Waffenträger Ardelt 8,8 cm L 71

  • Hallo,

    im KTB der Heeresgruppe Weichsel bin ich auf 7 Waffenträger der Firma Ardelt mit 8,8cm L71 - Kanone in Eberswalde gestoßen, die offenbar dort hergestellt und für den weiteren Einsatz verbleiben sollten (Einsatzführung durch den Konstrukteur Oberleutnant Ardelt). Der Waffenträger soll ein 38 (t) Fahrgestell verwenden und ist scheinbar über den Prototypenstatus nicht weit hinausgekommen. Zumindest findet man im Internet kaum Angaben zu dem Teil. Hat jemand nähere Informationen zu Stückzahl und Einsatz? Waren die 7 Waffenträger in Eberswalde die Einzigen die überhaupt her-/fertiggestellt wurden?


    Gruß

    Ulf

  • Ja, danke.

    Ich habe jetzt im panzer-archiv doch noch einiges dazu gefunden. War wohl schon etwas spät gestern.

    Gruß

    Ulf

  • Hallo Ulf,

    der Entwurf zum Waffenträger von Dr. Gunther Ardelt war von allen Waffenträgerentwürfen derjenige, der zwar die wenigsten der gestellten Anforderungen erfüllte, aber der einfachste, zweckmäßigste und billigste war.

    Da aber dieser Entwurf zumindest die Anforderungen an Beweglichkeit und taktischen Einsatz erfüllte, wurde er vom WaPrüf 4 im August 1944 der Lösung von Steyr-Krupp vorgezogen.

    Laufwerk (mit Stahlbandagen statt Gummiauflagen) und Federung stammten vom 38(t), die Ketten unverändert vom RSO, offizielle Bezeichnung Geschützwagen (Gw) 638/18 Sf mit 8,8 cm Pak 43. ungepanzert.

    Der Wagen konnte auch mit 15-cm sIG oder 10,5cm leFH 18/40 ausgerüstet werden.

    Grundsätzlicher Zweck aller dieser Entwürfe war schwerpunktmäßig die Beweglichmachung der 8,8cm-Pak 43.


    Grüße

    Thilo

    Suche alles zur Lehrtruppe Fallingbostel und zum Einsatz des NSKK in der Ukraine 1941

  • Danke nochmal,

    mit etwas intensiver Recherche findet man doch einiges an Bildmaterial (Prototyp, (Beute)Erprobungsfahrzeug in der Sowjetunion und die Aufnahmen von 2 eingesetzten Trägern in Brandenburg an der Havel und Berlin) des mir bislang unbekannten (eigentümlichen) Ardelt, der zumal in meiner Gegend gebaut wurde. Ich denke, das Erprobungsfahrzeug (mit den aufgesessenen Soldaten) ist auch das Fahrzeug im Museum Kubinka?


    Gruß

    Ulf

    Edited once, last by Ulf71 (June 7, 2012 at 11:28 AM).

  • Hallo,

    der Konstrukteur OLt Dr. Gunther Ardelt ist wohl als Führer der Panzerjäger-Alarmkompanie Eberswalde in den Kämpfen um Eberswalde gefallen.

    Gibt es mehr Infos über ihn?


    Beim Volksbund ist nur fplgende Person gelistet:

    Günter Ardelt

    Günter Ardelt ruht auf der Kriegsgräberstätte in Sperenberg-Neuer Friedhof.

    Endgrablage: Einzelgrab


    Nachname: Ardelt
    Vorname: Günter
    Dienstgrad: Obergefreiter
    Geburtsdatum: 26.05.1914
    Geburtsort: Eberswalde
    Todes-/Vermisstendatum: 28.04.1945
    Todes-/Vermisstenort:
    nicht verzeichnet


    Grüße

    Thilo

    Suche alles zur Lehrtruppe Fallingbostel und zum Einsatz des NSKK in der Ukraine 1941

  • Hallo,

    ich zitiere mal aus einer Vortragsnotiz vom 25.02.45:

    "...Der Konstrukteur, Oberleuntnant Ardelt, Res.Offz. und Sturmartillerist, bittet darum, diese 7 Waffenträger selber führen zu können, da er die Eigenart dieser Geschütze und ihren richtigen Einsatz am besten beurteilen kann. Er ist bis Ende März uk. gestellt und stellt sich für diesen Einsatz freiwillig zur Verfügung..."

