Generalmajor Siegfried Runge

  • Hallo zusammen,

    ein Ortshistorikerfreund wird in einer regionalen Monatszeitschift einen geschichtliche Darstellung des "Königstädter Waldhaus" veröffentlichen. In diesem Bericht geht es vor allem um das Gebäude als Rasthaus, Begegnungsstätte, Cafe, Ausflugsort und zuletzt als "Gebäude des Rotlichtmilieu".

    Das Königstädter Waldhaus war aber auch der Gefechtstand von Generalmajor Siegfried Runge März 1945 bei dem Übergang der amerikanischen Truppen bei Oppenheim sowie bei den verlustreichen Gegenangriff auf dem Brückenkopf. Der Historikerfreund wird diesbezüglich aber nichts berichten.

    Ich wollte nun mal etwas mehr über den Tod des Generalmajors Siegfried Runge erfahren und hatte meine zur Verfügung stehenden Unterlagen durchgeblättert. Ich bin dabei erschreckender Weise auf drei unterschiedlichen Angaben zum Tod gekommen.

    1. Darstellung in der Lokalpresse vom Samstag, den 11. August 1962 unter dem Titel "Was geschah im März 1945?:

    Zitat: " Er war mit seinem Stab im Keller des Waldhauses untergebracht. Als er nach einem Feuerüberfall der amerikanischen Artillerie den Keller verließ, um nachzusehen, wo die Granaten eingeschlagen hatten, schlug hinter ihm eine Granate in einen Baum und explodierte. Von einem Splitter in den Rücken getroffen sank er nieder und verstarb kurz darauf".

    2. Darstellung in mehreren Bücher z.B. Hans Leiwig, Finale 1945 - Rhein-Main von 1985, Thomas Frickel, Vor 50 Jahren: "Die Amerikaner sind da" von 1994 oder auch Albert Geibert, "1933-1945 - doch der Rhein floss weiter" von 2003, fast einheitlich.

    .... das er dem Gefechtstand verließ. Nach der Aufforderung wieder in den Keller zu kommen, soll er gesagt haben: "Ich habe nichts mehr zu verlieren. Grüßen Sie meiner Frau und meinen Sohn." Danach wurde der Generalmajor Siegfried Runge von einem Granatsplitter tödlich getroffen, woraufhin er im Keller verstarb.

    3. Darstellung in einem Vortrag zum Ende des Zweiten Weltkrieges in der Lokalpresse vom 21. Juli 2016

    "Der zuständige deutsche Rheinkommandant Mitte bekam den Befehl, den Brückenkopf Oppenheim bis zur letzten Patrone zu verteidigen, widersetzte sich jedoch. Diese Verweigerung bedeutete unausweichlich seinen Tod und den seiner gesamten Sippe. Der Kommandant verließ das Quartier in Königstädten (später Königstädter Waldhaus), verabschiedete sich von seinem Stab und fuhr mit dem Wagen die Landstraße auf und ab, bis er von Tieffliegergeschossen tödlich getroffen wurde und an seinen Verletzungen starb."

    Ich finde es interessant, wie der Tod eines Menschen im Laufe der Jahrzehnten unterschiedlich dargestellt wird. Vor allem die Darstellung von 2016 ist schon etwas fragwürdig, denn Generalmajor Runge hatte in der Nacht vom 23. auf dem 24. März 1945 einen Gegenangriff auf dem Brückenkopf geleitet, scheiterte aber an der Überlegenheit der amerikanischen Truppen.

    Ja, was ist korrekt. Fakt ist das er im Königstädter Waldhaus verstarb.

    Nun suche ich noch weitere Informationen zum Generalmajor Runge, zum Übergang der amerikanischen Truppen bei Oppenheim, zum eingeleiteten Gegenangriff und zum Tod des Generalmajor Runge. Wer hat noch Informationen diesbezüglich, mal abgesehen von den einschlägigen Internetseiten. Wo kann ich was finden? Welche Quellen gibt es zum Rheinübergang bei Oppenheim?. Vor allem die Zeit vom 23. bis zum 25. März 1945.

    Gruß
    Lothar

    Edited once, last by Albert64 (December 10, 2017 at 10:01 AM).

  • Erst wer den Dreck des Lebens gegessen hat, weiß wie schön dieses ist !!!

    Edited 3 times, last by ayrtonsenna (December 9, 2017 at 9:48 PM).

  • Hallo Lothar,

    Quote

    Bei den Gefechten wird Generalmajor Siegfried Runge gegen 5.30 Uhr am Waldcafé an der Straße nördlich von Groß-Gerau, dem sogenannten Nauheimer Eck, von einem Artilleriegranatsplitter tödlich getroffen. Man vermutet, dass er angesichts der drohenden Niederlage den Tod gesucht hat und deshalb beim Beschuss nicht in Deckung gegangen ist.

    http://www.echo-online.de/lokales/darmst…dt_15511081.htm

    Um 5:30 Uhr an einem 24. März dürfte es gerade so dämmern, denn Sonnenaufgang ist erst etwa 6:15 Uhr, was wohl eher gegen Tiefflieger spricht. Zu welcher Gemeinde gehörte das Waldhaus? Nauheim? Dort sind am 24.3.45 vier Personen durch Granatsplitterverletzungen gestorben, siehe Lagis. Siegfried Runge wurde dort allerdings nicht beurkundet.

