Kesselausbruch Wilna ( Vilnius ) 1944

  • Hallo zusammen,


    vielleicht interessiert es den einen oder die andere:

    http://www.voruta.lt/antanas-verkel…yriai-iv-dalis/

    Es ist die Fortsetzung der Berichte des lit. Historikers A. Verkelis zu den Partisanenaktivitäten im Vorfeld von Wilna - auch des Jahres 1944.

    Auch hier wird wieder gezeigt, dass es eine organistorische, logistische Zusammenarbeit zwischen Wehrmacht, SS und den polnischen Partisanen der AK in diesem Bereich gegeben hat - ein Umstand, der im momentan "patriotisch" durch die PiS-Politik künstlich erregten Klima in Polen gerne verdrängt wird. In einem Papier wird gar beschrieben, dass eine Gruppe der AK mit den bekannten schwarzen SS-Uniformen eingekleidet gewesen sei...

    Der umstrittene AK-Partisan Romuald Rajs der 3. Wilnaer Brigade, dem hundertfacher Mord an orthodoxen Dorfbewohnern im Bereich Bialystok nachgewiesen wurde, wurde aktuell durch das "IPN" (poln. "Institut für nationales Gedenken") rehabilitiert. A. Verkelis weist ihm in dem Artikel jedoch auch Morde an Bewohnern eines litauischen Dorfes nach...

    Berichtet wird in ca. 90 Dokumenten, welche mir aus Vilnius zugestellt wurden, dass es einen det. Vertrag zwischen den Partisanen und der NS-deutschen Seite gegeben hat (vgl. Anlage!), den auch B. Chiari in seinem Werk über die Polnische Heimatarmee erwähnt hat. In einem Abwehr-Protokoll ist dieser Vertag detailliert erfasst. Bei Interesse kann ich diese Dokumente hier schrittweise einstellen - sie können auch über mich bezogen werden.

    Bei der Untersuchung der zahlreichen mir vorliegenden Totenzettel und auch der hier im Forum dankenswerterweise zusammengeführten Sammlungen fiel mir gelegentlich die eine oder andere Bezeichnung von Todesorten im Umfeld von Wilna auf, welche jetzt durch diese Dokumente mit Partisanenaktivitäten in Zusammenheng gebracht werden können - und zwar recht genau bez. der topographischen Zuordnung.

    Vielleicht kann man noch das eine oder andere Schicksal aufklären...


    Gruß

    Joseph

  • Hallo zusammen,

    ich möchte noch ein paar weitere Dokumente aus der Sammlung bez. der AK-Partisanen bei Wilna einstellen, welche die Kooperation dieser Einheiten mit WH und SS belegen.

    Hinrich Boy Christiansen (+) und Antoni aus Stettin haben sich vor Jahren hier im Forum bereits zu dieser Thematik geäußert - der Vater von Hinrich-Boy war Abwehrchef in Wilna und Vertrauensmann der AK bei diesen Verhandlungen - und auch bei den Kapitulationsgesprächen mit der AK während des Warschauer Aufstands - vgl.: Antonis Erinnerungen


    Hier nun die Ergebnisprotokolle zu diesen Verhandlungen - mit der Unterschrift von Major Julius Christiansen, dem Vater von Hinrich-Boy...:


    IMGP3762.pdfIMGP3763.pdfIMGP3764.pdf



    Gruß,

    Joseph

    Suche Informationen zum Füs.Bat. 170 im Zeitraum Juli 1944 und zur 269.I.D im Zeitraum Januar bis März 1945 (Festung Breslau)

  • Hallo zusammen,

    heute ist der 75. Jahrestag des Kesselausbruchs aus Wilna.

    Leider ist es mir bzw. anderen Mitgliedern der "IG-Vilnius 1944" nicht möglich gewesen, in diesem Jahr eine bereits angedachte Fahrt nach Vilnius zu realisieren.

    Aktuell fand ich in einem Online-Auktionshaus ein Foto, welches angeblich den Marsch einer Kolonne von Fallschirmjägern von Vilnius (Wilna) nach Kaunas (Kauen) zeigt. Dieses Bild kann dann eigentlich nur im Zeitraum Juli 1944 aufgenommen worden sein - vielleicht kann jemand diesen Trupp identifizieren bzw. die merkwürdigen mitgeführten Wägelchen erklären...?

    Ein sog. Sterbebild eines westlich von Vilnius bei Penkininkai Gefallenen (Willi Dahm) ergänzt ggf. das Gedenken an diesen Tag vor 75 Jahren...

    Veteranen der AK und auch offizielle Militärabordnungen der poln. Armee gedachten der poln. Opfer dieser Kämpfe - in der Sendung "Wilnoteka" des poln. TV-Senders "TVP Polonia" wurde gestern breit über dieses Ereignis berichtet.


    Gruß,

    Joseph

  • Hallo Joseph,

    bei den Karren könnte es sich um den IF.8 handeln,der sogenannte Infanteriekarren

    der Wehrmacht.

    Viele Grüße

    Jürgen

  • Hallo Joseph!

    In der Tat ein Datum, dass wieder sehr nachdenklich macht.

    Bei dem Wägelchen könnte es sich um folgendes handeln.

    Habe ich gerade bei einer großen Auktions-Plattform gefunden.

    Den IF 8 hatte ich zunächst auch in Verdacht, aber er macht mir einen massiveren Eindruck.

