Mal eine Anmerkung nebenbei...

  • Guten Abend zusammen,

    Jana,
    ich bin Mann, dazu Papa, und nein, ich mache es auch nicht am "Geld" fest! =)

    Oliver,
    klar werden Horden von Schülern an geschichtsträchtigen Stätten "ausgeworfen", nur ist das hier nicht das Thema.

    Warum haben die "ausgeworfenen Horden" kein Interesse an Geschichte, warum kennen soviele junge Leute Auschwitz nicht?

    Wir müssen aufpassen uns nicht im Kreis zu drehen...

    Grüße Thomas

  • Hallo Thomas,

    heute bist du aber streng ;)

    ich denke, man kann bei diesem Thema nicht eng bei der Sache bleiben, sondern muß es im heutigen Zeitgeschehen sehen.

    Natürlich gibt es noch traditionelle Familien in denen die Allgemeinbildung und das Geschichtsbewußtsein hoch gehalten wird, aber es ist nicht für alle Menschen in unserer Gesellschaft leicht und sie haben andere Probleme oder Interessen.

    Das Schelten/Schimpfen über die junge Generation ist alt ...wie war nochmal der Namen von dem alten Griechen?

    Auch Goethe und Schiller geraten in Vergessenheit, nun ja ...
    ist dass denn so schlimm?
    Die Tätergeneration von Auschwitz war in den Klassikern vielleicht besser belesen als wir heute, aber hat es etwas gebracht?

    Gruss Andreas

    (sorry ..meine Schreibfehler entdecke ich meist erst nach zwei- oder dreimal lesen, deshalb die vielen Korrekturen)

    Heine ist von den meisten anderen Dichtern verschieden, weil er alle Scheinheiligkeit verachtet ... (Elisabeth von Österreich)

    Edited 7 times, last by turmbergsurfer2 (September 21, 2013 at 1:00 AM).

  • Quote

    Original von Huba
    Guten Abend zusammen,


    Warum haben die "ausgeworfenen Horden" kein Interesse an Geschichte, warum kennen soviele junge Leute Auschwitz nicht?

    Wir müssen aufpassen uns nicht im Kreis zu drehen...

    Grüße Thomas

    Hallo Thomas,
    ich habe keine Ahnung.Ich glaube auch nicht, dass es ein Generationsproblem ist.Ich kenne viele in meinem Alter (40+-5) die sich dafür nicht interessieren.Es bleibt
    oft bei einem"Was juckt mich früher" Den Kreisausgang zu finden ist bei diesem Thema schwierig.
    Gruß Oliver

    Tradition zu wahren, zu pflegen ist nicht die Anbetung der Asche. Es ist die Weitergabe des Feuers.
    *Erst wenn der letzte Soldat bestattet ist, dann ist der Krieg zu Ende* http://www.verdun14-18.de

  • Hallo auch,

    ich mag mal so meine Ideen/Hypothesen loswerden zu:

    Zitat Huba:
    Warum haben die "ausgeworfenen Horden" kein Interesse an Geschichte, warum kennen soviele junge Leute Auschwitz nicht?


    In der Schule wird meines Wissens das Thema nach wie vor behandelt und ich kann mir nicht vorstellen, dass Ausschwitz dabei nicht genannt wird. Also wäre doch die interessante Frage: Warum wird das vergessen, nicht erinnert? Ich denke, es könnte damit zu tun haben, dass wenig persönlicher Bezug da ist. Ausschwitz liegt irgendwo in Polen, ist also verhältnismäßig weit weg. Da kommt man nicht einfach mal so "vorbei". Persönlichen Kontakt mit Menschen, die diese Zeit als Zeitzeugen erlebt haben, gibt es zunehmend weniger. Die heute 20-jährigen sind oft schon in der Urenkel-Generation der Kriegsteilnehmer. Ich kann mir vorstellen, dass manche Schüler mit diesem Themengebiet in Geschichte umgehen, wie mit den Römern oder Karl dem Großen: Lern-Bulemie, Lernen für die Klausur, zu Papier bringen und den Speicher (das Hirn) für das nächste Thema freimachen.


