Laufleistung von Autoreifen

  • Guten Morgen

    Ich hätte da mal eine Technische Frage, wie groß war die Laufleistung der damaligen Autoreifen b.z.w. der LKW-Reifen.

    Grüße Ralf

  • Moin Ralf,

    also nach heutigen Verhältnissen SOLL ein Reifen zwischen 60.000 und 80.000 Kilometer durchhalten (Angaben der Reifenindustrie). Das kommt natürlich auch massiv auf Fahrweise, Beladungszustand, Reifenmischung und Fahrbahnbelag an. Im Stadtverkehr dürfte die Laufleistung auch stark reduziert sein durch das ständige Bremsen und Anfahren.

    In Anbetracht der damaligen militärischen Nutzung und der Technologie würde ich mal über den Daumen peilen das die Dinger nichtmal die Hälfte davon schaffen. Und im kriegsmäßigen Einsatz wahrscheinlich noch weniger. Schlechte oder gar keine Straßen, sicherlich oftmals überladen (LKW), sicherlich auch fahrweisen die man ruhigen Gewissens als unzivilisiert bezeichnen darf :D

    Zudem war Naturkautschuk ein ewiger Mangel und man konnte keine qualitativ hochwertigen Erzeugnisse herstellen. Von allen anderen Zusatzstoffen im Reifen mal abgesehen.

    Da ich hier mehr oder weniger an der Quelle sitze, kann ich mal die Hersteller ansprechen ob es da halbwegs gesicherte Daten gibt.

    Das fürs Erste... Gruß
    Olli

    War does not determine who is right - only who is left

  • Hallo,

    lt. meinem Opa war es mit der Haltbarkeit von LKW-Reifen besonders in den letzten Kriegsjahren nicht weit her, da bei abgefahrenen Reifen zunächst das Profil mit einem speziellen Messer nachgeschnitten wurde.

    War das nicht mehr möglich, bekam der Reifen eine neue Lauffläche, die aufvulkanisiert wurde, sich aber bei hoher Belastung oder zuwenig Luftdruck schnell wieder ablöste.

    Zur Laufleistung der Reifen kann ich nichts sagen, man sollte aber bedenken, das noch in den 1950er Jahren selbst für einen LKW im Fernverkehr 100.000km eine hohe Gesamtlaufleistung waren.


    Grüße

    Thilo

    Suche alles zur Lehrtruppe Fallingbostel und zum Einsatz des NSKK in der Ukraine 1941

  • Hallo,

    hier ist zu bedenken, dass Mangels Naturkautschuk, der nur durch Blockadebrecher aus Japan etc. herangeschafft werden konnte, BUNA als Ersatz für Naturkautschuk verwendet werden musste. Die Herstellung von Buna in den 3 fertiggestellten Bunawerken war war sehr energieintensiv. Ein 4. Werk war bei Auschwitz in der Planung, bei Kriegsende aber nicht fertig.
    Buna hatte nicht die Langlaufwirkung wie Naturkautschuk, wenngleich bei der Bunaherstellung Naturkautschuk beigegeben werden musste.

    Der von Thilo angesprochene Verschleiß durch niedrigen Reifendruck war erheblich, da bei schlechtem Gelände oft die Luft abgelassen wurde, um die Lauffläche der Reifen zu vergrößern. Heute kann man das bei verschiedenen Kampf - und Geländefahrzeugen vom Fahrersitz aus steuern; sowohl Luft ablassen, als auch zugeben.

    Das Reifenproblem war in der Wehrmacht erheblich. Man denke neben den Straßen- Wege- Geländeverhältnissen (steinhart gefrorener Boden usw.) auch an Beschußschäden, Granatsplitter, Stacheldraht usw..

    Ich habe auch schon gelesen, dass Kraftfahrer Ersatzräder von anderen Fahrzeugen organisiert (geklaut) haben um vorwärts/rückwärts bzw. weiter zu kommen.

    Gruß Karl

  • Und noch ein bisschen was zur Reifentechnologie:

    Gebräuchlich waren damals sogenannte Diagonalreifen mit Schlauch innen. Der große Vorteil des Diagonalreifens ist seine nahezu unbegrenzte Reparaturfähigkeit sofern es das Ding nicht völlig zerfetzt hat. Löcher, Risse und andere Beschädigungen wurden mit "Pflastern" aus dickem Gummi belegt... Schlauch reapriert... einbauen... fertig ist die Laube.

