SS-Frontarbeiter-Bau-Brigade

  • Hallo zusammen,


    habe hier mal etwas zusammengestellt, vielleicht gibt es ja noch Ergänzungen zum Einsatz nach Februar 1944...

    Herzliche Grüße Roland


    Im Januar 1944 wurde ein in Riga aus 1 000 niederländischen SS-Frontarbeitern gebildetes Baubataillon an den Leningrader Frontabschnitt verlegt, wo sie als Pioniertruppen Befestigungen bauten.
    Als Teil der Waffen-SS eingesetzt, kamen viele SS-Frontarbeiter bei den Rückzugskämpfen der deutschen Truppen um oder wurden von der Roten Armee gefangengenommen.
    Zumindest von einem 21 Mann starken SS-Frontarbeitertrupp ist bekannt, dass er sich einem Partisanenverband anschloss.
    Für die meisten SS-Frontarbeiter endete das, was als Baueinsatz begonnen hatte, als Kampfeinsatz im Rahmen der Waffen-SS.
    Tragischer Weise befanden sich bei Kriegsende auch diejenigen, die sich einer Kollaboration verweigert hatten und über ein Lager der Sicherheitspolizei zwangsweise als SS-Frontarbeiter in den „Osten“ geschickt worden waren, nun als Angehörige von SS-Verbänden wieder.
    (Jan Erik Schulte, Zwangsarbeit und Vernichtung. Das Wirtschaftsimperium der SS, Schöningh, 2001, S. 375, s.a. Anmerkung 191, nur Quellen der RIOD angegeben)


    Der damalige SS-Untersturmführer Georg Wilhelm Schäfer schrieb: „... Weihnachten 1943 hatte ich Heimaturlaub und war an Sylvester wieder in Berlin. Dort verbrachte ich die Nacht im Kreis einiger Kameraden im Grunewald, in Dr.-Ing. Kammlers Wohnung. Nach Mitternacht kam unser Chef und eröffnete mir als Gruß zum Neuen Jahr, dass ich in den nächsten Tagen nach Riga a. d. Düna, der Hauptstadt Lettlands, abkommandiert werde. Um dort eine Baubrigade aufzustellen. Mit dieser Brigade sollte ich an der Ostfront eingesetzt werden, um Stellungen für unsere Truppen auszubauen und eventuell Bombentrichter auf Straßen auszubessern, damit der „Nachschub“ in Richtung Moskau besser rollen kann.
    Die Baubrigade setzte sich aus freiwilligen holländischen Bauarbeitern zusammen...

    Ende Januar 1944 war es dann soweit. Mit Baugeräten ausgestattet, fuhren wir mit der Reichsbahn von Riga über Walk (Valga), Dorpat (Tartu), Narwa (Narva), Kingisepp nach Wolossowo (Volosovo), einem kleinen Ort, ca. 60 km nordwestlich von Leningrad...
    Als wir dort nach Tagen im Morgengrauen ausgeladen wurden, vernahmen wir schon Kanonendonner aus Richtung Leningrad. Denn in diesen Tagen begann der Ausbruch der Russen aus Leningrad, der unsere Truppen zum Rückzug zwang...
    Wir hielten nun die „Rückzugsstraßen“ instand und mussten uns aber, nachdem das Feuer der Russen immer näher kam, auch zurückziehen. Nach einer unruhigen Nacht brach ich mit meiner Baubrigade frühmorgens zum Rückmarsch auf.
    Als wir den Ort in Richtung Westen verließen, zogen die ersten feindlichen Truppen am östlichen Ortsende on Wolossowo ein. Das hörte ich auch später in der Gefangenschaft von einem Kameraden, der zurückgelaufen war, weil er in unserer Unterkunft in Wolossowo etwas liegengelassen hatte. Die russischen Truppen zogen anscheinend in unserer Quartiere in Wolossowo ein, denn unser Rückzug mit inzwischen beschafften Pferdeschlitten klappte, ohne dass wir in Kampfhandlungen verwickelt wurden. Bei unserer mangelhaften Ausrüstung mit Waffen, wäre uns das auch sicher schlecht bekommen.
    Pech hatten wir nur, weil plötzlich Tauwetter einsetzte und wir uns nicht mehr mit den Schlitten auf der Landstraße fortbewegen konnten. Wir zogen nun querfeldein in Richtung Westen und besserten zwischendurch mit kleinen Bautrupps immer wieder Schäden, die an den Rückzugsstraßen entstanden waren, aus Bald mussten wir auch wegen Schneemangel die Schlitten stehen lassen.

