Demjansk Watolino

  • Guten Abend allerseits,

    nun bin auch ich neu hier im Forum und hoffe, dass mir jemand weiterhelfen kann.

    Mein Großvater ist am 18. Januar 1942 in Demjansk - Watolino gefallen. Watolino liegt ca. 25 km südlich von Demjansk.

    Dieses Datum ist gemeinhin als 1. Tag der Einkesselung Demjansk bekannt. Weiß hier irgend jemand irgendetwas von Watolino? Wahrscheinlich war hier eine HKL, Spähtrupps unterwegs oder VB, vielleicht auch Partisanen?
    Er war in der 6. Kompanie der 94. ID, welche der 32. ID unterstellt war. Weiß jemand irgend etwas von der 6. Kompanie der 94.?

    Oder gibt es Bücher, die speziell diese Kompanie und diesen Ort Watolino genauer beschreiben?

    Übrigens war ich erst kürzlich in Staraja Russa und Demjansk, auf den Soldatenfriedhhöfen am Ilmensee und Korpowo, in dem mein Großvater inmitten seiner Kameraden seine letzte Ruhe gefunden hat. Diese Gegend ist unglaublich, Sumpf, Staudenfelder, überall Wasser. Es ist unfassbar, was diese Männer im Winter 1942 bei - 50°!!! aushalten mussten.

    Ein Dankeschön für alle Antworten!

    Viele Grüße
    Wolf

    Edited once, last by ost42 (August 22, 2017 at 8:21 PM).

  • Guten Abend Justus,

    die Friedhöfe sind in tadellosem Zustand. Die Namen auf den Grabstelen sind meistens gut zu lesen. Es sind große Wiesen mit nur vereinzelt stehenden 3 weißen Grabkreuzen, ab und zu sind eingelassene Namensschilder im Rasen. Wenn man vorher angemeldet ist, messen die Friedhofsarbeiter das Grab aus und stecken ein Namensschild darauf. Diese Friedhöfe strahlen eine große Ruhe aus, trotz der tausend- und abertausender Soldaten darin.

    Bilder versuche ich zu einem späteren Zeitpunkt einzufügen.

    Grüße
    Wolf

  • Hallo Sascha,
    Du hast natürlich Recht! Bei Müdigkeit sollte man sich leichteren Dingen zuwenden...
    Grüßle
    Wolf

    Hallo Andre,
    Dankeschön für Deine Antwort!
    Das LDW ist sehr interessant und hat sehr viele Informationen für mich. Über Watolino habe ich leider auch dort nichts gefunden.
    Wahrscheinlich muss ich doch nach Freiburg ins Militärarchiv fahren, um über Watolino einiges herauszufinden.

    Das Buch "Saat in den Sturm" von Herbert Brunnegger habe ich gelesen, da er auch in Demjansk war. Aber er war anderen Orten stationiert. Das Buch ist wunderschön geschrieben; der Inhalt sehr informativ und natürlich auch sehr sehr schrecklich. Aber so hat er es erlebt. Wie er nach Kriegsende geflüchtet ist, war weitaus furchtbarer und schlimmer als die Kämpfe selber. Das er das alles wahrhaftig überlebt hat, ist wirklich ein riesiges Wunder. Das Danach bzw. der Neuanfang war alles andere als einfach für sein Seelenleben, wie für zig Tausende genauso.

    Aber das weißt Du sicher viel besser wie ich, da Du und viele andere im Forum viele viele Bücher gelesen habt. Ich fange mit der militärischen Kriegsliteratur erst an.

    Viele Grüße!
    Wolf


    Beiträge zusammengefügt, Diana

  • Hallo Wolf,
    bitte gerne. So viele Bücher habe ich nicht gelesen. Höchstens 10 an der Zahl. Etwas genaueres über Watolino zu finden, wird wohl mehr als schwierig werden. Wenn du Glück hast, finden sich Einträge auf irgendeiner NARA- Rolle dazu.
    Mein Opa hat das selbe durchgemacht, nur war er, laut Erzählungen, in und um Minsk gewesen, geflohen und heil nach Hause gekommen. Warte mal bis die WAST geantwortet hat um dieses Puzzle zu lösen.

    Lg Andre

    Erst wer den Dreck des Lebens gegessen hat, weiß wie schön dieses ist !!!

  • Hallo Wolf,

    im Anhang findest Du eine (u.a. die 32.ID am 18.01.1942 betreffende) Seite des Kriegstagebuchs des (übergeordneten) II. Armeekorps.
    Darin naturgemäß nur ein Überblick der an die höhere Kommandoebene gemeldeten Ereignisse, also keine Nennung der Kompanie.

