Drehbleistift mit Sprengladung?!?

  • Hallo allerseits!

    Habe in einer NARA-Rolle eine Meldung gefunden, die für mich ein paar Fragen aufwirft:

    Quote

    "An Straßenkreuzung Punkt 355 (7 km NW Bitburg) ein Wehrmachtsangehöriger durch Drehbleistift mit Sprengladung 2 Finger verloren. Bleistift vermutlich ausgelegt."

    Wer kann mir zu dieser "Sprengfalle" Angaben machen? Gab es solche Bleistifte mit Sprengladungen wirklich und von wem wurden diese eingesetzt?

    Quelle: NARA T311 R01

    Grüße
    Sven

  • Hallo Sven,

    so ein Zufall. In den letzten Tagen bin ich bei der Durchsicht von verschiedenen Unterlagen des Militärsarchivs auf DVD auf folgende Passage gestoßen und dachte noch: Was es alles so gab!

    Quelle: Ob.d.L./Führungstab Ia, Januar 1942, Bemerkungen zum Einsatz der Luftwaffe Nr. 20, Bestand: Genst.8.Abt./Kriegswissensch.Abt.

    Das Kapitel, aus dem die Seite stammt, behandelt die Feindtätigkeit und Spionage.

    Viele Grüße
    Peter

  • Hallo,

    der von Deadalus gepostete Text beschreibt einen Zünder in Stiftgrösse. Sven30 meint einen Sprengsatz (also auch Sprengmittel)in Form eines Bleistiftes.

    In WK 2 habe ich davon noch nicht so viel gehört. Solche Sprengwaffen waren eher später mehr benutzt, wie z.B. im Vietnamkrieg. Dort war es auch einfacher, da ein engerer Kontakt der Zivilbevölkerung zu den einmarschierten Truppen bestand. Diese Sprengmittel, z.B. in Form von Feuerzeugen, sollten die Truppe demoralisieren und verunsichern.

    Hier scheints mir etwas schwieriger zu sein. Es handelt sich um einen deutschen Soldaten in Deutschland. Es kann ja sein, dass die Falle duch Spione gestellt wurde, jedoch ist ein einfaches Ablegen an Strassenkreuzungen eher unsicher. Zumal so auch Personen die nicht zur Zielgruppe gehörten Opfer werden können. Sowas gibt es auch, dann aber eher durch andere Minen, wie Schmetterlingsminen, die es z.T. auch bunt bemalt gibt.

    Gruss

  • Hallo Sven,

    diese teuflischen Dinger wurden von den Englaendern ueber Deutschland abgeworfen. Die Bevoelkerung war informiert und gewarnt.

    Gruss, Horst

  • Hallo,

    hier zwei Modelle des im Text erwähnten "Time pencil", einmal der brit. No. 10 Mk.1 und der amerik. M1 delay fuze. Beides sind eigentlich zeitgesteuerte Sprengladungszünder, kann natürlich sein, daß der Soldat einen solchen Zünder nicht erkannte und beim hantieren damit auslöste.


    Grüße

    Thilo

  • Quote

    Original von jona
    Hallo Sven,

    diese teuflischen Dinger wurden von den Englaendern ueber Deutschland abgeworfen. Die Bevoelkerung war informiert und gewarnt.

    Gruss, Horst


    Hallo Horst,

    ich verstehe Deine Aussage leider nicht ganz. Wenn diese Teile über Deutschland abgeworfen wurden und die Bevölkerung informiert gewesen ist, warum dann nicht auch die Soldaten selbst?

