8,8 Flak 18/36/37 als Artillerie?

  • Hallo allerseits,

    Die Panzerjägerabteilung 605 wurde in Afrika (laut Paul Carell: Die Wüstenfüchse. Mit Rommel in Afrika. Hamburg: Nannen 1958, S. 208) von einem Hauptmann Schulz geführt, man könnte da hier https://www.forum-der-wehrmacht.de/www.lexikon-de…PzAbwAbt605.htm ergänzen. Ich vermute aber, dass die in 'Panzerjäger brechen durch' gemeinte Abteilung die Nr. 560 war.

    Gruß, Thomas

    "Lirum-larum Löffelstiel, wer nichts sagt, der weiß nicht viel - larum-lirum Gabelstiel, wer nichts weiß, muss schweigen viel!"

  • Hallo,

    habe hier das "Handbuch für den Flakartilleristen (Der Kanonier)" für die 8,8cm-Flak 18 und die 2cm-Flak 30 vor mir. Es ist die 4. Auflage aus 1938. Da es zum Thema hier passt, zitiere ich mal:

    "Das Schießen gegen Erdziele

    ...Wenn auch das Schießen auf Erdziele außerhalb des eigentlichen Aufgabenbereichs der Flakartillerie liegt, so muß es dennoch von einer schweren Batterie völlig beherrscht werden. Besondere Gefechtslagen verlangen bisweilen von der Flakartillerie ähnliche Aufgaben wie von der Erdartillerie,; die schwere Batterie ist in der Lage, sie vollkommen zu lösen. Zum Schutz der eigenen Feuerstellung ist die Bekämpfung von durchgebrochenen Kampfwagen oder Straßenpanzerwagen eine Notwendigkeit, die die schwere Batterie vollendet beherrschen muss..."

    "Zur Bekämpfung Erdzielen (z.B. Panzerziele - Kampfwagen) verfügt die Flakbatterie über einen Vorrat von Panzergranaten.
    Bei der Bekämpfung von Erdzielen mit der Sprenggranate mit Zeitzünder S/30 muss die Zünderlaufzeit so eingestellt werde, dass die Granate etwa 10m über dem Ziel zerspringt."


    Gruß


    Ulf

  • Hallo Dieter,


    ich wollte nur an diesem Beispiel nur noch einmal zeigen, dass bereits relativ früh der Einsatz der Flak gegen Erdziele auch theoretisch vorgesehen war. Ob nun im direkten oder indirekten Schuss, ob Flachfeuer oder Steilfeuer sei mal dahingestellt, zumal dort wörtlich steht: ..."ähnliche Aufgaben wie von der Erdartillerie."
    Das dieser ursprünglich als Ausnahme vorgesehene Einsatzzweck bereits mit Beginn des Krieges im Feld zur Regel wurde (allerspätestens im Kampf gegen T-34 und KW-1) und zum Kriegsende die Flak zumindest an der Ostfront im Kampf um Berlin die "normale" Artillerie ersetzt, bestätigen m. E. den Einsatz und auch die Geeignetheit als Artillerie (bezogen auf den Ursprungsbeitrag). Mit der Küstenverteidigung habe ich mich noch nicht beschäftigt, aber auch hier ist mir der Einsatz der 8,8cm-Flak zur Bekämpfung von Seezielen in Erinnerung.


    Gruß

    Ulf

  • Hallo

    Quote


    hier ist Flachfeuer gemeint. Das artilleristische Schießen wäre aber Steilfeuer.


    ähm. Auch andere Kanonen schossen im "Flachfeuer" gehörten aber zur Artillerie und schoßen natürlich auch "artilleristisch".


    Ulf

    Quote

    . Mit der Küstenverteidigung habe ich mich noch nicht beschäftigt, aber auch hier ist mir der Einsatz der 8,8cm-Flak zur Bekämpfung von Seezielen in Erinnerung.

    Ja, zb bei der Bekämpfung von Schiffszielen nach Erreichen des Kanals 1940 oder bei der Landungsabwehr bei Tobruk 42. Nur mal 2 Beispiele.

    Edited once, last by klext (November 2, 2013 at 4:43 PM).

  • Moien,
    hier ein Auszug aus dem Kriegstagebuch der I./Flakstumregiment 1 (mot.) Lw während der Ardennenoffensive:

    "mehrfache Beteiligung der schweren Batterien des Regiments am indirekten Schießen, besonders auch auf eingeschlossene Feindreste in Marcouray am 26.12.44"

    h.

