• Guten Tag ,

    in meinem Stadtteil in Hannover gibts wie wohl auch in vielen anderen eine Siedlergemeinschaft welche die Geschichte des Stadtteils ergründen möchte. Nun ist nach der Gründung des Stadtteils der auf die 30er Jahre zurückgeht auch nebenan in den späteren Jahren ein KZ für die Hanomag und Leichtmetallwerke geschaffen worden.


    Dazu ein auszug aus den bisherigen Informationsstand dazu:


    Am 3. Februar 1945 wurden fünfhundert Häftlinge zu dem sogenannten Arbeiterlager im Südwesten Hannovers geführt. Es war das größte der insgesamt 8 Fremdarbeiterlager, die zu Zeiten des Krieges zu einer Lagergemeinschaft zusammen gefaßt waren. Dieses KZ lag direkt an der Landstraße nach Hameln, der heutigen B 217, unweit der Ortschaft Wettbergen, auf gleicher Höhe wie der noch junge Stadtteil Oberricklingen.

    Das Lager existierte seit 1942, und beherbergte durchschnittlich 3300 Menschen aus über 10 Nationen. Allerdings waren die ausländischen Fremdarbeiter nicht freiwillig in Deutschland, sondern zwangsverpflichtet oder verschleppt.
    Beschäftigt wurden sie in den Betrieben der näheren Umgebung, z.B. Hanomag, Schmidding, Vereinigte Leichtmetallwerke und der Reichsbahn (Bahnhof Fischerhof).


    Das Lager bestand aus insgesamt 40 Holz- und Steinbaracken, wobei das KZ den nördlichen Abschluß des Zwangsarbeiterlagers bildete. Das KZ bestand aus 10 leicht gebauten Blöcken, die alle von einem Drahtzaun umgeben waren. Sie standen alle hintereinander parallel zur Hamelner Chaussee. Ihre Giebelseiten ließen nur schmale Zwischenräume bis zum Zaun, zwischen den einzelnen Blöcken aber gab es Freiflächen von ca. 30 Metern.
    Die Eingänge zu den Häftlingsunterkünften befanden sich auf der Straße zugewandten Seite. Der Stacheldrahtzaun umgab nur den Häftlingsbereich. Die erste Baracke in den die SS- Leute und die Marienesoldaten untergebracht waren, lag außerhalb der Umzäunung. Ein Wachhäuschen befand sich am Eingang des Lagers, und an der Nordseite standen einige Wachtürme. Das benachbarte Arbeiterlager war durch einen schmalen Korridor abgetrennt, in dem die Wachmannschaften patrouillierten.

    Als die Häftlinge in das Lager einmarschierten, fehlten in den meisten Baracken die Fenster und Türen, die Aborte waren defekt, Wasser - und Lichtleitungen unterbrochen und der Boden knöcheltief verschlammt. In den Baracken selbst fehlte es an Bettstellen und Decken. Die erste Nacht verbrachten alle Insassen auf dem Fußboden. Am nächsten Tag wurden dann Strohsäcke und Decken herangebracht. Die Häftlinge mußten sie selbst aus den Eisenbahnwaggons mit Hilfe eines LKWs heranschaffen. Und auch in den nächsten Tagen waren sie damit beschäftigt das Lager in halbwegs bewohnbaren Zutand zu versetzten.

    Der Drahtzaun mußte repariert und unter Strom gesetzt werden, an den Ecken des Lagers wurden hohe Pfähle gesetzt um Scheinwerfer anzubringen, die das Lager auch nachts taghell erleuchten sollten. Kommandos gingen in die Stadt, um aus den Kriegstrümmern, Brauchbares zu organisieren, wie z.B. Fenster und Türen. Schutt und Schlacke wurde angefahren um den Boden begehbar zu machen.
    Bettkästen - immer drei übereinander - wurden gebaut und mit Holzwolle ausgekleidet, Aborte und Waschhaus mußten wieder repariert werden und aus dem KZ Stöcken wurden die ersten Vorräte für die Küche geliefert. Innerhalb einer Woche hatten die Häftlinge somit das Lager einigermaßen wieder benutzbar gemacht. Nun konnte das „normale“ Lagerleben wieder beginnen, das 3 Wochen seit dem Aufbruch aus Laurahütte unterbrochen war.