    Viele Grüße
    Hans42

  • Hallo Andreas,

    ob ich es schlimm finde wenn heute junge Menschen nichts mehr mit Schiller oder Goethe anfangen können?

    Ja!

    Ob ich es schlimm finde wenn 20% der jungen Leute mit Auschwitz nichts mehr anfangen können?

    Ganz klar ja!

    Bin ich streng?
    Mag sein, ich möchte nur, auch aus Eigeninteresse, etwas über diese Thematik erfahren, ich bin wissbegierig.

    Zudem hat dieser Thread, seine Thematik, doch ganz sicher seine Berechtigung im Forum und unser Freund Taiko/Marcus vernünftige Antworten verdient.

    Es ist bisher doch alles im Lot, wir unterhalten uns vernünftig darüber, kein Problem bisher.
    Mir ist es bewusst was noch kommen kann und sicher auch kommen wird....aber ich kann dir versichern:
    Diesem Teil gehört meine ganze Aufmerksamkeit.

    Grüße Thomas

  • Guten Abend,

    ich denke, dass Desinteresse am so genannten "3. Reich" hängt nicht mit der sozialen Herkunft zusammen.

    Wenn ich mich an meine Schulzeit erinnere (1966 bis 1979) wurde ich nicht
    zu KZ "gekarrt".
    Allerdings gab es zu meiner Schulzeit auch Lehrer und Schulen, die überlebende KZ Häftlinge und Veteranen einluden.

    Und hierin sehe ich einen Grund: die Generation, die das "3.Reich" miterlebt hat, stirbt langsam weg und kann so dass Erlebte nicht mehr weiterreichen.

    Meine Generation (Jahrgang 1959) wurde mit den Kriegserlebnissen der Eltern und Großeltern noch "konfrontiert".
    Dadurch beschäftige ich mich seit ungefähr 40 Jahren mit dem Thema "3.Reich", Zweiter Weltkrieg und dem Holocaust.

    Eine andere Frage sei noch erlaubt: welche Interessen haben Heute 15 bis 25 Jahre alte, junge Leute ?
    (erste Freundin/ ersten Freund, Job, Geld verdienen, Auto oder eventuell gar nichts; Perspektivlosigkeit)

    Wieviele diesen Alters sind, z.B. hier im Forum angemeldet ?

    Edit: meine Examensarbeit habe ich über das Thema Neofaschismus geschrieben. Wäre aber ein anderes Thema (politische Jugendbildungsarbeit)

    Edit2: Satz vervollständigt (Dank Thomas)

    Gruß
    Gerd (der aus Bielefeld)

    Edited 2 times, last by Gerd Wolf (September 20, 2013 at 9:37 PM).

  • Hallo Gerd,

    Quote

    Eine andere Frage sei noch erlaubt: welche Interessen haben Heute 15 bis 25 junge Leute ?(erste Freundin/ ersten Freund, Job, Geld verdienen, Auto oder eventuell gar nichts; Perspektivlosigkeit)

    bis auf die Perspektivlosigkeit,wie wir von Bert erfahren konnten, ein Profil für jede Generation. oder?
    Ich stimme dir zu, kein Problem der sozialen Herkunft.

    Quote

    Wieviele diesen Alters sind, z.B. hier im Forum angemeldet ?

    nicht viele...es gibt aber doch Interessierte.

    Hans,
    auch hier,
    der persönliche Bezug mag eine Grösse sein, aber wer Interesse am dunkelsten Kapitel unserer Geschichte zeigen will, der könnte durchaus ohne Bezug auskommen.

    Wer von euch möchte mir erzählen, dass man um das Thema "Auschwitz" herumkommt?
    Die Medien pflastern uns damit zu, sei es Atze oder sonstwas, sind junge Leute blind oder taub?
    Warum hören nicht alle zu oder sehen hin?

    Grüße Thomas

  • Hallo,

    Quote

    wie war nochmal der Namen von dem alten Griechen?

    vom Philosophen Sokrates.

    "Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die
    Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten
    sollte. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie
    widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die
    Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer."