  • Hallo,Chris
    Das Foto ist interessant,allerdings zeigt es was anderes als die Beschriftung behauptet.Der Kanonier in der Bildmitte führt gerade eine Granatpatrone in die Zünderstellmaschine ein,das und auch die Rohrerhöhung sprechen wohl eher für ein Luftziel.
    mfg karat

  • Hallo Karat,

    mit deiner Vermutung koenntest du durchaus richtig liegen,allerdings muss man auch beruecksichtigen das ebenso diese Patronen mit Zeitzuender im Erdkampf wie z.B gegen groessere Infanterieansammlungen eingesetzt wurden.
    Die erhoehte Rohrstellung "koennte" ebenso ein hoeherligendes Ziel (in den Bergen) zur Begruendung haben.
    Daher denke ich das eine genaue Einsatzbestimmung allein anhand dieses Bildes nicht moeglich ist und man sich somit
    auf die Bildbeschriftung verlassen muss.

    Gruss Chris

    (Quelle:Waffenarsenal -8,8cm Flak)

  • Hallo zusammen,

    @ Chris,
    nu aber, ham wir jetzt ,die Eierlegende Wollmilchsau. :rolleyes: Stimmt alles was du sagst das macht doch keiner ohne Not.

    Wenn wir uns auf folgendes einigen können die 8,8cm Fak war/ist eine erstklassig konstruierte Waffe zur Fliegerabwehr
    bei der sich im Einsatz herausgestellt hat das sie sich auch noch hervorragen, auf Grund der Eigenschafen, zur Bekämpfung
    von "harten" Zielen im Flachfeuer auf große Entfernung eignete.
    Alles andere geht, aber Sinnvoll ist anders.

    Gruss Dieter

  • Hallo,

    dazu noch ein Auszug aus Allmayer-Beck, "Herr Oberleitnant, det lohnt doch nicht!":

    Allmayer-Beck war während des gesamten Krieges als Artillerie-Offzier eingesetzt, im Jahr 1944 schreibt er (Seite 432ff):

    Quote

    "Ich sollte am äußersten rechten Flügel unserer Division die Führung einer Artillerie-Gruppe übernehmen, die aus drei nicht zum Artillerie-Regiment 21
    gehörigen Abteilungen bestehen sollte, also fast Regiments-Stärke hatte. Es waren dies eine leichte und eine schwere Abteilung sowie eine schwere Flak-Abteilung.
    ... In vielen Fällen gelang es allerdings, die Angriffe noch vor Erreichen unserer HKL zusammenzuschießen. Dabei bewährte sich die mir unterstellte Flak-Abteilung ganz besonders.
    Dank ihrer Reichweite und der enormen Feuergeschwindigkeit waren die 8,8 cm Fliegerabwehr-Kanonen eine besonders wirksame Waffe."


    Hier geht es meiner Meinung nach sicher um den artilleristischen Einsatz, daß heißt indirektes Feuer. Denke, daß das öfter so gemacht wurde, auch wenn es leider nur selten erwähnt wird.
    Im Grunde genommen war die 8,8 ballistisch eine "gewöhnliche" Feldkanone, mit einigen zusätzlichen Anbauten (inkl. Lafettierung) für den Flak-Einsatz.
    Nur wurden in der Wehrmacht Feldkanonen selten eingesetzt (üblich waren Haubitzen) und damit wirkt das so ungewöhnlich.
    Die Panzerabwehr-Rolle der 8,8 ist auch propagandistisch stark ausgeschlachtet worden und damit präsenter im Bewußtsein.

    Auch wenn dieser Einsatz aus vielerlei Gründen nicht optimal war ("das macht doch keiner ohne Not"), ist es doch für mich interessant, diesen "Ausnahmen" nachzuspüren.
    Immerhin ist die Wehrmachtsgeschichte voll von solchen Aushilfen und damit sind diese Teil dieser Geschichte.

    Würde mich daher freuen, wenn auch in Zukunft in diesem Thread entsprechende Auszüge bzw. Beispiele zum Thema gebracht werden (da es mich vor allem artilleristisch interessiert).

    Gruß
    Franz

    PS: Die Ur-Version der sovj. Ratsch-Bum, die 76 mm Divisionskanone M1936 (F-22), wurde nicht nur als "Dual-Purpose"-Waffe gedacht (Feldkanone, die auch zur Panzerabwehr taugt), sondern hatte danach auch eine dritte (geplante) Rolle als Flak (Link: http://en.wikipedia.org/wiki/76_mm_div…un_M1936_(F-22)). Da ich nun in kurzer Zeit zwei Fotos gesehen habe, wo ein aufgegebenes Exemplar mit etwa 80° Rohrerhöhung abgebildet war, beginne ich das auch zu glauben. Kann aber nicht sehr wirksam gewesen sein, mit ihrer Spreizlafette (siehe auch den engl. Wikipedia-Artikel, hier heißt es, daß diese Kanone nie als Flak eingesetzt war und auch in den beiden anderen Rollen nicht überzeugte). Das hatte man bereits im 1.WK bei der kuk Armee versucht, nach dem ersten Erprobungsschießen aber eingesehen, daß das nicht funktioniert und den Prototypen (damals sogar mit Kastenlafette) ins Heeresgeschichtliche Museum verfrachtet, wo dieser heute noch steht.

