Begriff "Nebelfass"

  • Hallo,


    meine Frage hat nichts direkt mit der Wehrmacht zu tun, doch war dies das einzige frequentierte Forum, in dem ich mir eine Antwort von kundigen Menschen erhoffe.


    Im Zusammenhang mit den Bombenentschärfungen in Koblenz wird von einem "Tarnnebelfass" bzw. "Tarnnebelfässern" gesprochen, die im zweiten Weltkrieg eingesetzt wurden. Mir ist dieser Begriff zuvor noch nie begegnet und auch im Internet und in Google-Books finde ich keine Belege für eine Verwendung vor 2011.


    War das ein umgangssprachlich tatsächlich gebräuchlicher Begriff im Zweiten Weltkrieg oder ist es eine Wortneuschöpfung, weil keine Bezeichnung existierte? Oder ist diese Waffe ansonsten unter einem anderen Namen bekannt?


    Würde mich interessieren. :)


    Viele Grüße
    Menschenfreund

  • Hallo Freund..


    in Koblenz sind am Rhein einige scharfe "Dinger" endeckt wurden. Die größte und gefährlichste Bombe ist die HC 4000 LB.


    Hierbei handelt es sich um eine Luftmine.


    Die im Vergleich zu konventionellen Sprengbomben um ein Vielfaches stärkere Druckwelle zerstörte im Umkreis von 100 Metern alle Gebäude gewöhnlicher Bauart, riss im freien Gelände bis zu 1000 Meter weit Türen und Fensterrahmen heraus und ließ Fensterscheiben noch in einer Entfernung von 2000 Metern zersplittern. Wenn solche Bomben gezielt über Wohngebieten explodierten, deckten sie die Dächer im Umkreis von mehreren 100 Metern ab. Aus diesem Grund wurden Luftminen auch eingesetzt, um Brandbomben einen guten Zugang zu leicht brennbaren Dachböden und -stühlen zu ermöglichen und so das Entstehen von Bränden zu begünstigen, bis hin zu so genannten Feuerstürmen. Straßen wurden durch die entstehenden Trümmer für Rettungskräfte unpassierbar. Direkte Opfer von Luftminen starben an Lungenriss.



    Zu Deiner Bezeichnung Nebelfass was auch im Rhein gefunden wurde.


    Tarnnebelfässer wurden im Krieg benutzt, um sich mit Nebel vor Angriffen zu schützen. Sie enthalten unter anderem stark ätzende Chlorsulfonsäure. Trifft diese auf Wasser, kann es unter Umständen zu Explosionen kommen.


    Fotos: Abwurf Luftmine über Deutschland,Luftmine HC 4000 LB, Fundort Koblenz, zünden und entschärfen eines Nebelfass, gefundenes Nebelfass Rhein


    Quelle: Wikip,Rhein-Zeitung,Koblenz-nachr.

  • Hallo,


    laut Hampe (a.a.O., S. 356) hieß das umgangssprachlich als "Nebelfass" bekannte Teil offiziell wohl "Nebel(säure)faßgerät". Im Axishistory-Forum gibt's ein paar anschauliche Bilder dazu. Sicher gibt es zum "Nebelsäurefaßgerät" auch eine Vorschrift, die mir bisher aber noch nicht bekannt ist. Den Begriff "Tarnnebelfass" halte ich im Übrigen für eine Nachkriegsschöpfung.


    Gruß, Stefan

    "Es gibt nichts, was ein deutscher Offizier nicht kann!" (Oberst Manfred v. Holstein)

  • Hallo zusammen,


    Wieso sollte das 'Nebelfass' nichts mit der Wehrmacht zu tun haben? Die Luftwaffe war für das Vernebeln zuständig und hat es auch durchgeführt, die schon genannten Luftschutz-Nebelabteilungen. Übrigens gibt es hier www.luftschutzbunker-forum.com…at?highlight=nebelger%E4t und hier www.forum-der-wehrmacht.de/thr…d=7000&hilight=luftschutz auch Diskussionen zum Thema.


    Gruß, Thomas

    "Lirum-larum Löffelstiel, wer nichts sagt, der weiß nicht viel - larum-lirum Gabelstiel, wer nichts weiß, muss schweigen viel!"

    Edited 2 times, last by HiWi ().