    Ja es ist unfassbar was die Soldaten aushalten mussten- ein treffender Beleg dafür findet sich auch in der Meldung vom 19.01.42.

    Eine Lagekarte vom 18.01.1942 findest Du bei John: http://www.wwii-photos-maps.com/new_home_page_-_071216_006.htm

    Grüße.
    Frank.

    Quelle: NARA T314 Roll 143

  • Hallo Frank,
    toll, vielen Dank!
    Wo habt ihr nur die vielen Informationen her? Ist das alles öffentlich oder nur über spezielle Dinge erfahrbar?

    Nicht zu selten haben die Soldaten ihre eigene Leute beschossen, weil sie nicht zu erkennen waren oder auch durch Irrtümer. Manchmal wussten auch die Minenleger nicht, dass noch eigene Leute nachkommen...

    Faktisch kann davon ausgegangen werden, dass wirklich jeder Soldat Erfrierungen hatte. Bis zum 3. Grad mussten sie alle weiterkämpfen, egal, wie sie laufen konnten oder ein Gewehr halten. Und dazu nichts mehr zu essen.
    Unvorstellbar. Eine ganze Generation ist verheizt und verraten worden, dass merken wir um so heftiger 70 Jahre danach. Die Großväter fehlen.

    Viele Grüße
    Wolf

  • Hallo Wolf,

    Wo habt ihr nur die vielen Informationen her? Ist das alles öffentlich oder nur über spezielle Dinge erfahrbar?

    Das Material stammt aus von den Amerikanern archivierten Beuteakten, die etwas umständlich zu besorgen sind.
    Ich habe mich u.a. hier im Forum an einer NARA- Sammelbestellung beteiligt.
    Das ist kein Voodoo- Du könntest das auch.

    Grüße.
    Frank.

  • Unvorstellbar. Eine ganze Generation ist verheizt und verraten worden, dass merken wir um so heftiger 70 Jahre danach. Die Großväter fehlen.

    Hallo Wolf!

    Ich hatte zumindest noch einen Großvater - und er hat mir (zum Glück) auf seine alten Tage viel von seinen Erlebnissen an der Ostfront erzählt. Als ich diese kurze Passage in Deinem Post gelesen habe, musste ich an den Moment denken, in dem er mir einmal das Foto seiner Abschlussklasse vor der Einberufung gezeigt hat (alle Jahrgang 1924 wie mein Opa).

    Er ist damals mit dem Finger über die Reihen der geschätzt 25 jungen Männer auf dem Schwarz-Weiß-Bild geglitten und hat dazu immer wieder nur gesagt: "Gefallen, gefallen, gefallen, vermisst, gefallen...". Nur hin und wieder war ein "Zurückgekehrt" dabei.

    Viele Grüße!

    Evergreen/Frank

  • Grüß Dich Evergreen,

    das ist sehr sehr traurig. Zu viele Familien sind betroffen, auch in Russland.
    Meine Mutter hat ihren Vater zuletzt mit ca. 3 oder 4 Jahren gesehen, wenn er denn noch einmal Heimaturlaub hatte. Die WAST hat keinerlei Unterlagen mehr von ihm. Das heißt, sie kann keine Erinnerungen haben. Erzählt über den Krieg und die Flucht aus Pommern (mit 9 Jahren) hat sie nur einmal kurz. Aber der Großvater war seltsamerweise immer in meinen Gedanken, schon als Kleinkind. Gelesen über Russland (ich wusste aber nicht, dass er dort gefallen war!) habe ich viel (z.B. Konsalik usw.), auch über Ostpreußen und Pommern. Erst letztes Jahr bekam ich Auskunft von der WAST, dass er in Watolino gefallen ist. Deshalb ist mein Interesse auch so groß, zu erfahren, wie es damals war, was er und seine Kameraden erleiden musste usw.. Dieses Jahr ist sein 75. Todesjahr; ich musste nach Korpowo fahren...

    Sind denn die Todesnachrichten an die Ehefrauen/Familien in irgendeinem Archiv?

    Nun werde ich mich mal über die NARA-Rollen schlau machen.

    Das ist richtig schön, dass ich in diesem Forum in so kurzer Zeit so viele Hinweise bekommen habe!
    Ein großes Dankeschön an alle bisherigen und zukünftigen Schreiber!

