Schießausbildung Heer

  • Hallo
    Ich lesen momentan folgende Untersuchung
    "Increasing Small Arms Lethality in Afghanistan: Taking Back the Infantry
    Half-Kilometer"
    A Monograph By Major Thomas P.
    Ehrhart United States Army

    http://www.dtic.mil/cgi-bin/GetTRD…df&AD=ADA512331

    unter anderem vergleicht der die Ausrüstung der US-Army in den Krieg Wk-1 bis Afghanistankrieg und die Schießausbildung der GI´s.

    für den Zeitraum nach dem 2.Wk schreibt Autor folgendes:
    The qualification course of 1949 takes the lessons learned from the various theaters of World War II, and encompasses them in one overall qualification course. This qualification course consisted of four qualification tables with soldiers firing from different shooting positions and ranges, to a distance of 500 yards.


    Mir stellt sich die -interessante- Frage wie die Schießausbildung im deutschen Heer gestaltet war. Weiß jemand etwas darüber?

  • Hallo,

    Das Handbuch

    Queckbörner, Ludwig: Die Schützenkompanie. Berlin (7. Auflage) 1939.

    dürfte irgendwo im WWW runterzuladen sein (schau mal lonesenty.com oder http://cgsc.leavenworth.army.mil/carl/contentdm/home.htm), dort findest du ab S. 166 grundlegendes zur Schießausbildung. Das Buch ist allerdings 1939 schon ein wenig altbacken. 1938/39 stellt die Wehrmacht mW (Schieß)taktisch nochmal etwas um (k.A. wie sich das auf die Schießausbildung niederschlug). Allgemein zerfällt die Schießausbildung WIMRE in Schulschießen (Einzelschütze), Schulgefechtsschießen (Einzelschütze und Gruppe) und Gefechtsschießen (Zug und Kompanie).

    mfg
    ernesto

  • Hallo,
    es gab da auch noch die H.Dv. 240 Schiessvorschrift für Gewehr(Karabiner, leichtes Maschinengewehr und Pistole und Bestimmungen für das Werfen scharfer Handgranaten. (Schiessv. f. Gew.). Ich besitze die Fassung von 1937. Die Schiesslehre wird auf 28 Seiten abgehandelt. Schulschiessen mit Gewehr, l.M.G. und Pistole 57 Seiten, Schulgefechtsschiesen und Gefechtsschiessen 19 Seiten, dabei gibt es auch Schulgefechtsschiessen Einzelschütze, l.M.G.-Trupp und Schützentrupp. Acht Seiten sind Scheiben, Munition, Buchführung und Anschiessen gewidmet, viereinhalb Seiten Entfernungsermittlung. Bestimmungen für das Werfen scharfer Handgranaten sind siebeneinhalb Seiten lang.
    Gruss
    Rainer

    Suum cuique

  • Hallo,

    wie Rainer schon schreibt war die Sache mit der Schießausbildung nicht so einfach.

    Wenn wir von der schulmäßigen Ausbildung ( in diesem Falle Infanterie, Grenadier etc.) sprechen und nicht von der sog. "Schnellbleiche" gegen Ende des Krieges, so war die Schießausbildung in der Wehrmacht ein ganz komplexes Thema, das damit begann, dass der Soldat zunächst den Karabiner nur von der Ferne sah und die allg. theoretische Schießausbildung büffeln musste.
    Das begann zunächst mir ganz simplen Dingen um mit dem Vorgang in der Waffe beim Schuss und der Flugbahn des Geschosses, begleitet von dem theoretischen Unterricht an der Waffe, Maße, Gewichte, Einzelteile, Hauptteile, Zerlegen mit und ohne Augenbinde, Funktion, wie wird eine Waffe gereinigt und dann Waffenreinigen zunächst unter Aufsicht mit sehr strengem Waffenappell fortzufahren.
    Dann ging es um den Mündungs - und Geschoßknall, Seelenachse, Visierlinie, Visierwinkel, Flugbahn, Witterungseinflüsse, Zielfehler, Streuung, Abpraller, Schußleistungen, Patronenaufbau, Arten usw., Einzelschuss usw.

    Zielfehler, Anschlagsarten stehend freihändig, liegend ( zuerst aber sitzend und aufgelegt auf Gestell oder Sandsack am Anschußtisch), kniend, sitzend, Dreieckszielen usw. Anschlag auf dem Schießstand und gefechtsmäßig.
    Dem Flugzielbeschuß mit Karabiner wurde zunächst keine große Bedeutung beigemessen ( anders bei der sowj. Armee). Es gab aber eine Leine mit Flugzeugsilhouette in Blech für Zielübungen, zumindest auf der Waffenkammer beim sog. WuG ( Waffen und Gerätewart).
    Zielübungen wurden mit der Ziellöffel ( wurde vor den Lauf gehalten zum üben) , dem Zielbock ( Dreifußgestell mit Sandsack zum Auflegen der Waffe für stehend freihändig Übung).
    Alles das wurde DRILLMÄßIG so lange geübt, bis es der Soldat beherrschte und sehr oft nach Dienstschluß.