    Sammle alles über Artillerie!

    Edited once, last by Flavius Belisarius (March 18, 2015 at 12:03 AM).

  • Hallo,

    ich kann dir für den Erdeinsatz im indirekten Feuer 2 konkrete Beispiele aus 1945 nennen, wie er aber vor allem zu diesem Zeitpunkt vielfach erfolgt ist. Natürlich immer bedingt durch den Mangel an "normaler" Artillerie.

    Im Buch "Embryonen an Kanonen" wird z. B. der Erdeinsatz der schweren Flak-Abteilung 4./326 (8,8cm Flak) bei Greifenhagen beschrieben. Nach Aufgabe des Brückenkopfs bzw. der Stadt befanden sich die Stellungen der Geschütze zwischen den Dörfern Rosow und Radekow (also westlich der Oder). Der Beobachter lag am Steilhang über Mescherin mit Blick über die Polder und Oder auf Greifenhagen auf der Ostseite. Entfernung zwischen Geschütz und Ziel ca. 10 km.

    Aus dem Bundesarchiv folgendes Bild im Anhang das "Eine schwere Flakbatterie des faschistischen deutschen Reichsarbeitsdienstes beschießt Bodenziele an der unteren Oder - Deutsch-sowjetische Front bei Schwedt (Oder) im April 1945.. Ich konnte die Allee bei Schwedt identifizieren, sie führt m. E. von der alten Dammschäferei Richtung Bahnlinie Schwedt-Angermünde. Sieht man sich die Rohrausrichtung an und überträgt sie auf die Karte, dann ist das Ziel die Oderquerfahrt/Schleuse bzw. die entsprechenden Dämme. Das deckt sich mit den Schilderung der Kämpfe zu diesem Zeitpunkt unmittellbar vor Schwedt. Zielentfernung zwischen 5 - 7 km.

    Die Splitterwirkung der knapp über der Erde explodierenden Granaten soll insbesondere für Schützenansammlungen verheerend gewesen sein.


    Gruß

    Ulf

  • Hallo zusammen,

    @ Franz,

    Quote

    ...die Führung einer Artillerie-Gruppe übernehmen, die aus drei nicht zum Artillerie-Regiment 21
    gehörigen Abteilungen bestehen sollte, also fast Regiments-Stärke hatte. Es waren dies eine leichte und eine schwere Abteilung sowie eine schwere Flak-Abteilung.

    ich würde das so lesen,
    "Hier wurden aus den Erfahrungen des Russfeldzuges eine Art.KG zusammengestellt die den Einsatz-Anforderungen entsprechen sollte.
    Hier wurde, genau wie bei den Art.Rgt. der Lw. Feld-Div, der Einheit eine schw.Flak Abt. beigegeben. Deren Autrag war nicht in den artilleriestichen Feuerkampf
    zu führen sondern sie waren zur Sicherung(Feuerwehr bei Durchbrüchen u.ä. ) und im Truppenluftschutz eingesetzt."

    Auch für den konkreten Fall eine Annahmen aber wie ich finde ziemlich plausibel

    Gruss Dieter

  • Hallo,

    @Augustdieter
    Aus dem Bericht von Allmeyer-Beck geht hervor, dass diese Artillerie-Gruppe adhoc nur für die Abwehr eines bevorstehenden sowj. Angriffes gebildet wurde, die Gruppe hat er auch nur kurze Zeit geleitet.
    Daher nehme ich nicht an, dass man die Flak-Abteilung einem Artilleristen unterstellt, damit dieser dann hauptsächlich Flak-Schutz oder Panzerabwehr macht.
    Dabei hatte er auch keine Erfahrung und hätte über diese neue Aufgabe sicher (so wie auch in anderen Zusammenhängen) ausführlicher berichtet.
    So hat er sich nur kurz über "dank ihrer (hohen) Reichweite und enormen Feuergeschwindigkeit" positiv geäußert, da er ja nur sein erlerntes Handwerk ausgeführt hat
    (z.B."... die Batterien auf unsere Sperrfeuerräume ausgerichtet"; die Infanterie konnte in Deckung gezwungen und von den Panzern getrennt werden, die dann von später vom Korps freigegebenen Tiger-Panzern und Sturmgeschützen erledigt wurden).
    Insbesondere die hohe Reichweite ist für einen Artilleristen etwas Positives, die 8,8 schoß ja bis zu 14 Kilometer gegenüber den max. 10 Kilometer der leichten Feldhaubitze,
    mit der er hauptsächlich zu tun hatte. Feuergeschwindigkeit auch 15-20 Schuß pro Minute bei der 8,8 gegenüber ca. 6 bei der le.FH (ohne jetzt auf die auch unterstellte schwere Art.Abt. einzugehen).