    Schöne Grüße
    Wolf

  • Hallo alle Miteinander,

    momentan bin ich dabei, viele KTB zu lesen, die mir ein sehr sehr nettes Forums-Mitglied zur Verfügung gestellt hat. Da das eine längere Zeit erfordert, werde ich später eine Zusammenstellung verfassen. Wer in der Zwischenzeit interessante Details über Watolino berichten kann, nur her damit! In ca. 2 Jahren möchte ich wieder nach Staraja Russa auf die Soldatenfriedhöfe fahren und weiter nach Watolino. In der Hoffnung, dass ich dann die dortigen Soldatengräber finde.

    Viele Grüße
    Wolf

  • Meine Mutter hat ihren Vater zuletzt mit ca. 3 oder 4 Jahren gesehen, wenn er denn noch einmal Heimaturlaub hatte.

    Hallo Wolf!

    Da kommt mir ein Satz meines Vaters in den Sinn. Er war mit Kriegsende drei Jahre alt. Als sein Vater aus der Gefangenschaft nach Hause zurückkehrte - ich habe diesen Opa nie kennengelernt, er ist vor meiner Geburt gestorben -, sei da ein fremder Mann die Treppe hochgekommen...

    Aber der Großvater war seltsamerweise immer in meinen Gedanken, schon als Kleinkind.

    Das finde ich ungemein spannend. Scheinbar ist und war da etwas, das Dich unbewusst angetrieben hat und antreibt. Bei vielen, vielen anderen - und auch bei mir war es so - hat es erst die Enkelgeneration gebraucht, um Dinge in Familien aufzuarbeiten; auch und gerade Kriegstraumata.

    Mein Großvater hat viele Jahre ins Land ziehen lassen, bis er sich von seinen Erlebnissen "befreien" konnte. Ich war der erste, dem er wirklich davon berichtet hat - noch als Bub beim Wandern; da ging das allmählich los - mit eher harmlosen Anekdoten aus seiner Grundausbildung.

    Und irgendwann war das, als hätte jemand einen Stöpsel aus der Flasche gezogen. Er hat bei jeder Gelegenheit von sich aus zu erzählen begonnen. Meist war es meine Oma, die ihn gebremst hat. Mit Sätzen wie "Hör´ auf, Du träumst nur wieder davon".

    Erst letztes Jahr bekam ich Auskunft von der WAST, dass er in Watolino gefallen ist. Deshalb ist mein Interesse auch so groß, zu erfahren, wie es damals war, was er und seine Kameraden erleiden musste usw.. Dieses Jahr ist sein 75. Todesjahr; ich musste nach Korpowo fahren...

    Ja, das kann ich gut nachvollziehen. Ich hatte das Glück, viel fragen zu können. Mein Opa hat mir auf Karten eingezeichnet, wann er wo war und was er wo erlebt hat. In dieser Situation warst Du leider nie. Und doch: Manches habe ich mich nicht zu fragen getraut. Da war eine innere Sperre da; "gefördert" durch meine Oma, die ihn, wie geschildert, immer wieder eingebremst hat.

    Nach seinem Tod vor drei Jahren hat sie mir dann seltsamerweise gesagt, dass er immer darauf gewartet hätte, dass ich noch mehr frage. Ein klassisches Missverständnis!

    Es gab Momente, in denen habe ich mich unglaublich darüber geärgert, dass ich nicht den Mut hatte. Dass ich erst so spät weiterrecherchiert habe und zwischendurch anderes im Sinn hatte.

    Ich habe nach seinem Tod vor drei Jahren gerade über dieses Forum hier noch so viel Spannendes, Aufschlussreiches, Interessantes zu seiner Geschichte zutage gefördert, dass ich mir oft gesagt habe: Herrgott nochmal, hättest du bloß früher geschaltet und ihm das alles noch zeigen können!

    Aber es sollte wohl so sein - manches war mir wahrscheinlich wirklich erst nach seinem Tod möglich.

    Ich wünsche Dir weiter viel Erfolg bei Deinen Nachforschungen! Bleib´ dran - es lohnt sich! Und vielen Dank für die Bilder von Deiner Reise!

    Viele Grüße!

    Evergreen/Frank

  • Hallo Wolf!

    Ich nochmal... Bevor ich es vergesse... Kennst Du diesen Thread von Reinhold?

    Bau-Bataillon 25

    Er hat mit großer Beharrlichkeit und einem riesigen Glückstreffer sehr viel Lesenswertes zum Bau-Bataillon 25 zusammengetragen. Ab Seite zehn geht es ganz viel um Demjansk, den Winter 1942 und die unglaublichen Zustände, unter denen die Männer damals leben und leiden mussten.