    Das Ganze war eine Kombination von
    - Theorie: Schießlehre, Waffenkunde
    - Praxis: Waffenreinigen, Schießaubildung, Einzelschießen mit Platzpatronen und später scharfer Schuß, Gruppenschießen, im - Zug - und Kompanieverband, Schulgefechtsschießen usw.
    Schlechte Schützen mussten grundsätzlich Nachexerzieren, Munikisten und Schreiberhäuschen zum und vom Schießstand tragen, wenn andere Schützen fertig waren in Zeigerdeckung gehen und Scheibendienst machen.

    Die Krönung war das Schulgefechtsschießen im Kompanie - oder größeren Verband im scharfen Schuß im Gelände mit Klappscheiben.

    So oder ähnlich spielte sich das auch mit Pistole, teilweise Leuchtpistole, le. oder sMG, u. a. Waffen, dort eben angepasst, ab.
    Handgrantenwurf mit scharfer Hdgr. war dann das ganz große Ereignis.
    Weiter Ausbildungszweige waren dann die Spezialausbildungen an speziellen Waffen: Flammenwerfer, Granatwerfer usw.

    Auf die Schießklassen und Schützenauszeichnungen ( Schützenschnur usw.) will ich hier nicht eingehen.

    Gruß Karl

  • Hallo,

    Thema "Schnellbleiche". Die Schiessausbildung im Volkssturm kannte im Prinzpi per Anordnung nur eine Anschlagsart: lliegend aufgelegt., was natürlich in mancher Lage ein gravierender Nachteil ist.

    Nur die besten Schützen durften auch andere Anschlagsarten wählen.


    Grüße

    Thilo

    Suche alles zur Lehrtruppe Fallingbostel und zum Einsatz des NSKK in der Ukraine 1941

  • Hallo,

    ich möchte das von Klext +(verst.) alte Thema nochmals aufgreifen und hier zunächst - nach so langer Zeit des ersten Beitrages von ihm - eine kurze Einführung in die folgenden Beiträge meinerseits geben:

    Die grundsätzliche HDv.* hatte die Nr. 130 (A.V.J.) 2a und 2b und die Schießvorschrift HDv. 240** von 1937:

    "Der Feuerkampf der Schützenkompanie

    (Schulgefechtschießen und Gefechtschießen)"

    Diese wurde geringfügig verändert und ergänzt. Hierzu die Erläuterung im Vorwort in einer hierzu erfolgten Zusammenstellung der neuen Vorschriften durch Offiziere und Unteroffizier der Truppe von damals:

    "Die neuen Vorschriften -D 101, Merkblatt für die Gliederung und Kampfweise der Schützenkompanie zu 12 Gruppen vom 13. 10. 1939, H.Dv. 105, H.Dv.104, D. 103 - und die Kriegserfahrungen ind Polen -zwangen zu einer Neubearbeitung. Dabei wurde das

    AUSNUTZEN DES FEUERS ZU SCHNELLEM VORGEHEN BESONDERS BETONT........***

    Um es vorneweg zu nehmen:

    Die im Schulschießen üblichen Entfernungen betrugen maximal 400 m beim lMG und 300 m beim Karabiner ( Die Karabinerentfernung entsprach der üblichen maximalen Distanz bei fast allen Schießübungen und den damaligen baulichen Gegebenheiten der Schießstände - Ausnahmen waren auf den Truppenübungsplätzen natürlich möglich).

    "Schulgefechtschießen ist die Krönung dieser Dienstzweige"

    Warum ist dies so? Nun, diese Art der Vorbereitung auf den Feuerkampf kommt dem echten Feuerkampf im Gefecht am nächsten, denn bei Durchführung des Schulgefechtschießens kommen - in der neuen Vorschrift - alle Arten der Ausbildung in Durchführung; selbst die formal geübten Handhabungen und Ausbildungsgrundsätze für den Kriegseinsatz. Dies war eine völlig neue Feuertaktik gegenüber dem 1. WK, wie Generalleutnant Stephanus betonte, worauf ich noch zu sprechen/schreiben komme.

    Fortsetzung folgt!