    Gruß

    Christian

  • Hallo zusammen,

    ich möchte hier nicht den Eindruck erwecken das Wissen von Christian zu übernehmen, aber da er schreibt: "könnte" möchte ich das Wägelchen als eindeutig von Christian erkannt ( sh. vorstehend) bestätigen. Zudem handelt es sich, wie schon Joseph O. schreibt, eindeutig um Fallschirmjäger, was als weitere Begründung für den abwerfbaren Fahrradanhänger zu werten ist.

    Gruß Karl

  • Moin, besonders lieber Joseph,

    seit 10 Tagen bin ich auf einer Rundreise in Estland. Klar begleiten mich die Gedanken an das fürchterliche Geschehen hier. Soldatenfriedhöfe sind Zeugen. Es ist interessant, dass die Brutalitäten des früheren Sowjetregimes in der historischen Betrachtung heute eine wesentlich grössere Bedeutung haben als die der Nationalsozialisten. Esten erklären es damit, dass es hier nur wenige jüdische Familien gab...

    Die heutige Kultur der Esten zeigt eine unbändige Lust auf Freiheit, ich liebe dieses Land.

    Und lieber Joseph, lasse mich in der Nachbarschaft "Deiner" Hauptstadt dieses 75. Jahrestages gedenken.

    Beste Grüsse

    Horst

  • Hallo zusammen,

    vielen Dank für die Infos und die Rückmeldungen.

    Die abgebildete Fallschirmjägerkolonne wird den vereinigten Resten des II. und III. Bataillons des FJR 16 angehören, welche sich nach dem Kesselausbruch am 13.07.1944 im Zuge des Entsatzangriffs und nachfolgenden Rückzugs der 6. Panzerdivision gemeinsam Richtung Kaunas zurückziehen:

    "... Im Juli 1944 Ende Juni 1944 wurde das Regiment aus dem Divisionsverband heraus gelöst und über die Standorte Stendal, Wittstock und Gardelegen am 7. Juli 1944 im Lufttransport an die durch die sowjetische Großoffensive gegen die Heeresgruppe Nord bedrohte Ostfront verlegt und im Raum Wilna in Litauen unter der Bezeichnung "Kampfgruppe Schirmer" eingesetzt. Das II. Bataillon wurde in Wilna eingekesselt und vernichtet. Der Rest des Regiments wurde nach Kaunas verlegt und sollte von dort nach Wilna marschieren. Diese Teile des Regiments gelangten bis Lentvaris, wo sie eingekesselt und vernichtet wurden. Gerhart Schirmer schlug sich mit den Resten seines Regiments nach Westen durch...."
    (Quelle: http://www.lexikon-der-wehrmacht.de/Personenregister/S/SchirmerG.htm)

    Horst wünsche ich eine weiterhin angenehme Reise durch das schöne Estland - ganz sicher lohnenswert auch ohne militärhistorischen Bezug...

    Gruß,

    Joseph

    Suche Informationen zum Füs.Bat. 170 im Zeitraum Juli 1944 und zur 269.I.D im Zeitraum Januar bis März 1945 (Festung Breslau)

  • Lieber Horst,

    ein ganz besonders uriges Restaurant in Tallin ist das " Olde Hansa", wo man unter anderen mittelalterlichen Spezialitäten ein "Met" probieren und ggf. genießen kann. Es ist ein "Ausnahmelokal", sozusagen Erlebnisgatronomie im historischen Stil. Man sollte es mal ausprobieren, meine ich.


    Hallo Joseph O.,

    im Lufttransport

    das passt ausgezeichnet zu den luftverlastbaren Fahrradanhängern.

    Grüsse von Karl

  • Hallo,

    ja, Karl, da waren wir. In mittelalterlichen Kleidern gestecktes Personal, Essen wie im Mittelalter, Bier mit Honig, Musik auch wie vor Jahrhunderten. Die Olde Hansa sehr schön, nur völlig überlaufen. Ich hatte in Estland wunderbare Tage. Es war ganz sicher nicht mein letzter Besuch. Freunde schwärmen vom Tallinner Weihnachtsmarkt.

    Aber nun sitze ich meinem Dachstudio hier an der Kieler Förde und der Alltag hat mich wieder.

    Beste Grüße

    Horst

  • Hallo zusammen,

    vor ein paar Tagen erhielt ich einen Brief aus Schleswig-Holstein, der von einem Leser der Wilna-Dokumentation verfasst worden war.

    Er stellte sich als Sohn eines bei Wilna Vermissten vor und hatte auch die Diskussionen hier in unserem Forum - insbesondere diesen Thread - intensiv verfolgt.

    Für uns von der "IG Vilnius 1944" ist es immer wieder schön, wenn man nach so langer Zeit nach dem Erscheinen des Buchs noch ein wenig Resonanz erfährt.

    In diesem Fall stellte sich heraus, dass der Vater von Herrn Paulsen in der gleichen Batterie wie der ebenfalls vermisste Vater unseres Mitglieds Wulf ("radio4wk") eingesetzt war,

    deren Stellungen in Wilna ja teilweise ermittelt werden konnten.

    Mit Zustimmung von Herrn Paulsen möchte ich seinen Brief sowie einen Reisebericht nach Vilnius (bereits vor ein paar Jahren) hier veröffentlichen. Er lässt auch einen kleinen Einblick in die

    Gedanken eines Kriegswaisen zu.