    Nur als kleine Anregung seit wann sich schon über die Jugend beschwert wird. ;)

    Gruß
    Tobias

    "Die Furcht trennt die, die folgen, von denen, welche selber führen."
    Kristian Eivind Espedal

    Edited 2 times, last by Tobias Giebel (September 20, 2013 at 9:48 PM).

  • Hallo an alle !!

    Dem Denkanstoß von Thomas folgend:

    Quote

    Warum haben die "ausgeworfenen Horden" kein Interesse an Geschichte, warum kennen so viele junge Leute Auschwitz nicht?

    Meiner Meinung nach liegt die Ursache im Zusammenhang von Lehren-Hören-Verstehen!

    Da ich ebenfalls in Thüringen aufgewachsen bin und Weimar nicht weit weg war, bin ich mehrere Male in Buchenwald gewesen.
    Ich habe auch bei jedem Besuch den Film gesehen (Matthias hat noch die alte Fassung gesehen) und einer Kranzniederlegung beigewohnt.
    Für mich war das eine Pflichtveranstaltung, da keiner meiner Lehrer oder Betreuer es verstanden hat, uns / mir zu vermitteln, welches Leid, Elend dort geherrscht hat.

    Und dann liest man eines Tages (? hier im Forum?)den Briefwechsel zwischen dem Fabrikanten des Verbrennungsofens mit dem KZ.
    Da ist dann von Fertigstellungstermin und Leistungssteigerung die Rede.
    Ein Vertreter der Firma fordert von seinem Chef Prämie ein, wegen Überstunden, Einhaltung der Fertigungstermine.
    Von einem Ofensystem mit 4 Doppelbrennkammern, das effizienter ist, als alles, was bisher auf dem Markt ist.
    Womit ein Energieüberschuss produziert wird, mit dem man die Auskleideräume und Duschen heizen konnte.

    Diese Fakten sollten dann jedem begreiflich machen:

    Das ein Mensch, der im KZ nur eine Nummer war und der in den Gaskammern elendig ermordet wurde, das dessen Leiche plötzlich den Wert eines Holzpellets hatte.

    Wenn man diese Fazit den Schülern, Jugendlichen begreiflich macht, dann ist Auschwitz auch kein unbedeutendes Wort mehr.


    Gruß Gregor

  • Quote

    Warum haben die "ausgeworfenen Horden" kein Interesse an Geschichte, warum kennen so viele junge Leute Auschwitz nicht?


    Nabend,
    was will man auch erwarten von dem Großteil einer Jugend die durch Trash-TV, Youtube,soziale Netzwerke und ähnliches geprägt sind.Da kommt zur Ignoranz noch mangelnde Medienaufklärung zu.Fragt doch mal wann sie das letzte Mal Zeitung oder ein gutes Buch gelesen haben? Ich denke es gab in den letzten 5 Generationen den gleichen Anteil unter der Jugend, denen Ihre,andere,die eigene Geschichte egal war.Uns interessierten fällt es nur mehr auf.
    Gruß Oliver
    Bring mal nem 15 jàhrigen bei, das Goethe nie ne SMS geschrieben hat....

    Kam gerade bei Diether Nuhr.Wie die Faust aufs Auge.

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    Edited 2 times, last by Oliver (September 20, 2013 at 11:04 PM).

  • Hallo Zusammen,

    ich finde es seltsam, daß allgemein auf den Unterschied zwischen einem gewöhnlichen KZ und einem Vernichtungslager so wenig eingegangen wird.

    Was das Einzelschicksal anbelangt, da war der Unterschied vielleicht nicht groß, aber was die Opferzahlen betrifft sind die Unterschiede gigantisch.

    Huba hat mich darauf hingewiesen, dass Auschwitz kein reines Vernichtungslager war ...o.k. das war mir bekannt, aber manchmal bin ich auch einfach etwas schreibfaul ...

    Auf den Punkt gebracht möchte ich sagen:

    Die Geschichte der Vernichtungslager und insbesondere Auschwitz ist dermaßen unbegreiflich und schockierend, dass es evtl. auch Menschen gibt, die vielleicht auch nur vorgeben, von dieser Geschichte noch nie gehört zu haben ...., z.Bsp. wenn sie moslemischen Glaubens sind ...
    oder sich einfach nicht mit diesen Dingen beschäftigen wollen, die zumindest für junge Menschen eine Ewigkeit her sind und nicht jeder ist gewillt ...die unangenehmen Seiten der dt. Geschichte voll zu akzeptieren.

