Liebe Forumsmitglieder,
auf Wunsch, stelle ich hier, die bereits von mir eingestellten Beiträge zur 9.Armee in dem Zeitraum vom 24.06.1944 bis 03.07.1944 mit den unterstellten A.K.’s, Pz.K.’s und den jeweiligen Divisionen, neu als einen geschlossen Themenkomplex ein.
Ich bitte Euch, während ich dies zusammenstelle auf das Thema nicht zu antworten.
Nach Fertigstellung habt ihr dann dazu die Gelegenheit, das Thema zu ergänzen.
Ich werde dies zusätzlich mit Verlinkungen zu unseren LDW und den mir zur Verfügung stehenden Kartenmaterial ergänzen.
Die Wortwahl ist teilweise wörtlich von den Autoren, aus den hier zitierten Quellen übernommen worden.
Quellen:
„Mittlere Ostfront Juni 44", Gerd Niepold, Herford 1985 (Leihgabe)
„Der Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte im Osten 1944“, Horst Hinze, Stuttgart 1980
„Die 35. Infanterie-Division im 2. Weltkrieg", Hans Baumann, Karlsruhe 1964 (Leihgabe)
„Geschichte der rheinisch-westfälischen 6. Infanterie-Division 1939-1945", Horst Großmann, Friedberg 1958
„Geschichte der 36. Division", Festschrift zum Kameradentreffen der 36.I.D., Kaiserslautern 1973 (Leihgabe)
„Mein Weg mit der 45. Inf.-Div.", Rudolf Gschöpf, Verlag „Buchdienst Südtirol“ 2002
„Geschichte der 134. Infanterie-Division", Werner Haupt, Tuttlingen 1971 (Leihgabe)
„Der Schicksalsweg der 20. Panzer-Division", Rolf Hinze, Bochum 1981 (Leihgabe)
„Die Truppenkennzeichen der Verbände und Einheiten der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS und Ihre Einsätze im 2. Weltkrieg 1939-1945", Peter Schmitz und Klaus-Jürgen Thies, Osnabrück 1987 (Leihgabe)
Mitteilungsblätter des Frontkämpferbundes der 45.I.D. Wels
Manuskript von Franz Schneiderhauer (Kp.Chef der 14.(Pz.Jg.)/I.R.133 – 45.I.D.) geriet hier am 29.07.44 in russischer Gefangenschaft
Lexikon der Wehrmacht
Forum der Wehrmacht hier Dank, an die Vereinsmitglieder die mir Literatur zur Verfügung gestellt haben.
„Die Heeresgruppe Mitte“ Franz Kurowski, Edition Dörfler
„Operation Bagration“ Ian Baxter, Melchior Verlag 2010
„Ostfront 1944“ Rolf Hinze, Motorbuch Verlag 2011
„Die Schlachten der Heeresgruppe Mitte 1941 – 1944“ Werner Haupt, Dörfler Verlag
Verschiedenes Kartenmaterial
Einleitung
Der Untergang der 9. Armee war Teil jener Katastrophe, welche im Sommer 19 44, an der Ostfront über die deutsche Heeresgruppe Mitte hereinbrach. Die Heeresgruppe befand sich damals in einer etwa bogenförmigen Stellung von ostwärts Polozk im Norden über ostwärts Witebsk, Orscha, Mogilew, Rogatschew, Shlobin bis nördlich Kowel im Süden - Frontlänge ca.. 1.100 km. Mit der Verteidigung waren vier Armeen beauftragt und zwar von Norden nach Süden:
3. Panzer-Armee
4. Armee
9. Armee
2. Armee
Das sowjetische Oberkommando wählte den dritten Jahrestag des Kriegsbeginns gegen die Sowjetunion für die Eröffnung ihrer Sommeroffensive im Jahr 1944 mit dem Ziel der Zerschlagung der deutschen Heeresgruppe Mitte.
Der sowjetische Deckname für diese Operation lautete „Bagration“.
Ein beziehungsvolles Wort, denn Pjotr Bagration war ein erfolgreicher russischer Feldherr, der zur Zeit Napoleons lebte. Bagration wurde zwar während des Feldzuges Napoleons gegen Russland am 7. September 1812 tödlich verwundet, aber den Feldzug hat Napoleon unter hohen Verlusten verloren.
Der sowjetische Grossangriff begann am 22. Juni 1944, gegen die 3. Panzer-Armee, wurde am 23. Juni auf die 4. Armee ausgedehnt und erfasste am 24. Juni auch die 9. Armee. Die Hauptfront der 2. Armee wurde erst im Juli angegriffen, doch ist deren linker Flügel durch den Verlauf der Schlacht bei der 9. Armee bereits ab 27. Juni ebenfalls in den Großkampf hineingezogen worden. Während die Flügelarmeen mehr oder weniger stark angeschlagen wurden, ist es den Sowjets infolge falscher deutscher Führungsmaßnahmen gelungen, die 4. und 9. Armee in mehreren Kesseln einzuschließen und zu zerschlagen.
Das Schicksal der 9. Armee war innerhalb von 9 Tagen besiegelt.