    Die Häftlinge wurden von 11 SS- Männern und etwa 40 Marienesoldaten bewacht. Die engere Kontrolle fand durch eine kleine Gruppe SS-Angehöriger statt. Die Marineabteilung hatte eine reine Wachfunktion. Kommandant des Lagers war Oberscharführer Quackernack. Sein Stellvertreter war wie in Laurahütte, der SS Oberscharführer Otto B. Die sogenannten Rapportführer waren im Wechsel die SS Rottenführer Rex und Grams. Weitere SS-Angehörige waren der aus Polen stammende SS Unterscharführer Plasa, und der SS Rottenführer Hans Reptschuk. Es gab auch noch einige Kroaten die zur SS-Truppe gehörten.

    Über die Marinebewachungsmannschaft ist nur wenig bekannt. Selbst über die Bekleidung gibt es unterschiedliche Aussagen, einzig die Bewaffnung mit einem Karabiner 98 ist eindeutig belegt. Die Brutalität der SS-Männer ist an der Tagesordnung, wie in anderen Lagern dieser Art auch. Das Verhalten der SS wurden von vielen Dingen beeinflußt. Unter anderem von der Tatsache, dass sich einige profilieren wollten, um nicht an die Front zu müssen, denn keiner wollte mehr für den Führer in der Ferne sein Leben lassen. Somit wurden die Häftlinge erbarmungslos geschlagen, getreten und in einem fort angebrüllt.

    Die 500 Häftlinge des KZ Mühlenbergs, waren nach Ihrer Ankunft in den Baracken 5 - 8 Untergebracht. Jeder dieser Blöcke hatte an beiden Seiten je 2 Stuben mit etwa 35 dreistöckigen Betten, einen Ofen und einen Tisch mit Bänken für vielleicht 10 Leute. Der Stubenälteste hatte Anspruch auf eine Schrank. Zwei Decken gehörten zu jedem Bett, eine als Lacken und eine zum Zudecken. Es ist anzunehmen, dass die „Bettwäsche“ während des Häftlingsaufenthaltes nicht gereinigt wurde. Aus diesem Grund hatten die Gefangenen auch unter reichlich Ungeziefer zu leiden. Die Bekleidung der Häftlinge litt dementsprechend ebenso. Schuhe besaßen die meisten nicht, so, dass sich viele Lappen um die Füße wickelten. Lungenentzündungen, Hungerödeme und Entkräftung waren die Hauptleiden, mit denen die Häftlinge zu kämpfen hatten. Natürlich neben den täglichen Mißhandlungen im Lager selbst durch die SS und beim Arbeitseinsatz in den Fabriken.

    Die Todesrate lag bei 5 - 10 Toten am Tag. Die meisten davon wurden auf dem Seelhorster Friedhof vergraben. Viele hatten auch schon den ersten Tag im Lager nicht überlebt, weil sie völlig entkräftet dort angekommen waren. So wurde berichtet, dass Wolf Sonnenschein bei der Ankunft in Hannover schon nicht mehr schnell genug auf den Beinen war, er stürzt unter Schlägen und Tritten der SS, seine Brille fiel zu Boden und wurde zertreten. Der polnischer Jude war ohne seine Brille völlig hilflos, weil er sehr kurzsichtig war. Er wurde in den Waschraum gestoßen, und so lange mit kaltem Wasser aus dem Schlauch bespritzt, bis er am Boden liegen blieb. Am nächsten Morgen lag er noch immer tot dort. Aber nicht alle Häftlinge wurden auf dem Seelhorster Friedhof bestattet. Zwei Häftlinge, die kurz nach der Ankunft im Lager verstorben waren, sind nicht weit von der Wettberger Mühle einfach so in der Erde verscharrt worden.

    Laut Lageraufzeichnungen, starben in der ersten Woche 7 Häftlinge. In den nächsten 2 Wochen etwa 38 Gefangene. In den folgenden 4 Wochen sank die Sterberate geringfügig ab, so sind in den Wochen vom 27. Februar - 13. März, 19 Todesfälle verzeichnet, zwischen 14 März - 12 März, 17 Todesfälle. Die Gesamtzahl der aus dem KZ Mühlenberg stammenden und auf dem Seelhorster Friedhof bestatteten Häftlinge beträgt 79. Bis zu 8. März wurden sie noch im Krematorium verbrannt. Später dann in einem Massengrab verscharrt. Abgeholt wurden die Leichen mit einen Laster, nur in Papiersäcke gewickelt. Der damalige zuständige Bestattungsunternehmer weigerte sich dann aber bald die Toten wie „Vieh“ aufeinander gestapelt aus dem Lager abzuholen. Um der Masse der Leichen dennoch herr zu werden, wurden sie gestapelt in der Leichenhalle des Lagers zwischengelagert. Als dann der Transport zum Friedhof nicht mehr funktionierte wurden sie in Gruben in dem Lager selbst verscharrt. Es wurden auch Bombentrichter um das Lager herum für diese Zwecke genutzt.