    Allerdings ist die Laufleistung wie schon erwähnt gering. Beim PKW Trabant und anderen Flitzern waren die Reifen meist nach 15.000 bis 25.000 Kilometern hinüber.

    Die von Thilo erwähnte Vulkanisierung einer neuen Lauffläche ist uns heute als Runderneuerung bekannt. Mit genau denselben Folgeschäden wie damals... Ablösungen der Lauffläche (man denke an die schönen Raupen die ab und zu am Autobahnrand liegen).

    Ich denke daher das unter kriegsmäßigen Bedingungen selten mehr als 10.000 Kilometer auf einen Reifen kommen. Die Anfragen an die Hersteller sind raus... mal sehen was es da zu holen gibt :]

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  • Hallo,
    es ging so weit, dass nach dem Lagebericht des Befehlshabers Frankreich(Juni 1944) Entreifungsaktionen an stillgelegten französischen Fahrzeugen durchgeführt wurden, Ergebnis: 300 000 Decken un 200 000 Schläuche.
    Kann man hier nachlesen, etwa in der Mitte
    http://www.ihtp.cnrs.fr/prefets/de/d0644mbf.html
    Gruss
    Rainer
    P.S.: In den 70er Jahren hielten runderneuete Reifen für Pkw so 25 bis 30 000Km.

    Suum cuique

  • Quote

    Original von Rainer

    P.S.: In den 70er Jahren hielten runderneuete Reifen für Pkw so 25 bis 30 000Km.

    Wahrscheinlich war die Qualität im Osten nicht ganz so berühmt :D Ich stütze mich hier auch nur auf die Tatsachenberichte meines Vaters, seines Zeichens damals im Reifenwerk beschäftigt.

    Letztes Jahr hatte ich nen Kunden der mit seinen tollen Runderneuerten nach 2-3 Tagen wieder auf der Matte stand. Beide Laufflächen perfekt abmontiert auf der Autobahn.

    Danke für den Link Rainer! Das war mir echt neu und kommt in die Sammlung :]

    War does not determine who is right - only who is left

  • Hallo,

    übrigens, wer schon einmal einen größeren LKW Reifen mit Schlauch im Gelände gewechselt hat, der weiß, was das für die Landser im kalten Winter oder in großer Hitze für eine Schinderei bedeutete.
    Natürlich, Kettenwechsel war noch eine Nummer größer.

    HAT JEMAND FOTOS DAZU, WÄRE SCHÖN !

    Gruß Karl

  • Moin,

    meinst du mit verwerten also Altreifen bzw deren Überreste oder mehr ob die Reste wieder in die Produktion eingeflossen sind ?

    Ich mir sehr gut vorstellen, dass diese wie heute in Betonwerken bspw. verfeuert wurden wegen des hohen Energiegehalts des Materials.

    Gruß Christopher

  • Quote

    Original von Karl Grohmann
    Hallo,

    übrigens, wer schon einmal einen größeren LKW Reifen mit Schlauch im Gelände gewechselt hat, der weiß, was das für die Landser im kalten Winter oder in großer Hitze für eine Schinderei bedeutete.
    Natürlich, Kettenwechsel war noch eine Nummer größer.

    HAT JEMAND FOTOS DAZU, WÄRE SCHÖN !

    Gruß Karl

    Ohja... nur mit simplen Hebeln und Holzkeilen :D
    Ich bin so froh das es heute dafür Maschinen gibt. Ein Mal hat mir völlig gereicht.

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  • Hallo zusammen,

    Quote

    Ohja... nur mit simplen Hebeln und Holzkeilen :D

    so wie auf den zwei abgehängten Bildern ;)

    Ich hatte auch schon das "Vergnügen" Unimog mit normalen Pressstahl-
    Felgen....Werkzeug Montierhebel und Vorschlaghammer X(

    @ Karl,

    Quote

    Natürlich, Kettenwechsel war noch eine Nummer größer.

    eigentlich nicht, wenn man weis wie und das Fahrzeug auf ebenen festen
    Untergrund stand. Wenn allerdings die Kette im Gelände ab lief konnte
    das bis zu Aufgabe des Fahrzeuges führen.

    Quote

    dass diese wie heute in Betonwerken bspw. verfeuert

    gemeint sind natürlich Zementwerke ;)

  • Ein Hallo an alle !