    Dies soll nur ein weiterer Ansatzpunkt sein ...und keine wirkliche Erklärung von dem Phänomen der Unkenntnis.

    Und mal ganz ehrlich, falls auch das Ausland dieses dunkle dt. Kapitel einmal "vergessen" sollte, dann sollten wir Deutsche dafür dankbar sein ...oder?
    Das heutige Deuschland ist nicht mehr zu vergleichen mit Nazi-Deutschland - und wenn unter anderem - das jüdische Volk die Erinnerung wach halten will, dann ist das natürlich legitim ...

    Ein weiterer Aspekt ist das Internet - durch die leichte Verfügbarkeit von Informationen, stehen einem heute schnell Infos zur Verfügung, von denen man vor einigen Jahren nur träumen konnte bzw. in die Bibliothek rennen musste. Auch dadurch ist das Thema aktueller denn jeh, habe ich zumindest den Eindruck ..., zumindest wenn man sich dafür interessiert.

    Trotzdem ist vieles eine Frage von Lobby und allgemeinem Interesse.
    Meine Mutter stammte von Hohenstein/Ostpreußen, dort gab es das Kriegsgefangenlager Stalag 1B, dort starben ca. 55.000 Russen, Franzosen etc. ..., von denen spricht kaum jemand, Buchenwald - weil die Opfer deutsch waren - ist aber scheinbar weltweit bekannt, obwohl die Opferzahlen in etwa gleich waren. Tja so ist das eben ...

    Noch eine Frage an die user dieses Forums, und ich gehe davon aus, daß hier viele "gescheite" Leute unterwegs sind:

    Wie ist die Relation zwischen deutschen und polnischen jüdischen Opfern des Holocaust? auch diese Antwort sollte man eigentlich wissen, aber ich gebe zu, dass ich die Antwort auch erst seit ca. einem Jahr weiß, weil ich mich vorher mit dem Thema nicht beschäftigt habe.

    Huba ...Thomas: ich wundere mich, daß du scheinbar wirklich Goethe oder Schiller gelesen hast ....war es Pflichtlektüre in der Schule?
    ich kenne nur die Glocke von Schiller und etwas die Biographie von Goethe ...(o.k. da gibt es auch noch den Zauberlehrling), ich denke die Meisten in meiner Generation (und auch in deiner) haben nie wirklich diese Klassiker gelesen ..., aber wissen daß sie eine Säule unserer Kultur sind ...

    Gruss Andreas

    Heine ist von den meisten anderen Dichtern verschieden, weil er alle Scheinheiligkeit verachtet ... (Elisabeth von Österreich)

    Edited 6 times, last by turmbergsurfer2 (September 21, 2013 at 9:56 AM).

  • Hallo zusammen,

    also erst einmal möchte ich mein Lob aussprechen, dass das Forum sich zutraut, die Diskussion nach einem ersten Fehlstart noch mal zuzulassen. Zuerst war ich etwas irritiert über das Thema, aber jetzt meine ich, dass es wirklich sinnvoll sein kann, die Diskussion zu führen und zwar gerade hier.

    In der ersten Diskussionsrunde war die Frage aufgeworfen worden, warum man sich heute mit der Geschichte des Holocaust beschäftigen sollte. Insoweit gilt für die Geschichte des Holocaust m.E. grundsätzlich nichts anderes als für die Geschichte an sich.

    Vieles was in der Welt heute geschieht, wird man ohne Geschichtskenntnis nicht richtig einordnen und verstehen können. Und ohne Geschichtskenntnis besteht stets die Gefahr, dass man Fehler der Vergangenheit wiederholt, die an sich vermeidbar wären.