    Grüße
    Thilo

    Suche alles zur Lehrtruppe Fallingbostel und zum Einsatz des NSKK in der Ukraine 1941

  • Hallo Thilo,

    das Waldhaus gehörte damals zu der selbstständigen Gemeinde Königstädten. Heute ist Königstädten ein Stadtteil von Rüsselsheim.
    Die gefallenen Personen sollten eigentlich dort beurkundet sein. Die Erfahrung zeigt aber, das es manchmal nicht so ist. In Nauheim sind sie nicht beurkundet. Runge aber auch nicht.

    Ein Beispiel der Beurkundung: In Nauheim ist am 24.März 1945 ein Soldat aus Crimmitschau gefallen, in Rüsselsheim beerdigt und am 19.12.1946 in München-Solln beurkundet.

    Gruß
    Lothar

  • Hallo Lothar,

    das Problem kenne ich leider zu gut. In Nauheim fiel am 24.3.45 um 1:30 auch der Gefreite Paul Weck aus WI-Dotzheim durch Artilleriebeschuss, und drei Frauen aus dem Ort.

    Grüße
    Thilo

    Suche alles zur Lehrtruppe Fallingbostel und zum Einsatz des NSKK in der Ukraine 1941

  • Hallo Thilo,

    Richtig, es sind aber noch mehr in Nauheim gefallen bzw. beurkundet. Gefreiter Paul Weck, geb. 24. Mai 1913 in Wiesbaden, gef. 24. März 1945 in Nauheim um 13:30 Uhr :D . Er war in der 2. Kompanie Reserve-Offizier-Bewerber der Freudenberg-Kaserne in Wiesbaden-Dotzheim.

    Benötigst Du weitere Angaben über die gefallenen Personen in und um Nauheim? auch über die Zivilpersonen?

    In Nauheim ist auch ein Kurt Hess beurkundet. Gefallen am 23. März 1945 ohne Geburtsdatum. Hast Du weitere Angaben?

    Gruß
    Lothar

  • Hallo Lothar,

    Quote

    In Nauheim ist auch ein Kurt Hess beurkundet. Gefallen am 23. März 1945 ohne Geburtsdatum. Hast Du weitere Angaben?

    Was hat denn der für eine Sterberegisternummern?

    Beim Paul Weck (Nauheim 13/1945) steht, daß er um 1:30 gestorben ist. Da bei den anderen Registereinträgen auch ein "24h-Format" genutzt wird, gehe ich davon aus, daß Nachts gemeint ist.

    Grüße
    Thilo

    Suche alles zur Lehrtruppe Fallingbostel und zum Einsatz des NSKK in der Ukraine 1941

  • Hallo Thilo,

    habe ein wenig Hausaufgaben gemacht :D

    Ja, es stimmt. Im Sterbeeintrag steht "1:30 Uhr gestorben". Da wirft für mich wieder Fragen auf. Der Artilleriebeschuß auf Nauheim war in der Mittagszeit des 24. März 1945. Dort wurde Ferdinand Paul Weck mit einem weiterem Kameraden in einem Hof im Ort getötet. Der weitere Kamerad ist im Sterberegister nicht beurkundet ist aber in Rüsselsheim beerdigt. Wirre Zeiten.

    Zu Kurt Hess habe ich eine PN geschickt.

    Gruß
    Lothar

  • Hallo,

    ich war am Palmsonntag auf einer Veranstaltung, bei der es um den Einmarsch der Amerikaner in Königstädten ging. Es waren einige Zeitzeugen geladen; unter anderm mein Vater. Im Vorfeld gabe es diverse Befragungen und Recherchen, bei denen die Aussagen der Zeitzeugen abgeglichen wurden.

    In dieser Veranstaltung wurde geschildert, dass Runges Befehlsstand nicht das Königstädter Waldhaus, sondern das Waldschlösschen war. Es liegt auf der anderen Seiten der Straße nach Königstädten an der Bahnlinie.

    Mein Onkel erzählte früher meinem Vater, er hätte beobachtet, wie zwei Fahrzeuge die B42 auf und ab fuhren und schließlich von einem amerikanischen Jagdflieger abgeschossen wurden. Mein Vater selbst erzählte, es hätte noch Tage nach dem Einmarsch der Amerikaner ein ausgebranntes Fahrzeug mit der verkohlten Leiche des Fahrers an der Kreuzung gestanden. Mein Vater selbst erfuhr von Runge erst im Vorfeld der Veranstaltung.

    Mein Vater ist in dem Bahnwärterhaus, das sich unweit des Waldschlösschens befand, geboren und aufgewachsen.

    Beste Grüße

    Holger