    (P.s.: reine Verständnissfrage)

    Grüße,
    David

    Viele Grüße, David

    Suche alles über die die beteiligten Einheiten der Kesselschlacht von Halbe. Überwiegend 9. Armee von April - Mai '45

  • tach

    Horst/jona meint wohl eher, dass die Bevölkerung gewarnt wurde von den deutschen Behörden die Dinger liegenzulassen und Meldung zu machen wo sie sind, anstatt dran rumzufummeln...

    dass der Soldat der Ausgangsmeldung dran rumgespielt hat, hat wohl eher mit dem Spieltrieb/Neugier des Menschen zu tun, leider mit unerfreulichem Ausgang für den Beteiligten


    MadderCat

  • Hallo,

    Horst als Zeitzeuge sagt, dass seitens der Briten derartige Sprengkörper über Deutschland abgeworfen worden seien und dass die Bevölkerung gewarnt gewesen sein soll - gibt es dafür denn Belege? Zumindest die Warnungen an die Zivilbevölkerung müssten ja großflächig irgendwie schriftlich verbreitet worden sein, sei es in Zeitungen oder über Merkblätter.

    Angeblich sollen ja auch die Amerikaner Kartoffelkäfer über Deutschland abgeworfen haben* - eine Legende, die sich bis heute hartnäckig hält und nicht belegbar ist! Tatsächlich wurde - auch von deutscher Seite - in dieser Richtung zwar experimentiert, aber zumindest während des Zweiten Weltkrieges bekamen die Kartoffelkäfer keinen Sprungbefehl :)

    Gruß, Stefan

    * vgl. dazu Keil/Kellerhoff: "Gerüchte machen Geschichte - Folgenreiche Falschmeldungen im 20. Jahrhundert" (ISBN 978-3-86153-386-3), S. 144ff

    "Es gibt nichts, was ein deutscher Offizier nicht kann!" (Oberst Manfred v. Holstein)

  • Hallo,

    interessanterweise gab es diese "Abwerf-Sprengspielzeug-Hysterie" auch in Großbritannien, und wenn man etwas weiter sieht, stellt man fest, daß es in so ziemlich jedem Krieg Beschuldigungen gab, der Gegner würde zu solchen Mitteln greifen.

    Auf der einen Seite wohl Propagandamärchen, um den Feind als besonders grausam darzustellen, auf der anderen wohl oft auch eine Fehlinterpretation von Ereignissen, denn nicht alles, was so vom Himmel fällt oder rumliegt sieht auch gefährlich aus und eignet sich zum dran herumspielen.

    Gutes Beispiel dafür sind die sog. "Schmetterlingsminen" zum Abwurf aus Flugzeugen oder Verschuss durch Artillerie, die amerikanische BLU-43/B und ihr sowjetischer Nachbau PFM-1, denen im Vietnam- und ersten Afghanistankrieg besonders oft Kinder zum Opfer vielen.


    Grüße

    Thilo

    Suche alles zur Lehrtruppe Fallingbostel und zum Einsatz des NSKK in der Ukraine 1941

  • Hallo!

    Ich finde es recht interessant, wie viele verschiedene Sichtwiese wegen der o.g. Meldung hier dargestellt werden.

    Habe eben einen Feldpostbrief gelesen, mit folgendem Inhalt:

    Quote

    "... Der K., ein tüchtiger und tapferer Bursche, machte die Dummheit und schoß sich durch die Hand. Nun soll er erschossen werden, wie allgemein gesprochen wird. Aber nichts davon sagen. ..."

    "

    ... möglich wäre somit auch, bzgl. eines "Heimatschusses", dass der Soldat in Kenntnis der Gefahr auf eine Verletzung gehofft hat, die ihm ein Lazarettaufenthalt ermöglichen würde, um somit der Gefahr der Front zu entkommen?!? Als spätere Schutzbehauptung könnte er auf das "Propagandamärchen" zurückgreifen und dieses somit bestätigen... ist aber nur eine Vermutung!

    Zum Verständnis: Die o.g. Meldung sowie der Feldpostbrief haben keinerlei Verbindung.

    Grüße
    Sven

    Edit: Rechtschreibung

    Suche alles über die 91. Luftlandedivision und 77.Infanterie-Division

    Edited once, last by Sven30 (April 17, 2012 at 3:34 PM).