    Dabei muss man der Jugend, die heute zum Teil nichts mit dem Begriff Auschwitz anfangen können soll, zugute halten, dass der Mensch vergesslich ist - gerade in politischen Dingen. Wenn wir am Sonntag wählen, werden wir zum Großteil nicht im Bewusstsein haben, welche Wahlkampfversprechen die Parteien vor zehn oder zwanzig Jahren gemacht - und gebrochen - haben. Nun ist auch gerade aus deutscher Perspektive etwas Besonderes - aber das schützt offenbar nicht vor der allgemein um sich greifenden Vergesslichkeit. Da einzige was dagegen hilft, ist sich regelmäßig mit dem Thema zu beschäftigen - und dieser Gesichtspunkt rechtfertigt auch die häufige Behandlung des Holocaust in den Medien.

    Horrido,
    Marcus

    Inter arma enim silent leges (Unter den Waffen schweigen nämlich die Gesetze) Cicero
    - suche alles zur 353. I.D., insb. zum PiBtl 353 und zur KG 353 I.D. "Böhm" -

  • Hallo zusammen,

    also erst einmal möchte ich mein Lob aussprechen, dass das Forum sich zutraut, die Diskussion nach einem ersten Fehlstart noch mal zuzulassen. Zuerst war ich etwas irritiert über das Thema, aber jetzt meine ich, dass es wirklich sinnvoll sein kann, die Diskussion zu führen und zwar gerade hier.

    In der ersten Diskussionsrunde war die Frage aufgeworfen worden, warum man sich heute mit der Geschichte des Holocaust beschäftigen sollte. Insoweit gilt für die Geschichte des Holocaust m.E. grundsätzlich nichts anderes als für die Geschichte an sich.

    Vieles was in der Welt heute geschieht, wird man ohne Geschichtskenntnis nicht richtig einordnen und verstehen können. Und ohne Geschichtskenntnis besteht stets die Gefahr, dass man Fehler der Vergangenheit wiederholt, die an sich vermeidbar wären.

    Dabei muss man der Jugend, die heute zum Teil nichts mit dem Begriff Auschwitz anfangen können soll, zugute halten, dass der Mensch vergesslich ist - gerade in politischen Dingen. Wenn wir am Sonntag wählen, werden wir zum Großteil nicht im Bewusstsein haben, welche Wahlkampfversprechen die Parteien vor zehn oder zwanzig Jahren gemacht - und gebrochen - haben. Nun ist auch gerade aus deutscher Perspektive etwas Besonderes - aber das schützt offenbar nicht vor der allgemein um sich greifenden Vergesslichkeit. Da einzige was dagegen hilft, ist sich regelmäßig mit dem Thema zu beschäftigen - und dieser Gesichtspunkt rechtfertigt auch die häufige Behandlung des Holocaust in den Medien.

    Horrido,
    Marcus

    P.S.: Wie habe ich das jetzt geschafft, dass mein Beitrag gleich zweimal hier steht? War nicht beabsichtigt ...

    Inter arma enim silent leges (Unter den Waffen schweigen nämlich die Gesetze) Cicero
    - suche alles zur 353. I.D., insb. zum PiBtl 353 und zur KG 353 I.D. "Böhm" -

    Edited once, last by MHR (September 21, 2013 at 1:02 AM).

  • Hallo zusammen.

    Mit großem Interesse habe ich die bisherigen Beiträge gelesen. Mir ist dabei aufgefallen, dass hier fast durchgehend die Sichtweise der älteren :D Generationen Ü30+ dargestellt wird. Ich glaube, man muss ähnliche Maßstäbe anlegen, wie schon in seinem Vorwort von "Soldaten" ,Sönke Neitzel den "Referenzrahmen" erklärt.
    Die meisten hier schreibenden haben mehr oder weniger einen Kontakt innerhalb der Familie zu Kriegsteilnehmern oder in der Heimat verbliebenen gehabt, die nicht zwingend für Kinder "grausame" Erlebnisse erzählt haben, sondern die eine oder andere lustige Begebenheit aus dieser Zeit. Das hat bei dem einen oder anderen sicherlich Interesse geweckt. Auch mögen einige beruflich heutzutage mit der Materie zu tun haben - Gespräche mit ehemaligen Kriegsteilnehmern (Alten- und Krankenpfleger), ....
    Dies alles fehlt der Generation. Sie hat diese Erlebnisse nicht mehr und wird sie auch nicht mehr bekommen. Mit vielen von uns ist es doch ähnlich. Wer beschäftigt sich von uns ernsthaft mit dem 1. Weltkrieg oder sogar davorliegenden Ereignissen?
    Je weiter wir in der Geschichte zurückgehen, um so weniger Interessierte gibt es dafür. Man kennt ein paar grobe Daten, dann ist aber oft vorbei mit den Kenntnissen.