    Gruß Karl

    * damalige Schreibweise

    ** Wie bereits von Rainer erwähnt !

    *** Verlag "Offene Worte"

    Edited once, last by Karl Grohmann (August 21, 2021 at 8:13 PM).

  • Hallo,

    Fortsetzung:

    Bereits 1924/25 setzte sich der damalige Major und spätere Generalleutnant Stephanus in der Infanterieschule Döberitz für eine Änderung des Infanterie - Gefechtschießens ein.* Letztlich fanden diese Neuerungen Eingang in den überarbeiteten Vorschriften, vor allem in der von 1939.

    Stephanus hob bereits 1924 in seinem Vortrag, basierend auf den Kriegserfahrungen 1914 -1918, folgende Schwerpunkte heraus, um das Schulgefechtsschießen effektiver zu gestalten, denn dieses war ja die Voraussetzung um in der Ausbildung die Grundlagen für das Feuergefecht im Kriege zu schaffen. Es ging also darum die Feuertaktik den Gesichtspunkten einer modernen Kriegsführung anzupassen:

    (Nachfolgend Erläuterungen hinzugefügt D.U.).

    .

    > "Waffen nur der taktischen Lage angepasst einzusetzen". Feuerdisziplin wahren

    >"Verhalten des Einzelschützen: Bewegung nur unter Feuer". Feuerschutz

    > "die immer noch eigenommene Schützenlinie ist veraltet" überholt

    > "beim Schulschießen mit scharfer Munition nicht die Aufgabe darin sehen, auf jedes Ziel zu schießen, sondern überlegen ob die Art und

    Entfernung stimmt,

    "für die jeweilige Waffe in Frage kommt, also Entfernungs - und Zieleinschätzung, Waffenwirkung beurteilen", also ob Waffenwirkung erzielt

    werden kann

    >"taktische Lage prüfen, ob im Einzelfall nicht die Bewegung besser ist", folglich Ausnutzung der Feuerunterstützung durch andere

    ist

    >"abwarten in voller Deckung, wenn Feuerüberlegenheit"

    ACHTUNG: Der letzte Grundsatz wurde in den neueren Vorschriften - nach den Erfahrungen im Polenfeldzugs - durch

    "Wirkung geht vor Deckung"

    ersetzt.

    > von der Gruppe feuert nur ein Teil. Der andere Teilnutzt diese Feuer beim Angriff zur Bewegung und dem Vorwärtskommen" im Angriff

    Wichtig: Man sieht hier die deutliche Schwerpunktlegung auf den Angriff; das Defensivdenken der Reichswehr war nach dem Polenfeldzug weggefallen.

    Bezüglich der Formen und ihrer Veränderungen ist dann das neue Merkblatt:

    ,

    "D. 101, für die Gliederung und Kampfweise der Schützenkompanie zu 12 Gruppen vom 13.10.1939"

    zu beachten: Die bisherigen, relativ festen Gefechtsformen verschwanden in ihrer Starrheit in den Vorschriften. Zwar galt:

    > "Grundsätzlich jetzt einheitlich entwickeln**. Keine Trennung in Trupps."

    Dieser Richtsatz sollte die Schlagkraft erhöhen - Feuerkonzentration!

    > "Geöffnete Ordnung wechselt laufend, stets Lage, Gelände, Feindfeuer angepasst"

    Durch Wegfall der Systematik soll dem Gegner die Zielfindung erschwert werden, Deckungen im Gelände ausnutzen, Feindfeuer möglichst

    unterlaufen.

    > "Hauptsache: Lockere Formen, um Verluste zu vermeiden. Zusammenhalt wahren, aber nicht um das MG zusammenballen. Schnell vorwärts."

    Auch hier ist der Vorwärtsgedanke voll berücksichtigt, wobei der Zusammenhalt die Schlagkraft der Truppe erhöhen und die mündliche

    Befehlsübermittlung ermöglichen.

    Um diese fortschrittlichen Überlegungen und Leitsätze umsetzen zu können, bedurfte es der Neuordnung/Änderung der Grundformen des Vorgehens auf dem Gefechtsfeld. Das und genau das wurde im Gefechts - Schulschießen neben den vorgenannten Kernsätzen und Leitlinien/Vorschriften im scharfen Schuß, teilweise Überschießen, dann aber mit sMG auch geübt.

    Zu den drillmäßig eingeübten Formen und deren Veränderungen, wie Schützenreihe oder Schützenkette im nächsten Beitrag von mir.