    Daher meine Meinung, dass hier in diesem Fall die Flak artilleristisch eingesetzt wurde, auch wenn das nicht 100% aus dem Text hervorgeht.

    @Ulf
    Danke für Deinen Bericht, sehr interessant !

    Gruß
    Franz

    Sammle alles über Artillerie!

  • Hallo,

    als Nachtrag noch einige artilleristische Daten zum Vergleich:

    aus Schußtafel H.Dv. 119/151, le FH 18:
    max. Reichweite bei 6.Ladung 10.675m, bei 10.600m Erhöhung 709 Strich (39,9°) sowie Fallwinkel 887 Strich (49,9°), 50% Längsstreuung 54m

    8,8 Flak lt. US-Unterlagen (TM E9-369A GERMAN 88-MM ANTIAIRCRAFT GUN MATERIEL):
    max. Reichweite 14.800m, bei 10.600m betrug die 50% Längsstreuung 78m und der Fallwinkel 31°

    Die 8,8 als Kanone daher wesentlich flachere Flugbahn, flacheren Fallwinkel aber auch wesentlich größere Streuung.
    Auf kürzere Entfernung (direktes Richten) ist aber die flachere Flugbahn wieder von Vorteil.

    Gruß
    Franz

    Sammle alles über Artillerie!

  • Hallo Franz,

    wir sollten uns nicht an dem vorliegenden Beispiel abarbeiten. Es eignet sich nicht weil wir zu wenig darüber Wissen.
    Wir sollte wenn generell bleiben.

    I

    Quote

    nsbesondere die hohe Reichweite ist für einen Artilleristen etwas Positives, die 8,8 schoß ja bis zu 14 Kilometer gegenüber den max. 10 Kilometer der leichten Feldhaubitze,
    mit der er hauptsächlich zu tun hatte. Feuergeschwindigkeit auch 15-20 Schuß pro Minute bei der 8,8 gegenüber ca. 6 bei der le.FH (ohne jetzt auf die auch unterstellte schwere Art.Abt. einzugehen).

    Generell kann man sagen das sich die Freude über die Bastard Abt. sich in Grenzen gehalten haben wird. Im Feld relativierten sich die Vorteile z.b. wie binde ich die Abteilung in die artilleristischen
    Verfahren ein ? Wie kann ich die Vorteile Kadenz/Reichweite nutzbar machen. Wie ist die Versorgung zu lösen, hohe Kadenz mehr Nachschub/Verschleiß usw.

    Zusammengefasst , gehen tut vieles, gemacht wurden auch vieles, vieles hat gut funktioniert anderes nicht.

    Gruss Dieter

  • Hallo Florian,

    Quote

    Es ist doch eine Flak 88? Wurde wohl auch gegen Seeziele eingesetzt?

    es ist eine 8,8cm Flak und des wird aufs Meer hinaus geschossen. Für einen gefechtsmässigen Seezielbeschuss sieht es
    zu sehr sehr entspannt aus, eher Schulschießen. Danke für das zeigen des Bildes !

    Gruss Dieter

  • Hallo

    Im Feld relativierten sich die Vorteile z.b. wie binde ich die Abteilung in die artilleristischen Verfahren ein ? Wie kann ich die Vorteile Kadenz/Reichweite nutzbar machen. Wie ist die Versorgung zu lösen, hohe Kadenz mehr Nachschub/Verschleiß usw.

    Das sind Probleme, die sich bei jeder Verstärkung der Artillerie ergeben. Bei allen Grenzen die der Flak als Artillerie gesetzt sind, sehe ich nicht, warum sie vom unterstützten Teil nicht als wertvolle Ergänzung seiner Feuerkraft wahrgenommen worden sein sollte.

    Im übrigen noch:


    "Heavy flak frequently participated in the artillery preparation for our large-scale attacks within the framework of the field artillery and thanks to the remarkable performance of the 88 mm gun proved satisfactory. In a defensive situation this participation was limited to special instances [... (wegen der Priorität der Flugabwehraufgabe)]. [I]t is necessary that all preparations for use as field artillery be complete at all times."

    Grüße
    ernesto

    Edited once, last by ernesto (March 20, 2015 at 3:06 PM).