    Bei unserer Jugend dürfte es sich ähnlich verhalten. Es fehlt inzwischen der direkte Bezug. Die Interessen der Jugend gehen oft in Richtungen, die für uns nicht wirklich nachvollziehbar sind. Ich habe selbst keine Kinder, aber ich habe mich bezüglich dieses Themas mit dem Sohn guter Freunde unterhalten (19 Jahre) - gerade Abitur gemacht.

    Die Grundthematik ist ihm bekannt und auch die groben Stichpunkte (Auschwitz, Holocaust, ...) kann er problemlos zuordnen, aber einen Unterschied zwischen einem Konzentrationslager und einem Vernichtungslager stellt schon ein größeres Problem dar. Er sagte mir: Natürlich ist das unsere Geschichte und natürlich ist sie wichtig für uns, aber eine Beschäftigung mit dem Holocaust zieht oft auch heute noch Schuldzuweisungen nach sich und auf sowas hat er "keinen Bock". Er sagt, seine Generation kann nichts dafür und er verdrängt das Thema, weil es Diskussionen aufwirft, die er nicht eingehen möchte.
    Ich habe mir "just for fun" vor ein paar Wochen ein Schulbuch - Geschichte, Leistungskurs, Gymnasium - angesehen, da ich einen Vergleich mit den Inhalten meiner Schulzeit zustande bringen wollte. Dieses Schulbuch war deutlich umfangreicher in der Behandlung des Dritten Reiches und des 2. Weltkrieges,als ich es von früher gewohnt war. OK, man endeckt den einen oder anderen kleinen Fehler (aber nur wenn man sich etwas besser mit der Materie auskennt), die sind aber nicht gravieren. Da in diesem Buch auch viele Stellen gemarkert waren, muss ich davon ausgehen, die Schule ist nicht das Problem - zumindest in dieser Schulform.

    Der Zugang über Film und Fernsehen ist aus meiner Sicht auch sehr zweifelhaft zu werten. Wer von Euch Kinder hat, soll doch mal darüber nachdenken, wie oft diese mit Mama und Papa abends am Fernseher sitzen und gemeinsam schauen - und dann auch noch Filme, wo Papa meckert, dass der Darsteller in dem Kriegsfilm diese Orden gar nicht gehabt haben kann und die Uniformmütze erst 2 Jahre nach dem Handlungsdatum des Filmes herausgekommen ist. Ich hatte früher auf sowas keine Lust. Ich bin lieber mit meinen Kumpels um die Häuser gezogen. Und ihr?

    Was ist das Resultat daraus:

    Eine Begeisterung der Jugend oder aber zumindest ein angeregtes Interesse an der Materie können nur wir der Jugend vermitteln, ihr selbst feht es an interessanten Zugangsmöglichkeiten. Wir müssen es für sie interessant machen.

    Soweit meine Gedanken

    Gruß

    Markus

    Nur die Toten haben das Ende des Krieges gesehen (Plato)
    Suche alles über Korps-Abteilung "H" und I.D. 95 (neu)

  • Hallo,

    Quote

    war es Pflichtlektüre in der Schule?

    ist heute noch Pflichtlektüre, zumindest auf dem Gymnasium. Ich durfte mich 2008/09
    mit "Die Leiden des jungen Werther" auseinandersetzen.