    Hilft zwar nicht wirklich weiter aber trotzdem interessant.

    Gruß

    Ulf

  • Hallo Ulf,

    habe da ein bisschen was gefunden:

    Bei den Rückzugsgefechten an der Ostfront mussten immer wieder Geschütze vor dem nachrückendem Feind gesprengt werden, da geeignete Zugmittel fehlten. Das führte zu der dringenden Forderung der Heeresleitung, vor allem die schwere 8,8 cm Pak selbstfahrbar zu machen.

    1943 gab das Heereswaffenamt einen Entwicklungsauftrag für einen sogenannten „Waffenträger" an die deutsche Waffenindustrie. Diese Trägerfahrzeuge sollten einfach und schnell zu fertigen sein und nicht auf vorhandene Panzerfahrzeuge zurückgreifen.Nachdem einige Versuche an den überzogenen Forderungen des Waffenamtes und an den aufwendigen Konstruktionen der Hersteller scheiterten, schlug ein Dr. Ardelt vor, ein einfaches, ungepanzertes Gleiskettenfahrzeug zu bauen, das zur Aufnahme verschiedener Geschütze wie 8,8 cm Pak, 15 cm sIG und 10,5 cm leFH 18/40 geeignet war. Anfang 1944 erhielt Ardelt den Auftrag, einen Prototypen zu bauen, wofür Krupp eine 8,8 cm Pak 43 lieferte. Die Fahrzeugwanne in Kastenbauweise, Laufwerk und Federung vom Pz 38(t), die Ketten vom RSO. Im August 1944 wurden die „Waffenträger" von Ardelt und Steyr-Krupp vorgestellt, Ardelt setzte sich mit seinem Fahrzeug durch und bekam den Auftrag für 10 Waffenträger mit 8,8 cm Pak. Drei Ardelt-Waffenträger wurden im Dezember 1944 dem Heereswaffenamt zur Fronterprobung zur Verfügung gestellt.

    Am 26.02.1945 wurde auf Befehl der Heeresgruppe Weichsel die Panzerjäger-Alarmkompanie Eberswalde aufgestellt und die restlichen sieben Waffenträger der Kompanie zugeteilt. Kompanieführer wurde der zum OLt ernannte Konstrukteur der Waffenträger Günther Ardelt, der bei den Kämpfen um Eberswalde den Tod fand.

    Technische Daten:

    -Hersteller: Ardelt Maschinenbau/Eberswalde, 1944, 10 Stück
    -Gewicht/Maße: 11,2 ton, 7,27 (mit Rohr) x 2,44 x 2,40 m
    -Motor/Antrieb: Maybach 6-Zyl. Benzinmotor HL42 vorne rechts, 4198 ccm, 100 PS, Vollkette, Triebrad vorne, je 4 Einfach-Stahllaufräder und 2 Stützrollen, Blattfederung
    -Geschwindigkeit: Straße 36 km/h bei einem Aktionsradius von ca. 150 km
    -Bewaffnung: 8,8 cm Pak 43 von Krupp, oder auch die 15 cm sIG und 10,5 cm leFH 18/40
    -Panzerung: Frontschild 20 mm, sonst 6 - 10 mm
    -Besatzung: 4 Mann

    MfG Lemmi

  • Guten Morgen,

    hier als Ergänzung (leider in russisch) ein mehrseitiger ausführlicher Artikel aus dem russischen Magazin tankomaster 03/2000 zum Ardelt Waffenträger (einfach die jeweils nächste Seite unterhalb des großem Bildes anklicken):

    tankomaster/2000-03--num24

    Nach den immer gleich lautenden russischen Artikeln soll nach Anagben von Walter J. Spielberg der Konstrukteur Gunter Ardelt auf einem seiner Waffenträger in der Umgebung von Eberswalde gefallen sein. In welchem seiner Bücher nimmt Spielberg darauf Bezug? "Die Panzerkampfwagen 35(t) und 38(t) und ihre Abarten"?

