Guten Morgen in die Runde,
da ich mich seit rund 2 Jahren mit der Recherche zur Geschichte der Heeres-Neben-Munitionsanlage Kupfer ( zwischen Schwäbisch Hall und Waldenbrug / Württ. ) beschäftige "wurmt" es mich, das ich zu den Ereignissen an diesem Tag kurz vor Kriegsende in Hohenlohe noch keine Klarheit herstellen konnte.
Da "vor Ort" und bei den üblichen Quellen nichts weiteres mehr zu ermitteln ist, hoffe ich auf die geballte Kompetenz in diesem Forum. Vielleicht kann mir jemand mit Hinweisen weiterhelfen.
Bei der Recherche bin ich auf einen gefallenen Eisenbahner aus Schwäbisch Hall aufmerksam geworden, der bei einem Jabo-Angriff auf einen -angeblich, wie den Angehörigen damals mitgeteilt wurde- Munitionszug aus der Muna Kupfer durch Granatsplitter ( exisitert noch ) verletzt und auf dem Weg zu Fuß ins Diak-Krankenhaus nach Schw. Hall verblutet sei. Der Eisenbahner Walter hat es geschafft, den Zug in den Doppel-Tunnel bei Schäbisch Hall rangieren zu helfen, dort hätten ihn dann die Soldaten aus dem Tunnel geschickt, da er kein Soldat sei. Kurz darauf ist er getroffen worden.
( ich halte es für realistischer, das der Eisenbahner in Ausübung seines Dienstes den nächsten Fernsprecher aufsuchte, um dem Fahrdienstleiter im Bahnhof Hall mitzuteilen, das der Zug im Tunnel angekommen sei und das Streckengleis in diesem Blockabschnitt belegt sei. Rund 20 Meter vom oberen Tunnelmund fand ich im Dickicht noch die überwachsene, betonierte Plattform der hölzernen Wärterbude an der Strecke, wo seinerzeit die nächstliegende Fernsprechmöglichkeit war. Von dort führt auch der einzige Fußweg hinab zum Kocher und dann hinüber zum DIAK.. Und auf dieser Seite ist das einzige Tunnelportal, an dem und den zugehörigen Flügelmauern zahlreiche Einschüsse und Splittereinschläge noch heute zu erkennen sind. )
Dies hatte mich als aktiven Museums-Eisenbahner dann doch näher interessiert. Doch in Aufzeichnungen fand ich vereinzelt nur die zeitgenössischen Meldungen von einem beschossenen "Panzerzug" im Tunnel - mal mit, mal ohne Verletzte....
Was geschah nun wirklich an diesem Tag dort. Und waren es ein oder zwei Züge, die an diesem Tag dort attackiert wurden ?
Der bisherige Recherchestand nach Befragung von Augenzeugen ( damals Jugendliche ), alten Aufschrieben einzelner Anwohner benachbarter Dörfer, und den Angehörigen der Gefallenen sowie in den Stadt-, Kreis-, Landes-, Bahnarchiven und dem Militärarchiv.
Ort des Geschehens:
Hohenlohe im Norden des heutigen Bundeslandes Baden-Württemberg. Die Bahnstrecke von Heilbronn nach Hessental ( heute Stadtteil von Schwäbisch Hall ),
die eigentlich seit jeher Kochertalbahn genannt wird, heute aber im Nahverkehr den Produktnamen Hohenlohebahn bekommen hat.. .
Bei Schwäbisch Hall gibt es mehrere Eisenbahntunnels, die zu Kriegsende gern zum Unterstellen von Zügen genutzt wurden. Zwischen Hessental und Hall der Tullauer Tunnel und in der langen Steige von Hall nach Wackershofen hoch einen Doppel-Tunnel, die dicht nacheinander liegenden Haller Tunnel ( ca. 67 m ) und nach 25 Metern gleich der Gottwollshäuser Tunnel ( ca. 252 m ). .
Der Einschnitt zwischen den Tunnels ist die Ohrenklinge, eine Art Entwässerungsrinne.
Hier wurden die Züge beschossen.
Tag des Geschehens:
Am 5. April 1945. Für den Militärzug ist der Nachmittag gesichert. Für den möglichen Munitionszug ist keine Tageszeit bekannt.
Was geschah:
An diesem Tag stand ein Militär-Transportzug im Tunnel, der am Zugende mehrere Wagen mit verladenen Panzern hatte ( ausdrückklich große, schwere Kampfpanzer, keine Halbketten-Fahrzeuge oder ähnliches. ) . Das Zugende stand noch außerhalb des Tunnelmundes des haller Tunnels Richtung Hall zu, die Lok befand sich im langen Gottwollshäuser Tunnel ( selbst Bauern aus Gelbingen sahen den "weißen Rauch" aus dem oberen Tunnelmund wabern, als die Jabos den Angriff flogen - und wurden auf dem Feld selbst dann von einem angegriffen ) .
Die regelmäßig auch die Bahnlinie abfliegenden Jabos erkannen den Zug und attakierten ihn mehrfach.
Eine Bombe fiel genau in die Ohrenklinge, wo sie einen Personenwagen traf. Die auf der Plattform stehenden Soldaten wurden getötet, im Waggon wurden dreißig Soldaten verletzt ( im DIAK-Archiv erhalten gebliebener Aufschrieb dieses Tages ) . Makaber: die altgedienten Soldaten standen bei Zugfahrten bewußt auf der Plattform, da sie meinten, bei Fliegeralarm dann schneller vom Zug wegzukommen.. ( Hinweis der Angehörigen ).