    Sollte jemand zur direkten Kontaktaufnahme seine Anschrift benötigen, bitte ich um eine PN.


    Gruß,

    Joseph


    wird fortgesetzt...

  • Hallo,

    und nun die Fortsetzung ...

    Hier schildert Herr Paulsen seine Eindrücke von einer Besuchsfahrt nach Vilnius. Er traf dort auch den im Buch erwähnten Verleger, dessen Verlag exakt an der

    1. Übergangsstelle beim Kesselausbruch 1944 liegt und welcher sich sehr intensiv mit dieser Thematik beschäftigt hat. Unser leider so früh verstorbener Freund Gintas

    aus Vilnius hat sein bereits o. e Buch (Gintautas Šironas, Liesnojantis Vilnius (= Vilnius in Flammen. Erinnerungen von Zeitzeugen)) - vgl.:

    http://www.briedis.lt/Knygos/Serijos…isiminimai.html

    auch dort veröffentlicht.

    Gruß,

    Joseph


    wird fortgesetzt...

  • Und nochmals Hallo

    und der letzte Teil.

    Hier hat Herr Paulsen ein paar Fotos beigefügt, welche von der Übergangsstelle bei Bukčiai (Buchta) (Waldgebiet, an die westl. Basis der markanten Neris-Schleife (Vingio-Park) angrenzend; vgl. unterer roter Pfeil) angefertigt wurden.

    Dort sind möglicherweise auch einige Versprengte über die Neris gelangt - in einem Bericht liest man davon. Daneben gab es auch Berichte von Entkommenen, welche der Neris praktisch fast die halbe Strecke bis Kaunas gefolgt sind.

    Das Gros setzte jedoch bei Grigiskes (oberer roter Pfeil) über.

    Ergänzend hatte Herr Paulsen noch die Auskunft des DRK beigefügt.


    Gruß,

    Joseph

  • Hallo Alle


    Eine weile her habe ich das Buch gekauft von Joseph O. ,Weil ich in Vilnius arbeite und Militär Geschichte mein Hobby ist, ein sehr interessantes Buch über eine Geschichte die ich noch nicht kannte. Heute (06 Okt 2019) war ich auf eine Fahrrad Tour, auf die Spuren von....


    Ich bin nicht der Spezialist hier, ist nur mein Interesse Gebiet.


    Aber wenn Mann die Fotos sieht muss ich noch mal zurück wenn die Blätter weg sind. Aber wenn man durch das Gebiet fahrt sieht Mann die Möglichkeiten aber auch Unmöglichkeiten welche die Soldaten Bewältigen mussten. Keine einfache Aufgabe in dieses Gebiet Für ein Rückzug. Militärisch gesehen wurde Mann auch Schützengraben erwarten, aber hab die nicht viel gesehen. Erwarten weil ich wurde denken das die Soldaten gewartet haben auf Grünes licht von die andere Seite vom Fluss.


    Die Sicht vom Nord Ufer aus (Griskiskis und V 07)

    Grigeo Papier Fabrik (V 04)

    Schützengraben (V 02)


    Auch beim AK Monument vorbei gefahren, noch immer kommen hier Besucher das Jahr durch, Hauptsächlich mit Polnischer Hintergrund, Schulen, Botschaft, Reservierten, Veteranen.


    AK Monument Krawczuny (V 10)


    Wenn ich helfen kann, was zu untersuchen, fotografieren, schicke mich dann eine PM

  • Hallo Bedeegc,


    vielen Dank für Deinen Beitrag und für die Fotos.

    Es ist gut, wenn man vor Ort Kontakte hat - zumal im schönen Vilnius.

    Ich werde Dir per PN eine mail-Adresse zusenden, unter welcher Du einen vor Ort in Vilnius lebenden Fachmann, Historiker und auch "IG-Vilnius 1944"-Mitglied erreichen kannst.


    Wo wurde denn das Foto "Schützengraben (V 02)" aufgenommen?

    Aber wenn Mann die Fotos sieht muss ich noch mal zurück wenn die Blätter weg sind.

    Dann warten wir mal auf den Herbst - und hoffen auf weitere Impressionen aus Vilnius und Umgebung ... :thumbup:


    Schöne Grüße

    Joseph

    Suche Informationen zum Füs.Bat. 170 im Zeitraum Juli 1944 und zur 269.I.D im Zeitraum Januar bis März 1945 (Festung Breslau)

  • Wo wurde denn das Foto "Schützengraben (V 02)" aufgenommen?

    Dann warten wir mal auf den Herbst - und hoffen auf weitere Impressionen aus Vilnius und Umgebung ... :thumbup:

    Joseph O, Gutentag.


    Bin schon etwas weiter in dein Buch, und weiß jetzt das die stelle wo ich war (Nord von die Neris bei Grekiskis), die stelle wo Gruppe Schubert (Seite 380) denn Fluss überquert hat.

    Da habe ich auch diesen Schutzgengraben fotografiert, nicht 100% aber es hat die Eigenschaften davon.

    Probiere mit Hilfe von dein Buch, ein Übersicht zu machen auf eine digital Karte, von die Ereignisse rund um Vilnius.

    Diese angaben dann wieder in zeit weggeschrieben, und Mann bekommt eine bessere Übersicht.

    Über ein paar Wochen werde ich zurück gehen und dann auch zur stelle de Überquerung, Südlich von Valai.