    Jetzt löste sich meine Einheit langsam auf. Einige ritten auf den Pferden weiter nach Westen in Richtung Kingisepp (früher Ahrensburg), das ca. 50 km westlich von Wolossowo an der Südspitze der Insel Ösel liegt. Kleinere Gruppen reparierten weiter Straßen und der Rest marschierte mit meinem Hauptfeldwebel inzwischen weiter nach Westen.
    Ich borgte mir ein schwimmfähiges Auto (Ente genannt) und versorgte die Arbeiter an den Straßen aus den Küchen nahegelegener Einheiten. Da ich nicht wusste, ob sich all meine Bautrupps schon nach Westen abgesetzt hatten, bleib ich, nachdem ich das Auto wieder abgegeben hatte, an der Rückzugsstraße stehen und wartete. Kurz vor Eintreffen des Feindes hielt ein Wehrmachtsfahrzeug an und fragte mich, auf wen ich warte. Sie nahmen mich mit zurück.

    In der Nähe von Kingisepp stieß ich wieder zu meiner Einheit. Dort erwischten wir einen der letzten Eisenbahnzüge nach Westen und kamen so alle wohlbehalten nach Narwa, eine der ältesten Städte Estlands a. d. Narwa. Dort meldete ich mich beim Stadtkommandanten, der uns sofort vereinnahmte. Wir bekamen Privatquartiere am westlichen Stadtrand. In den kommenden Nächten wurden wir am Ufer der Narwa, also im Osten der Stadt zum Stellungsbau eingesetzt. Denn der Brückenkopf auf der Ostseite des Flusses sollte unbedingt gehalten werden. Jeden Abend zog ich mit meiner Baubrigade zum Einsatz über die Narwa und bei Morgengrauen ging es zurück in die Quartiere, wo die Arbeiter schlafen konnten.
    Wir waren fast fertig mit unserer Arbeit, als die Russen herankamen und den von uns ausgebauten Brückenkopf angriffen. ...

    Nachdem ich alle Quartiere meiner Einheit aufgesucht hatte und mit allen einig war, fuhr ich mit einem Fahrrad noch während des Beschusses zum Stadtkommandanten. Ich erläuterte ihm unsere Lage als Baubrigade und ließ mir von ihm bestätigen, dass wir unseren Auftrag bezüglich des Ausbaus und der Befestigung des Brückenkopfes rechtzeitig und zur Zufriedenheit aller in diesem Frontabschnitt eingesetzten Einheiten erledigt hatten. Auf meine Feststellung, dass wohl für uns kein weiterer Einsatz mehr nötig und möglich ist, bat ich den Kommandanten, meine Einheit aus Narwa zu entlassen. Nachdem er zugestimmt hatte, erklärte ich dem Kommandanten, dass wir uns auf eigene Gefahr zu Fuß in der kommenden Nacht entlang der Bahnlinie nach Westen absetzen wollten...
    Bei Einbruch der Dunkelheit setzten wir uns von Narwa ab. Lautlos marschierten wir in aufgelockerter Form die Bahnlinie entlang... Ich führte die Truppe an... und der Spieß, mein Hauptfeldwebel... bildete den Schlussmann. So verlief unserer Rückzug verhältnismäßig gut und diszipliniert, denn jeder meiner Männer wusste, was uns eventuell passieren könnte, wenn wir unsere Schwäche durch irgendetwas verraten würden. Wir hätten uns mit unserer Ausrüstung als Baukompanie wie gesagt nur notdürftig wehren können. Bei einer ernsten Auseinandersetzung eventuell mit Partisanen wären wir wohl alle vor die Hunde gegangen...
    Nach einigen Marschpausen, die ich immer zur Erkundung der Umgebung benutzte, stieß ich auf einen Bautrupp einer deutschen Nachrichteneinheit, die... hier Telefonleitungen flicken mussten, die kurz zuvor von Partisanen durchgeschnitten worden waren. Die Männer schlossen sich erleichtert unserem Rückzug an, und im Morgengrauen erreichten wir das ca. 40 km westlich von Narwa liegende Jöhvi.
    Mit einem der letzten Züge fuhren wir nach ca. einem Monat Einsatz an der Ostfront zurück nach Riga.
    Kurzerhand fuhr ich wieder zurück nach Berlin und wollte dort erreichen, dass meine Einheit für ihren schweren Einsatz an der Ostfront einen besseren Verpflegungssatz bekommt. In Berlin wurde ich bezüglich meines Einsatzes und des so gut geglückten Rückzugs mit Schlitten und Pferden als Chef der „Petersburger Schlittenfahrt“ mit Hallo empfangen...
    Mein Chef, General Dr.-Ing. Hans Kammler, hatte aber schon einen neuen Einsatz für mich. Zunächst musste ich sofort wieder zurück nach Riga, um dort meine Klamotten zu holen...
    (Georg Wilhelm Schäfer, Das war´s – Lebenserinnerungen. Sept. 2000 Darmstadt, S. 36 – 39)