    Wäre auch noch interessant zu erfahren, wie der eine Waffenträger (der in der Seitenansicht) im April nach Wendisch-Buchholz (Märkisch-Buchholz) gelangt sein soll. Das liegt ja doch schon sehr weit südlich von Eberswalde.


    Gruß

    Ulf

    Edited 3 times, last by Ulf71 (June 8, 2012 at 3:00 PM).

  • Hallo Ulf,

    Quote

    In welchem seiner Bücher nimmt Spielberg darauf Bezug? "Die Panzerkampfwagen 35(t) und 38(t) und ihre Abarten"?

    richtig, das Buch hat eine eigene Rubrik für div. Waffenträgermodelle auf Basis 38(t).

    Quote

    Wäre auch noch interessant zu erfahren, wie der eine Waffenträger (der in der Seitenansicht) im April nach Wendisch-Buchholz (Märkisch-Buchholz) gelangt sein soll. Das liegt ja doch schon sehr weit südlich von Eberswalde.

    Google mal Kessel von Halbe.


    Grüße

    Thilo

    Suche alles zur Lehrtruppe Fallingbostel und zum Einsatz des NSKK in der Ukraine 1941

  • Hallo,


    in dem Squadron-Heft über den 38(t) finden sich Fotos von 3 verschiedenen Ardelt's und von einem Steyr.
    Ein Ardelt trägt die 8,8 PAK mit Schutzschild nur nach vorne, wie das von den Russen erbeutete Fahrzeug. Laut Bildunterschrift soll es sich um einen Prototyp handeln.
    Ein weiteres Foto zeigt einen Ardelt mit niedrigerer Lafettierung mit niedrigerem, seitlich bis ans Fahrzeug-Heck reichendem Schutzschild. Dieses anscheinend beschädigte Fahrzeug steht auf einer Art Fabrikgelände, wohl einer Beute-Sammelstelle, umgeben von mehreren Borgward Ladungsträgern. Auf dem Foto sind drei deutsche Soldaten und ein Brite (mit Barett) zu sehen.
    Das vierte Foto gewährt von hinten einen Blick in den "Kampfraum" des Waffenträgers mit 10,5 Haubitze und ebenfalls einen britischen Offizier.
    Demnach scheinen einige Fahrzeuge auch im Westen verblieben zu sein.
    Nach den Angaben im Squadron-Heft war für die Serienproduktion das sog. 38(d)-Fahrgestell vorgesehen: gegenüber dem 38(t) etwas vergrößert, 220 PS 12 Zylinder TATRA Diesel luftgekühlt, neues Getriebe, neues Trieb- und Leitrad.
    Erwähnt werden auch geplante schwere Waffenträger mit 6 Laufrollen auf jeder Seite, die für die 12,8 cm Kanone und die sFH vorgesehen waren. Zeichnungen davon gibt es bei v. Senger u. Etterlin ab Seite 285.

    Grüße...

  • Guten Morgen,

    man möge mich korrigieren, aber das Bild mit dem britschen Soldaten zeigt doch einen (den?) Prototypen des Rheinmetall-Borsig Waffenträgers (Aufnahme aus den Hermann Göring Werken bei Braunschweig vor der Verschrottung). Und der Waffenträger mit der 10,5 cm Haubitze FH 18/40 ist doch ein Krupp-Projekt gewesen?


    Gruß

    Ulf

    Edited 2 times, last by Ulf71 (June 11, 2012 at 12:30 PM).

  • Hallo,

    laut dem Text in Squadron hatte Krupp die Gesamtverantwortung für das Projekt "Waffenträger" inne, mit Kooperation von Rheinmetall hinsichtlich der Bewaffnung und mit Steyr und Ardelt als Wettbewerber bei der Entwicklung des Chassis. Steyr trat mit einem Laufwerk auf Basis des RSO an, Ardelt mit einem solchen auf Basis des 38(t), das den Zuschlag erhielt. Für die Produktion soll dann das weiterentwickelte 38(d) Chassis vorgesehen gewesen sein.