    Und so lese ich dein Buch langsam von vorne nach hinten.

    Eine sehr interessante Geschichte, über Soldaten, Erschöpfung, Kampfgeist und Familie. Denn wenn man in eine Situation wie diese ist dann denkt man viel an zu hause und seine Familie.


    In ein paar Wochen mehr foto's..


    Grusse Bernhard

  • Hallo zusammen,

    ich bin gerade durch Zufall auf diese Seite gestoßen und möchte mich erst einmal kurz erklären, bevor ich zu meinen Fragen komme.

    Meine Frau hat von Ihrer Mutter vor Jahren die gesammten Feldpostbriefe ihres Uropas zur Übersetzung aus dem Sütalin bekommen.

    Da ich dies auch lese und schreibe, habe ich sie dann, gerade was miltitärische Komponenten angeht, unterstützt.

    Nun haben wir gerade noch eine Nachliederung bekommen und während meine Frau die Übersetzung der Briefe macht, habe ich mich einmal an die Zugehörigkeit ihres Uropas gemacht. Dabei bin ich darauf gestoßen, das es sich tatsächlich um den Conrad Schubert handelt, der im Juni 1944 die Brigadeführung der Gren-Brig.761 in Graudenz übernommen und diese dort zusammen gestellt hat. Die Brigade sollte eigentlich nach Finnland verlegt werden, ist dann aber, unvollständig ausgerüstet, sehr spontan nach Wilna in Marsch gesetzt worden. Den letzten Feldpostbrief den wir haben, der ist vom 07.07.1944 vom Anmarsch per Eisenbahn. Vom Geschehen selbst wissen wird aber nur das, was dann seiner Frau durch Major Schuberts (Nachfolger und Ajdutanten) Hauptmann Kaupel und Hauptmann Kaltenbach mitgeteilt wurde. Hauptmann Kaupel berichtet seiner Frau darin, das der Stab der Brigade abgeschnitten wurde und Major Schubert (posthum zum 01.07.1944 zum Oberstleutnant befördert) aus dem Stab und ein paar aufgegriffenen Einheiten diese sogenannte Gruppe Schubert gebildet und den Ausbruch versucht hat. Er selbst wurde dabei verletzt (Schulter und Unterschenkeldurchschuss) und kam, von seinen Kameraden unterstützt vermutlich, 3 Stunden später noch im Lazarett an, in dem er aber später leider seinen Verletzungen erlag. In einem der Briefe von Hauptmann Kaupel berichtet er Frau Schubert, dass es wohl keine persönlichen Dinge mehr von Major Schubert geben würde, da sie nicht mehr mitnehmen konnten, als das was sie am Leibe truben und sie den Fluss Wilia auf dem Rückzug zweimal durchschwimmen mussten.

    Bei einer Anfrage meiner Frau vor 6 Jahren konnte uns auch keine Information über den Verbleib von Oberstleutnant Schubert. Nun scheint aber der Volksbund seine Überreste gefunden und in Wilna-Vingio beigesetzt zu haben.

    Derzeit überlegen wir, ob wir uns, mit seiner letzten noch lebenden Tochter, noch einmal auf den Weg dorthin machen.

    Das so zur Erklärung warum ich hier bin. :)

    Nun meine Fragen:

    Gibt es irgendwo die Möglichkeiten an militärische Aufzeichnungen (KTB, etc.) der Gren-Brig 761 aus der Aufstellungszeit in Graudenz oder später zu kommen?

    Wir hätten gerne auch noch Kopien von persönlichen Unterlagen die durch den Urgroßvater meiner Frau erstellt oder unterschrieben wurden.

    Ich wäre über jede Hilfe in diese Richtung dankbar.

    Vielen lieben Dank,

    Manni Rieken

  • Hallo Manni,

    herzlich willkommen in FdW. Du bist mit Deinem Anliegen im richtigen Forum gelandet. Wie Du an der oben rechts vermerkten laufenden Nummer erkennen kannst befinden sich hier fast 1000 Beiträge zu dem Vorgängen im Juli 1944 um Wilna herum. Der Uropa hat darin sein Leben verloren, wie auch der Onkel von Joseph O, der diesen Thread initiiert und immer weiter voran getrieben hat. Er hat dazu sogar ein umfangreiches Buch veröffentlicht.

    Leider ist Joseph nur noch sporadisch hier zu finden, aber er betreut mit seinem umfangreichen Wissen alle Anfragen im Zusammenhang mit Wilna weiterhin immer freundlich und gewissenhaft.

    Vielleicht schreibst Du ihm eine private Nachricht hier unter der Funktion PN, oben rechts. Ich werde ihm eine Mail schicken und bitten seinen PN-Account in den nächsten Tagen im Auge zu behalten.

    Beste Grüße

    Paul


    G-W-G'

  • Hallo Manni,


    auch von meiner Seite ein herzliches Willkommen hier beim "FdW" - Paul Spohn hat mich auf einen neuen Interessenten an der Wilna-Problematik hingewiesen.

    Ich hoffe und bin sicher, dass Du hier ein paar Informationen bekommen kannst, was das Schicksal Deines Verwandten in jenen Tagen des Kesselausbruchs betrifft.


    Ich sende Dir ein paar Infos aus meiner Doku zum Kesselausbruch ("Wilna 1944 - Spurensuche", etwa S. 278 - 292). Leider ist dabei die Formatierung ein wenig durcheinandergeraten - aber das Wesentliche wird wohl sichtbar werden: Fehlende Abb. sind ggf. im Anhang zu finden.