    Aus der Führerliste von John P. Moore:
    Schäfer, Georg-Wilhelm, geb. 28. 9.09 Darmstadt, SS-Nr. 106 420
    6.43 Ustuf. SS-WVHA
    10.44 Ostuf. in Bau.Insp.d.W-SS u.Pol.


    Feldpostnummer 39764

    (8.9.1943-22.4.1944) 7.2.1944 Stab I SS-Frontarbeiter-Bau-Brigade.


    Genannt wird in der VBL PB 609 auch ein SS-Ostuf. Kurt Masa, 27.7.1913 Danzig, 3.45 SS-Ostuf. Kurland, Feldpostnummer 39764 C

    Aus der Führerliste von John P. Moore:
    Masa, Kurt, geb. 27. 7.13 Danzig, SS-Nr. 181 821
    1.41 Ustuf. SS-WVHA
    3.45 Ostuf. SS-Bau Brig.1 (richtig anscheinend „SS-Frontarbeiter-Bau-Brigade“),
    vermisst 3.45

    Sowie aus dem WWW:

    WVHA – Personalrat, Berlin den 14. April 1944
    Personalverfügung
    Mit Wirkung vom 15. März 1944 werden kommandiert:
    zum – Wirtschafts-Verwaltungshauptamt – Amtsgruppe C – Außenstelle X –

    vom SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt-Amtsgruppe C-Stab.zb.V-
    SS-Hauptsturmführer (F) Wilhelm Geissen geb. 19.2.1900
    SS-Obersturmführer (R) Wilhelm Lübeck SS-Nr. 91399
    SS-Obersturmführer (R) August Schlachter SS-Nr. 128820 [oder Schlächter]
    SS-Untersturmführer (F) August Bruno SS-Nr. 275236

    vom SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt-Amt C V –
    SS-Obersturmführer (R) Georg-Wilh. Schäfer SS-Nr. 106420
    - unter gleichzeitiger Aufhebung der Kommandierung zur I. SS-Frontarbeiter-Baubrigade vom 17.2.1944 –

    vom SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt-Amt C VI –
    SS-Hauptsturmführer (F) Bernhard v. Glisczynski Dr. SS-Nr. 150512
    SS-Untersturmführer (F) Hans Maibach SS-Nr. 419917
    SS-Untersturmführer (F) Heinz Ruster SS-Nr. 30675
    SS-Untersturmführer (F) Eduard Wiest SS-Nr. 412969

    von der Bauinspektion der Waffen-SS und Polizei „Reich Nord“ Berlin
    SS-Obersturmführer (R) Paul Gensior SS-Nr. 292156
    SS-Untersturmführer (R) Erwin Busch SS-Nr. 464402
    SS-Untersturmführer (F) Gerhard Schulze SS-Nr. 376974

    von der Bauinspektion der Waffen-SS und Polizei „Reich Süd“ Dachau
    SS-Untersturmführer (F) Kurt Glaser SS-Nr. 227935
    SS-Untersturmführer (F) Hugo Klett SS-Nr. 132131
    SS-Untersturmführer (F) Rudolf Peetz SS-Nr. 164127
    SS-Obersturmführer (R) Viktor Reiter SS-Nr. 434521

    von der Bauinspektion der Waffen-SS und Polizei „Reich West“ Wiesbaden
    SS-Obersturmführer (F) Josef Losacker SS-Nr. 246512
    SS-Obersturmführer (R) Gerrit Oldeboershuis SS-Nr. 25340
    SS-Untersturmführer (F) Karl Bennewitz SS-Nr. 100504
    SS-Untersturmführer (R) Otto Walter SS-Nr. 469379