  • Hallo,

    zum Thema "Abwurf-Sprengspielzeug-Hysterie" in Großbritannien gab's im Spiegel vom 05.09.2005 einen nicht uninteressanten Artikel über Dokumentenfunde im britischen Nationalarchiv, etwas reißerisch betitelt mit [URL=http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,373261,00.html]"Nazis planten explodierende Schokoladentafeln"[/URL] :rolleyes:

    Gruß, Stefan

    "Es gibt nichts, was ein deutscher Offizier nicht kann!" (Oberst Manfred v. Holstein)

  • Hallo,

    aus dem Spiegel-Artikel:

    Quote

    Eine Liste der Explosivstoffe führt auch "eine mit Sprengstoff gefüllte Ratte mit Zeitzünder" auf.

    so ohne Kontext klingt das blödsinnig, es handelt sich hierbei um ein Mittel zum Zerstören von Lokomotivkessel, die tote Ratte bekam durch einen Präperator ein neues Innenleben aus PE-Sprengstoff und Zeitzünder, das Mordsvieh wurde dann zwischen die Kohlen gelegt und vom angewiederten Heizer in den Kessel geschaufelt, wo es expoldierte.

    Übrigens eine britische Erfindung!


    Grüße

    Thilo

  • Hallo David,

    auch Soldaten gehoeren zur Bevoelkerung. Ob sie gesondert informiert wurden, entzieht sich meiner Kenntnis.

    Gruss, Horst

  • Hallo Forum,

    in der parteiamtlichen Zeitung der NSDAP, Gau Pommern,
    “Die Grenzzeitung“, erschien am 12. Mai 1943, ein Artikel mit der Ueberschrift:

    Spielzeug fuer Kinder mit Dynamit
    Photographien beweisen die grausame Kriegfuehrung der amerikanischen Piloten – Durch Drehung des Fuellfederhalters wird dann die Sprengladung zur Explosion gebracht.“

    Der Artikel berichtet ueber den Abwurf von Fuellfederhaltern und Fuellbleistiften amerikanischer Piloten ueber Italien.

    Hier ein Auszug:
    Die Kinder, die solche Gegenstaende auseinanderschraubten, wurden schwer verletzt. Mehrere von ihnen liegen mit furchtbaren Wunden im Krankenhaus.

    Der gesamte Artikel kann bei Google unter „Grenz-Zeitung Nr. 123“ nachgelesen werden (Seiten 1 und 3).

    Am 18. April 1943 schrieb die Thueringer Gauzeitung:

    Heimtücke feindlicher Flieger
    Der Polizeipräsident als örtlicher Luftschutzleiter teilt mit:
    Es ist schon festgestellt worden, daß von den feindlichen Fliegern auf den Anflugstrecken Füllfederhalter, Drehbleistifte, Verbandspäckchen, Knallkörper und Phosphoreier abgeworfen wurden, die beim Berühren explodierten oder Stichflammen auslösten. Beim Auffinden solcher Gegenstände ist größte Vorsicht geboten. Niemals dürfen solche Gegenstände in die Taschen gesteckt werden. Wenn solche Sachen nach dem Überfliegen des Gebietes durch feindliche Flugzeuge gefunden wurden, ist sofort die Polizei zu benachrichtigen.

    Es ist anzunehmen, dass diese Nachrichten/Warnungen zu gleicher Zeit auch in vielen anderen Zeitungen erschienen sind.

    Ob es sich hierbei um eine „Abwurf-Sprengstoff-Hysterie“ oder um „Propaganda“ handelt, wer kann das heute noch beurteilen. Vielleicht sollten wir mal bei unseren Veteranen nachfragen?

    Gruss, Horst

  • Hallo Horst,

    vielen Dank für den Hinweis zur Zeitung - ist allerdings die "Grenzzeitung" Nummer 129. Hier die Link zur Zeitung KLICK

    Darüber hab' ich m. W. bisher noch nie etwas gelesen (gehört schon).

    Gruß, Stefan

    "Es gibt nichts, was ein deutscher Offizier nicht kann!" (Oberst Manfred v. Holstein)

  • Hallo,

    "unter Berufung auf italienische Zeitungen", und von den Bildern bekommt der Leser auch keine zu sehen.


    Grüße

    Thilo

    Suche alles zur Lehrtruppe Fallingbostel und zum Einsatz des NSKK in der Ukraine 1941