  • Hallo,


    in dem Buch "Tarnen, Täuschen und Attrappen" von Wolfgang Fleischer finden sich dazu ein paar Informationen und drei Fotos, die ich Euch zugänglich machen möchte:
    Text:
    "Die Nebelzerstäuber des Heeres, die man vor dem Krieg bei einigen Manövern hatte bewundern können, traten im Verlauf der Feldzüge kaum in Erscheinung. Dagegen fanden ähnliche Geräte bei der Luftwaffe im Kriegsverlauf eine breitere Verwendung. Sie eigneten sich im Falle bevorstehender Tag-Luftangriffe Flugplätze, Geschützstellungen der Luftabwehr, Verkehrsanlagen und wichtige Industrieobjekte zu vernebeln und diese so den Blicken des Gegeners zu entziehen. Für das Nebelgerät Nb 80/2, das 1942 zur Einführung gelangte, reichte der Vorrat an Nebelsäure für eine Nebeldauer von maximal vier Stunden und 40 Minuten aus."
    Bildunterschrift:
    "Nebelzerstäuber der Luftwaffe im Raum Halle-Merseburg. Mit ihrer Hilfe wurden unmittelbar vor den Angriffen alliierter Bomber besonders wichtige Industrie- und Verkehrsanlagen vernebelt. Diese Aufnahmen sind im Sommer 1944 entstanden."


    Gruß


    Bertram

  • Moien,

    wie sahen eigentlich diese Fässere aus, in denen die Nebelsäure transportiert wurde. Wurde die Säure aus einem Kesselwagen in die Fässer umgepumpt oder wie muß ich mir das vorstellen?

    Merci

    h.

  • Moin,


    lese bitte mal im Hampe den Bereich über das Nebelgerät ( http://gsb.download.bva.bund.d…r_Luftwaffe_S_345_361.pdf ).


    Dort ist bei den Nebel-Kompanien immer von etwas mehr als 50 Fässern die Rede. Außerdem wird auf einen Nachschub-LKW verwiesen. Daher gehe ich bei diesen Einheiten davon aus, das die Fässer bereits einsatzbereit angeliefert wurden. Was bei der Verwendung von Chlorsulfonsäure in Verbindung mit Wasser (z.B. auch Regen) schnell zu unschönen Verätzungen der Atemwege geführt haben soll. Vielleicht wäre hier jedoch die Auskunft von einem Chemiker hilfreich. Ich bin keiner. ;) Außerdem gab es noch ein Gerät das nur ORTSFEST zum Einsatz gekommen ist. Auch hier ist nur von "Behältern" die Rede, und zwar zu 30 L, 80 L und 250 L(iter) Inhalt. Letzteres Nebelgerät NB 80. Mein gefährliches Wissen (oder Halbwissen) habe ich hauptsächlich aus dem Text erlangt, den ich oben verlinkt habe. Vielleicht hilft es Dir trotzdem weiter.


    Achja... auf Wikipedia werden unter "Nebelsäurefassgerät" (hüstl) diverse L.Dv. zum Thema Nebeleinheiten aufgeführt. ( https://de.wikipedia.org/wiki/Nebels%C3%A4urefassger%C3%A4t )


    Gruß aus Hannover,

    Guido Janthor

    Ich bin neu hier! ;)

  • Hallo zusammen,


    die Nebelfässer waren hier im Forum schon einmal Thema:


    Begriff "Nebelfass".


    Möglicherweise sind die Beiträge interessant und hilfreich.


    Viele Grüße

    Nicco

  • Hallo Nicco,


    Quote

    Möglicherweise sind die Beiträge interessant und hilfreich.

    Danke, deshalb beide Themen zusammengefügt.

    Gruss Dieter

  • Hallo,

    in meiner unmittelbaren Umgebung befand sich zu Kriegszeiten die BRABAG Magdeburg-Rothensee. Dort wurde auch ab 1944 verstärkt versucht, durch Vernebelung der Anlagen zur synthetischen Spriterzeugung sie vor alliierten Bombenangriffen zu schützen. Hat nur bedingt geholfen. Die Äcker, auf denen die Nebelfässer abgelassen wurden, waren anschließend stark verätzt. Auch die damit betrauten Leute, ob Kriegsgefangene oder reguläre Angehörige der Luftwaffe werden ihre gesundheitlichen Schäden bei diesen Aktionen davon getragen haben. Der Erfolg dieser Aktionen war nicht berauschend. Die BRABAG erlebte trotzdem umfangreiche Bombardierungen.

    MfG Wirbelwind

  • Hallo allerseits,


    Bei der "Modernisierung der Fahrrinne Swinemünde - Stettin bis zu einer Tiefe von 12,5 m", so der Projektname, sind auch einige Nebelfassgeräte der dortigen Luftschutz-Nebelabteilungen geborgen worden. Eins befindet sich in der themenbezogenen Ausstellung:


    http://www.muzeum.kolobrzeg.pl…awy-zabytki-toru-wodnego/


    20211123_151314.jpg

    Restauriertes Nebelfassgerät mit Infotafel (rechts)


    Gruß, Thomas!

    "Lirum-larum Löffelstiel, wer nichts sagt, der weiß nicht viel - larum-lirum Gabelstiel, wer nichts weiß, muss schweigen viel!"