    Gruß Karl


    * Hier sei nebenbei bemerkt, dass die Reichswehr leider oft nur nebensächlich hinsichtlich der Grundsteinlegung einer modernen Wehrmacht gelegt hat. Insbesondere sei hier Generaloberst Seeckt genannt.

    https://www.dhm.de/lemo/biografie/hans-seeckt

    ** die Formen der Entwicklung war im Grundsatz festgelegt und exerziermäßig eingeübt.

  • Guten Abend Karl,

    guten Abend Mitforisti,

    interessantes Thema. Gibt es denn in besagt HDVs keine Anreize zu Förderung der Treffgenauigkeit des einzelnen Schützen? Oder blieb es bei der Weisung:

    Quote

    > "beim Schulschießen mit scharfer Munition nicht die Aufgabe darin sehen, auf jedes Ziel zu schießen, sondern überlegen ob die Art und

    Entfernung stimmt,

    Das die korrekte Einschätzung von Gefechtsentfernungen wichtig ist, will ich nicht abstreiten. Wenn aber Übung im präzisen Schuss dadurch fehlt bzw. wenig praktiziert wurde nutzt mMn die Beste Schätzung von Entfernungen nichts.

    Da war das Vereinigte Königreich mit seiner Schiessausbildung bereits vor dem 1. Weltkrieg mMn. praxisnäher und fortschrittlicher (was aber möglicherweise den gemachten Erfahrungen u.a. in Südafrika geschuldet war).

    Ich kann aber auch komplett daneben liegen, da mir die entsprechenden HDVs nicht vorliegen.

    Viele Grüße

    Stefan

  • Hallo Stefan,

    das Schulschießen mit scharfer Munition meint das Schulgefechtsschießen. Das Schulgefechtsschießen stand am Ende der Grundausbildung, zumindest wurde es erst dann durchgeführt, wenn der Schütze in der Lage war, in diesem Falle seinen Karabiner vollständig zu beherrschen, d. h. nach abgeschlossener Schießausbildung als Einzelschütze.

    Diese Ausbildung erfolgte nach der

    H. Dv. 240 - Schießvorschrift für Gewehr ( Karabiner), leichtes Maschinengewehr, Pistole usw. ( auch Handgranate).

    Daneben musste der Schütze alle Formen der geöffneten Ordnung und der Entfaltung ebenso beherrschen (behandle ich im nächsten Beitrag) wie das Entfernungsschätzen, Geländebeurteilung usw.

    Während der Durchführung des Schulgefechtsschießens konnte man den Ausbildungsstand ( Fähigkeit ein Feuergefecht zu führen) der Truppe beurteilen

    Vereinfacht gesagt: Schulgefechtsschießen war die Krönung der gesamten Ausbildung ( ohne Spezialausbildung) der Infanterie.

    Gruß Karl

  • Hallo,

    Fortsetzung:

    Um den Feuerkampf im Gelände führen zu können, bedurfte es der Beherrschung der geöffneten Ordnung der Gruppe und der Entfaltung des Zuges.

    Das heißt, diese Arten der Bewegungen im Gefechtsfeld waren genau vorgegeben und jeder Mann hatte seinen festen Platz innerhalb dieser Form/Aufstellung, Bewegung. Auch dies wurde im Rahmen des Schulgefechtsschießens geübt bzw. angewendet. Sie dürfen mit der geschlossenen Ordnung, wie, der Linie, der Marschordnung, der Exerzierordnung und der (allgemeinen) Reihe nicht verwechselt werden, deshalb nennt man diese geöffnete Ordnung.

    a) die Schützenreihe und

    b) die Schützenkette.

    Zu a) Die Schützenreihe eignet sich zur Annäherung an den Feind und zum Feuerkampf der Gruppe.

    .Hierbei ist zu beachten, dass die Gruppe diese Form auch im Kompanie - oder Bataillonsrahmen beibehalten kann ( Je nach Annährung an den Feind.)

    Hierzu ein Beispiel aus der H. Dv. 130/2b von 1939:

    ( S. 19 Seitenzahl/Reihenfolge beachten!)

    Zu b)

    Aus der Schützenreihe heraus wird bei einem zu erwartenden Feuerkampf die Schützenkette gebildet. Diese ermöglicht es allen Schützen das Feuer zu eröffnen.

    Zweck der Schützenkette ist es aber auch eine Zusammenballung der Gruppe, insbesondere um das MG, zu vermeiden und nur möglichst keine oder nur kleine Ziele zu zeigen.

    Während beider Vorgehensweisen ist das Kommando: "Stellung" möglich, dem dann weitere Befehle des Gruppenführers folgen; wie z. B. "Kirchturm feindl. Schütze!"......