    Eine längere Passage dreht sich um die Phase ab dem 5. Januar 1942. Das deckt sich also über rund 14 Tage hinweg mit der Zeit, zu der Dein Großvater noch am Leben war. Natürlich war er in einer anderen Einheit und einem anderen Abschnitt - aber es war letztlich auch nicht so weit weg.

    Schau´s Dir mal an! Vielleicht sind ein paar Eindrücke für Dich dabei...

    Viele Grüße!

    Evergreen/Frank

    Edited once, last by Evergreen (August 31, 2017 at 12:28 AM).

  • Grüß' Dich Evergreen/Frank,

    Du hast da sehr nette und interessante Dinge geschrieben, das tut gut. Meine Gedanken sind seit Oktober l.J. eigentlich nur noch in diesem schrecklichen Krieg; ständig kreisen die Dinge in meinem Kopf umher, was da wirklich los war. Meine Umgebung kann das oft nicht nachvollziehen.
    Die Antworten meiner wenigen kindlichen Fragen in meiner Familie waren immer "Das wußten wir nicht; das weiß ich nicht mehr"; also gar keine Antworten. Nach kurzer Zeit fragte ich nicht mehr. Es herrschte Schweigen auf der ganzen Linie. Seit März weiß ich auch, dass ich ein richtiger Kriegsenkel bin, leider. Aber nun verstehe ich Dinge, die sonst im dichten Nebel verborgen waren, nicht greifbar und doch fühlbar. Und ich las auch Dinge über die Flucht aus Pommern. Ich verstehe nun, warum es dafür keine Worte gibt. Mir bleibt ja oftmals auch die Stimme weg.

    Um solche Sachen kann man sich anscheinend nur im fortgesetzten Alter verstärkt kümmern; vorher waren andere Dinge einfach wichtiger. Aber je länger man damit wartet, um so weniger Menschen gibt es, die davon berichten können oder auch wollen. Das muss schrecklich sein, die Chance gehabt zu haben und nicht genutzt zu haben. Aber wer kann es verdenken? Immer ausgebremst zu werden, da hört man eben auf. Es sollte wohl wirklich so sein, man weiß es nicht. Andere Familienmitglieder von mir wissen auch nichts mehr, weil auch sie früher nicht danach gefragt haben. Fast eine ganze Generation ist in diesem Schweigen aufgewachsen. Um so wohltuender ist es, dass es endlich endlich solche Einrichtungen wie das LDW und auch dieses wichtige Forum gibt, in dem man nach "seiner" Geschichte forschen kann und auch die Hintergründe an's Licht kommen.

    Danke auch für den Tip mit dem Bau-Bataillon 25. Da war ich mal kurz drin, hörte aber schon nach der 1. Seite auf. Nun werde ich natürlich weiterlesen - Danke!

    So, nun werde ich in meiner kurzen wirklich freien Zeit lesen, lesen, lesen.

    Schöne Grüße
    Wolf

  • Moin Wolf,

    ich danke Dir für Deine offenen Worte! Ich kann sie gut nachvollziehen, weil auch ich diese Art Emotionaltät, diese Trauer über die damalige Zeit und den "Scheisskrieg" entwickelt habe, nachdem ich begonnen hatte, mich mit meinem in Russland vermissten Opa zu beschäftigen.

    Es gibt eine Menge Bücher, die ich Dir empfehlen kann. Eines davon ist das Buch Kriegsenkel von Sabine Bode.

    Lg Justus

  • Hi Justus,
    ich wette, in diesem Forum gibt es noch viele Kriegsenkel, die gar nicht wissen, dass sie Kriegsenkel sind.

    Sabine Bode ist für mich zu journalistisch; Meyer-Legrand finde ich besser. Der Begriff "Nebelkinder" ist absolut passend. Aber ich habe einfach nicht die Zeit, alle bestimmt guten und informativen Bücher zu diesem Thema zu lesen. Mein Großvater ist mir jetzt wichtiger. Und da ich nun weiß, dass auch ich ein Kriegsenkel bin, muss ich nicht mehr alles dazu lesen. Vielleicht später. Aber DANKE für Deinen Tip!

    Hast Du vor, Deinen Verwandten in Russland auf einem Soldatenfriedhof zu besuchen?

    Viele Grüße
    Wolf

  • Moin Wolf,

    ich habs versucht. Und bin wohl noch nicht fertig...

    lies mal hier.


    Lg Justus

    Edited once, last by EnkelJustus (September 2, 2017 at 9:54 PM).