    Mein Vater ( geb. 1929) hat ab Frühjahr 1944 bei einem Schmiedemeister seine Ausbildung begonnen.
    Dieser Mann war für damalige Verhältnisse recht wohlhabend, denn er besaß zwei Pkw.
    Ein etwas älterer Pkw , mein Vater sprach von einem Brennabor, für die Werkstatt und für die private Nutzung ein Opel Kadett.
    Um nun einer Requirirung seitens der Wehrmacht zu entgehen waren beide Fahrzeuge in der Scheune aufgebockt und die Reifen samt Felgen versteckt worden.
    So haben beide Fahrzeuge die Wirren des Krieges und der Nachkriegszeit überstanden.
    Es verwundert mich im nachhinein, das der Brennabor nicht seitens des Schmiedemeisters auf Holzgas umgerüstet war, zumindest hat mein Vater das nicht berichtet.

    Ich selber habe dann auch den Beruf des Schmiedes / Landmaschinenschlossers gelernt, und weiß daher wie mühselig es ist ohne Montagegerät einen Reifen von der Felge zu trennen.
    Besonders gefährlich ist die Montage von Mehteiligen Felgen (Sprengringfelgen) wie auf den Bildern von Augustdieter.
    Das hat vielen Menschen das Leben gekostet, wenn beim aufpumpen ein Sprengring davonflog.
    Mein Lehrmeister ( Jahrgang 1923) hat mir mal erzählt, wie er in russischer Gefangenschaft in der Werkstatt der Gefangenenkolchose die Schläuche flicken musste:
    Nachdem das Loch im Schlauch lokalisiert war, wurde die Stelle irgendwie gesäubert und aufgeraut. Aus einem alten Schlauch wurde ein passender runder Flicken ausgeschnitten. Das Maß des Flicken war der alte Kolben eines russischen Lkw. Wörtlich sagte mein Lehrmeister: Russki- Ford.
    Nun wurde der Kolben um gedreht und halb voll mit Benzin gefüllt und angesteckt. Hier war Augenmaß angesagt, nicht zuviel, und auch nicht zu wenig. Wenn das Benzin verbrannt war wurde der Kolben wieder so gedreht, das man ihn mit der glatten Oberseite auf den zuvor genau ausgerichteten Flicken drückte und wartete bis alles "vulkanisiert" war.
    O - Ton Lehrmeister : menn Du Glück hattest, war das Loch jetzt dicht, wenn nicht, konntest du den Flicken wieder abziehen, oder wenn der Kolben zu heiß war, war das Loch jetzt so groß wie der Kolben....

    mfg bfg

  • Hallo

    Ich bin gespannt ob es bei den Herstellern noch etwas zu erfahren gibt.

    @ SturmPionier
    Nachdem Naturkautschuk nur schwer erhältlich war stelle ich mir vor das es vielleicht eine Art von Recycling gegeben hat um Mangelstoffe wiederzuverwenden.

    Grüße Ralf

  • Hallo zusammen,

    Quote

    Nachdem Naturkautschuk nur schwer erhältlich war stelle ich mir vor das es vielleicht eine Art von Recycling gegeben hat um Mangelstoffe wiederzuverwenden.

    wenn ich mich recht erinnere lässt sich vulkanisierter Gummi (Kautschuk und
    Synthese Kautschuk) nicht wieder zurückgewinnen sonder nur, wie man
    heute sagt, down recyceln. Es war immer noch eine Rohstoff, aber
    z.B. Reifen wurden nicht mehr daraus.

    Gruss Dieter

  • Guten Morgen


    Nachdem die deutschen zu der Zeit die Autarkie anstrebten wird ein Maximum an Wiederverwendung angestrebt worden sein egal welches Produkt dann entsteht.
    Wäre interessant welches Produkt aus den Resten gemacht wurden.

    Grüße Ralf

  • Hallo Leute,

    googeln bildet doch!

    "Der Russische Löwenzahn wurde in den Dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts in Kasachstan entdeckt, als nach einer einheimischen Quelle für Kautschuk in der damaligen Sowjetunion gesucht wurde. Bereits 1941 wurde 30% des sowjetischen Gummiverbrauchs auf 67.000 ha erzeugt. Auch in anderen Ländern wurde er erforscht und angebaut, so auch im Deutschen Reich unter dem Projekt Kok-Saghys."

    Saatgut wurde 1942 in Russland erbeutet und im KZ Ausschwitz weitergezüchtet. Die Anbaubedingungen wurden in weiten Teilen Westeuropas erfüllt.

    Gruß