    Hierzu ein Beispiel:

    ( S.20 Seitenzahl/Reihenfolge beachten)

    Diese Formen werden beim Schulgefechtsschießen auch angewendet, um den Schützen die Gefechtsfeldsituationen im scharfen Schuß zu zeigen, sich an das Gewehr - oder MG - Feuer - auch der Nebenmänner zu gewöhnen und trotzdem die Entfernung richtig einzuschätzen, das Ziel zu beurteilen, Geländevorteile soweit möglich auszunutzen (Truppenübungsplatz).

    Die Abstände von Mann zu Mann betragen in der Schützenkette 5 m. Der Gruppenführer kann auch 10 m anordnen.

    (Immer bedenken: Dies ist ausbildungs - schulmäßig, das echte Feuergefecht kann andere Vorgaben erforderlich machen, die dann ggf. befohlen oder selbständig eingenommen werden).

    Im nächsten Beitrag möchte ich dann die Entfaltung des Schützenzuges behandeln.

    Gruß Karl

  • Hallo Karl,

    danke fürs Erklären. Der Charakter des Schulgefechtsschießens, der wohl möglichst nah an die spätere Einsatzrealität heranreichen sollte, war mir so nicht bekannt.

    Ich weiß Einzeiler sind verpönt, aber da ich Dir deine Struktur nicht durch weitere Zwischenfragen zerschießen möchte, warte ich mit Fragen bis Du Deine Einführung beendet hast.

    Viele Grüße

    Stefan

  • Hallo,

    Fortsetzung:

    " Entfaltung des Schützenzuges"

    Um den Feuerkampf führen zu können muss sich der Schützenzug entfalten, damit, falls erforderlich - alle Schützen, einschließlich lMG gleichzeitig das Feuer eröffnen können, ohne sich gegenseitig zu gefährden und dem Gegner ein zusammenhängendes Ziel zu bieten. Die Schützen werden also durch die Entfaltung im Gelände verteilt.

    "Der Zugführer kann aber jede andere Gliederung befehlen. Er kann z. B. 2 Gruppen in vorderer Linie vorgehen und 2 Gruppen in 2. Linie folgen lassen.

    Auf dem Gefechtsfeld gehen oft die Gruppen des ganzen Zuges in Reihe oder Schützenreihe hintereinander vor. Die Abstände von Gruppe zu Gruppe sind zu befehlen."

    Beispiele zur Entfaltung:

    " Zug -Keil"

    (Bild 11)

    "Zug - Breitkeil"

    (Bild 12)


    Im nächsten Teil möchte ich dann "Die Kampfweise" und den "Feuerkampf" abhandeln.

    Teil C. zu H.Dv,130 2/b "Merkblatt für Gliederung und Kampfweise der Schützenkompanie zu 12 Gruppen" vom 13. Oktober 1939.

    Gruß Karl

  • Hallo,

    Fortsetzung

    Zuvor erscheint ein Rückblick über die Entwicklung ( später Entfaltung) der geöffneten Ordnung für den Feuerkampf zweckmäßig um zu verstehen, warum sich die Vorschriften durch das Merkblatt130 2/b vom 1937 zur H. Dv. 130 von 1939 im Hinblick auf die Kampfweise und die Führung des Feuerkampfes geändert hat:

    Vor dem I. WK wurde in der Schützenkompanie nur mit Gewehren geschossen. Damit jeder schießen konnte mussten die Schützen frühzeitig

    "schwärmen". D.h., sie bildeten eine Schützenlinie. Im I. WK zeigte sich, dass dieses breite Form im feindl. Feuer unpraktisch ( unzweckmäßig, taktisch unklug) war .

    Man bildete nunmehr die Schützenreihe, also Mann hinter Mann mit Abständen. Da auch dies unzweckmäßig war, bildete man einen zwanglosen und tiefen Haufen hinter dem Führer, das Schützenrudel. Eine Teilung in Trupps und andere Form war nun aber möglich.

    Eine Trennung MG und Schützentrupp war vorgesehen.

    Nun brauchte aber der Schützentrupp für den Feuerkampf eine breite, wenn auch nicht geradlinig ausgerichtete Schützenline.

    War die Stellung z. B. an einem Flussufer, so musste man die Feuerkette, ein Schütze liegt neben dem anderen Schützen am Ufer, wählen.

    Diese Entwicklung vom Reichsheer, durch die Reichswehr wurde nach Kriegserfahrungen im Polenfeldzug durch das Merkblatt für die Wehrmacht abgelöst.

    Es galten also bei dem Feuerkampf der Wehrmacht die angeführten und meines Erachtens sehr fortschrittlichen Formen der geöffneten Ordnung und der Entfaltung des Merkblattes, die möglichst vor dem Feuerkampf einzunehmen waren.