    Sicherlich kann ich manches Teilen, was hier geschrieben wird und ich bin weit davon
    entfernt mit meiner Generation zufrieden zu sein, aber wenn ich hier manche Beiträge
    lese, dann kann ich ja scheinbar froh sein, dass ich aufs Töpfchen gehen und Messer und Gabel halten kann. 8o

    Und einiges hier hört sich an als kenne man es nur vom Hörensagen oder als hätten
    hier Personen individuell schlechte Erfahrungen gemacht.Ich will hier keine Lanze für
    die Jugend von heute brechen, dafür bin ich selber über sie zu frustriert. Aber ich
    kann viele hier beruhigen: der Untergang steht meines Erachtens nicht unmittelbar
    bevor.

    Gruß
    Tobias

    "Die Furcht trennt die, die folgen, von denen, welche selber führen."
    Kristian Eivind Espedal

    Edited 3 times, last by Tobias Giebel (September 21, 2013 at 7:35 AM).

  • Quote


    Mit vielen von uns ist es doch ähnlich. Wer beschäftigt sich von uns ernsthaft mit dem 1. Weltkrieg oder sogar davorliegenden Ereignissen?

    Guten Morgen!

    Ja, Ich und fast nur unausschließlich.Vom 2ten und seinen Gegebenheiten habe ich kaum Ahnung.Aber man setzt halt schließlich Schwerpunkte.
    Ich habe nie Schiller oder ähnl. gelesen.Ich wùrde mich da auch mit jetzt fast 40 auf Grund mangelnden Interesses nicht ranwagen.
    @ Tobias, doch ich glaube du kannst das ;) .Man soll die Jugend auch nicht verallgemeinern, das ist klar. Aber es fàllt schon auf.

    Gruß Oliver

    Tradition zu wahren, zu pflegen ist nicht die Anbetung der Asche. Es ist die Weitergabe des Feuers.
    *Erst wenn der letzte Soldat bestattet ist, dann ist der Krieg zu Ende* http://www.verdun14-18.de

  • Moin in die Runde,

    Auch von mir Respekt an Thomas, diesem Thread von Taiko einen Neustart zu gönnen. Bisher ist es auch recht sachlich zugegangen.

    Kritik an der "Jugend von heute" ist so alt wie die Menschheit selbst. Danke, Tobias, für dieses die Diskussion bereichernde Sokrates-Zitat

    Quote

    "Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer."

    Als Sohn und Vater möchte ich dazu nur ergänzend anmerken, dass die Verantwortung für die "Qualität" der Jugend bei ihren Eltern liegt. Und die können nur so gut erziehen, wie sie es von ihren Eltern "gelernt" haben. Wenn wir uns also über die "Jugend von heute" echauffieren, dann sind es unsere eigenen Versäumnisse, die wir bemängeln.

    Wir sind somit in diesem Thread in einer Wertediskussion, die absolut sinnvoll - und bitter nötig ist!

    Abgesehen davon ist es mir lieber, dass 20 Prozent sich interessieren und die richtigen Informationen über den Holocaust beziehen - und ggf. an die anderen 80 Prozent weitergeben - als dass 80 Prozent der Deutschen den Holocaust leugnen.

    Allen ein schönes Wochenende - und geht bitte wählen!

    Gruß, Justus

  • Hallo zusammen,

    wo hier schon das Sprichwort "traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast"
    angesprochen wurde, frage ich mich dann schon, wie repräsentativ die Studie überhaupt sein kann.
    wie hoch war denn der Anteil an Minderjährigen oder bildungsresistenten Schichten?
    Eine Umfrage zur falschen Uhrzeit in einer Ruhrgebietsstadt kann meines Erachtens das
    Ergebnis schon erheblich verfälschen.

    Evtl. müsste man auch das Zeitalter der schnelllebigen Konsumgesellschaft und die Wertelosigkeit
    in der heutigen Zeit mit in die Ursachenforschung einbeziehen.


    Es ist ja nicht nur dieses sensible Thema "Holocaust/Auschwitz", zunehmende Geschichts-
    und Politikverdrossenheit und andere Defizite wären da auch zu nennen, z.B.