Wer über Stalingrad informiert ist, wird wissen, das 1942/43 die 6. deutsche Armee dem sowjetischen Ansturm 10 Wochen lang ausgehalten hat. Unwillkürlich drängt sich daher die Frage auf, wieso die 9. deutsche Armee im Sommer 1944 in so kurzer Zeit zugrunde ging.
Hier einige Unterschiede zu Stalingrad:
Die 6. Armee mit ihren 20. Divisionen war seinerzeit wesentlich stärker, als die 9. Armee
mit ihren 10 Divisionen, auch die Luftlage war in Stalingrad wesentlich anders, als 1944 im Raum Bobruisk. Stalingrad wurde in den Berichten des Oberkommandos der Deutschen Wehrmacht 123 mal genannt, denn es sollte eine Legende werden. Als es zu einer Tragödie wurde, war es weithin bekannt, die Niederlage
nicht mehr zu verschweigen. Der Kampf der 9. Armee bei Bobruisk ist 1944, nur 6 mal im Wehrmachtbericht erwähnt worden. Von Stalingrad weis man sogar heute, das dies eine große Industriestadt an der Wolga ist. Bobruisk hingegen – etwa 580 km ostwärts Warschau und 610 km südwestlich Moskau (Luftlinie)
ist selbst 1944 kaum bekannt geworden, heute ist diese Stadt so gut wie unbekannt. Sie liegt an der Beresina, einem westlichen Nebenfluss des Dnjepr, hatte seinerzeit ca. 45.000 Einwohner und war ein bedeutender Umschlagplatz für Holz und Getreide. Die Beresina, 585 km lang, entspringt in einem Waldgebiet ca. 80 km nordostwärts Minsk, fließt dann in südsüdöstlicher Richtung und mündet bei Gorwal in den Dnjepr, etwa 25 km nordnordwestlich Retschiza. Der Fluss windet sich durch ein vielfach versumpftes Wald- und Buschgelände und ist ab Borissow schiffbar.
Im Unterschied zu Stalingrad gibt es bisher keine geschlossene kriegsgeschichtliche Darstellung über den Untergang der 9. Armee 1944 bei Bobruisk. Hier wie dort wurde mit größter Tapferkeit gekämpft und es wäre müßig, darüber zu diskutieren, ob das sterben bei Hitze und Durst schöner war, als bei Hunger und Kälte.
Somit ist auch das Drama der 9. Armee im Jahre 1944 wert, vor der Vergessenheit bewahrt zu werden. Dieser Großverband hatte im ,Juni 1944 einen Abschnitt von ca. 220 km Frontlänge zu verteidigen. Der Abschnitt begann etwa 50 km nordostwärts Bobruisk am Drut, einem nördlichen Nebenfluss des Dnjepr und endete ca. 130 km südwestlicht Bobruisk am Ptitsch, einem nördlicher Nebenfluss des Pripjet. Die Armee verfügte über drei Korp's, das XXXV.A.K. links, das XLI.Pz.K. in der Mitte und das LV.A.K. rechts. Alle 10 Divisionen der Armee waren von Norden nach Süden in nachstehender Reihenfolge eingesetzt:
XXXV.A.K. mit 134.I.D., 296.I.D., 6.I.D., 383.I.D. und 45.I.D.
XLI.Pz.K. mit 36.I.D., 35.I.D. und 129.I.D.
LV.A.K. mit 292.I.D. und 102.I.D.
Wie zu ersehen, nannte sich das mittlere Korps zwar „Pz.K.", doch war hier zunächst keine Panzer - Division vorhanden. Der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, das in der damaligen G1iederung der 9. Armee eine Division als Reserve erscheint, nämlich die 707.I.D. Man muss aber anmerken, das diese Division für einen Großkampf weder vorgesehen, noch geeignet war.
Im folgenden wird über, den Ablauf des Geschehens bei den eingesetzten Divisionen von Tag zu Tag berichtet, ferner in knapper Darstellung die Entwicklung der Lage aus Sicht der Korps geschildert und schließlich wird der Versuch unternommen, das Dilemma der Armee zwischen dem Wunschdenken „oben“ und den tatsächlichen Ereignissen „vorne“ aufzuzeigen.
Trotz der Kürze des Textes, war mir wichtig die täglich steigende Dramatik der Ereignisse besonders beim XXXV.A.K. und XLI.Pz.K. wenigstens anzudeuten. Zum besseren Verständniss werden auch die gleichzeitigen Vorgänge an den Flügeln der 9. Armee behandelt. Das ist links, also im Norden, das XII.A.K., welches bereits zur 4. Armee gehörte. Rechts, das heißt im Süden, wird das Geschehen beim LV.A.K. bis 05.Juli weiterverfolgt obwohl dieses Korps, mit der Masse von der 9.Armee abgespalten, bereits am 27. Juni der 2. Armee unterstellt worden ist.
Die 9. Armee als solche ist zwar am 3. Juli 1944 von der Heeresgruppe Mitte aufgelöst, nach Zuführung neuer Verbände am 10.Juli1944 aber wieder errichtet wurden.
Ein weiterführendes Thema von Mr. T:
Panzer- und Sturmgeschützlage Heeresgruppe Mitte Juni 1944
Als Anhang eine Karte aus : Ostfront 1944 von R. Hinze.
Grüße Matthias