    "Der Feuerkampf der Schützenkompanie"

    Teil C. zu H.Dv,130 2/b "Merkblatt für Gliederung und Kampfweise der Schützenkompanie zu 12 Gruppen" vom 13. Oktober 1939.

    "Der Feuerkampf wird im Rahmen der Gruppe ( üblicherweise1/9) und NICHT des Trupps ( beliebige Anzahl von Soldaten innerhalb der Gruppe) geführt.

    Der Gruppenführer setzt bei Feuereröffnung zuerst das lMG ein. Er leitet das Feuer seiner Gruppe" ( Soweit vom Zug- oder Kompanieführer nichts anderes befohlen und BEACHTE: Falls einzelne gegnerische Schüsse fallen und kein Feuerüberfall, wird nur auf seinen Befehl das Feuer eröffnet, nicht selbständig!)

    "In manchen Fällen ist an Stelle des lMG der Einsatz eines guten Gewehrschützen vorzuziehen. Bei guter Wirkungsmöglichkeit, ggf. auch bei unzureichender Deckung, werden die Gewehrschützen schon frühzeitig am Gewehrfeuer teilnehmen. Spätestens wenn der Angreifen sich zum Einbruch ( Angriff) gliedert, ist die Masse der Gewehrschützen in vorderer Linie einzusetzen und das Feuer mit ihnen zu eröffnen.

    Die Teile der Gruppe, die sich am Feuerkampf nicht beteiligen, werden in Deckung zurückgehalten. Wenn es das Gelände erfordert , setzen sie sich ab. Der Zusammenhalt innerhalb der Gruppe darf dabei nicht verloren gehen. ( Reserve)

    Die Feuereröffnung behält sich der Gruppenführer in der Regel vor. (Siehe vorstehende Zeichnungen). Bei der Breite und Tiefe ( Der Soldat darf eine geeignete Feuerstellung mit Deckung einnehmen, ohne den Zusammenhalt der Gruppe zu verlieren und ohne eine Gefährdung von Kameraden). Bei einer entwickelten Gruppe ist unter Einwirkung des feindl. Feuers eine Feuerleitung der gesamten Gruppe nur ausnahmsweise möglich. ( Im II. WK wurden in bestimmten Lagen sogar durch vereinbarte Pfeifzeichen Befehle übermittelt).

    Die Gewehrschützen führen daher im Rahmen der Gruppe den Feuerkampf meist selbständig, es sei denn, dass der Gruppenführer das Feuer seiner Gewehrschützen auf ein Ziel zusammenfasst.

    Beispiel für Feuereröffnung von lMG und Gewehrschützen nacheinander: (Zielansprache)

    lMG: Geradeaus, Schornstein!-

    Rechts davon im Acker Schützen!

    Visier 400!

    Stellung! Feuer frei!"

    ( Hier ist die Vorschrift - das erlaube ich mir - nicht präzise. Der Befehl; Feuer frei wurde beim MG besonders, aber auch an die Schützen fast immer - um Munition zu sparen mit Vorgaben gegeben: Feuerstöße ( üblicherweise je zwischen 3 und 5 Schuß) oder jeweils Feuerstöße auf Schützen; Dauerführer nur in Ausnahmefällen, ebenso wurde die Schußzahl/Patronen der Einzelschützen meist begrenzt)

    "Beispiele für die Feuereröffnung der ganzen Gruppe:

    1. Halbrechts im Waldrand Schützen!

    Ganze Gruppe: Visier 450!

    MG 100 Schuß! ( Hier präzisiert, wobei dies MG Schützen nur als Anhalt diente)

    Stellung! Feuer frei!.

    2. Ganze Gruppe! Stellung! Marsch Marsch! ( Gruppe musste also erst in Stellung gehen)

    Feuer frei!"

    Nach dem Feuerkampf sind die Waffen zu überprüfen und entsprechend Befehl zu handhaben.

    Soviel zum Feuerkampf der Gruppe, die ggf. im größeren Verband eingesetzt war wobei der Gruppenführer dann die Befehle des jeweiligen Vorgesetzten an seine Gruppe umsetzte und befahl.

    Dass es im Krieg oft andere Umstände gab ist wohl jedem klar und diese brauchen nicht gesondert erwähnt zu werden.


    Zu Abrundung noch ein Blick zu Gefechtsschulschießen.

    Dort wurden all diese Gegebenheiten von der geöffneten Ordnung bis zur Entfaltung durchgespielt. Ich möchte hier nicht von exerziert sprechen, da gerade dies Ordnungsformen den Schützen dazu erziehen sollten sich freies Schußfeld bei möglichst guter Deckung zu suchen, ohne Kameraden zu gefährden, den Zusammenhalt der Gruppe zu verlieren und Feuerdisziplin zu wahren. Dabei sollte er noch die die richtige Entfernung zum Ziel einschätze können ( Konnte von der Schießaufsicht abgefragt werden (Sprachrohr).