    ------------------------------------------------------

    "Versuch einer Kräftebilanz RA/WH


    Die deutschen Streitkräfte im Bereich Wilna bestanden aus den unterschiedlichsten und teilweise improvisiert zusammengestellten Einheiten. Die folgende Übersicht verdeutlicht die anfangs äußerst geringe Stärke der Besatzung von Wilna und zugleich ihre nur unzulängliche Bewaffnung. Daher ist davon auszugehen, dass noch einiges bis zum Kesselschluss nachgeführt werden konnte.

    Zwischen diesen Angaben und denjenigen der sowjetischen bzw. auch polnischen Seite bestehen erstaunliche Unterschiede, die unter anderem darauf beruhen, dass die Stärke von Einheiten gleichen Typs stark differierte.


    I./SS-Pol.Rgt. 16

    Stärke 4 Kp. zu 90 Mann

    Bewaffnung 45 le.M.G.; 15 s.M.G.; 5 m.Gr.W.; 2x7,5 cm Pak d[1];

    4x4,5 cm Pak; 4 SPW; 2 Pz.Sp.Wg.


    Div.Füs.Btl. 170

    Stärke 10 Offz.; 35 Uffz.; 250 Mann

    Bewaffnung 6 s.M.G.; 17 le.M.G.; 32 M.Pi.; 50 Faustpatronen[2];

    12 Schießbecher[3]; 200 Gewehre.

    Kampf-Btl.Wilna zusammengestellt aus Urlaubern und Versprengten

    Gesamtstärke 1440

    Bewaffnung nur Karabiner.


    Rgt. 399

    Stärke 24 Offz.; 167 Uffz.; 933 Mann

    Bewaffnung 42 le.M.G.; 7 s.M.G.; 1x7,5 Pak; 5x4,5 Pak (r);

                                        1x3,7 Pak; 6 m.Gr.W.; 6 le. I.G.; 2x7,62 (r)[4]


    Gren.Brig. 761 bisher eingetroffen: 1 Btl. Stabskp. und 14. Kp.

    Gesamtstärke 18 Offz.; 179 Uffz.; 942 Mann

    Bewaffnung pro Kp. 11 le.M.G.42; 2 s.M.G. ohne Lafette; 3 m.Gr.W.;

    30% ausgestattet mit M.Pi.[5] u. Schnellfeuergewehren.[6]

    14.Kp. Bewaffnung: 12x7,5 Pak ohne Bespannung.


    Art.Gruppe Tietz

    Stärke 17 Offz.; 123 Uffz.; 447 Mann

    Bewaffnung 9 le.F.H.; 6 s.F.H. (A.R. 240).


    Flak-Abt. 296

    Stärke (keine Angaben)

    Bewaffnung 4 Bttrn. mit 12x8,8 cm und 8x2 cm 38;

    1 Flak-Kampftrupp mit 2x8,8 cm und 3x2 cm Flak 38


    Pz.Jg.Abt. 256


    Stärke (keine Angaben)

    Bewaffnung 3x7,5 Pak; 1x2 cm Flak (Sf); 1 Marder[7]

    Erste Teile Btl.Stab und halbe Kp. (130 Mann) des Fallschirm-Rgt. im Luftlandetransport

    eingetroffen.


    Besatzung von Wilna, Stand 7.7.1944, 19.00 Uhr[8]


    Eine Karte (vgl. Abb. 61 und Abb. 79 (Anm. diese Karte habe ich hier im Anhang beigefügt)) als Anlage zu einem Lagebericht vom 07./08.07.1944 zeigt folgende Dislozierung der deutschen Kräfte:

    • Stadtzentrum: Art.-Regiment 240; Schwere Granatwerfer-Kompanie 170,
    • Nordwesten: Bataillon Kreutzer,
    • Nordnordwesten: 2 Kompanien der Wilna Einheiten,
    • Norden: SS-Polizei-Regiment 16 (I. Bataillon),
    • Nordosten: Bataillon Laabs; dahinter: Divisions-Füsilierbataillon 170,
    • Osten: Kampfgruppe Soth; Bataillon Bartels,
    • Osten (Verspr.[9]: 1 km südl. von Nowa Wilejka: A.G.P. 4, (Armee-Geräte-Park); 1 km südöstl.: 2 lettische Kompanien; 1 km östl. von Nowa Wilejka: Kompanie Kolbe),
    • Ostsüdosten: Grenadier-Regiment 399,
    • Südosten: Bataillon Neubert; dahinter: I./Grenadierbrigade 761,
    • Süden: II./Grenadierbrigade 761,
    • Südsüdosten: II./Fallschirmjäger-Regiment 16.

    Eine polnische Quelle[1] nennt dagegen folgende deutsche Einheiten:

    • Kampfgruppe Soth: Grenadier-Regiment 399; A.R. 240; s. Gr.Wf.-Kp. 170;
    • Kampfgruppe Kolbe: 5 Kompanien Infanterie; Panzerjäger-Abt. 256;
    • Füsilierbataillon 170; Infanteriebataillon Neubert; Bataillon Laabs;
    • Kampfgruppe Bauch: 5 Kompanien Infanterie;
    • Kampfgruppe Schubert: I./Grenadierbrigade 761; 2 zusammengefasste Inf.Bat.;

    Kampfgruppe Titel: 1. Bataillon des SS-Polizei-Regiments 16

    [1] L. Kania, Wilno 1944 – Operacja AK "Ostra Brama", Bellona De Agostini 2013.

