Einheiten April/Mai 1945 im Raum Chemnitz/Freiberg

  • Hallo zusammen,

    in Gespärchen mit meinem Großvater (*1931 in Oederan, Sachsen) kommen wir oft auf die letzten Kriegswochen zu sprechen, die meine Heimatstadt erlebt hat. Allerdings sind es "nur" die Erinnerungen eines damals 14-jährigen Jungen, die er mit mir teilen kann und die jedocht vllt gerade deshalb, weil sie so viele Fragen aufwerfen, mein historisches Interesse geweckt haben.

    Folgende Situation:
    Im Westen standen amerikanische Einheiten bereits in Chemnitz (ca 30km von hier), sind möglicherweise noch darüberhinaus gestoßen. 15km östlich von Oederan hatte die Rote Armee Freiberg kampflos besetzt und stieß gemäß meinem Großvater weiter in Richtung Westen vor.
    Weiters erinnert sich mein Großvater an 3 "Panzer", die sich über die Dörfer Falkenau und Breitenau sich in Richtung Böhmen absetzen wollten.
    Sie waren vollgepackt mit Zivilisten und Gepäck. In Breitenau bzw Oederan gingen den drei Fahrzeugen der Reihe nach der Sprit aus, anschließend wurden sie gesprengt.

    In "" deshalb, weil es wohl eher Panzerjäger oder Panzerhaubitzen waren... folgende Beschreibung: 4 bis 6 große Laufrollen, niedriger, offener Aufbau, großes Kaliber, kurzes Geschützrohr.
    Mein erster Gedanke war ein Geschützwagen II, aber die sind ja alle in Afrika geblieben. Mein zweiter Gedanke tendiert zur Grille.

    Gibt es irgendwelche Quellen/Dokumente, die vielleicht Näheres zu den Fahrzeugen berichten, zu Einheiten, die sich im Raum Mittelsachsen aufhielten/durchschlugen oder zu Kampfhandlungen? Die Ortschronik gibt leider keinerlei Hinweise.

    Ich danke bereits im Voraus
    Strelok

  • Hallo Strelok,

    Bei den von dir genannten Panzern könnte es sich um Panzerjäger des Typs Sd. Kfz 164 Nashorn (Hornisse) handeln, die mit einer 8,8 cm Pak ausgerüstet waren.
    Am 07.05.1945 lag die schwere Heeres-Panzerjäger-Abteilung 88, die mit Panzerjägern Nashorn ausgerüstet war, im Raum Freiberg, um gegen die 13. russische Armee und gegen die 4. russische Garde-Panzerarmee eingesetzt zu werden. Dieser Einsatz wurde aber in letzter Minute abgebrochen und die Einheit zog sich über Mittelsayda, Deutsch-Neudorf, Chomutov nach Karlovy Vary (Karlsberg) zurück.
    Die schwere Heeres-Panzerjäger-Abteilung 88 war seit Ende Januar 1945 der 20. Panzer-Division unterstellt.
    Die schwere Heeres-Panzerjäger-Abteilung 88 hatte einen Bestand von insgesamt 45 Panzerjägern; am 15.04.1945 verfügte die Abteilung noch über 39 Panzerjäger, von denen noch 38 einsatzbereit waren.
    In den letzten Kriegstagen wurde der Teil Sachsens, der noch nicht von den Russen bzw. Amerikanern besetzt war, von der 4. Panzer-Armee verteidigt, die sich wie folgt zusammensetzte - Stand 30.04.1945 :
    - Kampfgruppe der 269. Infanterie-Division (der Armee direkt unterstellt);
    - LVII. Panzerkorps mit der 6. Volksgrenadier-Division, der 17. und 72. Infanterie-Division;
    - Gruppe "Kohlsdorfen" mit dem Divisionsstab z.b.V. 615, Teilen der Division Nr. 464 und der Kampfgruppe der 546. Infanterie-Division;
    - Panzerkorps "Gross-Deutschland" mit der 1. Fallschirm-Panzer-Division "Hermann Göring", der Panzergruppe "Brandenburg" und der 20. Panzer-Division;
    - Korps-Gruppe "Moser" mit der Division Nr. 193 und Teilen der Division 404;
    - Fallschirm-Panzer-Korps "Hermann Göring" mit der 2. Fallschirm-Panzer-Division "Hermann Göring", der Kampfgruppe "Frundsberg" (Reste der 10. SS Panzer-Division "Frundsberg" und Reste der Führer-Begleit-Division);
    - LXXXX. Armeekorps mit den Divisionen 464, 469 und 404 sowie dem Kampfkommandanten von Chemnitz;
    - Stellvertretendes V. Armeekorps mit dem Kampfkommandanten von Dresden.