    Das MG war meist flankierend, überwiegend am li. Flügle, eingesetzt. Im Gefecht selbst je nach Lage und Deckung.

    Die Ziele waren durch Klappscheiben mit Abbildungen, Einzelschütze, MG Schütze, Schützengruppe, eher selten.

    (Nach dem Krieg habe ich mehrfach an einem Schulgefechtschießen auf dem Truppenübungsplatz Münsingen mit flankierendem MG im scharfen Schuß teilgenommen.)

    Gruß Karl

    Für Korrekturen und Kommentare bin ich aufgeschlossen!

  • Guten Abend Karl,

    hier die Fragen die mir zum Thema gekommen sind.

    Kommt noch ein Teil zu den einzelnen Schießdisziplinen, sofern diese im Rahmen der Schießausbildung geschossen wurden? Ggf. mit Unterteilung in die einzelnen Waffentypen Pistole, Karabiner, MPi, lMG, sMG?

    Gab es bei den Schießdisziplinen ein statisches System (d.h. einzelne Disziplinen die unabhängig von einander absolviert werden konnten) oder ein "progressives" System (d.h. erst bei Erfüllen eines gewissen Maßes an treffgenauigkeit konnte erst die nächste Disziplin absolviert werden)?

    Zum Ende Deines letzten Kommentars erwähnst Du Klappscheiben, die während des Schulgefechtsschießens verwendet wurden.

    Wurden hiermit "dynamische" Gefechtssituationen nachgebildet, d.h. durch Hochklappen der Zielscheiben das Simulieren eines auftauchenden Feindes?

    Fand ein solches System auch bei der Ausbildung des einzelnen Schützen Anwendung?

    Viele Grüße

    Stefan

  • Hallo Stefan,

    die H. Dv 240 "Schießvorschrift" möchte ich nicht behandeln, da dies eine recht formale Angelegenheit ist. D. h., es waren alle Abläufe ( auch aus Sicherheitsgründen) genau festgelegt. Insofern gibt es dazu eigentlich nichts oder nicht viel zu kommentieren, da kein Spielraum in den Abläufen bleibt. Deswegen habe ich innerhalb der Schießausbildung das Gefechtsschulschießen und den Feuerkampf der Schützen gewählt. Dabei habe ich schon die H.Dv. 130/1 und die 130/2a von 1937 nur kurz einfließen lassen, da diese durch die H. Dv. 130 2/b von 1939 - zumindest teilweise -überholt waren.

    Gab es bei den Schießdisziplinen ein statisches System (d.h. einzelne Disziplinen die unabhängig von einander absolviert werden konnten) oder ein "progressives" System (d.h. erst bei Erfüllen eines gewissen Maßes an treffgenauigkeit konnte erst die nächste Disziplin absolviert werden)?

    Es gab sowohl ein statisches System, wie Du es bezeichnest, aber auch ein progressives System. Letzteres sehe ich darin, dass es verschiedene Schießklassen gab. Das bedeutet, je treffsicherer ein Schütze war, desto mehr stieg er in der jeweiligen Schießklasse auf.

    Es konnten auch Patronen nachgegeben werden, um dem Schützen mit sog. "Nachschüssen" die Übung zu erreichen.

    Hier müsste dann auch noch das System der Verleihung der Schützenschnüre erwähnt werden. Außerdem konnte man sich Sonderurlaub durch ein gutes Trefferergebnis " erschießen" .Es konnten auch gute Schützen und besonders ausgewählte Soldaten vor dem Krieg zu sog. "Wanderpatrouillen" ausgewählt werden, die dann sehenswerte Städte im DR aufsuchten aber in Kasernen übernachteten.

    Will man den gesamten Ablauf der Schießausbildung abhandeln, so ist dies ein sehr komplexes Thema, das in Teilbereichen sicher hier im Forum schon behandelt worden ist.

    >Vor Beginn der Schießausbildung steht das Waffenexerzieren.

    > dem folgt parallel die Waffenkunde, die die Voraussetzung dafür bot, dass der Schütze seine Waffe praktisch und technisch völlig beherrschte.

    > Dann galt es die verschiedenen Munitionsarten und ihre Wirkung theoretisch zu kennen.

    > Dem folgte die Schießlehre ( oder parallel) von dem Vorgang in der Waffe beim Schuß, über die Flugbahn bis hin zum Zielen und den Zielfehlern.