    Aufgrund der Nachfrage an Zwangsarbeitern in den Fabriken, der hohen Sterberate und den erforderlichen Nachschub an Häftlingen, kann man nicht mehr eindeutig nachvollziehen, wie viele Gefangene in dem Lager bis zur Evakuierung am 6. April 1945 vegetierten. Ein Großteil der Häftlinge wurde dann nach Bergen-Belsen geführt. Etwa 50 zurückgebliebene Kranke und Marschunfähige wurden von den SS-Wachen ermordet.


    Aus den Jahren 42 bis eben 45 gibt es nur wenige Informationen und über Angehörige der Wachverbände ( insbesondere den Marineangehörigen ) genauso. Hat irgender kenntnis darüber oder andere Information ?

    MFG
    Marc

    Heimat ist mehr als ein Standort

  • Hallo Marc,

    das Lager Mühlenberg war ein Ausenlager des KL Neuengamme, wahrscheinlich ist Dir die Dokumentation mit der Gedenkstätte auf der Neuengammer Seite schon bekannt? Unter dem dortigen Link zur Gedenkstätte an der Bonhoeffer-Kirche sind auch ein paar Literaturhinweise verzeichnet:

    http://www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de/index.php?id=3…lager_pi1%5Buid

    Bei Justiz und NS-Verbrechen ist die Veröffentlichung eines Urteiles des Landgerichtes Hannover gegen zwei Angehörige der Wachmannschaft dieses Lagers in Vorbereitung, die während des "Evakuierungsmarsches" der Lagerinsassen im März und April 1945 zahlreiche Häftlinge erschossen haben. Einer der Angeklagten wurde freigesprochen, der zweite zu 6 Jahren verurteilt:

    Verfahren Lfd.Nr.873
    Tatkomplex: NS-Gewaltverbrechen in Haftstätten, Verbrechen der Endphase
    Angeklagte:
    Gra., Alfred Freispruch
    R., Friedrich-Wilhelm 6 Jahre
    Gerichtsentscheidungen:
    LG Hannover 810731
    Tatland: Deutschland, Polen
    Tatort: HS KL Hannover-Mühlenberg, auf dem Weg des Evakuierungsmarsches von dem KL Hannover-Mühlenberg in das KL Bergen-Belsen
    Tatzeit: 4503. 4504
    Opfer: Juden, Zigeuner, Häftlinge
    Nationalität: Belgische, Jugoslawische, Niederländische, Polnische, Tschechoslowakische, Rumänische
    Dienststelle: Haftstättenpersonal KL Hannover-Mühlenberg
    Verfahrensgegenstand: Ertränken und Erschiessen von Häftlingen im Lager. Einzelerschiessung einer Vielzahl von marschunfähigen Häftlingen während des Evakuierungsmarsches von dem KL Hannover-Mühlenberg in das KL Bergen-Belsen

    Veröffentlichung in Vorbereitung

    Das Urteil kannst Du hier bestellen:

    http://www1.jur.uva.nl/junsv/bestellen.htm

    Der Lagerkommandant Walter Quakernack wurde nach Kriegsende zum Tode verurteilt und in Hameln hingerichtet. Wenn Du in Erfahrung bringen könntest, durch welches Gericht er verurteilt wurde, ließen sich bestimmt auch diese Gerichtsakten finden.

    Zum Friedhof in Hannover-Seelhorst noch dies, in der dortigen Historie ist weiteres zu finden:

    http://www.weltkriegsopfer.de/Information-Anzeige-Städtischer-Friedhof-Hannover-Seelhorst_Friedhofdetails_0_1117.html

    Gruß, J.H.

  • Hallo ,

    ja danke für die Links , den von Neuengamme kannte ich wirklich. Das mit den Urteilen finde ich sehr intressant und war mir auch nicht bekannt, danke dafür.

    Ich bin der Meinung das Quackernack in Hameln verurteilt wurde aber bin mir nicht zu 100% sicher.

    Gruß
    Marc

    Heimat ist mehr als ein Standort

  • Hallo,

    Weil Johann Heinrich Seelhorst erwähnte, passt evtl. folgender Artikel dazu.

    Am 6.4.1945 wurden auf dem Hannover-Seelhorster Friedhof 154 Zwangsarbeiter, die aus dem AEL Lahde in Pertershagen kamen, ermordet. An eben jener Stelle steht heute eine Gedenkstehle.

    Weiteres siehe im beigefügten Artikel.

