Tag allerseits,
Die Reise Adenauers im Jahre 1955 nach Moskau, das ist ein Thema das großes Interesse fand: damals und heute.
Es ging um die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der UdSSR. Adenauer wollte als Gegenleistung die Zusicherung der Sowjets, dass alle noch in der Sowjetunion zurückgehaltenen Kriegsgefangenen und verurteilten deutschen Zivilpersonen freigelassen werden. Chruschtschow und Bulganin waren anfänglich
nicht bereit, auf die Wünsche Adenauers einzugehen. Es soll auch von den Sowjets argumentiert worden sein, dass sich in der Sowjetunion keine deutschen Kriegsgefangenen
mehr befinden, sondern lediglich deutsche Kriegsverbrecher. Adenauer soll - wie er in seinen Memoiren schreibt - die Maschine der Lufthansa zum Rückflug angefordert haben. Danach gab Bulganin Adenauer das Ehrenwort, dass nach Aufnahme der diplomatischen Beziehungen die gefangenen Deutschen ausnahmslos zurück geführt werden.
Die Verhandlungen Adenauers mit den Sowjets waren nach alledem eine durchaus schwierige Angelegenheit.
Erstaunlich ist nun, was man dazu im HISTORISCHEN LEXIKON BAYERNS lesen kann:
Die letzten Kriegsgefangenen kehrten 1956 heim, nachdem die Bundesrepublik Deutschland diplomatische Beziehungen zur Sowjetunion aufgenommen hatte. Es gehört zu den Legenden westdeutschen Geschichtsbewusstseins zu glauben, Konrad Adenauer (CDU, 1876-1967, Bundeskanzler 1949-1963) habe bei seinem Besuch in Moskau im September 1955 diese letzten deutschen Kriegsgefangenen "freigekämpft". Tatsächlich handelte es sich um eine Gegenleistung der Sowjetunion für die von ihr gewünschte Aufnahme von diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Staaten, die sie bereits vor der Ankunft Adenauers zu erbringen bereit war.
Dass die Sowjets von Anfang an bereit gewesen waren, die Gefangenen freizulassen ist eine großzügige historische Wertung. Und nach alledem soll es nicht so gewesen sein, dass die Freilassung der Gefangenen auch der Verhandlungstaktik Adenauers zu verdanken war. Eine Legende soll das sein!
Ich glaube jedenfalls eher das, was Adenauer in seinen Memoiren dazu zu sagen hatte.
Adenauer beschreibt die Verhandlungen mit den Sowjets in seinen ERINNERUNGEN Band 1953-1955 detailliert und ausführlich.
Am 3. Verhandlungstag (12,9.1955) war auch Adenauer mit seinem Latein am Ende. Immer wieder wurde von sowjetischer Seite betont, dass die Kriegsverbrecher, die sich noch in der Sowjetunion befinden, erst nach Verbüßung ihrer Strafen entlassen werden können.
Und dazu schreibt Adenauer:
...Sobald ich in meinem Hotel ankam, veranlasste ich, dass unverzüglich unsere Flugzeuge von Hamburg herbeigeordert und für den morgigen Abflug bereitgestellt würden. An sich war der Rückflug erst für den übernächsten Tag, den 14. September, vorgesehen. Ich war nicht gewillt, mich noch in weitere Verhandlungen mit den Russen zu begeben. Für diesen Spätnachmittag hatte die Sowjetregierung zu einem großen Empfang im Kreml mir zu Ehren geladen. Ein Fernbleiben würde in der Öffentlichkeit eine zu starke Reaktion auslösen.Mein vorzeitiger Abflug genügte....
Das sind die historischen Tatsachen aus erster Hand und für mich und viele ANDERE keine Legende!
Fundstelle:
http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_45911
Gruß
Bert