    .

    .

    .

    Hier noch ein "Gefechtsbericht":

    "Gegen 02.00 Uhr Stellungswechsel des Gefechtsstandes zur Gruppe Soth (Kloster "Ave Maria"). Gegen 02.30 Uhr Feuerbereitschaft der gesamten Artillerie-Gruppe in den neuen Räumen und für die neue HKL. Rückwärtiger Gefechtsstand im Feuerstellungsraum 5./A.R. 240 wird eingerichtet und durch Adjutant besetzt. Heftige Feindangriffe im Laufe des Vormittags mit Panzern besonders in Gegend Bahnhof und Kasematten werden durch beobachtetes, wirksames Feuer zerschlagen. Ein Vorschieben von Panzern und Lkw auf der Straße Neu-Wilna –Wilna durch zusammengefasstes Feuer verhindert. Die wiederholten Anrufe der Inf.-Führer, die einmal das gut liegende Feuer der Art. melden und zum anderen ihren Dank für die Unterstützung zum Ausdruck bringen, werden schnellstens bis zum letzten Kanonier weitergegeben, wodurch der Kampfgeist der Artilleristen gesteigert wird.

    In den Mittagsstunden werden die Feuerstellungen der 4. und 5. Battr./A.R. 240 durch Partisanen und durchgesickerte reguläre Truppen überraschend von Süden her angegriffen. Durch gut liegendes direktes Feuer der Batterien auf die Angreifer und auf Wohnblocks in Nähe der Feuerstellungen kann nach ungefähr 2 Stunden härtester Kampfhandlungen die Lage wieder hergestellt werden. Entscheidenden Anteil am Freikämpfen der am stärksten bedrängten 5./A.R. 240 hat Leutnant Schulz mit seiner tapferen Reservegruppe, die vorwiegend aus Teilen der Stabsb. und der Abtl. Protze besteht. Gemeinsam mit Teilen der Kampfgruppe Schubert wird erneut der durchgebrochene Feind angegriffen und nach erbittertem Kampf erreicht die Kampfgruppe Schulz als einzige das befohlene Angriffsziel und stößt darüber hinaus vor. Die beiden leichten Battrn. sind wieder feuerbereit und beteiligen sich an den Abt.-Feuerschlägen.

    In den späten Nachmittagsstunden erneuter Feinddurchbruch gegen Stellungsraum 4./A.R. 240. Ein Herankommen des Feindes an die Geschütze wird verhindert. Feind bleibt jedoch 200 m Entfernung vor der Stellung fest liegen und verstärkt sich weiterhin. Reservekräfte zum Zurückwerfen dieser Feindteile stehen nicht zur Verfügung.

    In den Abendstunden Stellungswechsel der Batterie mit allen Rohren und aller Munition in den Stellungsraum der 12./A.R. 240, 600 m nordwestlich der alten Stellung. Erneuter Angriff auf den Stellungsraum der 5./A.R. 240 wird unter Führung des Battr.-Chefs Oblt. Henning von der Nahverteidigung unter hohen blutigen Verlusten für den Gegner abgewiesen."

    Gefechtsbericht II./A.R. 240 – Eintrag 09..

    .

    .

    .

    In polnischen Quellen[1] wird berichtet, dass Stahel den Befehl gegeben habe, in drei Gruppen vorzugehen:

    • Die größte in Stärke von ca. 1.800 Soldaten unter dem Befehl von Major Schubert hatte zuvor südliche Stadtteile im Bahnhofsbereich verteidigt.
    • Die zweite Gruppe unter Major Soth, des nach polnischen Angaben "eigentlichen Helden" der siebentägigen Schlacht um Wilna, umfasste ca. 800 Soldaten vor allem aus der 170. I.D.
    • Generalleutnant Stahel führte die dritte Gruppe, in Stärke etwa eines Bataillons, welche den Durchbruch im Bereich des 1229. Sch. Rgt.[2] der sowjetischen 144. Schützendivision schaffen sollte.

    [1] L. Kania, Wilno 1944, Bellona Warszawa, S. 195 f.


    [2] Vgl. Karte der Abb. 125, vgl. Anlage) Die hellgrau-gestrichelt dargestellten Wege sind mögliche alternative Fluchtrouten. Die Fähre bei Leśniki im Südwesten war nicht verfügbar.
    Breite dunkle Linien markieren den Frontverlauf am Ausbruchstag (12.07.). Die schmale graue Linie stellt den Frontverlauf am 11.07. dar – die Spaltung des Kessels ist zu diesem Zeitpunkt eingeleitet.


    Der Übergangspunkt war im Grunde eine gute Wahl. Er war aber auch, zumal in der Nacht (dichte Wolkendecke, Regen, kaum Mondlicht) nach langem Anmarsch durch das Waldgebiet, leicht zu verfehlen. Das Gros der Ausbrechenden wählte wohl den Bereich um 84,2 – für einen kleineren Truppenteil wird von einer Überquerung berichtet, die sich im NW-Eck des heutigen Vingio-Parks abgespielt haben muss. Dort weist die sowjetische Karte (Abb. 125) auch noch auf der anderen Seite des Flusses einen schmalen, scheinbar unbesetzten Bereich aus, der einen möglichen Weg in das hügelige Gebiet jenseits des Flusses markiert.


