt, wird es eine Ausdifferenzierung der Begrifflichkeiten geben. Die Frage wäre, ob ein im Krieg verlorenes Bein mehr Wert ist, als das, welches bei einem Unfall während ziviler Arbeit verloren ging. Ich denke nicht.
    Schöne Grüße,
    IR75
    PS: Im Rahmen der gewalttätig ausgetragenen politischen Streitigkeiten gab es ab der WR sogar den Begriff "Tummultbeschädigt"!
    (Satzung des Internationalen Bundes der Opfer des Krieges und der Arbeit e.V.)

    Edited once, last by IR75 (January 1, 2018 at 2:01 PM).