    > Dann folgten die Anschlagarten praktisch, parallel das Entfernungsschätzen und Geländekunde, Ziel erkennen, Zielansprache.

    > Dann erst das Schulschießen des Einzelschützen mit Berichtigung der Zielfehler ( Auch ein formaler Ablauf) mit Eintrag ins Schießbuch des Schützen und die Schießkladde ( Meistens Verbleib beim Waffen - und Gerätewart) - Übung erfüllt oder nicht erfüllt. Der Nichterfüller durfte dann die Patronenkästen tragen und ggf. Liegstützen etc. machen.

    > Der Flugzielbeschuss, i

    > Den Abschluß bildete dann das Schulgefechtsschießen.

    ( Erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit)

    Kommt noch ein Teil zu den einzelnen Schießdisziplinen, sofern diese im Rahmen der Schießausbildung geschossen wurden? Ggf. mit Unterteilung in die einzelnen Waffentypen Pistole, Karabiner, MPi, lMG, sMG?

    Jede Waffenausbildung erfolgte gesondert. Der Soldat sollte Gewehr/Karabiner, Pistole, Handgranate und l MG beherrschen, Später dann Das Stg./MPi. . Die Ausbildung als ausschließlicher MG und sMG Schütze erfolgte gesondert.

    Alle weiteren Ausbildungen waren in der Ausbildung zum Schützen nicht vorgesehen. Schon die Ausbildung zum Gefreiten war gesondert geregelt.

    Zum Ende Deines letzten Kommentars erwähnst Du Klappscheiben, die während des Schulgefechtsschießens verwendet wurden.

    Wurden hiermit "dynamische" Gefechtssituationen nachgebildet, d.h. durch Hochklappen der Zielscheiben das Simulieren eines auftauchenden Feindes?

    Klappscheiben dienten als Ziel und konnten entweder feststehend, nur kurz auftauchend oder fallend nach Treffer verwendet werden, also mit oder ohne Zugleine. Soweit mir bekannt erfolgte die Verwendung der Klappscheiben nur beim Schulgefechtsschießen.

    Fand ein solches System auch bei der Ausbildung des einzelnen Schützen Anwendung?

    Es konnten aber einzelne Zieldarstellungen mittels Scheiben und Latten (z. B. liegende und zielende Soldaten) zur Schießausbildung im Gelände aufgestellt werden.

    Wenn ich hier den alten Spruch: " Das Gewehr ist die Braut des Soldaten!" anfüge, dann kann man sich vorstellen, dass der Soldat bis in Letzte mit seiner Waffe vertraut sein musste/sollte.

    Der Kriegsverlauf verlangte dann eine Verkürzung und Vereinfachung der Ausbildung.

    Quellen:

    "Der Reibert: Dienstunterricht im Heere"

    H.Dv en: 103, 104, 130/1, 130/2a, Merkblatt 130/2b zur H.Dv 130,

    "Der Feuerkampf"

    Die H. Dv. 240 von 1937 "Schießvorschrift Gewehr....." gibt es derzeit im Netz um 15.- Euro.

    Gruß Karl

    Edited once, last by Karl Grohmann (August 26, 2021 at 2:06 PM).

  • Guten Abend Karl,

    vielen Dank für die ausführlichen Antworten und Hinweise auf die entsprechenden Vorschriften.

    Viele Grüße

    Stefan

  • Hallo Karl,

    mit Interesse habe ich deine bisherigen Ausführungen hier zur Schiessausbildung verfolgt,durch Zeitmangel aber keine Gelegenheit gehabt einige Ergänzungen etc. hinzuzufügen.

    H.Dv en: 103, 104

    diese Vorschriften behandeln nun speziell die Ausbildung am leichten und schweren Granatwerfer!

    Inwiefern möchtest du diese Schiessausbildung in diesen Thread mit einbauen?

    Gruss Chris

  • Hallo Chris,

    diese Vorschriften sind im Vorwort zum Merkblatt zur H. Dv. 130/2bvom 13.Oktober 1939 erwähnt. Da diese Waffen mit zum Feuerkampf der Schützenkompanie gehören, deshalb habe ich sie der Vollständigkeit halber erwähnt.

    Darin heißt es in

    "2. Dieses Merkblatt enthält nur Bestimmungen die von denen der H.Dv. 103, usw.

    Im "Feuerkampf der Schützenkompanie "Ausgabe 139/40 ist die H.Dv. 104 und 103 im Vorwort erwähnt.

    Insofern gehe ich davon aus, dass Passagen davon in dem Merkblatt Eingang gefunden haben, ohne dass es explizit um den bzw. die Granatwerfer ging.

    Gruß Karl