Hi,
habe zum vermißten Onkel ein am 12.09.1975 erstelltes Gutachten des DRK erhalten (2 Seiten). Seite 2 ist mit Beglaubigung der Übereinstimmung mit dem Original versehen.
[Gutachten
über das Schicksal des Verschollenen
Georg Viktor von Mutzenbecher, geb. 3.6.09
Truppenteil: Feld-Ersatz-Bataillon 248
der 168. Infanteriedivision
Vermißt seit März 1944
DRK-Verschollenen-Bildliste Band AU, Seite 104
Ausgangspunkt für die Nachforschungen waren die dem Suchantrag entnommenen Angaben, die in die Verschollenen-Bildlisten aufgenommen wurden. Damit sind alle erreichbaren Heimkehrer aus Krieg und Gefangenschaft befragt worden, von denen angenommen werden konnte, daß sie mit dem Verschollenen zuletzt zusammengewesen sind. Diese Befragungen fanden sowohl in der Bundesrepublik als auch in Österreich und anderen Nachbarländern Deutschlands statt.
Ferner sind von anderen Stellen, die Unterlagen über die Verluste im 2. Weltkrieg besitzen, Informationen eingeholt worden. In erster Linie handelt es sich hierbei um das Internationale Komitee vom Roten Kreuz in Genf, die Deutsche Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht in Berlin und die Heimatortskarteien.]
"Über diese individuellen Ermittlungen hinaus wurde die Frage geprüft, ob der Verschollene in Gefangenschaft geraten sein konnte. Dabei wurden die Kampfhandlungen, an denen er zuletzt teilgenommen hat, rekonstruiert. Als Unterlage dienten dem DRK-Suchdienst Angaben über Kameraden, die der gleichen Einheit angehört hatten und zum selben Zeitpunkt und am selben Einsatzort verschollen sind, Heimkehrerberichte, Schilderungen von Kampfhandlungen, Kriegstagebücher sowie Heeres- und Speziallandkarten.
Das Ergebnis aller Nachforschungen führte zu dem Schluß, daß ... mit hoher Wahrscheinlichkeit im März 1944 bei den Kämpfen, die während des Rückzuges von Winniza in den Raum südwestlich von Tarnopol geführt wurden, gefallen ist.
Zur Begründung wird ausgeführt:
Anfang März 1944 waren die Truppen der Roten Armee in der Nordukraine zu einer Offensive gegen den linken Flügel der deutschen Heeresgruppe Süd angetreten. Während sie die deutschen Stellungen rund 200 Kilometer ostwärts von Lemberg zwischen Jampol und Schepetowka durchbrachen und nach Süden gegen Tarnopol und in Richtung Tschernowitz vorrückten, stießen sie von Osten her aus der Linie Berditschew – Kasatin – Ilinzy in Richtung Kamenez Podolsk vor und drängten die deutsche 1. Panzer-Armee nach Südwesten zurück.
Zu Beginn der Offensive am 4. März verteidigte die 168. Infanterie-Division, verstärkt durch Teile der aufgelösten 223. Infanterie-Division, nordostwärts von Winnzia einen Abschnitt zwischen Tscherepaszynce und Germanowka. Als der Gegner hier tiefe Einbrüche bis Kordylowka und Kurawa erzielte und gleichzeitig weiter westlich den Bug zwischen Chmelnik und Proskurow überquerte, mußte die Division über Kalinowka, Lawrowka und Daschkowzy nach Bar zurückweichen. Dabei kam es zu verlustreichen Gefechten mit sowjetischen Stoßtruppen, die nach der Einnahme von Winniza und Shmerinka am 20. März sofort bis Bar – Okladnoje vordragen. Während der größte Teil der Division sich zu deutschen Stellungen nördlich von Kamenez Podolks bei Dunajewce durchschlug, wurden die weiter nach Süden über den Dnjestr abgedrängten Teile bei Cotelea und Lipkany nahezu aufgerieben. Durch den Vorstoß sowjetischer Panzerverbände über den Dnjestr zwischen Hotin und Horodenka bis zum Pruth zwischen Tschernowitz und Kolomea wurden die deutschen Truppen im Raum Kamenez Podolsk eingeschlossen. Beim Ausbruch am 28. März aus diesem sogenannten „Hube-Kessel“ nach Nordwesten über Skala, Germakowka, Tluste und Czortkow bis Buczacz an der Strypa erlitt die als Nachhut eingesetzte Division erneut hohe Verluste. Mitte April bezogen die stark angeschlagenen Bataillone Stellungen auf dem Westufer des Flusses, im Raum Monsterzyce, rund 70 Kilometer südwestlich von Tarnopol.
Viele Soldaten der 168. Invanterie-Division, darunter auch der Verschollene, werden seit diesen Kämpfen vermißt. Für einige von ihnen liegt die Aussage eines Heimkehrers vor, daß sie gefallen sind. Andere aber haben in dem von Flußläufen durchzogenen, mit Waldstücken durchsetzten und zeitweise verschneiten Hügelgelände sowie bei meist nächtlichen Ortskämpfen den Tod gefunden, ohne daß es von überlebenden Kameraden bemerkt wurde. Das Feuer von Artillerie und Schlachtfliegern erreichte auch Sanitätsfahrzeuge und Verbandsplätze."
[Es gibt keinen Hinweis dafür, daß der Verschollene in Gefangenschaft geriet. Er wurde auch später in keinem Kriegsgefangenelager gesehen. Alle Feststellungen zwingen zu der Schlußfolgerung, daß er bei diesen Kämpfen gefallen ist.
München, den 12. September 1975
Max Heinrich
Direktor
Die Übereinstimmung mit dem Original wird bestätigt.
Stempel des DRK, Generalsekretariat, Suchdienst München
07. Sep. 2007]
Ob das für's Lexikon interessant ist und inwieweit ein solches Gutachten als Quelle verstanden werden kann, kann ich nicht beurteilen.
Gruß, Kordula
Nachtrag 18.09.:
Fehlende Teile des Gutachtens eingefügt und in [eckige Klammern] gesetzt; s.u. heutiger Beitrag.