    Die Sowjets konnten eine Zeitlang getäuscht werden, begannen nach dem Erkennen der deutschen Übersetzabsichten aber damit, den gesamten Bereich mit heftigstem Störungsfeuer durch Granatwerfer und MG zu belegen. Auch das Versammlungsgebiet der deutschen Truppen im Wald von Vingio, wo jetzt mindestens 3.000 Soldaten auf ihre Chance warteten, wurde sehr intensiv beschossen. 

    Nach mündlichem Bericht des Zeitzeugen M. Korth und anderer Zeitzeugen wurden im Wald, in der Zakręt-Schleife, sehr viele deutsche Soldaten verwundet und getötet, weil die sowjetischen Artilleriegranaten die Bäume in größerer Höhe trafen und dort oben explodierten. Gegen die sog. "Baumkrepierer", welche wie Schrapnells[1] wirkten, gab es praktisch keinen Schutz und keine Deckung. Die Granat- und Holzsplitter hagelten auf die sich verzweifelt am Boden Duckenden mit tödlicher Wucht herab.

    Es soll in der apokalyptischen Szene zu Disziplinlosigkeiten an der Grenze zur Meuterei gekommen sein. Ein General (Stahel?) habe das Kommando an jeden beliebigen Soldaten abgeben wollen, wenn man ihm einen gangbaren Ausweg zeigen könne – so die Aussagen von M. Korth. Auch der Zeitzeuge Hans L. kritisierte in einem Gespräch ein "Führungs- und Planungsproblem" des Stadtkommandanten. Es ist anzunehmen, dass angesichts des Horrorszenarios schließlich jeder auf eigenen Faust einen geeigneten Übergang zu finden versuchte. In solchen Grenzsituationen wird der "Befehl" ausgegeben: "Rette sich, wer kann!" In der ausgebrochenen Massenpanik sind daher gewiss auch viele andere Stellen des westlichen Teils der Schleife passiert worden – auch etliche mit starker Strömung und großer Wassertiefe …"

    ---------------------------------------------------

    Im Original-Bericht[1] von M. Blanken und H. Tietz kommt nach einer Beschreibung der grausigen Realität u. a. der Funker einer Abteilung des A.R. 240 zu Wort: vgl. Anhang "Bericht"


    Abb. 127: Vergebliche Flucht – Gefangennahme

    Zu den in dem obigen Text erwähnten Racheakten von angeblich jüdischen Partisanen an verwundeten deutschen Soldaten wird an anderer Stelle (vgl. u. a. Seite 344) noch zu berichten sein. Hans L. schildert, dass er das Glück hatte, sich nach einigen Schwimmzügen an ein Schlauchboot klammern zu können. Dies sei jedoch in der Flussmitte gekentert, als sich ein Pulk von 10–15 anderen Verzweifelten ebenfalls daran festhalten wollte. Die meisten

    seien daraufhin davongetrieben und in der Dunkelheit lautlos verschwunden – Schreien war strengstens untersagt worden …

    Der zitierte Ausschnitt aus der Chronik des A.R. 240 (Abb. 127) vermittelt einen Eindruck von dem Schreckens-Szenario der ersten Überquerung. Zahlreiche Soldaten ertranken oder wurden im Wasser schwimmend von Kugeln getroffen. Die Nichtschwimmer, wie Franz O., waren ohne Übersetzhilfe besonders hart betroffen. Die Verwundeten mussten umkehren und versuchten, sich anderweitig zu retten. Die wenigen Glücklichen, welche an der ersten Übergangsstelle das andere Ufer lebendig erreichten, hatten so gut wie nichts an Ausrüstung mitnehmen können.

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    Nun zurück zur militärischen Lage in Wilna an jenem Tage: Die Übersichtskarte[1] der Abb. 130 zeigt die Entwicklung der Kämpfe um den Stadtkern von Wilna bis zum Ausbruchstag auf der Basis der Kriegstagebücher, primär des Pz.A.O.K. 3. Markiert sind auch die Standorte der drei verbliebenen Lazarette als Kreuzsymbol in einem Kreis mit dem Kürzel "Laz": Basiliuskloster, Frühere Realschule, "Hindenburg-Lazarett" (Reihenfolge von Ost nach West).

    Abb. 130: Frontverläufe im Zentrum von Wilna

    Das sog. Eisenbahner-Lazarett (auch als "Spanisches Hospital" bezeichnet) war zu diesem Zeitpunkt bereits in den Händen der RA. In der Nacht zum 13.07.1944 wurde der Kessel durch einen sowjetischen Vorstoß der 144. Sch.Div. gespalten – in obiger Karte (Abb. 130) durch ein breites Pfeilsymbol in Richtung Norden dargestellt (Kartenzentrum).

    Die Karte[2] der Abb. 125 wurde als Bestandteil eines sowjetischen Berichts zu den Kämpfen um Wilna erstellt. Obwohl in diesem Punkt eine Übereinstimmung besteht, lassen sich auch etliche Divergenzen zwischen dieser Karte und den beiden folgenden deutschen Lagekarten erkennen.