    Eine Ergänzung für Modellbauer: die chinesische Firma Trumpeter hat aktuell eine ganze Palette von Waffenträgern im Angebot: den "Krupp I" mit 6 Laufrollen pro Seite und 12,8 cm PAK - wohl ein reiner Papier-Panzer; den Waffenträger mit der PAK 43 wie auf dem obigen Foto; ein als "Krupp-Steyr" bezeichnetes Fahrzeug mit einem Aufbau ähnlich dem auf dem beschriebenen Foto aus dem Hermann Göring Werk; außerdem leichte Waffenträger "Krupp-Ardelt" mit PAK 43 und leFH. Vom Ardelt mit PAK 43 gab es bereits einen Bausatz von der russischen Firma Alan, der wie alle Produkte dieses Herstellers aber eher grobschlächtig ausfiel.

    Beste Grüße vom OG

  • Bei Krupp gab es ja offenbar 3, mindestens aber 2 Konstrukteure/Büros: Wölfert, Egen und Burger? mit jeweils eigenen Projekten. Ardelt war doch von Krupp unabhängiger Konstrukteur bei der Fa. Ardelt in Eberswalde, der auf seine (günstige und einfache Weise) Trägerfahrzeug und Kanone vereint hat. Oder nicht?

    Hier sind die einzelnen Waffenträger (projekte) auf Basis des 38 (t) sehr übersichtlich dargestellt:

    38 (t) und 38 (d) Varianten

    Gruß

    Ulf

  • Hallo,

    schon seit dem Pz. I war es üblich, dass für die Konstruktion von Fahrwerk und Aufbau unterschiedliche Hersteller verantwortlich zeichneten und ggf. weitere in die Produktion eingebunden wurden.

    Beim Waffenträger war Krupp wohl als Generalunternehmer verantwortlich für das Gesamtprojekt, mit Rheinmetall als Subunternehmer für Teile der Bewaffnung und mit Ardelt und Steyr als konkurrierende Subunternehmer für das Fahrwerk, wobei die Entscheidung letztlich zugunsten Ardelt ausgefallen ist.

    Schaut man sich das Foto des Beutefahrzeuges an (das wohl heute im Museum von Kubinka steht) und vergleicht es mit den Konstruktionszeichnungen der Krupp-Entwürfe, scheint es sich dabei um eine Behelfslösung gehandelt zu haben. Das scheunentorgroße Schutzschild der PAK, unverändert übernommen von der Version auf Kreuzlafette, war verglichen mit den beinahe eleganten Aufbauten der Krupp-Entwürfe alles andere als vorteilhaft für den Einsatz.

    Beste Grüße vom OG

  • Hallo OG,

    auch wenn der Ardelt im Gegensatz zum Krupp, Steyr etc. nicht besonders elegant wirkt, aber er hätte seinen Zweck erfüllt. Gerade bei den anderen Projekten stelle ich mir die Platzverhältnisse für die Geschützbedienung extrem beengt vor. Da ist der Ardelt klar im Vorteil zumal er ja als Waffenträger nur den Anspruch hat, die Kanone zu tragen und keine Selbstfahrlafette zu sein.

    Um so länger ich mich mit dem Teil beschäftige um so mehr Fragen stellen sich mir... Wer hat denn eigentlich den "Geschützwagen" gebaut? Ardelt Eberswalde selbst? Schaut man sich die Anordnung und vor allem die Abstände der Antriebs- und Führungsrolle sowie der Laufrollen an, so finde ich bei all den Derivaten des 38 (t) kein Vergleichsmodell. Die Wanne muss doch deutlich länger sein und durch die tiefer gesetzte Antriebsrolle läuft die Ober- und Unterseite der Kette von der Seite gesehen parallel, sie liegt sogar oben auf den Laufrädern auf. Weiß da jemand mehr?


    Gruß


    Ulf