    Quellen :
    - "Das Kriegsende in Sachsen 1945" von Wolfgang Fleischer
    - "Letztes Aufgebot zur Verteidigung des Reichsgebiets von Rolf Hinze.

    Ich hoffe dir mit diesen Infos weitergeholfen zu haben.
    Gruss

    Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,

    das nenn ich mal eine umfangreiche Antwort. Danke vorallem für die beiden Quellen, die werd ich mir mal zulegen.

    Deine Vermutung bezüglich der schweren Panzerjäger-Abteilung wird aber vermutlich nicht stimmen. Die PaK 43 ist mit ihren 71 Kaliberlängen bekanntermaßen eine recht lange Kanone und mein Großvater ist sich sicher, dass es ein recht kurzes Geschütz war (auch wenn man nach so langer Zeit bekanntermaßen eher kritisch mit Augenzeugenberichten umgehen sollte).

    Darüber hinaus ist es meiner Meinung nach unwahrscheinlich, dass die Abteilung den Umweg über Oederan genommen hat (was fast 15km mehr Weg und damit mehr Benzinverbrauch bedeutet), anstatt den von Freiberg nach Mittelsaida und von da an dann weiter. Wäre höchstens verständlich, wenn Brand-Erbisdorf bereits besetzt war und man so etwas weiter hätte ausholen müssen. Allerdings wären die Fahrzeuge dann jedoch aus einer komplett anderen Richtung eingefahren.

  • Hallo alle zusammen!

    Als Kind mit 8 Jahren und wohnhaft in Oederan Brühl, standen wir Kinder an der Straße, als 3 Panzer auf der oberen Breitenauer Straße aus Breitenauu kommend Richtung Lange Straße fuhren. Für uns Kinder waren es die neusten und größten Panzer.

    Weitere Informationen dazu kann ich nicht liefern. Kurz danach kamen die Russen.

  • Hallo Sax,

    Quote

    Wie ist denn dann der Einmarsch der Russen abgelaufen? Kannst du dich daran noch erinnern?

    aus zuverlässiger Quelle weis ich das es z.b. in Glauchau eine Nacht und Nebel Aktion war.

    "Abends waren die Amerikaner noch da und am nächsten Morgen waren überall Russen"

    Gruss Dieter

  • Guten Morgen zusammen,


    nach den mir bekannten Erzählungen wurde Oederan nicht verteidigt. Die sowjetischen Truppen marschierten ohne Gegenwehr in den Ort ein. Dies geschah wohl mit Panzern über die dortige Hauptstraße. „Einfach durchgefahren, ohne anzuhalten“ wurde mir dazu erzählt.

    Ganz in der Nähe von Oederan (auf dem Weg nach Falkenau) gibt es auch eine sogenannte Soldatengrabkurve. Dort fiel am 07.05.45, nach Erzählung durch Tieffliegerangriff, ein deutscher Soldat.

    Zu dem Zeitpunkt standen die amerikanischen Truppen in Chemnitz, die sowjetischen mindestens in Oederan. Ob es in Falkenau und Flöha noch sowjetische Truppen gab, entzieht sich meiner Kenntnis.


    Grüsse

    Alex

  • Hallo Zusammen

    Laut Erzählungen aus meinen Heimatort sind die sowjetischen Truppen auch weiter von Oederan über Eppendorf bis Zschopau durchgefahren

    Vorher zogen sich noch die Reste der Wehrmacht zurück und versuchten noch einige Brücken mit gesprengten Panzern usw zu blockieren,

    Es sollen auch angeblich mal Amerikaner gesehen worden sein.

    Gruß Stefan

    Suche alles zu Gerätepark 661 und Sturm-Bataillon AOK 8.

  • Hallo,

    danke an alle für die interessanten Antworten!

    Zur Chronik von Borstendorf, auf dem Bild ist ein Panther zu sehen. Ist das mit Sicherheit in Borstendorf?

    Gibt es weitere Informationen dazu?

    Gruß

    Danny

  • Hallo Danny

    Ja das ist in Borstendorf kurz nach der Brücke über die Flöha. Die Felsen im Hintergrund gibt es immer noch und

    Die gepflasterte Straße gab gab es zum Teil noch vor der Wende. Ist ja mein Heimat Ort.

    Aber zu wem dieser Panzer gehörte keine Ahnung. Er wurde nach Kriegsende von dein Einheimischen

    Schmieden und Schlossern zerlegt und zu verschiedenen Sachen benutzt.Garagetor usw.

    Gruß Stefan

    Suche alles zu Gerätepark 661 und Sturm-Bataillon AOK 8.

  • Hallo Stefan,

    das ist wirklich sehr interessant. Ich wusste nicht, daß gleich hier um die Ecke (komme aus dem Raum Marienberg) ein Panther im Einsatz war.