    Abb. 131: Rücknahme der deutschen Stellungen


    Das Ende des Füs.Bat. 170 in Wilna

    Vor dem Hintergrund des unter dem Transparentpapier schemenhaft erkennbaren Frontverlaufs am 07./08.07. (vgl. Abb. 79) zeigt sich, dass die deutschen Verteidiger des "Festen Platzes" schon zwei Tage später auf einen immer engeren Raum zurückgedrängt worden waren. Von NO und SO erfolgten am 09. und 10.07. sowjetische Panzervorstöße und erforderten die Rücknahme der Stellungen auf die schwächer sichtbaren "schwarzen" Positionen. Im Norden ist die Kampfzone des SS-Pol.Rgt. 16 (Kommandeur W. Titel) eingetragen. Jene Einheit hatte sich gemeinsam mit dem Füs.Bat. 170, jedoch auf getrennten Wegen, aus dem Stadtteil Antakalnis bzw. Šnipiškės im Nordosten bzw. Norden in diesen Teil des Stadtzentrums zurückziehen müssen ( vgl. Abb. 133). Folglich ist denkbar, dass Franz O. in der Endphase um den 12.07. im Bereich des Lukiškės-Platzes zu kämpfen hatte.

    Abb. 132: Deutscher Absetzplan mit Anmarschrouten

    Die Karten-Pause (Abb. 132) auf der Basis der Karte in Abb. 79 stellt die Lage und Planungen zum 12.07.1944 dar. Das Fahnensymbol etwa beim "Hindenburg-Lazarett" bedeutet, dass nunmehr dort der Gefechtsstand des Stadtkommandanten eingerichtet worden war. Interessant sind hier die Hinweise auf zwei getrennte Anmarschwege zu den geplanten Übergangsstellen – und auf einen nördlichen zweiten Überquerungspunkt, der primär der Gruppe "Soth" zugeordnet worden war. Die Gruppe "Schubert" sollte ihre Stellungen im Bahnhofsbereich räumen und den südlichen Punkt ("84,2") ansteuern. Wie so häufig im Kriegsgeschehen, ergab sich auch hier eine sehr große Diskrepanz zwischen noch so guter Planung und ihrer Umsetzung unter Gefechtsbedingungen.

    [1] Die Übersicht stammt von OTL a.D. H. Schneider (vgl. auch Abb. 99). Es bestehen offensichtlich gewisse Diskrepanzen zu der oben gezeigten sowjetischen Karte.

    [2] Quelle: Briedis-Verlag bzw. NARA.

    Nach DRK-Angaben schafften es nur etwa 20 % der angetretenen Ausbruchsgruppen, den Fluss zu passieren – sie führten lediglich leichte Waffen in geringer Zahl mit sich. Nach kurzer Verschnaufpause und provisorischem Trocknen von Kleidung und Waffen versuchte man die Hügel westlich der Wilija zu überwinden. Oben angekommen, bot sich den Überlebenden ein letzter schaurig-eindrucksvoller Blick ins Tal – auf die brennende Stadt. Dieses Bild wird so mancher nie vergessen haben.

    H. Frischmann schrieb an den Schluss seiner Erinnerungen:

    "Die Flammen von Wilna sehe ich noch heute!"

    In der Karte der Abb. 128 ist die formale militärische Lage der eingeschlossenen Truppen festgehalten. Beim grau und dünnlinig umrandeten Wilna-Kessel symbolisiert der kleine Vorsprung[1], westlich der Neris, das Häuflein derjenigen, das sich nun auf den Weg zur zweiten Flussübergangsstelle machen musste. Es sollte eine sehr schwierige Wegstrecke von etwa 25 Kilometern werden. In einem der Zeitzeugen-Berichte wird angedeutet, dass eine Pioniereinheit[2], die zur Erkundung einer geeigneten Übergangsstelle eingesetzt war, nicht wieder zurückkehrte, um befehlsgemäß vom Untersuchungsergebnis zu berichten. Das Es war könnte praktisch sich um eine kollektive Fahnenflucht gehandelt haben.

    [1] Vgl. besser aufgelöste Karten im Online-Material.

    [2] In der Einheiten-Übersicht ist keine (vollständige) Pioniereinheit aufgeführt, möglicherweise waren nur Teile einer solchen Gruppe in die Stadt gelangt. Im KTB Pz.A.O.K. 3 wird das dem Festen Platz zuzuführende I./Fs.Pi.Rgt.21 erwähnt. Zudem ist von Pionieroffizieren die Rede, welche die Wilija-Brücken zur Sprengung vorbereiten sollten.

    [1]     Martin Blanken, Geschichte des A.R. 240 in der 170. I.D. 1939–1945, S. 118.

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    Vielleicht reichen diese Infos einstweilen...

    Wenn Major Schubert angeblich in ein Lazarett eingeliefert wurde, kann dieses nur bedeuten, dass er auch den zweiten Übergang irgendwie geschafft hat. Dieser verlief noch apokalyptischer als der erste in der Nacht zum 13.07.44...

    Ich hoffe, dass ich mit diesen Zeilen ein wenig helfen konnte - falls es weitere Fragen gibt, stehen ich oder auch andere Fachleute dieses Forums gerne zur Verfügung.


    Bleib gesund - so grüßt man ja wohl heutzutage!


    Joseph

    P.S.: Die blauen Links u. a. Merkwürdigkeiten stammen aus der E-Book-Variante der Dokumentation mit ca. 2000 Querverweisen - ich möchte mir hier nicht die Mühe machen, all diese "Farbenspiele" zu löschen.