    Viele Grüße
    Steffen

  • Morgen ,

    die letzten Marschunfähigen so hab ich nun aus Erzählungen sollen ebanfalls am 6.4,1945 auf dem Rciklinger Friedhof erschoßen worden sein. Nun ist da die frage ob es sich beim dem Kommando vom Ricklinger Friedhof um das gleiche wie auf dem Seelhorster handelte.

    Gruß

    Marc

    Heimat ist mehr als ein Standort

  • Quote

    Original von G.R 517
    die letzten Marschunfähigen so hab ich nun aus Erzählungen sollen ebanfalls am 6.4,1945 auf dem Rciklinger Friedhof erschoßen worden sein.

    Hallo Marc,
    eine Frage: woher stammt diese Information?

    Quote

    Original von G.R 517
    Ich bin der Meinung das Quackernack in Hameln verurteilt wurde aber bin mir nicht zu 100% sicher.

    Stimmt nicht ganz:
    Lagerleiter Walter Quackernack wurde am 30.05.1946 in Celle zum Tode verurteilt; und das Urteil wurde am 11.10.1946 in Hameln durch erhängen vollstreckt.

    Gruß aus Hannover,
    Wolf

    Ich bin neu hier! ;)

  • Hallo Niemandsland,

    wie gesagt diese Informationen entstammen Erzählungen. Kann diese bisher also auch mit keiner verifizierten Quelle versehen , es sei mir hoffentlich verziehen :-). Bin aber noch an dieser Sache drann.

    Ja und danke für die Info mit Quackernack !!!

    Gruß

    Marc

    Heimat ist mehr als ein Standort

  • Quote

    Original von G.R 517
    die letzten Marschunfähigen so hab ich nun aus Erzählungen sollen ebanfalls am 6.4,1945 auf dem Rciklinger Friedhof erschoßen worden sein.

    [2] S. 112: Das Lager in Mühlenberg wurde am 6. April 1945 geräumt, von den als Krank Zurückgelassenen wurden etwa 50 Häftlinge erschossen.

    [1] S. 528-533: Erschießungen im Lager Mühlenberg

    Wie auf den Seiten zu lesen steht, handelte es sich bei den 40 bzw. 52 erschossenen Häftlingen (Zahl: 40 Tote :: Georges Bonnet; Bericht Arthur Lehmann, Bergen Belsen, S.3 -- diese Quellen sind im Buch angeben!) offenbar nicht um eine geplante Hinrichtung, sondern viel mehr um eine Panik-Reaktion von 5 Angehörigen der SS-Wache. Die einfach in die Menge geschossen haben, offenbar, weil sie in der Minderheit befanden.

    Weder diese noch andere Quellen beziehen sich auf Erschießungen auf dem Ricklinger Friedhof.

    Es existieren diverse Berichte von Überlebenden, die auch im KZ Lager Mühlenberg überlebt haben. So stand glaube ich auch ein Bericht im Buch "Unter der Wolke des Todes leben...". Keiner Berichtete von Transport/en zum Ricklinger Friedhof. Oder von irgendwelchen Erschießungen dort. Was nicht heißt, das dort niemand erschossen/hingerichtet wurde. Aber vielleicht eher nicht Häftlinge vom KZ Lager Mühlenberg.

    Quellen:
    [1] Konzentrationslager in Hannover, Band II (Seitenangabe Siehe oben)
    [2] Orte der Erinnerung, Region Hannover

    Quote

    Original von G.R 517
    Nun ist da die frage ob es sich beim dem Kommando vom Ricklinger Friedhof um das gleiche wie auf dem Seelhorster handelte.

    Wahrscheinlich eher nein. Die SS bewachte das KZ Lagers Mühlenberg, und ein Kommando der GeStPo aus Ahlem war für das Massaker auf dem Seelhorster Friedhof verantwortlich (gibt dazu diverse Literatur).

    "Am 6. April 1945 vier Tage vor der Befreiung Hannovers und kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs wurden 153 Männer und eine Frau aus der Sowjetunion von einem Erschießungskommando der Geheimen Staatspolizei erschossen."

    Quelle: Orte der Erinnerung, Region Hannover, S. 118 :: dort wird die Inschrift der Stehle auf dem Seelhorster Friedhof genannt, wo 1945 das Massaker statt fand.

    Ich habe etwa 60 cm Literatur zum Thema Lager in Hannover. Und ich habe nicht alle Quellen die ich hier stehen habe, ausgewertet. Wenn ich aber noch was finde, melde ich mich und schreib es hier in den Thread.

    Gruß aus Hannover,
    Wolf

    Ich bin neu hier! ;)