    von der Bauinspektion der Waffen-SS und Polizei „Böhmen-Mähren“ Prag
    SS-Untersturmführer (R) Anten Pittrachter SS-Nr. 466231

    von der Bauinspektion der Waffen-SS und Polizei „Schlesien“ Auschwitz
    SS-Obersturmführer (F) Josef Janisch SS-Nr. 299849
    ...
    Personalverfügung des WVHA zur Führungsbesetzung der Sonderinspektionen und Führungsstäbe Kammlers aus Dieter Zeigert, Hitlers letztes Refugium? Seite 73
    http://www.explorate.de/Forum/showthre…mler-Stab/page6

    Das Leben ist wie eine Pralinenschachtel - man weiss nie, was man bekommt. Forrest Gump

  • Hallo Roland,

    Quote

    Dort verbrachte ich die Nacht im Kreis einiger Kameraden im Grunewald, in Dr.-Ing. Kammlers Wohnung.

    die Privatadresse von Dr. Ing. Hans Kammler, Berufsbezeichnung Baudirektor, war 1943 Salzunger Pfad 4 Berlin-Lichterfelde. (AB 1943)

    Lt. dieser Seite hat er später in der Taunusstraße 8 gewohnt, das liegt zumindest näher am Grunewald:

    http://www.tenhumbergreinhard.de/1933-1945-taet…mmler-hans.html

    Grüße
    Thilo

    Suche alles zur Lehrtruppe Fallingbostel und zum Einsatz des NSKK in der Ukraine 1941

  • Hallo Thilo,

    die Taunusstrasse 8 lag postalisch in Berlin- Grunewald.
    Seit März 1944(?) war dort auch der Sitz des" SS-Sonderstabes Kammler" ( Baubüro Dr. Ing Kammler).
    Wahrscheinlich hat man im Büro Silvester gefeiert; war wohl mehr Platz :)
    Beste Grüße
    Ingo

  • Hallo Ihr beiden,


    vielen Dank für die "Lokalisierung" :thumbup:

    Herzliche Grüße Euer Roland

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  • Hallo Roland,

    da du aus dem Buch Das war's von Georg Schäfer(meinem Urgroßvater) zietiert hast interessiert es mich ob dir noch weitere Quellen zu ihm außer seiner "Biographie" vorliegen.

    Grüße Dignus

  • Hallo Dignus,

    ein herzliches Willkommen hier im Forum!

    Leider habe ich mich mit der Person Schäfer nur soweit beschäftigt, wie es um Einheiten ging, ansonsten habe ich nicht weiter nach weiteren Quellen gesucht, tut mir leid!

    Du meinst sicher seine Personalakte, oder?

    Herzliche Grüße

    Das Leben ist wie eine Pralinenschachtel - man weiss nie, was man bekommt. Forrest Gump

  • Hallo Roland,

    für die Personalakte müsste an da dann sicherlich eine Anfrage bei dem Bundesarchiv machen?

    Was haben hingegen die Nummern vor dem jeweiligen Dienstgrad zu bedeuten?

    Mit freundlichen Grüßen

    Dignus

  • Hallo Dignus,

    John P. Moores Führerliste nennt nur Eckdaten - meistens Beförderungsdaten - aus der eigentlichen Akte eines jeweiligen SS-Führers, sie sind keine komplette Vita, es können auch Fehler enthalten sein...

    Wenn, dann solltest Du versuchen, die Akte selber zu bekommen, mal steht mehr, mal steht weniger drin, wie ich so gesehen habe...ja, in Berlin beim dortigen Bundesarchiv

    ansonsten steht zu seinem Lebenslauf alles in seinen schriftlichen Erinnerungen!

    Herzliche Grüße Roland

    Das Leben ist wie eine Pralinenschachtel - man weiss nie, was man bekommt. Forrest Gump

  • Hallo zusammen,

    von der Bauinspektion der Waffen-SS und Polizei „Böhmen-Mähren“ Prag
    SS-Untersturmführer (R) Anten Pittrachter SS-Nr. 466231

    Richtig: Anton Pittracher (*25.06.1915), 1939 Student in Breslau, ab Sep.39 Inf.Regt.417, seit März 1943 bei der Bauinspektion der Waffen-SS und Polizei Böhmen und Mähren in Prag, 1947 im CIC Staumühle interniert (automatischer Arrest).

    Grüße Frank