    Jeder fünfte unter Dreißig
    - geht niemals wählen
    - kennt den Begriff "kalter Krieg" nicht
    - liest niermals eine Tageszeitung
    - hilft einer Frau mit Kinderwagen nicht in den Bus / die Bahn


    Damit muss man einfach leben.
    Mehr Gedenktage, Aufklärung per Medien, Ausstellungen oder Unterricht ist faktisch unmöglich.


    gruss
    Udo Rudi

  • Hallo zusammen,

    ich möchte mich als "Betroffener" hier auch noch einmal zu Wort melden - wieder einmal aus Warschau (wegen einer Geburtstagsfeier).

    Wir werden gleich zum "Rynek" in die Altstadt fahren, welche ja bekanntlich nach dem Warschauer Aufstand dem Erdboden gleichgemacht wurde. Sie konnte nur auf der Grundlage von Gemälden von Canaletto rekonstruiert werden, da alle Baupläne vernichtet waren.

    Zur Sache:

    Ich habe als ein "Pionier" des polnisch-(west-)deutschen Schüleraustauschs einige Male die Gedenkstätte Auschwitz und auch die Reste des Vernichtungslagers Birkenau mit Schülergruppen besucht.
    Im Laufe der Zeit war zu beobachten, wie sog. "Routine" und auch der "Rummelplatzcharakter"' der dort immer mehr zu verzeichnen ist, die persönliche Betroffenheit überlagern - aber nie völlig verdrängen kann.
    Das hängt natürlich sehr stark von dem Engagement und auch der Motivation der Begleiter der Schüler ab.

    Das Problem der Ignoranz ist auch kein ausschließlich heutiges:

    Ich hatte einigen lokalen Zeitungen vor ca. 30 Jahren einen von unserer Gruppe verfassten Bericht zur Veröffentlichung übergeben. Einem Redakteur gelang es doch tatsächlich, aus dem "Stammlager" ein "Stammeslager " Auschwitz zu machen ... .
    Damals gab es noch kein "facebook", etc. ... .

    Ein Besuch in A. ist daher an sich noch keine Garantie für eine Einstellungsänderung der Besucher - ebensowenig wie die "Behandlung" des "Faust" in der Schule alle Facetten dieses Werks vermitteln wird.
    "Des Pudels Kern" wird vielen verborgen bleiben.
    Nahezu jeder unter uns, der damit als 17-Jähriger "gequält" wurde, fand keinen Zugang zu so mancher Thematik. Erst später, bei "freiwilliger" Lektüre und Beschäftigung, konnte man manches durchschauen.

    Ähnlich ist es mit historischen Themen. Ich erinnere mich daran, wie unser Fachlehrer das Thema WW1 (deutscher Angriff im Westen; Schlieffen-Plan; etc.) in den 60-ern vermitteln wollte und auf kein besonderes Interesse stieß. Diese Ereignisse waren damals noch "frischer" und zeitnäher als der Holocaust zur Gegenwart. Natürlich sind sie nicht vergleichbar ... !

    Und schließlich: Das historische Interesse der hier in diesem Forum Versammelten darf nicht in allen Bevölkerungsteilen vorausgesetzt werden ... .

    Gruß,


    Joseph


    Edit: Ergänzungen

    Suche Informationen zum Füs.Bat. 170 im Zeitraum Juli 1944 und zur 269.I.D im Zeitraum Januar bis März 1945 (Festung Breslau)

    Edited once, last by Gast 27 (September 22, 2013 at 7:01 AM).

  • Guten Abend zusammen,

    ich habe gerade noch ein interessantes Interview entdeckt,
    was ja eigentlich auch auf das Thema zutrifft.

    Der Literaturnobelpreisträger und Auschwitz-Überlebende Imre Kertész
    zieht darin ein bitteres Lebensresümee und es fallen Sätze wie:

    Quote

    ...das Gedenken in Deutschland sei eine Holocaust-Industrie geworden...

    Quote

    ...Ich war ein Holocaust-Clown...


    http://www.zeit.de/2013/38/imre-kertesz-bilanz

    Wir hinterfragen dann hier evtl. schon pedantisch einen nicht erreichten 99-prozentigen Bekanntheitsgrad ,
    während anderen Ortes die massive deutsche Aufklärungsarbeit schon als echtes "Erinnerungsbusiness"
    empfunden wird ?


    gruss
    Udo Rudi