Was kann zum Zug gesagt werden :
Die Soldaten des Truppentransportes kamen nach dem Mittag zu den oberhalb des Tunnels liegenden Bauernhöfen am Ortsrand von Gottwollshausen und baten um Essen und Trinken, da sie seit Tagen keine Verpflegung mehr erhalten hätt0en. Bei Kaffee und Kuchen im Garten unter Obstbäumen berichteten die Soldaten, darunter auch die drei Gefallenen, das sie aus Nürnberg kamen, nach Stuttgart sollten, aber auf der Fahrt dorthin in Ludwigsburg bemerkten, das der halbe Ort bereits von Amerikanern besetzt sei und dann schleunigst versucht hätten, über "Schleichwege" wieder zurück nach Nürnberg zu kommen.
Dies wäre denkbar. Über die Murrbahn (Backnang - Hessental - Crailsheim ) könnten sie dann nach Hall gelangt sein. Nicht auszuschließen auch ein Fahrweg über Heilbronn und dann über die Kochertalbahn.
Die Angehörigen der Gefallenen ( einmal eine Schwester, zweimal Söhne ) berichten übereinstimmend, das die Soldaten in "Nürnberg" ( könnte auch Roth bei Nürnberg als Standort der Panzertruppe mit einschließen ) stationiert waren und seit Wochen auf die Verlegung mit Bahntransport warteten, dieser aber mehrmals wegen der Luftlage verschoben wurde. In "Nürnberg" waren die Panzer repariert worden, es soll sich um größere Arbeiten gehandelt haben, wie die Soldaten damals berichteten. Diese waren KFZ-Mechaniker und gehörten einem Werkstatt-Zug an.
( ein Hinweis auf die sPzJgAbt 653 ? )
Der mögliche zweite Zug :
Außer den Mitteilungen an die Angehörigen seinerzeit ist bisher nichts zu einem Munitionszug in Archivalien aufgetaucht. Die Muna war an diesem Tag noch in Betrieb ( erst am 6.4.bombardiert ), war übervoll mit Munition und ein Abfahren von Beständen war durchaus realistisch, da in diesenTagen 4.5.6. April alles aus Hohenlohe nach Nürnberg zum Aufbau der nächsten HKL strömen sollte...
Leider sind auch Eisenbahnseitig keine lokalen Informationen mehr erhältlich, da es nur noch drei ältere, altgediente Eisenbahner in Hall und Umgebung mehr gibt, die aber selbst, auch nicht aus früheren Erzählungen damals älterer Eisenbahner, dazu etwas sagen können. Und die Archive der Eisenbahn gingen mit der Zerschlagung der Deutschen Bundesbahn 1994 und zuletzt der Schließung und dem Abriß der Direktion in Stuttgart Heilbronner Straße 7 ( für Stg 21 ..) verloren. Von einzelnen Personen privat gerettete Teilbestände umfassen leider aus der Gegend um Hall:: Nichts!
Selbst die entsprechenden Unterlagen der DB Netz gingen bei den mehrmaligen Dienststellen-Auflösungen und Umorganisationen seither verloren...
Vielleicht können die bekannten Daten der drei Gefallenen zur Aufklärung beitragen:
Johann Georg Fuchs ( genannt "Fuchs´ns Hanne ) geb. 22.04.1923 in Traunfeld ( Bayern ) Beruf Mechaniker
Konrad Schober geb. 14.09.1908 in Schwäbisch Hall, letzter Wohnort Kienfeld ( Bayern ) Beruf Mechanikermeister.
Er hatte mehrere Jahre am Ostfeldzug teilgenommen, war (Unter- ? ) Offizier und wollte durch das erlebte dann nicht mehr in dieser Tätigkeit eingesetzt werden und diente dann weiter als Mannschaftsdienstgrad. Er hatte sein eigenes Werkzeug dabei, da die Wehrmacht am Kriegsende keines mehr stellen konnte / nachbeschaffen konnte..
Uffz Heinrich Julius Schreiner geb. 21.10.1919 in Essen Rellinghausen. erlernter Beruf : Gärtner.
Wie Recherchen vor Ort in Rellinghausen ergaben, war Uffz Schreiner vor dem Kireg auch mehrere Jahre zur See gefahren, da er sich mit der zweiten Frau seines Vaters wohl nicht verstand. Heute kann man sich noch im Ort an diesen Gärtner Schreiner erinnern ( der Namen ist häufig vertreten ), direkte Angehörige konnten bisher nicht ausfindig gemacht werden. Und am letzten Wohnort in Oberpleis gab es allein 25 Gärtnereien...
Vielleicht kann jemand mit diesen Personendaten die Einheit der Soldaten zu dieser Zeit feststellen.
Meine Vermutung geht im Moment zu der sPzJgAbt 653, die ja zum Kriegsende noch mehrere Tauschwannen erhalten hat und diese komplettierte. Auch ein Bahntransport in dieser Region in diesen Tagen ist dort gewesen. (Quelle: ältere Beschreibung der Einheit auf englisch über einen kanadischen Verlag von Herrn Münch, Schwetzingen ) .
Vielleicht hat jemand auch Betriebslagemeldungen aus dieser Zeit der Bahnhöfe oder Eisenbahn-Betriebsämter aus der Region, die hierzu Aufschluß geben könnten. ( An einem Einblick in diese Unterlagen wäre ich generell interessiert..).
Ein Dankeschön an alle, die bis hier hin durchgehalten haben . es würde mich sehr freuen, wenn jemand mit Hinweisen oder Quervermerken mit bei der Aufklärung der Geschehnisse behilflich sein könnte.
Sollte jemand auch Informationen etc. zur Muna Kupfer allgemein haben, so werden diese selbstverständlich auch mit Interesse entgegengenommen..
Mit freundlichen Grüßen
und ein frohes Osterfest wünscht
MunaLisa