    Da kommen eigentlich nur die aus dem Raum Dresden zurückgehenden Verbände in Frage.

    Div. HG, 10. SS-Pz.Div. usw.

    Eigentlich sind diese aber weiter östlich über Dippoldiswalde Richtung Teplice zurückgegangen.

    Wie gesagt, sehr interessant!

    Danny

  • Hallo

    Aus einer Konversion mit MarioL und mir. Es ist alles möglich.

    Hi Jan,

    lustigerweise hab ich mich mit genau diesem Panther erst letzte Woche beschäftigt, der wird in einem Bildband behandelt der nächstes Jahr erscheint.

    Der Panther hat mit der 12.Armee nichts zu tun auch wenn die in der Gegend um Zerbst war, jedenfalls bis das Gebiet geräumt wurde. Die Filmaufnahmen entstanden später am 30.April 1945. Der Panther gehört sehr wahrscheinlich zur 21.Panzerdivision, diese war allerdings weit weg südlich von Cottbus im Einsatz, bis zum 19.April als die Reste von den Russen Richtung Norden gedrängt wurden um dann schließlich im Kessel von Halbe zu landen. Aber dieser Pantherbesatzung ist es gelungen aus dem Raum Cottbus bis nach Mühlstedt zu fahren. Es gibt nämlich einen amerikanischen Report zu diesem Panther in Mühlstedt, und der erwähnt die 21.Panzerdivision. Und die war dort eigentlich nicht.

    mfg Jan

  • Hallo Zusammen

    Ich habe hier einen Offizier gefunden der aus Borstendorf stammte und den Panzer evtl dort gelassen hat

    Hauptmann Martin Uhlig
    Born 26.04.1914 Borstendorf, Krs. Chemnitz/Sachsen

    Ritterkreuz am: 11.03.1945
    als: Hauptmann
    Funktion: Kommandeur schw. PzJägAbt 88
    Bundeswehr: Von bis 30.09.1970
    Zuletzt: Oberstleutnant

    Die Einheit war zum Ende hin der 20. Panzer-Division untestellt

    Bis zum 3. Mai 1945 zogen sich die Divisions-Reste kämpfend auf Dresden zurück. Reste der Division versuchten anschließend, sich nach Südwesten und Westen zu den amerikanischen Linien durchzuschlagen. Damit endete die Geschichte der Division.

    Und der Er bei der Bundeswehr war hatte er es bis zu den Amis geschafft

    Vielleicht hat zu diesen Offizier jemand noch mehr Infos.

    Gruß Stefan

    Suche alles zu Gerätepark 661 und Sturm-Bataillon AOK 8.

  • Hallo,

    20. Panzer-Division könnte sein. Aber nicht die Panzerjäger-Abt. Das Pz.Rgt.21 (zur Div. gehörig) käme da in Frage. Es hatte bei Kriegsende noch einige Panther.

    Gruß

    Danny

  • Hallo zusammen,


    ergänzend aus der Chronik von Oederan „Beiträge zur Geschichte der Stadt Oederan 1190 - 1990“ steht folgendes zum Einmarsch der sowjetischen Truppen:


    Aus Hainichen kommend rückten die sowjetischen Truppen um 11:45 Uhr in Oederan ein. Die meisten der motorisierten Truppen marschierten gleich weiter in Richtung Gahlenz und Eppendorf. Eine Batterie Artillerie ging auf dem Scheunenberg in Stellung, um in Richtung Flöha schiessen zu können.


    Grüsse

    Alex

  • Hallo,

    mein Schwiegervater geb.1930 erzählte, dass ein Panther oder Tiger im April 45 auf dem Marktplatz in Annaberg- Buchholz anhielt.

    Aus dem Panzer stiegen 4 Soldaten und beauftragten die umherstehenden Kinder auf den Panzer aufzupassen! Mein Schwiegervater war

    unter den Kindern. Voller Neugier bestiegen sie den verlassenen Panzer und warteten auf die Wiederkehr der Soldaten.

    Tatsächlich kamen die Wehrmachtsangehörigen nicht wieder zurück. Wie sich einige Zeit später herausstellte fehlte schlichtweg der Sprit.

    Mein Schwiegervater nahm sich ein Andenken aus dem Panzer mit. Es handelte sich um eine Fettspritze, die nutze ich heute noch.

    Was dann mit dem Panzer dann geschah ist unbekannt.

    Im angrenzenden Rathaus lagen bergeweise Kurz- und Langwaffen gestapelt. Die Bevölkerung war aufgefordert worden alle

    Waffen abzugeben.

    Für die Kinder war das alles sehr beeindruckend und wirkte nachhaltig.

    Schönes Wochenende gewünscht.

    Gruß Frank